Protocol of the Session on December 17, 2009

Und da stelle ich Ihnen mal die Frage: Ließen sich solche Effekte nicht auch durch eine Ehrung von Fritz Reuter erreichen? Sollte nicht das Tourismusland MecklenburgVorpommern nicht nur mit Wasser und Wald, hervorragenden Musikfestivals, den Störtebeker Festspielen oder eben der Königin-Luise-Route werben, sondern auch noch viel stärker mit Fritz Reuter, seinen vielen Wirkungsstätten im Land und seinen Werken?

Es gibt also keinen vernünftigen Grund, dieses nicht zu tun. Und Sie haben heute hier keinen vernünftigen Grund vorgetragen, der für eine Ablehnung unseres Antrages sprechen würde.

(Irene Müller, DIE LINKE: Haben sie eben nicht gewollt.)

Dafür dominieren Unvernunft und Unkultur.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Heimatstadt, die Reuterstadt Stavenhagen, hat den Start ins Reuter-Jahr in der Tat vollzogen. Bereits im Sommer, Sie werden sich vielleicht erinnern, haben Sie eine Einladung erhalten, die ich gemeinsam mit dem Bürgermeister der Reuterstadt Stavenhagen unterzeichnet habe. Wir haben Sie eingeladen, im nächsten Jahr die Reuterstadt Stavenhagen zu besuchen. Vielleicht kommen Sie dann ja zu den vielfältigen Veranstaltungen, die im nächsten Jahr stattfinden. Vielleicht werden Sie sich dann eingestehen, dass Ihre heutige Entscheidung nicht von Weitsicht, sondern von Überheblichkeit und Abgehobenheit geprägt war.

(Michael Roolf, FDP: Na, na, na, na!)

Ich kann Ihnen sagen, die Akteure vor Ort, die vielfältigen Aktivitäten, die der Bildungsminister hier beschrieben hat, die durch die Menschen vor Ort organisiert und durchgeführt werden, diese Akteure vor Ort, die würden sich über ein Signal aus dem Landtag freuen, damit ihre Anstrengungen eine Würdigung finden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das lehnen Sie kategorisch ab und das finde ich sehr bedauerlich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist fragwürdig, ob man Fritz Reuter einen Gefallen damit tut, wenn man jetzt zu seinem Gedenken exzessiv die Medienmaschine anwirft. Fritz-Reuter-Jahr, das heißt jede Menge Veranstaltungen, Sondersendungen im Fernsehen und im Rundfunk, Fritz Reuter hier und Fritz Reuter da, bis man es nicht mehr hören kann. Am Ende des Jubeljahres nach dem Tausendsten Fritz-Reuter-Event wird das Thema allen zum Halse heraushängen.

Dauerberieselung erzeugt Überdruss. Dadurch reitet man Themen eher tot. Leider können Politik und Medien ja nicht maßhalten. 20 Jahre Einheit wurden in einem wahren Medientrommelfeuer verbraten, gefühlte 5.000-mal die Szene, in der Schabowski die Grenze für offen erklärt hatte, und noch ein Spielfilm und noch eine Expertendiskussion und noch eine Doku, bis man es nicht mehr sehen konnte, bis wirklich der Letzte es satthatte.

Und kaum ist der eine hysterische Anfall der Medien vorbei, da kommt schon der nächste. Dann entdecken Sie zum Beispiel das Thema Klimawandel

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

und wiederum ein Quasseloverkill, bis das auch keiner mehr hören will. Am allerschlimmsten sind natürlich die regelmäßigen Kampagnen zur Bewältigung des Dritten Reiches. Ein Ausländer, der zu diesen Zeiten nach Deutschland kommt,

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

könnte glauben, dass Hitler noch an der Macht wäre, weil er häufiger in der Glotze ist als Frau Merkel.

Und jetzt also auch noch ein Jahr Fritz Reuter, nonstop. Warum kann man das nicht ein bisschen weniger extrem gestalten? Es ist doch viel nachhaltiger, wenn man sich mit ihm und seinem Werk permanent, aber dafür in Maßen beschäftigt, anstatt anfallsweise und dann jahrelang wieder nicht, nachdem alle es erst mal satthaben, nachdem man es totgequatscht hat.

Im Übrigen wundere ich mich schon, dass DIE LINKE vorgibt, eine Schwäche für Fritz Reuter zu haben. Als Idol eignet er sich doch gar nicht für Sie.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Weil Sie keine Ahnung haben.)

Ihre Idole sind doch Leute,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Täuschen Sie sich mal nicht, Herr Andrejewski!)

die sich von einem System zum anderen rüberschlängeln unter Beibehaltung der Karriere und der Pensionsansprüche.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Fritz Reuter war so nicht wie Sie. Fritz Reuter war ein Rebell, der hat für seine Überzeugungen Festungshaft und sogar den Tod riskiert. Das würden Sie doch nicht in Tausend Jahren bringen. Ich würde Ihnen vorschlagen, rufen Sie 2010 zum Jahr des Wendehalses aus, das passt zu Ihnen, und lassen Sie den armen Fritz Reuter in Frieden ruhen!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin der dritte Redner unserer Fraktion und Sie erkennen daran, uns ist dieser Antrag sehr, sehr wichtig.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Und auch der letzte Redebeitrag hat diese Wichtigkeit noch mal auf besondere Art und Weise herausgestellt.

Ich bin ehrlich gesagt erschrocken über die Reaktion des Ministers. Man kann natürlich der Meinung sein, dieser Antrag ist mit Fehlern behaftet, der sollte verändert werden, der sollte diese und jene Dinge herausstellen, hat nicht den richtigen Ton gefunden, kann man alles sagen, aber uns hier so abzubürsten, ist einfach unverschämt, muss ich mal sagen, ist unverschämt

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

und wird dem Anliegen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

wird dem Anliegen nicht gerecht.

(Stefan Köster, NPD: Jeder kriegt das, was er verdient.)

Denn es geht bei diesem Antrag vor allen Dingen um eine In-die-Pflicht-Nahme von uns selbst. Wenn Sie den Antrag vorurteilsfrei gelesen hätten,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Geht ja nicht.)

hätten Sie gesehen, in dem ersten Punkt geht es um uns. Wie gehen wir mit Reuters Erbe um,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

der die Kultur dieses Landes sehr geprägt hat und der auch heute – das hat Kollege Tack gesagt, das hat Peter Ritter gesagt – einer der meistgelesenen Autoren ist, die hier je gelebt haben, hier je gewirkt haben? So.

(Zuruf von Dr. Klaus-Michael Körner, SPD)

Und wenn ich sage, eine In-die-Pflicht-Nahme, dann heißt das: Wie gehen wir damit um? Was sagt uns dieses Erbe heute? Das ist so ungeheuer spannend, denn eine Würdigung von Fritz Reuter ist eine Referenz an jemanden, Herr Andrejewski, der fortschrittlich war, der patriotisch war,

(Stefan Köster, NPD: Im Gegensatz zu Ihnen. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

patriotisch war, für bürgerlich-demokratische Freiheiten eingetreten ist,

(Stefan Köster, NPD: So wie wir.)

und insofern – ich komme noch zu Ihnen und dem Umgang mit dem Erbe Fritz Reuters,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

das ist nämlich auch eine sehr interessante Geschichte –, Sie merken es ganz deutlich, geht es um Werte. Wir reden also nicht allein über ein Jubiläum.

Und man kann natürlich, Herr Dr. Körner, sagen, es ist zu hochgestochen, daraus ein Fritz-Reuter-Jahr zu machen.