Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Lück. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte das wieder ein bisschen runterbrechen. Ich möchte da beginnen, wo man sagt, die Folgen der Krise spüren alle Menschen in unserem Land. Aber wie schwer der Schiffbau leidet, weiß bundesweit kaum einer. Deshalb halte ich es auch für ganz wichtig, dass wir hier im Landtag darüber diskutieren. Opel und Quelle waren wochenlang die Nummer eins in allen Medien. Gewerkschafter und Firmenbosse lieferten sich heiße Schlachten an den Mikrofonen. Zehntausende Arbeitsplätze stehen jetzt noch in fast allen Branchen auf dem Spiel. Aber die Banken hingegen – ich möchte es noch mal wieder auf den Punkt bringen – dürfen sich über milliardenschwere Schutzschirme an Staatshilfe freuen, wohlgemerkt aus Steuergeldern finanziert.
Wie mag all das wohl bei einem Werftarbeiter in Warnemünde und in Wismar ankommen? Denn die Schiffbaubranche leidet eher leise, bis von gestern abgesehen.
Dabei wurde keine Industriebranche in Deutschland so hart von der Wirtschafts- und Finanzkrise getroffen wie der Schiffbau. Und es besteht sogar die Gefahr, dass der Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern – ich sage es ganz bewusst – nach jahrhundertelanger Tradi
tion noch schweren Zeiten entgegengeht. Noch vor einem Jahr zählten die Stammbelegschaften aller deutschen Werften 22.000 Beschäftigte. Jetzt sind es noch 17.000 Männer und Frauen, die auf den Werften arbeiten.
Und da habe ich nur die Werften gezählt und nicht die Zulieferbetriebe, die überall noch in den Regionen dranhängen. Das gilt auch für die fast fünffache Zahl der Mitarbeiter in den Zulieferbetrieben. Sie haben sie genannt bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, über 240 haben wir, die direkt von den Werften abhängen.
Die Schiffbauer und ihre Familien würden viel darum geben, wenn die Werften wieder Aufträge hätten, wenn Beschäftigung gesichert werden könnte. Ich bin mir sicher, die Werftarbeiter würden jede Chance nutzen, die sich ihnen bietet, etwas anderes zu bauen als Schiffe, beispielsweise Stahlteile für Windkraftanlagen, wenn auch dann mit Wehmut, das muss man einfach so sagen.
Über die Jahrzehnte ist die Zahl der Beschäftigten stetig gesunken. Zugleich hat die Arbeitsteilung zwischen Werften und Zulieferern zugenommen und auch auf den Werften selbst hat sich die Produktivität enorm erhöht. Die Werften bei uns im Nordosten gehören zu den modernsten in Europa und sie sind im Weltmaßstab, man sagt, klein, aber fein inzwischen, und das nach all den Höhen und Tiefen, die vor allem in den 90er-Jahren bestanden. Die Belegschaften waren stets hoch motiviert und haben sich jeder Herausforderung gestellt.
Ich möchte auch noch mal sagen, auf den Werften und in den Zulieferbetrieben werden mehr als 20 gewerbliche und kaufmännische Berufe ausgebildet.
Und das dürfen wir dabei nicht vergessen, wenn wir über Zukunftskonzepte sprechen: Mit einem Marktanteil von rund zwei Prozent lag Deutschland noch weit entfernt hinter den Marktführern Südkorea und Japan. Die produzierten allein jeweils mehr als ein Drittel der weltweiten Schiffstonnagen, aber Deutschland rangierte immer noch auf dem vierten Platz weltweit hinter China und auf Platz eins in Europa. Der Auftragsboom und die Euphorie bis in die Mitte dieses Jahrzehnts, vor allem bei den großen Containerschiffen, überdeckten natürlich auch die kritischen Töne, die vor allem aus der eigenen Branche kamen.
Dann traf die Wirtschaftskrise natürlich mit voller Wucht, es ist hier durch meine Vorredner auch gesagt worden. Dutzende Aufträge wurden in kurzer Zeit storniert, schon sicher geglaubte Aufträge sind geplatzt und der Auftragseingang kam sozusagen zum Erliegen. Ähnliches, das wissen wir, traf natürlich auch auf Deutschland zu.
Der Branchenverband sieht die Zukunft der deutschen Werftindustrie vor allem im Bau technologisch anspruchsvoller Spezialschiffe. Doch er verhehlt nicht, dass es auch heute noch mehr offene Fragen gibt als Antworten, und fast schon hilflos heißt es aus Verbandskreisen, dass die Zeit nach der Krise für den Schiffbau anders aussehen wird als davor. Wie, sagt natürlich auch keiner.
Und genau hier, meine ich, liegt die Verantwortung der Politik, diese Zeit nach der Krise schon heute mitzugestalten und mit zu beeinflussen. Dazu gehört unab
dingbar, so viel Know-how wie möglich an den Standorten zu sichern und auszubauen. Dazu gehört es, Brücken zu bauen und zu vernetzen, Zukunft zu gestalten mit den Menschen, die dafür arbeiten. Sie hoffen, dass die Zukunft neue Aufträge für die Standorte bringt, für komplexe Systemtechnologien zum Beispiel.
Ich habe erst gestern mit den Schiffbauern hier unten vor dem Schloss gesprochen. Sie sagen, dass es ihnen nicht in den Kopf will, dass in Warnemünde oder in Wismar womöglich keine Schiffe mehr gebaut werden. Aber ich frage: Warum sollte das nicht möglich sein? Gibt es nicht durchaus einen Markt für gute und vor allem sichere Schiffe in der Zukunft? Der Schiffbau ist und bleibt eine Hochtechnologiebranche.
Das wird deutlich vor Ort. Hier geht es auch um die Verbindung der Menschen zum Schiffbau untereinander und vor allen Dingen zwischen ihren Familien. Hier geht es um die Identifikation ganzer Regionen. Es geht um das enge Zuliefer- und Dienstleistungsgeflecht und es geht natürlich auch um Kaufkraft und um Einkommen. Unsere Region braucht die Werften, meinen wir, ohne Wenn und Aber.
Der maritime Bereich, der Stahlbau oder die Umwelttechnik bieten eben die Wachstumschancen. Das heißt also, diese Chancen müssen wir nutzen mit allen Menschen.
Weil das Herr Waldmüller so betonte und unseren Antrag auseinandergenommen hat, ich möchte Sie fragen: Was steht denn in Ihrem Antrag drin?
(Vincent Kokert, CDU: Sie haben das gar nicht gelesen, habe ich das Gefühl die ganze Zeit. Sie machen die ganze Zeit eine Ist-Stand-Analyse und sagen gar nicht, was Sie machen wollen.)
Sie sagen, bitte, bitte, lieber Eigentümer, halten Sie sich an die Verträge, und der Antrag sagt, bitte, bitte, lieber Eigentümer, vielleicht finanzieren Sie auch die Transfergesellschaft noch. Das steht zwischen den Zeilen.
nehmen wir die Landesregierung in Verantwortung. Das wird durch Sie nicht geleistet. Und wenn der Wirtschaftsminister hier sagt, dieses Konzept hätte die Landesregierung, kann ich Ihnen nur sagen als Mitglied des Wirtschaftsausschusses, dieses Konzept habe ich bis heute nicht gesehen.
Wir sollten uns wirklich ernsthaft kurzfristig mit den Experten im Land zusammensetzen, um zu so einem Konzept endlich zu kommen.
Herr Pastörs, die Antwort der Werftarbeiter und Werftarbeiterinnen gestern hier auf dem Alten Garten an Ihre Adresse war eindeutig: „Nazis raus, Nazis raus!“
Und deswegen haben Sie überhaupt keine Verantwortung, Sie tragen auch keine Verantwortung für die Werften und für dieses Land.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Udo Pastörs, NPD: Die Gewerkschaftsbonzen. Nicht die Arbeiter, das verwechseln Sie.)
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident Sellering, Sie sind darauf eingegangen, wir haben unsere Entscheidung und die Anträge, die die Regierung in die entsprechenden Ausschüsse eingebracht hat, sehr wohl abgewogen und haben den Darlehen und anderen Maßnahmen zugestimmt.