Protocol of the Session on April 6, 2017

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Strohschein.

Frau Präsidentin! Lieber Bürger und Abgeordnete! Der Antrag der Partei DIE LINKE für eine gerechte Bodenpolitik …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Fraktion DIE LINKE.)

Danke, Herr Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Bitte.)

… zielt in die richtige Richtung. Etwas unklar bleibt aber, wie er umgesetzt werden soll. Wie schon Herr Dr. Weiß sagte, durch die expansive Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank und deren Nullzinspolitik wird die Finanzbranche einerseits mit einem reichen Geldsegen ausgestattet, andererseits sucht sie händeringend nach Renditechancen. Dabei sind landwirtschaftliche Flächen in ihren Fokus geraten, nachdem bereits in Großstädten im Immobilienbereich der Zustand einer Blasenbildung nicht mehr von der Hand zu weisen ist. Infolge dieser Nachfrage von Nichtlandwirten nach Ackerland ist der Preis für landwirtschaftliche Flächen dramatisch gestiegen. Mittlerweile werden bis zu 20.000 Euro für einen Hektar Ackerland gezahlt. Vor wenigen Jahren lag der Preis noch deutlich unter der Hälfte dieser Summe. Hier können unsere Bauern natürlich nicht mithalten. Außerdem sind sie seit Jahren in einer existenziell gefährdeten Preiskrise.

All das zusammen gefährdet eine gesunde Agrarstruktur. Die ist aber genau das, was im Grundstücksgesetz als Ziel der Tätigkeit der Genehmigungsbehörde verlangt wird. Das Grundstücksverkehrsgesetz von 1961 nebst Reichssiedlungsgesetz von 1919, das übrigens von dem SPD-Reichskanzler Bauer verabschiedet wurde, geben der Genehmigungsbehörde weitreichenden Spielraum, Verkäufe an Nichtlandwirte zu versagen.

Die Landesregierung in Gestalt des Landwirtschaftsministers trägt die politische Verantwortung für ihre nachgeordneten Landesbehörden, in diesem Fall die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt. Herr Backhaus, es ist Ihr Ministerium, das den StÄLUs den Rücken stärken muss, damit diese die Kaufbegehren von Nichtlandwirten ablehnen und sich von eventuellen Drohkulissen der Rechtsanwälte nicht landwirtschaftlicher Erwerbswilliger nicht einschüchtern lassen. Oder gab es Anweisungen vom Bund, über die BVVG Grundstücksverkäufe an Nichtlandwirte durchzuwinken?

Angesichts der im Grundstückverkehrsgesetz genannten Versagungsgründe wie die ungesunde Verteilung von Grund und Boden, die Verschlechterung der Agrarstruktur oder allgemeine volkswirtschaftliche Belange kann es doch nicht so schwer sein, hier eine politische Linie hineinzubringen, die offenbar parteiübergreifend für richtig gehalten wird. Wenn die Genehmigungsbehörde leichtfertig genehmigt, dann verfehlt sie ihren Zweck. Örtlich vorhandene kaufwillige Landwirte, die sich zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit preisgünstig vergrößern müssten, erhalten über Vertragsverhandlungen mit Nichtlandwirten keine automatischen Informationen und können gegen Genehmigungen zugunsten von Nichtlandwirten verwaltungsgerichtlich nicht vorgehen. Weil dies aus praktikablen Gründen nicht anders sein kann, wurde die Genehmigungsbehörde überhaupt geschaffen. Ist sie zu einer Abnickinstanz von Kaufvorgängen geworden, die die Struktur unserer Landwirtschaft verschlechtert, dann verfehlt sie ihren Daseinszweck. Das ist nicht akzeptabel.

Nun versprachen Sie auf dem Landesbauerntag, Herr Minister Backhaus, letzte Woche eine entsprechende Gesetzesvorlage zur Sicherung und Verbesserung der Agrarstruktur. Da stellen wir uns allerdings die Frage: Warum erst jetzt? Und wann soll diese Vorlage dann fertig sein? Wir sind gespannt, mit welchen neuen Ideen Sie den Ausverkauf der ostdeutschen Böden eindämmen möchten. Wenden Sie doch erst einmal die bestehenden Gesetze konsequent an, so, wie Sie es schon seit Jahren hätten machen sollen! Dann könnten Sie sich die Arbeit für ein neues Gesetz sparen.

Liebe Bürger! Werte Kollegen! Das Problem, über das wir heute im Jahre 2017 debattieren, besteht im Prinzip seit der Wende. Das bedeutet auch, die antragstellende LINKE zu fragen – fragen dürfen wir das wohl –, was sie eigentlich zu Zeiten rot-roter Koalition getan hat, um die Entwicklung aufzuhalten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Herr Holter, Sie waren doch Arbeitsminister.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja.)

Warum haben Sie diese Praktiken nicht verhindert? Jetzt ruft DIE LINKE: „Haltet den Dieb!“

(Heiterkeit bei Ralf Borschke, AfD: Er hat ein Messer im Rücken.)

Das ist schon eine Zirkusveranstaltung wert, was Sie hier absolvieren.

Herr Dr. Weiß hat ja auch die Frage gestellt oder vorgeschlagen, dass die Grundstücke von der BVVG nicht mehr verkauft werden dürfen. Das hatte ich bei der Ausschusssitzung vor – ich kann es nicht genau sagen – sechs Wochen auch schon befürwortet. Sie, Herr Dr. Weiß, haben nichts dazu gesagt, die SPD hat sich leicht dagegengestellt. Daher stehen wir auf dem Standpunkt, diese Flächen, wie Sie es vorgeschlagen haben, über Länder grundsätzlich nur zu verpachten.

(Im Plenarsaal klingelt ein Handy. – Jochen Schulte, SPD: Wer war das?)

Und nachdem sich die etablierte Politik in diesem Land eher einem radikalen Naturschutz verschrieben hat, statt einer Erhaltung der leistungsstarken Landwirtschaft, verfallen Sie jetzt in Aktionismus. Sind wir doch mal ehrlich: Die Fraktionen, die schon länger hier im Landtag sitzen, haben in dieser Sache nicht ordentlich gepennt.

(Beifall Jochen Schulte, SPD – Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Nicht ordentlich gepennt, genau. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Sie haben ordentlich gepennt. Warme Worte auf den Bauerntagen helfen keinem Landwirt.

(Heiterkeit bei Manfred Dachner, SPD: Sie waren wachsam.)

Außerdem, Herr Dr. Backhaus, in Dänemark hat man ein Gesetz erlassen, das nur Landwirten den Kauf gestattet. Das hatte zur Folge, dass über Nacht die Bodenpreise

um 50 Prozent einbrachen. Da hat aber die Regierung nicht weitergedacht. Die Banken haben dann auch gleich gehandelt und haben festgestellt, dass bei einigen Landwirtschaftsbetrieben die Sicherheit nicht mehr vorhanden war, und haben einige Landwirtschaftsbetriebe in die Insolvenz getrieben. Das muss natürlich verhindert werden. Da muss die Regierung einen Riegel vorschieben. So lange, wie der Landwirtschaftsbetrieb seinen Verpflichtungen gegenüber den Banken nachkommt, darf er nicht in die Insolvenz getrieben werden.

Meine Damen und Herren, denken Sie darüber nach! Wir haben es auch getan. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Aßmann.

(Andreas Butzki, SPD: So, Elisabeth, nicht so doll aufregen! – Tilo Gundlack, SPD: Wir können hier keine Geburt ab.)

Den Gefallen tue ich euch nicht.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir haben jetzt viele Worte zum vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE gehört, und ich glaube, einer der wichtigsten Aspekte war dabei der Hinweis auf die Ziffer 161 im Koalitionsvertrag. Ich möchte nicht versäumen zu ergänzen, auch die Ziffer 163 ist mit dem Antrag eigentlich betroffen. Von daher sind wir uns da, glaube ich, alle einig, dass wir das erfasst haben. Richtig gesagt wurde auch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, dass wir schon dabei sind, dieser beschriebenen Problematik zu begegnen. Und Sie wissen auch, dass wir die Entwicklung am Bodenmarkt beziehungsweise die Verschiebungen des landwirtschaftlichen Eigentums in Mecklenburg-Vorpommern mit großer Sorge sehen und daraus eigentlich auch nie einen Hehl gemacht haben. Der Minister hat das, glaube ich, noch mal eindrücklich dargestellt.

Die letzte Debatte dazu in diesem Hohen Hause fand am 20. April im vergangenen Jahr statt, und auch dort hat Minister Backhaus die Ursachen für die Fehlentwicklungen benannt. Selbstverständlich war einer der Hauptfehler der deutschen Einheit, den Wert von Grund und Boden mit Gewalt zu privatisieren und ihn damit eben auch zum Spekulationsobjekt zu machen. Für die Abwicklung der BVVG-Flächen hätten wir uns bereits ganz am Anfang eine Übertragung an das Land MecklenburgVorpommern gewünscht – das wurde gesagt –, ganz klar mit dem Sinn und Zweck, eine vielfältig strukturierte, nachhaltig wirtschaftende, ressourcenschonende und regional verankerte Landwirtschaft mit langfristigen Pachtverträgen zu unterstützen. Es gehört zu unserem sozialdemokratischen Selbstverständnis, dass wir ein breit gestreutes Eigentum wollen. Da sind wir uns mit der Fraktion DIE LINKE einig.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Wie Sie der Presse und auch den Ausführungen des Ministers bei betroffenen berufsständischen Organisationen, unter anderem auch beim Landesbauerntag, entnehmen konnten, arbeitet das Landwirtschaftsministerium intensiv an diesem benannten Referentenentwurf zur

Agrarstruktursicherung. Da möchte ich auch noch mal ganz klar darauf hinweisen, dass dieser Entwurf in enger Abstimmung mit dem Berufsstand und mit den berufsständischen Organisationen erarbeitet wird. Es ist also nicht so, dass es am Bauernverband oder an anderen berufsständischen Organisationen vorbei gemacht wird, sondern dieser Entwurf erfolgt in ganz, ganz engen Gesprächen.

In den Beratungsrunden, die bisher gelaufen sind, und auch in verschiedenen Randdiskussionen haben wir mitbekommen, dass es sich bei den Agrarstrukturen und bei den Eigentumsverschiebungen um ein sehr komplexes Feld handelt und es sich eben nicht einfach so im Vorbeigehen regeln lässt, schon gar nicht, wenn man das ganze Gesetz verfassungskonform gestalten möchte. Man sollte in diesem Zusammenhang auch anerkennen, dass außerlandwirtschaftliches Kapital nicht automatisch gut oder schlecht sein kann und dass eben die Beweggründe, dass dieses aktiv oder passiv in einen bestehenden Betrieb geholt wird, auch sehr unterschiedlicher Natur sein können. Das zu bewerten, ist sehr schwierig.

Die Möglichkeit, Eigentumsübertragung in Form von Unternehmensanteilen aufmerksam zu verfolgen und zu prüfen, ist in unserem Sinne. Natürlich muss man schauen, unter Berücksichtigung welcher Parameter die Prüfung erfolgen kann. Und das wird eben mit dem angesprochenen Entwurf derzeit untersucht, und zwar nicht nur, weil es versteckte Eigentumsverschiebungen in Größenordnungen zur Folge hat, die zum Teil zu einer Entfernung der Betriebseigentümer von den Verzahnungen im ländlichen Raum führen, sondern es gehen – das hat Herr Dr. Weiß richtig erkannt – einfach auch Grunderwerbsteuern in enormen Höhen für das Gesamtsystem verloren.

Ich möchte das nicht unnötig in die Länge ziehen. Deswegen, liebe Kollegen der Fraktion DIE LINKE, möchte ich im Sinne Ihrer gestern veröffentlichten Antragsdartscheibe sagen: Zwei Pfeile haben wir geworfen, da sind wir dran, machen wir schon. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut! Links wirkt! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Dr. Weiß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Wenn es nach uns gegangen wäre, dann … Herr Minister, wenn ich weglasse, was nicht geht – und ich bleibe bei diesem einen Satz –: Wenn es nach uns gegangen wäre, dann … Ja, wer ist denn seit gefühlter Ewigkeit Agrarminister?

(Jochen Schulte, SPD: Nicht nur gefühlt.)

Ja, ich weiß, davor war auch noch Martin Br…

(Tilo Gundlack, SPD: Ich kenne gar keinen anderen. – Jochen Schulte, SPD: Ich will auch gar keinen anderen kennenlernen. – Andreas Butzki, SPD: Vor 20 Jahren geboren und ich kenne auch keinen anderen.)

Und wenn es nur am Koalitionspartner liegt,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

wenn es nur am Koalitionspartner liegt, also dann würde Loriot wahrscheinlich jetzt fragen: Vielleicht haben Sie den falschen Partner?

(Torsten Renz, CDU: Ist das jetzt eine Anbiederung, oder was?)

Das ist ja nun die Frage.

(Torsten Renz, CDU: Die SPD entscheidet nach Inhalten. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Minister Dr. Till Backhaus und Tilo Gundlack, SPD)