Protocol of the Session on December 7, 2006

Meine Damen und Herren, noch deutlicher kann man seine Geisteshaltung nicht dokumentieren.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Vielleicht zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung. Ich glaube, gestern war es, da ging es um diese Frage Anne-Frank-Ausstellung, die wir als Demokraten alle begrüßen und befördern werden. Wir sollten uns darüber Gedanken machen, ob wir sie nicht sogar in den Landtag bekommen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP)

Da sprach ein Redner der NPD, ich glaube, Herr Lüssow war es. Herr Lüssow, Sie tun mir wirklich leid.

(Zuruf von Birger Lüssow, NPD)

Ja, das meine ich ganz ehrlich.

(Zuruf von Birger Lüssow, NPD)

Sie sich auch, das habe ich so verstanden. Sie tun mir wirklich leid, dass so ein junger Mensch aus der größten Stadt dieses Landes so einer Verblendung hinterherrennt. Sie haben teilweise richtig hier den Hass sprühen lassen bei Ihrer Rede.

(Birger Lüssow, NPD: Das können Sie beurteilen?! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ja, das kann ich beurteilen. Ich habe Kinder in Ihrem Alter, wissen Sie.

(Michael Andrejewski, NPD: Die armen! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ach wissen Sie, Herr Pastörs, Sie tun mir noch viel mehr leid.

(Udo Pastörs, NPD: Danke.)

Herr Lüssow sagte hier in einer Stelle, als er sich provoziert fühlte, sinngemäß – ich kann das nicht mehr wörtlich zitieren, das fällt dann doch etwas schwer –, wir seien die ewig Gestrigen, weil wir die Nazizeit und damit die NPD und was weiß ich alles in Verbindung bringen, das kann ja wohl nicht sein, man müsse doch jetzt nach vorne gucken und die NPD tut das und Herr Lüssow tut das. Wissen Sie, und dann gucke ich auf diese NPDSeite heute Nacht und da hätte ich fast einen Lachanfall bekommen, wenn es nicht so traurig wäre. Da steht als ein ganz wichtiger Punkt der NPD: „Ein Volk ohne Vergangenheit hat keine Zukunft.“ Bekennen Sie sich zu Ihrer Vergangenheit, dass das die Wurzeln Ihrer Gedankenwelt sind, dann sind Sie ehrlich und dann haben Sie auch das Recht, hier Anträge zu stellen und nicht die Bevölkerung hier zu verscheißern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von Birger Lüssow, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Dafür nehme ich einen Ordnungsruf in Kauf. – Herzlichen Dank.

Meine Damen und Herren, ich bitte hier wieder um Sachlichkeit.

Danke schön, Herr Schlotmann.

Die NPD hat die Einberufung des Ältestenrats beantragt.

(Volker Schlotmann, SPD: Habe ich doch gesagt.)

Ich unterbreche jetzt die Sitzung für eine halbe Stunde und berufe den Ältestenrat ein.

Unterbrechung: 14.24 Uhr

Wiederbeginn: 14.50 Uhr

Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich eröffne die unterbrochene Sitzung.

Herr Abgeordneter Schlotmann, für den letzten Satz in Ihrem Redebeitrag erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Wir fahren jetzt fort in der Rednerliste. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Reinhardt von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Stück weit möchte ich meinem Fraktionsvorsitzenden natürlich recht geben, in gewissem Sinne reden wir zum Teil – Herr Ritter ist leider noch nicht da, ich hoffe, er taucht noch auf – über vergossene Milch. Aus unserer Sicht muss die Landesregierung hier nicht zum Handeln aufgefordert werden. Sie handelt bereits zusammen mit der Bundesregierung. Es ist vieles auf den Weg gebracht. Es wurden und werden Voraussetzungen für die Umsetzung im Land geschaffen. Wir haben das schon gehört, auch in den Ausführungen des Sozialministers. Drei Landkreise haben sich schon beteiligt. Ich weiß – Herr Ritter hat es auch gesagt –, viele andere Landkreise sind dabei, sich zu beteiligen.

Lassen Sie mich deshalb trotzdem ein paar Ausführungen zu dem Aktionsprogramm machen. Mit dem bisherigen Aktionsprogramm fördert und unterstützt die Bundesregierung seit 2001 demokratisches Verhalten, ziviles Engagement, Toleranz und Weltoffenheit, insbesondere Jugendlicher. Seit Programmbeginn im Jahr 2001 wurden über 4.000 Projekte, Initiativen und Maßnahmen mit über 163 Millionen Euro gefördert. Bis zum Jahr 2000, also bis Ende dieses Jahres, werden nach derzeitigem Planungsstand rund 192 Millionen Euro an Fördergeldern seitens des Bundes zur Verfügung gestellt.

Zwischenergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Aktionsprogramms dokumentieren, dass die Programmziele vor Ort erreicht werden, welche Projekttypen und Maßnahmearten erfolgreich sind, dass unverändert – und da ist bei uns ja Einigkeit – Handlungsbedarf besteht und die Aufgabe der Stärkung der Zivilgesellschaft mit der Beendigung des aktuellen Programms am Ende des Jahres fortbesteht.

Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sind in Deutschland nach wie vor ernst zu nehmende Probleme. Dies belegen die Verfassungsschutzberichte, die Wahlergebnisse rechtsextremer Parteien sowie neue Studien und Berichte aus der pädagogischen Praxis. Es zeigt sich, dass vor allem im Bereich der öffentlichkeitswirksamen Gewalttaten junge Menschen als Täter in Erscheinung treten. Einstellungsuntersuchungen zeigen hingegen, dass besonders bei Erwachsenen, vor allem Älteren, entsprechende Orientierungen ausgeprägt sind.

Ziel des Programms war es bisher, Verständnis für die gemeinsamen Grundrechte und kulturelle Vielfalt zu entwickeln, Achtung der Menschenwürde zu fördern und jede Form von Extremismus – und hier ist es egal, ob

von rechts, von links, religiös oder welcher Natur auch immer – zu bekämpfen. Im Rahmen eines ganzheitlichen Integrationskonzeptes sollen auch religiöse Unterschiede Eingang fi nden. Der Dialog mit Glaubensgemeinschaften soll auf eine solide Grundlage gestellt werden, einer Rekrutierung durch radikale Gruppen soll vorgebeugt werden.

Das neue Programm knüpft quasi an das alte Programm an. Bei der Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie liegt eine besondere Aufgabe des Bundes in der Darstellung gelingender Praxis, in der befristeten Förderung besonders innovativer Projekte und darin, die gesellschaftliche Anerkennung des bürgerlichen Engagements zu unterstreichen.

In dem neuen Programm des Bundes, das vorrangig im präventiv-pädagogischen Bereich angesiedelt sein soll, der Bewusstseinsbildung dienen soll und auf langfristige Wirkungseffekte ausgerichtet ist, soll daher in Anknüpfung an das bisherige Umsetzungsverfahren mit dem Aktionsprogramm „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ gewirkt werden. Dabei – wir haben es heute schon gehört – sollen lokale Aktionspläne in kommunaler Verantwortung gefördert werden, herausgehoben, modellhafte Maßnahmen unterstützt sowie auf Bundesebene zusätzliche Orte zentraler gesellschaftlicher Kommunikation über Vielfalt und Toleranz geschaffen werden. Mit der Akzentuierung und Verknüpfung der Begriffe „Vielfalt“, „Respekt“, „Demokratie und Toleranz“ mit der Hauptzielgruppe junger Menschen sind Stichworte eines neuen und auf Dauer angelegten Programms umrissen. Eine enge Abstimmung des neuen Programms mit Maßnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Förderung von Toleranz im Arbeitsmarktbereich sowie mit dem Programm der Länder zur Stärkung von Toleranz und Demokratie ist beabsichtigt.

Ich komme nun zu den Schwerpunkten und möchte mich hier, da schon vieles genannt wurde, auf zwei wesentliche Aspekte konzentrieren. Zum einen ist es die soziale Integration. Die unzureichende Ausbildungs- und Qualifi zierungssituation sowie die Reduzierung von Angeboten der kommunalen Jugend- und Sozialarbeit führen gerade in strukturschwachen Regionen dazu, dass es Jugendlichen an Möglichkeiten der sozialen Integration mangelt. Extremisten und ihren Vorfeldorganisationen gelingt es zunehmend, Jugendliche auf dieser Ebene anzusprechen. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer verstärkten Förderung demokratischer Strukturen und Angebote, die geeignet sind, Erfahrungen von Teilhabe und Beteiligung zu vermitteln.

Ein zweiter wichtiger Schwerpunkt ist die Stärkung der demokratischen Bürgergesellschaft. Eine lebendige und demokratische Bürgergesellschaft wird in erster Linie nur durch die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger geschaffen. Gerade in strukturschwachen Regionen ist zu beobachten, dass gesellschaftliche Gestaltungs- und Beteiligungsspielräume zunehmend von extremen Organisationen und Parteien besetzt werden. Besonders in den neuen Bundesländern fehlt es hier vielerorts an demokratischer zivilgesellschaftlicher Infrastruktur, die in der Lage ist, situations- und bedarfsorientierte Formen von Beteiligungskultur zu erproben. Es bedarf daher wirksamer Modelle und Methoden, die besonders auch jene Bürgerinnen und Bürger in gesellschaftliche Entwicklungsprozesse einbinden, die über bisherige Beteiligungsangebote nicht erreicht wurden.

Ich komme nun zum Schluss meiner Ausführungen. Wir haben uns, wie auch unser Fraktionsvorsitzender ausgeführt hat, dazu entschlossen, dass wir eigentlich der Auffassung sind, da hier Landesregierung und Bundesregierung seit Langem handeln, dass es einer weiteren Diskussion hier im Plenum nicht bedarf. Ich persönlich bin auch nicht der Überzeugung, dass jetzt das weitere Reden sehr viel bringt. Sie haben es auch alle betont. Vor Ort in den Landkreisen, in den Kommunen sind wir als Abgeordnete jetzt gefordert zu handeln, den Verwaltungen zu helfen, dieses neue Bundesprogramm umzusetzen und selbst mit Leben zu erfüllen. Ich möchte aber trotzdem im Namen der Koalitionsfraktionen die Überweisung in den Sozialausschuss beantragen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt Herr Grabow von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Die FDP-Fraktion fi ndet das natürlich super, sage ich jetzt mal, dass dieses Programm auch weiter aufgelegt wird. Wir würden aber auch empfehlen, es in den Sozialausschuss federführend zu überweisen, denn mir geht es an dieser Stelle darum, dass wir die Kommunen nicht allein lassen. Wenn ich an meine Hansestadt denke, wäre im Augenblick eine Kofi nanzierung zum Beispiel der zweiten Phase fast gar nicht möglich. Insofern sollten wir in den Ausschüssen gucken, inwieweit man dabei helfen kann, auch bei den Kommunen, wo es eng wird, sodass wir jede Initiative mit unterstützen können. Insofern Sozialausschuss federführend, ansonsten Finanzen und Bildung. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, Reinhard Dankert, SPD, Jörg Vierkant, CDU, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Grabow.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Linke von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mein Kollege Peter Ritter hat bei der Einbringung des vorliegenden Antrages nachdrücklich darauf hingewiesen, dass sich ein demokratisches Gemeinwesen auch oder gerade durch demokratische Strukturen und Regeln auszeichnet. Seit mehreren Jahren beobachten wir in zahlreichen Regionen Ost- und Westdeutschlands eine zunehmende Verfestigung rechtsextremistischer Strukturen. Ich bin sehr froh, dass sich der Landtag mit diesem Problem in den vergangenen Jahren immer wieder beschäftigt hat, dass er diese Probleme erörtert und im Ergebnis dieser Diskussionen das Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken“ im April diesen Jahres beschlossen hat.

Das Wahlergebnis der letzten Landtagswahl mit einem hohen Anteil von Nichtwählern und dem erstmaligen Einzug der NPD in dieses Parlament zeigt die hohe Aktualität dieses parteiübergreifend beschlossenen Landesprogramms und dieses Themas. Das genannte Wahlverhalten der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes hat gewiss sehr unterschiedliche Gründe. Es muss uns als Landespolitiker aber alarmieren, wenn sich Kräfte in unserer

Gesellschaft auf ein Geschichts- und Menschenbild berufen, das zu Krieg und Zerstörung geführt hat, das die Länder Europas, aber auch Deutschland in Schutt und Asche gelegt hat.

Sebastian Haffner wurde Ende der sechziger Jahre – Sie erinnern sich, es war die Zeit der Studentenunruhen in Westdeutschland – gefragt, ob er in Westdeutschland eine Gefahr für einen Rückfall in die Barbarei der Nazizeit sehe. Er verneinte das damals mit dem Hinweis darauf, dass jetzt, also 1968, anders als in der Weimarer Republik, die Eliten Deutschlands die Demokratie verinnerlicht hätten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)