Protocol of the Session on July 13, 2017

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Ich hätte mir gewünscht, dass der Fehler nicht passiert wäre. Aber noch mal: Ich bin mir nicht sicher, ob wir den Zeitplan dann eingehalten hätten.

Und zweitens: Aus Fehlern, die gemacht werden, Menschen sogleich einen Strick zu binden, finde ich im Arbeitsrecht nicht überzeugend. Da ist das deutsche Arbeitsrecht zum Glück seit vielen Jahrzehnten – durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes geprägt – deutlich auf die Bremse getreten und mutet dem Arbeitgeber dann eben auch zu, dass er solche Fehler bei gut arbeitenden Arbeitnehmern mit aushalten muss.

Danke schön.

Die letzte Frage: In der Antwort auf die Kleine Anfrage ist an mehreren Stellen von eben diesen Überplanungen die Rede. Gestern hat die Ministerpräsidentin Frau Schwesig darauf hingewiesen, dass es jetzt für Infrastrukturprojekte und deren Beschleunigung eine besondere Projektgruppe geben soll. Berührt die Arbeit der Projektgruppe dann auch diese Überplanungen und die Fragen der...

(Andreas Butzki, SPD: Ist das eine neue Frage jetzt?)

Das eine hat schon mit dem anderen zu tun, nämlich Überplanungen und Zeitabläufe, und wenn es um Zeit und Arbeitskapazitäten geht, dann letztlich auch um Kosten. So lautet die Kleine Anfrage.

Insofern: Berührt diese zu schaffende Struktureinheit dann dieses Planungs- und Überplanungsgeschehen?

Die geplante Gruppe soll die Bundesverkehrswegeplanprojekte, die noch nicht begonnen sind, umsetzen helfen. Ich würde ungern ein Verfahren, was so weit gediehen ist, aus einer existierenden Arbeit herausnehmen, denn wenn Sie neue Leute einsetzen, arbeiten die sich in alles komplett neu ein. Also dieses Projekt konkret wäre nach meiner Überzeugung weiterhin dort, aber da bitte ich um Nachsicht, dass wir abwarten, bis die Gruppe da ist, und uns dann anschauen, was die machen kann. Also wir wissen, welche Projekte da rein sollen. Ob das hineingeht, können wir uns dann angucken. Zumindest den jetzigen Planungsprozess, bin ich überzeugt, werden die jetzigen Kolleginnen und Kollegen fortsetzen, damit jetzt einer mit dem Wissen der Akte aus den letzten Jahren das bis zum Ende bringt.

Das Einzige, was diskutabel sein mag, ist, wenn die die Planfeststellung abgeschlossen haben – das ist wie so ein Schnitt, das ist eine Zäsur –, ob man dann sagt, die konkrete Umsetzung geben wir in die Neubautruppe. Das halte ich für möglich. Aber dann habe ich einen in sich geschlossenen Aktenberg, da ist einmal eine Zäsur gesetzt und es beginnt ein neuer Abschnitt. So weit würde ich mich nicht festlegen wollen, aber das sehen Sie mir nach, wir würden erst die Gruppe eröffnen, würden dann gucken, wie viele Mitarbeiter wir finden, wo die angesiedelt sind, welche Projekte ihnen zugeordnet werden. Das jetzige Planen, das noch zu Ende zu bringen bis zur Planfeststellung, wird mit Sicherheit in den Händen der Kolleginnen und Kollegen bleiben, die das machen.

Vielen Dank.

Ich danke auch.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 18 erledigt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der AfD – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in MecklenburgVorpommern – Einführung des „finalen Rettungsschusses“, Drucksache 7/774.

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg- Vorpommern (SOG M-V) – Einführung des „finalen Rettungsschusses“ (Erste Lesung) – Drucksache 7/774 –

Das Wort zur Einbringung hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Kramer.

(Tilo Gundlack, SPD: Ich denke, Frau Weißig macht das?! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Landsleute! Wäre Frau Weißig innenpolitische Sprecherin, dann hätte sie diesen Gesetzentwurf heute eingebracht. Ich bin der innenpolitische Sprecher, also obliegt diese Aufgabe mir, Herr Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich habe gar nichts gesagt. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das war Herr Gundlack.)

Dann nehme ich das zurück.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Die beiden kann man nicht verwechseln.)

Dann nehme ich das zurück und …

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Ich stehe hier vor Ihnen als Mitglied des Innen- und Europaausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern und werbe bei Ihnen um die Überweisung in selbigen für den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf, nämlich der Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, vornehmlich des Paragrafen 109 Absatz 1, der den sogenannten finalen Rettungsschuss definiert beziehungsweise definieren soll. „Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.“

Meine Damen und Herren, Sie sehen in der Begründung zu diesem Entwurf, die AfD-Fraktion begreift den finalen Rettungsschuss als absolute Ultima Ratio,

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

als einziges und letztes legitimes Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr, eines nicht anders ab

wendbaren Angriffes auf Leib und Leben, dies sowohl für die Polizeibeamten unseres Landes als auch für mögliche Gefährdete. Natürlich ist uns gegenwärtig, dass die Würde des Menschen und das Recht auf Leben – auch das eines potenziellen Störers, Geiselnehmers, Amokläufers oder Terroristen – unantastbar sind.

(Jochen Schulte, SPD: Und wie ist das bei Plünderern?)

Jedoch widerspiegelt die in unserem Antrag aufgezeigte Gefahrensituation unserer Auffassung nach einen Sachverhalt, in dem der Störende eben nicht lediglich zu einem Objekt des Staates degradiert wird. Das heißt, ihm wird innerhalb der notwendig gewordenen Tötung durch den finalen Rettungsschuss als bereits erwähnte Ultima Ratio keine menschenunwürdige Behandlung zuteil. Sein Wert als „Mensch sein“ wird also per se nicht verletzt.

Dessen ungeachtet bedarf es hierzu – und dies ist bis dato im SOG M-V noch nicht manifestiert – einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die unseren Polizeibeamten Handlungssicherheit durch Rechtssicherheit gewährleistet. Grundsätzlich ist unser Staat als Gewaltmonopol und sind damit unsere Polizeibeamten als Exekutive dazu verpflichtet und angehalten, die Rechtsgüter unserer Bürger wie Leben, Freiheit und Gesundheit bei Gefahr zu schützen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich dies kurz erklären. Unsere Beamten befinden sich de facto in einem Dilemma. Sie wollen, ja, sie müssen schützen, sich selbst und andere, und sind in letzter Konsequenz dazu nicht in der Lage, weil sie vom Gesetzgeber her nicht mit den Befugnissen ausgestattet sind, um in einem unabwendbaren Angriff auf Leib und Leben konsequent handeln zu können.

Lassen Sie mich eines klarstellen: Es gilt ganz klar der verfassungsrechtlich begründete und im Polizeirecht verankerte Grundsatz, dass Aufgaben- und Befugnisnormen strikt voneinander zu trennen sind. Dies bedeutet, bei einer polizeilichen Gefahrenabwehr darf nicht umgehend auf das Vorhandensein einer Eingriffsermächtigung geschlossen werden. Schlussendlich bedeutet dies aber auch, dass eben die Aufgabennormen als Spektrum behördlichen Handelns durchaus vorhanden sind, eine Befugnisnorm aber nicht gegeben ist.

Sehr geehrte Kollegen, natürlich ist uns bewusst, dass eine solche Befugnisnorm immer mit menschlichem Ermessen korreliert. Und ich wiederhole noch einmal: Nur dann, wenn der Tod eines Gefährdeten unvermeidbar erscheint, muss der Staat eine konsequente Schutzpflicht gewähren. Der Staat muss sich schützend und fördernd vor das Leben stellen, das heißt, es vor rechtswidrigen Angriffen vonseiten anderer bewahren. Deshalb muss eine Novellierung des Paragrafen 109 Absatz 1 zwingend erfolgen, denn sonst stellt es sich doch so dar, dass man – sollte die Polizei nämlich trotz der Möglichkeit des Eingreifens zugunsten des in seinem Leben gefährdeten Opfers untätig bleiben – dieses Verhalten des Staates doch als Tötung durch Unterlassen definieren müsste. Wenn im Endeffekt Leben gegen Leben steht und sich der Beamte nur für ein Leben entscheiden kann und muss, dann muss dem Leben des unschuldig Bedrohten Vorrang einzuräumen sein vor demjenigen des Rechtsbrechers, des Störers, ohne dabei – wie bereits von mir beschrieben – auf die Men

schenwürde abzustellen. In jedem Fall hat der Störer die Möglichkeit, sich durch Entziehung aus der Situation selbst zu sichern, wohingegen die Gefährdeten auf die Hilfe des Staates angewiesen sind.

Gegner werden jetzt sagen, dass der sogenannte finale Rettungsschuss laut SOG schon jetzt zulässig sei, und damit haben sie auch nicht ganz unrecht. Jedoch wissen wir auch, wie Befugnisnormen und vor allem Gesetze gummiartig gedehnt werden, und das möchten wir mit unserem Antrag klarstellen.

Meine Damen und Herren, geben Sie unseren Beamten diese Handlungssicherheit durch Rechtssicherheit, die in 13 anderen Bundesländern bereits gang und gäbe ist!

Lassen Sie mich hier noch einen kurzen Exkurs machen. Vor einigen Monaten, im Februar dieses Jahres – und das ist nicht durch den Blätterwald gegangen –, gab es in meinem Wahlkreis in der Hansestadt Greifswald eine Ankündigung für einen Amoklauf über die Handy-App Jodel, in der man anonym Dinge veröffentlichen kann. Dieser Amoklauf wurde für einen öffentlichen Platz angekündigt. Die Ermittlungsbeamten zogen aus polizeilicher Sicht vor allem auch Schulen in Betracht. Schlussendlich konnte der angekündigte Amoklauf bereits im Vorfeld durch polizeiliche Ermittlung verhindert werden.

Was aber an diesem Beispiel erkennbar ist, ist, dass die Gefahrenlage durch Störer, die eine gegenwärtige Lebensgefahr für andere Bürger darstellen, durchaus real ist und sich auch gegen die Schwächsten unserer Gesellschaft, nämlich unsere Kinder an unseren Schulen, richten kann. Konkret in so einem Fall muss unseren Beamten ein gesetzliches Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung oder körperlichen Unversehrtheit an die Hand gegeben werden. Es geht hier ausschließlich um Rechtssicherheit, und deshalb fordere ich Sie auf, stimmen Sie einer Überweisung unseres Gesetzänderungsentwurfes in diesen Ausschuss zu. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Minister für Inneres und Europa Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Lieber Kollege Kramer, was soll ich mit Ihnen jetzt machen?

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Sie haben heute weder Ihren Kolleginnen und Kollegen einen Gefallen getan noch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein hochsensibles Thema, über das man sich gemeinsam eine Meinung bilden muss, so einfach in den Raum zu stellen, Behauptungen aufzustellen, die einfach nicht wahr sind – Sie haben mit dem Zeitungsartikel gewollt oder ungewollt eine Diskussion losgelöst, wo sich Abgeordnete dran beteiligen mussten, obwohl sie

gar nicht den Sachverhalt so kennen, wie Sie ihn als Polizist kennen. Ja, das gestehe ich Ihnen zu. Aber Sie sollten nicht Theorien eröffnen, die so in der Form nicht stimmen.

Und zur Wahrheit gehört auch, dass Sie die Überlegung schon vor Monaten hatten, Kollege Kramer. Daraufhin habe ich Sie gebeten, lassen Sie das, wir müssen das SOG sowieso novellieren und dann lassen Sie uns darüber reden, ob wir so ein Thema, was im Übrigen eben keine neue Norm ist – das ist ja das, was Sie indirekt behaupten, was aber nicht stimmt –, lassen Sie uns darüber reden, ob man das in Angriff nimmt oder nicht. Ich habe Ihnen gesagt, das SOG wird novelliert, möglicherweise sogar in zwei Schritten, und da spielt das Thema auch eine Rolle. Nun ja, Sie konnten sich nicht zurückhalten, wie man heute an dem Thema sieht. Das ist schade, aber so läuft halt die Oppositionsarbeit. Ich kann deswegen trotzdem ruhig schlafen, da kann ich Sie beruhigen.

Es gibt immerhin gute Gründe, warum die Landesregierung das SOG novellieren will, und zu so einer Erörterung gehören natürlich auch solche Themen. Wir mussten jedoch zunächst die Verabschiedung des BKAGesetzes abwarten, weil dort bestimmte Regelungen festgelegt worden sind, die wir ins SOG übernehmen müssen, genauso wie die Innenministerkonferenz, auf der Vereinbarungen getroffen worden sind, die auch ins SOG einfließen. Der SOG-Entwurf befindet sich derzeit in der Endabstimmung und soll in Kürze in die Ressortanhörung gehen. Vor diesem Hintergrund – das habe ich ja indirekt im Innenausschuss schon getan – bitte ich Sie auch um Verständnis, dass ich dem Landtag allein schon aus verfahrenstechnischen Gründen als Vertreter der Landesregierung nicht empfehlen kann, Ihrem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.

Unabhängig davon – und das habe ich eingangs schon mal kurz erwähnt – lehne ich den Gesetzentwurf Ihrer Fraktion auch inhaltlich ab. Schon die Problembeschreibung ist eben aus meiner Sicht falsch. Die AfD suggeriert hier in unzulässiger Weise, dass die Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern in Gefahrensituationen nicht hinreichend geschützt sind und auch nicht hinreichend geschützt werden können. Das ist, mit Verlaub gesagt, schlichtweg falsch. Die Beamten, insbesondere die Spezialeinheiten, werden für solche Situationen geschult und können sich natürlich – auch das wissen Sie genau – auf die Nothilfe- und die Notwehrregelung berufen. Hier sollten Sie in jedem Fall als AfD mal die Kirche im Dorf lassen, bei aller Problematik, die diese Thematik mit sich bringt.