Jetzt verkünde ich Ihnen, dass im Ältestenrat vereinbart worden ist, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema „Bodenpolitik/Bodenmarktpolitik“ hat dieses Hohe Haus von Anfang an begleitet. Und, Herr Weiß, ich bin auf der einen Seite wirklich dankbar, dass Sie diesen Antrag heute hier vorgestellt haben, auf der anderen Seite fangen wir ja nicht bei null an. Ich will noch mal ausdrücklich für meine Fraktion feststellen, der kardinale Fehler der Privatisierung von Grund und Boden im Rahmen der deutschen Einheit fällt dem Land Mecklenburg-Vorpommern zunehmend auf die Füße.
Auf der einen Seite kann man, glaube ich, auch für mich und meine Fraktion ausdrücklich unterschreiben, dass, wenn es nach uns gegangen wäre, wir längst eine andere Regelung auf Bundesebene hätten. Das wird vonseiten der CDU/CSU und auch von anderen verhindert. Im Übrigen gehören die GRÜNEN auch dazu. Auf der anderen Seite muss man zur Kenntnis nehmen, dass wir, wenn ich mir ansehe, was seit der politischen Wende an Kapital, das ja entweder verdient werden muss oder durch Fremdkapital aufgebracht worden ist, runde Zahlen haben und tatsächlich 2,7 Milliarden Euro in der Landwirtschaft in Grund und Boden investiert haben. Dieses Geld – das kann man unumwunden feststellen – steht für Wertschöpfung, für Arbeit, für Veredlung nicht zur Verfügung.
Wenn man sich im Umkehrschluss die Zahlen dazu anschaut, was unsere Landwirtschaft in den letzten Jahren an Investitionen getätigt hat, dann nehme ich außerhalb des Grund und Bodens noch mal 2 Milliarden Euro mit Dankbarkeit auf. Da hat natürlich auch immens unsere Förderung geholfen. Und wenn man das zusammenfasst, dann liegen wir bei fast 5 Milliarden Euro, die die Landwirtschaft in den letzten Jahren in Grund und Boden und in ihre Wirtschaft investiert hat – eine, wie ich finde, wahnsinnig große Zahl.
Aber auch da wird wieder deutlich, wo wir stehen. Wenn wir überlegen, wir haben mal 375.000 Hektar von 1,2 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in der Hand der BVVG gehabt und heute stehen davon noch 47.700 Hektar im Eigentum der BVVG, dann nehme ich zur Kenntnis, dass der mehr oder weniger überwie
gende Teil der Flächen mittlerweile privatisiert ist und 1.600 Hektar Forstflächen auch noch zu privatisieren sind. Und Sie wissen auch – übergreifend über die Fraktionen –, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern in der Vergangenheit intensiv versucht hat, die Flächen zu erwerben, am liebsten unentgeltlich. Dies ist gescheitert. Der Bundesfinanzminister ist nicht bereit, die Flächen zu Sonderkonditionen oder überhaupt zu Konditionen, die das Land verkraften könnte, zu verkaufen.
Ich möchte hier und heute auch noch mal feststellen, die landeseigenen Flächen, die wir wie einen Schatz hüten – das sind im Übrigen runde Zahlen: 250.000 Hektar Waldflächen, die dem Land und damit den Menschen dieses Landes gehören, die sind in der Hand des Landes –, werden nicht veräußert, im Gegenteil: Wir versuchen, den Wald zu mehren. Das Gleiche gilt für die landwirtschaftlichen Nutzflächen. Das sind immerhin 83.600 Hektar, die im Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern stehen. Diese werden ausschließlich verpachtet, und zwar nach besonderen Kriterien, insbesondere für Junglandwirte, für ökologisch wirtschaftende Betriebe und für Veredlungsbetriebe. Auch hier haben wir in der Vergangenheit fraktionsübergreifend einen Konsens erarbeitet.
Und dann möchte ich Ihnen ausdrücklich mit auf den Weg geben, ja, Mecklenburg-Vorpommern ist auch hier wieder in einer Art Vorreiterrolle. Es haben sich schon andere Bundesländer – Herr Weiß, das wissen Sie auch – an dem Thema die Zähne ausgebissen. In Sachsen-Anhalt ist das Gesetz mehr oder weniger zum Stehen gekommen. In Niedersachsen gibt es verfassungsrechtliche Bedenken, und ob das Gesetz so überhaupt den Landtag in Hannover passieren wird, ist fraglich. Ich arbeite wirklich seit Jahren an diesem Thema, und insofern bedarf es nicht der weiteren Aufforderung. Unterstützung ist immer gut, das dürften auch die Koalition und insbesondere die Opposition zur Kenntnis nehmen.
Ich will die wichtigsten Punkte, über die wir zurzeit – im Übrigen auch mit dem Berufsstand – reden, nennen. Sie haben recht Herr Weiß, ich habe das auch ausdrücklich und unumwunden auf dem Bauerntag gesagt. Die Landwirte unter uns und diejenigen, die dazu eine Affinität haben, wissen ja auch, der Riss geht quer durch den Bauernverband. Das sind die Jungen, die sagen, der Backhaus hat recht, lasst uns schnell ein Gesetz machen, damit wir überhaupt irgendwann noch mal die Chance haben, an Flächen zu kommen oder einen Betrieb zu gründen. Und dann gibt es die etwas ältere Generation, die mit der Wendezeit Abteilungsleiter gewesen ist und auch Betriebe übernommen hat, vor der ich heute den Hut ziehe, aber die natürlich darüber nachdenkt, die Betriebe jetzt zu übergeben – davor ziehe ich besonders den Hut, wenn sie das macht –, und eine große Gruppe ist dabei, die tatsächlich die ganzen Betriebe verkaufen will. Darauf gehe ich jetzt ein.
Wir arbeiten auf der einen Seite – und da bitte ich auch um Verständnis – mit Hochdruck an einer gesetzlichen Neuregelung im Rahmen eines Agrarstruktursicherungs- und -verbesserungsgesetzes. Wir wollen – auch das sage ich hier in aller Deutlichkeit, auch noch mal an den Koalitionspartner –, wir wollen den aktiven Landwirt unterstützen. Es ist ein Gesetz zur Unterstützung des aktiven Landwirts, der vor Ort wirtschaftet, ob in einer Form des bäuerlichen Betriebes oder in einer juristischen Form, er soll vor Ort wirtschaften. Den aktiven Landwirt wollen wir dabei unterstützen. Alles andere, was zum Teil
Wir haben als Erstes, da bitte ich auch um Verständnis, die verfassungs- und europarechtlichen Fragen zu klären – da sind enge verfassungs- und europarechtliche Spielräume –, um die bestehende Rechtslage überhaupt anzupassen. Ich möchte Ihnen ein Beispiel der sogenannten Preisbremse nennen. Auch da wollen wir versuchen einzugreifen, denn – Sie haben darauf hingewiesen – wir haben ja mittlerweile seit Anfang der 90er-Jahre mit der Privatisierung bis heute Steigerungsraten auf über 1.000 Prozent der Bodenpreise, 1.000 Prozent Steigerung! Das hätte kein Analyst an der Börse so hinbekommen. Im Bodenbereich als Spekulantentum ist das dazu geworden. Und ich sage noch mal, die Sozialpflichtigkeit des Grund und Bodens, der nicht vermehrbar ist, spielt auch hier nach dem Grundgesetz aus meiner Sicht eine Rolle.
Aber was die Preisbremse betrifft, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Referenzwert des Grundstückes, also der Wert der Grundstücke, mit dem ein Kaufvertrag geschlossen wird, ein vereinbarter Kaufpreis zu vergleichen ist, nämlich mit dem Verkehrswert. Und auch daran hat sich die BVVG orientiert. Im Gegenteil: Sie hat diese Frage ja heraufbeschworen, nämlich den Verkehrswert nach oben zu treiben. Und wenn wir das zwischen den alten und neuen Bundesländern vergleichen, dann nehmen wir zur Kenntnis, dass die Bodenpreise in den älteren Bundesländern tatsächlich noch deutlich höher sind als bei uns. Da ist die Frage erkennbar, dass wir uns spekulativ erhöhte Preise und deren Vorliegen im Rahmen der Rechtsprechung sehr genau angucken müssen und nur ganz enge Voraussetzungen vorhanden sind, um diese quasi einzudämmen, was die Preisbremse anbetrifft. Das heißt, die Möglichkeiten des Gesetzgebers sind ziemlich eng.
Beim Einfluss von außerlandwirtschaftlichen Kapitalanlegern – das haben Sie angedeutet und angesprochen – stellt sich die Frage: Welche Rolle spielen eigentlich außerlandwirtschaftliche Kapitalanleger? Die Landwirte in diesem Lande weisen nicht ganz zu Unrecht darauf hin, dass es nur schwer möglich ist zu sagen, der eine ist der Gute und der andere ist der Schlechte. Sie haben hier Namen genannt, die wir alle zum Teil natürlich auch kennen. Es gibt positive Beispiele, es gibt aber auch negative. Und die Bezeichnung „Heuschrecke“ dürfte uns allen bekannt sein. Auch das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinen Entscheidungen zum Grundstückverkehrsgesetz aus den Jahren 1967 und 1969 deutlich gemacht, dass die Kapitalanlage allein kein Ausschlusskriterium beim Bodenkauf sein darf. Deshalb, meine Damen und Herren Abgeordnete – ich sage es auch noch mal ausdrücklich –, kann und darf nicht pauschalisiert werden, sondern wir müssen uns das wirklich verfassungsrechtlich ganz sauber angucken.
Die Bodenkonzentration ist ein Thema, mit dem wir uns sehr, sehr intensiv auseinandersetzen. Auch dieser Punkt ist nicht ganz einfach zu beantworten. Die in der politischen Diskussion befindlichen Regelungsmodelle der Länder Sachsen-Anhalt und Niedersachsen sind einer Vielzahl von Kritikpunkten ausgesetzt. Und, Herr Weiß und all diejenigen, die nach mir reden werden, mittlerweile haben sich zehn Länder zusammengetan, die mit uns kooperieren, zehn Bundesländer, die der Auffassung sind, dass das, was wir als Referentenent
wurf hier entwickelt haben, wohl am weitestgehenden ist. Aber ich will selbstverständlich auch hier einen Konsens mit der Landwirtschaft erreichen, dass es kein Gesetz gegen die Landwirtschaft ist, sondern eins für die Landwirtschaft.
Einerseits fällt es schwer, im Umfeld der Erwerbsfläche eine angemessene räumliche Bezugseinheit zu definieren: Soll es eine Gemarkung sein? Soll es der Landkreis sein? Soll es eine übergreifende Region sein? Wo setzen wir die Bodenkonzentration an? Sind es 30 Prozent des Eigentums? Sind es 50 Prozent? Dazu haben Sie natürlich noch nichts gesagt, das verstehe ich auch. Andererseits ist es angesichts der unterschiedlichen Bodenverhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern wiederum auch nicht so einfach: Gilt das für den Klützer Winkel genauso wie für die Griese Gegend des Landkreises LudwigslustParchim oder wie für die besseren Böden auf der Insel Rügen? Gelten da andere Maßstäbe als in Waren an der Müritz oder in der Mecklenburgischen Seenplatte? Deswegen glaube ich, wenn DIE LINKE von Bodengerechtigkeit spricht, dann bedeutet das für den Gesetzgeber, dass er Landwirte in der Griesen Gegend nicht anders behandeln darf als im Klützer Winkel. Deswegen darf man die Bonität der Böden auch nicht einfach außer Acht lassen. Auch darin sollten wir uns einig sein.
Kein Vorrang zugunsten ortsansässiger Landwirte möglich? Ich möchte auf diesen Trugschluss eingehen, der Gesetzgeber könnte ortsansässigen Landwirten eine Sonderstellung einräumen. Ein solches Erwerbsprivileg würde der Europäischen Kapitalverkehrsfreiheitsverordnung widersprechen. Der Europäische Gerichtshof hat sich in der Vergangenheit zu entsprechenden Versuchen anderer Mitgliedsstaaten, die das nämlich versucht haben, bereits eindeutig geäußert. Mehr möchte ich dazu jetzt nicht sagen.
Dann kommen wir zu dem ganz großen Komplex des Erwerbs von Geschäftsanteilen. Die Dinger liegen mir auch im Magen, aber tief im Magen. Und das ist der fünfte Punkt, den ich ansprechen möchte, das ist auch mein letzter. Die dargestellten rechtlichen Probleme werden noch bei Weitem übertroffen, wenn es um den Erwerb von Unternehmensanteilen geht. Der Erwerb von Unternehmensanteilen ist rechtlich etwas vollständig anderes als der Erwerb von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Aus diesem Grund passen die bestehenden Vorschriften des Genehmigungsverfahrens nach dem Grundstückverkehrsgesetz oder auch dem Landpachtgesetz in keinster Weise hierauf. Ich gehe davon aus, dass Ihnen das auch vollkommen bewusst ist. Es handelt sich damit um Gesellschaftsrecht und liegt außerhalb der Kompetenz der Landesgesetzgebung. Bitte nehmen Sie das auf!
Zwar bestätigt das Bundesjustizministerium, dass man unter bestimmten Voraussetzungen eine Genehmigungspflicht auf Länderebene im Grundstücksverkehrsgesetz verankern könnte, die Ahndung ungenehmigter Anteilsübertragung könnte jedoch nur auf dem Wege des Ordnungsrechtes, also mit Bußgeld belangt werden. Und ein Bußgeld, Sie haben die Zahlen von Flächen ja genannt – darüber lachen manche, über ein Bußgeld. Das bedeutet also, am Ende hat das Land – zurzeit jedenfalls – nicht die Möglichkeit der Genehmigungsversagung, sondern maximal die Möglichkeit, demjenigen, der sich nicht an das Gesetz und an die Verfügung der Genehmigungsbehörde hält, ein Bußgeld aufzuerlegen. Damit kommen wir überhaupt nicht weiter.
Ich glaube, dass wir wirklich in Ruhe weiter daran arbeiten müssen. Mir geht es darum – Sie haben das ja auch richtigerweise angedeutet –, dass der Grund und Boden der Garant für eine ausgewogene Entwicklung ist, und zwar der gesamten ländlichen Räume. Denn ein breit gestreutes Eigentum – das ist sozialdemokratische Grundauffassung, nämlich zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialer Verantwortung – ist eine Frage der Gerechtigkeit. Auch die Bodenfrage ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Gucken wir in die Geschichte zurück, hat es auch in dieser Frage immer wieder Auseinandersetzungen und Probleme gegeben.
Insofern, meine Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich eine Zwischenbilanz vorlegen: Es geht selbstverständlich um das hohe Schutzgut Eigentum, aber auch um die Frage der Kapital- und Niederlassungsfreiheit. Das heißt, die verfassungs- und europarechtlichen Spielräume sind für den Gesetzgeber unglaublich eng. Einfache Lösungen gibt es in dieser Frage nicht. Je stärker der Eingriff in die Rechte des Käufers ist und gleichzeitig Umgehungsmöglichkeiten so zu verbauen sind, umso komplexer und bürokratischer wird das ganze Verfahren. Ich sage mal, hier ein Programm für Anwälte und Juristen aufzulegen, ist nicht mein Ziel, und ich glaube auch nicht, dass es das Ziel dieses Hohen Hauses ist.
Insbesondere beim Bezug, beim Erwerb von Geschäftsanteilen müssen wir pedantisch aufpassen, dass wir aufgrund der Komplexität nicht Tür und Tor öffnen und wiederum findige Rechtsanwälte auf Umgehungstatbestände hinarbeiten. Gleichwohl sage ich hier und heute noch mal, ich versichere Ihnen, unser Haus wird in Gesprächen mit dem Berufsstand und den Experten – und, Frau Justizministerin, ich bin dankbar, dass auch wir hier kooperieren – versuchen, den Eckpunkteplan einzuhalten. Wenn es nach mir geht und auch nach der Regierungsfraktion, sollten wir im Herbst erneut darüber nachdenken, um das Grundstückverkehrsgesetz gegebenenfalls für unser Land, aber auch das Gesetz zur Struktursicherung vorzulegen.
Der von mir jetzt ins Spiel gebrachte Zeitplan ist eng. Ich sage das ausdrücklich: Bis zum Ende dieses Jahres einen Entwurf vorzulegen, steht auch hier und heute unter Vorbehalt, sodass es nicht zu einem Zerwürfnis zwischen Politik und denjenigen, die auf diesen Flächen wirtschaften, also der Landwirtschaft, kommt. In anderen Bundesländern ist das bereits passiert. Gucken Sie sich das in Sachsen-Anhalt an und gucken Sie sich das auch in Niedersachsen an! Ich will das nicht! Ich möchte, dass wir mit dem Berufsstand, aber insbesondere auch mit der Politik dokumentieren, uns geht es um die Sache und wir wollen auch für die Zukunft unsere ländlichen Räume lebenswert gestalten.
In dem Sinne hoffe ich, dass ich Ihnen einiges an neuen Erkenntnissen vermitteln konnte, und ich hoffe sehr, dass wir spätestens im Herbst darüber neu reden werden. – Herzlichen Dank.
Damit steht nach Paragraf 85 der Geschäftsordnung denjenigen Fraktionen, die nicht an der Regierung beteiligt sind, diese Zeit zusätzlich zur Verfügung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Präsidium! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Mit dem vorliegenden Antrag beabsichtigt die Fraktion DIE LINKE, den Kauf von Boden und landwirtschaftlichen Betrieben durch außerlandwirtschaftliche Investoren aufgrund der Entwicklung der Agrarstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern zu reglementieren. Ich denke mal – Herr Dr. Weiß, Sie haben es ja auch betont –, Sie wollen kein Zurück in eine Zeit, wo der Grund und Boden überwiegend staatlich war oder wo der Grund und Boden auch nicht werthaltig war, wo er eigentlich, ich sage mal, nichts wert war.
Auch Sie, Herr Minister, hatten es gesagt, die Privatisierung des Grund und Bodens ist uns auf die Füße gefallen. Man muss aber klarstellen, dass nach der politischen Wende der überwiegende Teil des Grund und Bodens auch in der ehemaligen DDR privat gewesen ist. Wenn uns hier eine Privatisierung auf die Füße gefallen ist, dann ist es die Privatisierung des Volkseigentums, also die Privatisierung, die durch die BVVG oder teils auch durch andere vorgenommen wurde.
Die Thematik „Grund und Boden“ schlägt natürlich auch in der Öffentlichkeit große Wellen, auch durch die Veräußerung der Großbetriebe, die hier genannt wurden, beispielsweise der KTG, die sich ja doch riesige Flächen zu eigen gemacht hat, und diese Flächen sind jetzt auch in nicht landwirtschaftliche Investorengesellschaften gefallen. Man muss aber dabei wissen, dass wir hier eigentlich – das sind Einzelbeispiele, die dazu führen – eine Diskussion über einen gesamten Berufsstand führen, der überwiegend, denke ich mal, sorgsam und auch ordentlich mit dem Boden umgeht. Es ist Fakt, dass derzeit circa 10 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe rund 50 Prozent landwirtschaftliche Nutzfläche in Mecklenburg-Vorpommern bewirtschaften. 20 Prozent der landwirtschaftlichen Unternehmen sind größer als 500 Hektar und diese bewirtschaften rund 80 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Hier in Mecklenburg-Vorpommern haben wir es sicherlich auch der Geschichte zu verdanken, dass in der Zeit der DDR aus den vielen kleinen privaten Agrarbetrieben, Familienbetrieben durch LPG-Gründungen, aber auch durch volkseigene Betriebe auf den Flächen, die volkseigen waren, die volkseigen geworden sind oder wo irgendwann die ehemaligen Eigentümer ihre Flächen verlassen haben und gerade in den 50er-Jahren doch sehr häufig die Grenze passiert haben, ausgewandert sind, Strukturen entstanden sind, um die man uns in Europa beneidet. Jeder von Ihnen weiß, Produktionsmittel kosten Geld, moderne Produktionsmittel kosten sehr viel Geld und auch die Landwirte haben heute natürlich mit ganz vielen Umweltauflagen, mit ganz vielen Reglementarien zu tun, sodass ein moderner Landwirtschaftsbetrieb dazu gezwungen ist, moderne Technik anzuschaffen. Diese Technik kann er sich eigentlich nur anschaffen, wenn entsprechende Strukturen da sind, wenn bestimmte Betriebsgrößen da sind.
Deswegen ist es manchmal müßig, hier die Diskussion anzufangen: Was ist eine optimale Betriebsgröße? Liegt
sie bei 500 Hektar? Liegt sie bei 1.000 Hektar? Liegt sie bei 5.000 Hektar? Solche Strukturen sind ja in diesem Lande vorhanden und die sind auch in der Überzahl, obwohl viele kleine Familienbetriebe, die nur wenige 100 Hektar oder auch unter 100 Hektar haben, einen Ausgleich bilden. Aber bei diesen kleinen Strukturen ist eben sehr, sehr oft zu verzeichnen, dass die Rendite, die Wirtschaftlichkeit, nicht so vorhanden ist und dass natürlich auch die Anschaffung von moderner Technik, wie sie heute in der Landwirtschaft benötigt wird, um dem technischen Fortschritt standzuhalten, überhaupt nicht, ich sage mal, getätigt werden kann. Demzufolge hier über Strukturen nachzudenken und darüber, wie man sie verändern möchte, ist relativ schwierig.
Diese Auswüchse, die es natürlich an der einen oder anderen Stelle gibt – und es ging ja vor allem auch in der Anrede durch Herrn Weiß um dieses fremde Kapital, Industriekapital, was in die Landwirtschaft geflossen ist, gerade in Zeiten der Finanzkrise, wo viele Leute versucht haben, ihr Geld in Boden zu investieren –, sind überwiegend dieser Finanzkrise geschuldet. Das sind Dinge, die wir zurzeit gesetzlich schwer – zumindest in der heutigen Zeit – verhindern können.
Sie haben es ja richtig erwähnt, Dr. Weiß, im Koalitionsvertrag hat sich die Koalition dieser Thematik, dieser Problematik schon gewidmet. Und wir haben auch in einer der letzten Agrarausschusssitzungen über diese Problematik diskutiert, wo durch unser Landwirtschafts- und Umweltministerium, der entsprechenden Fachbehörde, ein Vorschlag gemacht wurde zu dem Thema Agrarstruktursicherungsgesetz und dazu, wie man versuchen möchte, mit diesen doch wenigen negativen Beispielen, die aber immer wieder zitiert werden, wodurch eigentlich immer ein schlechtes Licht auf den gesamten Berufsstand geworfen wird, umzugehen, und wie wir es schaffen, hier vielleicht etwas mehr Transparenz reinzubringen.
Meine Vorredner, vor allem der Minister, haben es schon gesagt: Es ist natürlich auch ein europarechtliches Problem. Wenn wir durch Reglementierung beim Bodenverkauf, beim Bodenkauf auf bestimmte Betriebsgrößen, auf Kapital, was in der Landwirtschaft oder nicht in der Landwirtschaft verdient wurde, abzielen, haben wir auch ein rechtliches Problem, was in einer aktuellen Rechtsprechung des EuGHs schon angemahnt wurde, nämlich, dass diese Dinge juristisch so nicht umzusetzen sind. Und, Herr Minister hat es vorhin auch gesagt, die Kapitalanlage in Grund und Boden ist verfassungsrechtlich geschützt. Also es kann niemandem verwehrt werden, Geld in Grund und Boden anzulegen, egal, wo er es verdient hat, ob er es geerbt hat oder wo er dieses Geld herbekommen hat.
Bei der Erarbeitung des Agrarstruktursicherungsgesetzes, wo wir gerade in der Koalition, aber auch im Agrarausschuss dabei sind und die ersten Schritte und Anfänge getan sind, sollten wir eins mit Sicherheit tun: die Betroffenen – das sind natürlich die Landwirte, das ist aber auch die Vertretung des Berufsstandes, das ist der Bauernverband –, diesen Personenkreis in die Diskussion miteinzubeziehen, weil es zu bestimmten Themen, die im Zusammenhang mit diesem Agrarstruktursicherungsgesetz auch schon in der Öffentlichkeit diskutiert wurden, nicht immer ein positives Feedback des Bauernverbandes gibt.
Ich denke mal, auch beim letzten Bauerntag in Linstow am 30.03. hat der Bauernverband einen 10-Punkte-Plan
zu Papier gebracht und veröffentlicht, wie sich der Bauernverband im Prinzip die Landwirtschaft gerade in Mecklenburg-Vorpommern für die Zukunft vorstellt und wie er sie darstellt. Daraus würde ich gerne mal zwei Abschnitte zitieren, die sich speziell damit beschäftigen, wie der Bauernverband dieses Thema sieht.
Da heißt es einmal unter Punkt 2: „Wir fordern ein klares Bekenntnis zu den bestehenden Strukturen. Wir brauchen eine Landwirtschaftspolitik, die bestimmt ist von Vertrauen und Respekt, von Verlässlichkeit und Kontinuität.“ Und unter Punkt 4: „Ziel der Bodenpolitik muss der Schutz der nichtvermehrbaren Ressource sein. Wir kritisieren, dass Naturschutzverbände und -stiftungen verstärkt als Konkurrenten von Landwirten am Bodenmarkt auftreten. Ein gesetzlich verankertes Erhaltungsgebot für landwirtschaftliche Flächen darf politisch nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden, weil der immense Flächenverbrauch durch Siedlungen und Straßen, Bahnlinien, für Fotovoltaik, den Netzausbau und nicht zuletzt für Ausgleichs- und Ersatzflächen, z. B. für Gasleitungen“ und andere größere Bauprojekte, „die größte Bedrohung landwirtschaftlicher Böden in Deutschland ist.“ Die Landwirte an sich sehen den Konkurrenten auch noch auf einer anderen Seite, nicht nur im Kapital, was aus der Industrie in die Landwirtschaft einfließt.
Als Letztes vielleicht noch aus dieser Präambel: „Bei der Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Programme für den ländlichen Raum fordern wir eine deutliche Schwerpunktsetzung für die Landwirtschaft.“ Man muss wissen, die Landwirte hängen natürlich sehr an ihrem Boden, weil er nicht vermehrbar ist, er ist nur einmal da und es wird von ganz vielen Seiten auf dieses doch so wertvolle Gut „Grund und Boden“ zugegriffen. Für viele Dinge, die ich hier eben genannt habe, wird wertvoller Boden, wertvolles Ackerland verbraucht. Und da, denke ich mal, sollten wir – auch, wenn wir über ein Agrarstrukturgesetz in diesem Lande nachdenken – Prämissen setzen, dass hier bestimmte Dinge wirklich neu geregelt werden.
Es gibt unter den Landwirten so einen tollen Spruch, den hat, glaube ich, einer unserer Bauernpräsidenten im Land – ich glaube, das war Herr Kröchert – mal geprägt: Boden ist nicht alles, aber ohne Boden ist alles nichts. Wenn man sich diesen Ausspruch auf der Zunge zergehen lässt, dann weiß man auch, wie eng die Landwirte mit dem Grund und Boden verbunden sind und warum sie an dem Grund und Boden hängen: Sie haben nur dieses eine Produktionsmittel. Wir haben darüber zu entscheiden, ob die Verteilung in diesem Land in den letzten 25 Jahren gerecht erfolgt ist und wie wir den einen oder anderen Auswuchs, der hier sichtbar wurde, in Zukunft vielleicht durch eine elegante und bessere Gesetzgebung verhindern. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten.
Herr Dr. Weiß, Ihren Antrag in allen Ehren, aber er ist eigentlich schon Bestandteil des Koalitionsvertrages. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten und ich hoffe, dass wir hier einen Konsens finden, um für die Landwirtschaft in unserem Land bessere und gerechte Bedingungen zu schaffen. – Danke schön.