Protocol of the Session on December 17, 2009

Wir würden gern im Ausschuss über diese Frage weiterdiskutieren, Frau Lochner-Borst. Wir werden auf jeden Fall die Dinge, die wir zu fragen haben und die wir analysieren wollen, bei der Anhörung, die leider dann erst im April stattfindet, mit einbringen.

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Dann sagen Sie auch, warum die erst im April stattfindet!)

Und insofern, meine Damen und Herren, das Thema ist noch lange nicht beendet. Wir werden damit noch eine ganze Zeit zu tun haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Harry Glawe, CDU: Sehr gut. Ja, sehr gut. – Michael Roolf, FDP: Jawohl.)

Und wir erwarten deshalb, Herr Minister, auch sobald wie möglich die Novellierung des Landeshochschulgesetzes. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke, Herr Kreher.

Es hat noch einmal ums Wort gebeten die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Kollege Kreher, Sie haben bis heute nicht begriffen, warum wir damals im Landtag nicht mit Ihnen diskutiert haben.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nun stimmen Sie aber nicht mehr zu.)

Wir haben nicht mit Ihnen diskutiert, weil es unerhört von Ihnen war, in diesem Plenarsaal wortwörtlich eine Rede eines Bundestagskollegen vorzulesen. Sie haben sich zu keinem der Punkte, auf denen Sie heute hier rumreiten,

(Hans Kreher, FDP: Also was da wortwörtlich war, da können wir mal drüber sprechen.)

auch nur im Ansatz selbst Gedanken gemacht. Und es ging darum, dass gerade Sie als Lehrer ein anderes Berufsethos haben sollten, Herr Kreher!

(Michael Roolf, FDP: Oh, oh, oh!)

Der Saal saß voll mit Schülerinnen und Schülern. Und Sie stehen hier vorne am Rednerpult und lesen eine Rede eines Kollegen wortwörtlich vor, ohne das kenntlich zu machen.

(Torsten Renz, CDU: Unglaublich!)

Das haben Sie bis heute nicht begriffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, die Anträge zur Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Dieser Antrag ist vonseiten der Fraktion DIE LINKE zurückgezogen worden.

Ich lasse damit zunächst abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3072. Wer diesem Änderungsantrag der FDP zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3072 bei Zustimmung durch die Fraktion der FDP, ansonsten Ablehnung durch die Fraktion der SPD, der CDU, der LINKEN und der NPD abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/3025 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/3025 bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD und CDU, Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD sowie Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den …

(Udo Timm, CDU: Ich habe mit Nein gestimmt.)

Es gab noch eine Gegenstimme bei der Fraktion der CDU. Danke schön, Herr Abgeordneter. Das war für mich nicht so ganz wahrzunehmen hier.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2964. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2964 bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der NPD, Gegenstimmen durch die Fraktion der SPD, der CDU und der FDP abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3011. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3011 bei Zustimmung durch die Fraktion der FDP und ansonsten Ablehnung durch die Fraktion der SPD, der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD abgelehnt.

Ich rufe nunmehr auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Entschließung zum Fritz-Reuter-Jahr 2010, Drucksache 5/3022.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Entschließung zum Fritz-Reuter-Jahr 2010 – Drucksache 5/3022 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leiw’ Tauhürers! Jahrestage bringen es mit sich, dass wichtiger Ereignisse oder Persönlichkeiten in besonderer Weise gedacht wird. Wie Sie unserem Antrag entnehmen können, liegt das Ereignis diesmal nicht 20 Jahre, sondern 200 Jahre zurück, nämlich die Geburt Fritz Reuters, der Kunst und Kultur – insbesondere Norddeutschlands – nachhaltig beeinflussen und bereichern sollte.

Es ist folgerichtig, den 200. Geburtstag Fritz Reuters nicht nur für Stavenhagen, sondern für ganz Mecklenburg-Vorpommern zum Anlass für ein Fritz-ReuterJahr zu nehmen. Landtag und Landesregierung sollten die Würdigung des Lebens und Werkes dieses großen Sohnes unseres Landes nach Kräften unterstützen. Und wenn nach einem Leitgedanken für dieses Fritz-ReuterJahr gesucht wird, so habe ich einen Vorschlag, er lautet: „As uns’ Herrgott de Welt erschaffen deed, füng hei bi Meckelnborg an.“ Dieser Satz stammt aus der unvollendet gebliebenen sozialkritischen Darstellung „De Urgeschicht’ von Meckelnborg“, mit der Reuter bekanntlich den Beginn der göttlichen Schöpfung in den Raum der Mecklenburgischen Seenplatte verlegte.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Da gehört es auch hin, Herr Professor, da gehört es auch hin.)

Dat is ok richtig so, dat is ok richtig so!

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Dat is gaut so.)

Ich übersetze das so: Wenn es um Kreativität geht, dann sollte Mecklenburg-Vorpommern eine gute Adresse sein.

Nun etwas zum Lebensweg und zum Werk von Fritz Reuter. Reuter is 1810 in Stemhagen, Meckelnborg, up de Welt kamen. Sien Öllern wiern de Bumeister Georg Johann Jakob Reuter un sien Fru Johanna. Bet dat hei 14 Johr olt wier, kreech hei eine private Ünnerwiesung. Denn keem hei up de latinsche Schaul in Friedland. Dor bekeem hei ok de Grundlag för siene demokratische Instellung. Dat har later ein’ bannigen Influss up sienen Läbenswech. 1828 güng hei up dat Friedrich-FranzGymnasium in Parchen un maakte 1830 sien Abitur. Denn studierte hei Juristeri in Rostock un von 1832 an in Jena. Dor güng hei in de Burschenschaft „Germania“. Deswägen würd hei in dat sülwige Johr fastnahmen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das Jura-Studium, meine Damen und Herren, leiw’ Tauhürers, machte Reuter zum aktiven Studenten. Sein Eintreten galt vor allem der Freiheit und Einheit, dem Zurückdrängen des Adels und besseren Lebensbedingungen. Er schloss sich dem aktionistischen Flügel der Burschenschaft „Germania“ an.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Am 31. Oktober 1833 wurde er gemeinsam mit 48 Gleichgesinnten verhaftet, wurde in der Festung Silberberg in Schlesien interniert

(Michael Andrejewski, NPD: Das kann Ihnen heute auch passieren.)

und am 4. August 1836 wegen Teilnahme an hochverräterischen burschenschaftlichen Verbindungen in Jena und Majestätsbeleidigung zum Tode verurteilt. Später erfolgte eine Begnadigung zu 30 Jahren, ich wiederhole: zu 30 Jahren Festungshaft, danach abgemildert auf Betreiben des Großherzogs von Mecklenburg zu 8 Jahren. Die Haft verbrachte Reuter hinter preußischen Festungsmauern an verschiedenen Standorten und zum Schluss in der Festung Dömitz.

Reuter arbeitete dann als Strom, also als landwirtschaftlicher Volontär auf einem Gut nahe Stavenhagen, und fand dort Kraft und Zuversicht. In „Ut mine Festungstid“ schreef hei later: „Ick sägen’ de Landwirtschaft. Sei hett me gesund maakt un hett mi frischen Maut in de Adern gäben.“

Die Lebensjahre in Neubrandenburg von 1856 bis 1863 bringen Reuters Durchbruch zum mecklenburgischen, niederdeutschen und gesamtdeutschen Ruhm. 1858/59 gewann er mit Dethloff Carl Hinstorff einen Verleger, der entscheidend zur Verbreitung seiner Werke beitrug. 1863 erhielt Reuter die Ehrendoktorwürde der Universität Rostock. Das war auch das Jahr, in dem er und seine Frau Luise nach Eisenach übersiedelten. Dort lebte er bis zu seinem Tode am 12. Juli 1874.

Begann Fritz Reuter seine schriftstellerische Tätigkeit auf Hochdeutsch, setzte er sie in Niederdeutsch fort. Neben Klaus Groth gehört er zu denen, die für ihre schriftstellerischen Ambitionen bewusst das Niederdeutsche wählten. Sein erster größerer Erfolg war „Läuschen und Rimels“. Die 1.200 Exemplare, die er 1853 im Eigenverlag herausbrachte, waren schnell vergriffen. Das trug viel dazu bei, dass er bald als freier Schriftsteller leben konnte und sein Schulmeisterdasein aufgeben konnte. Er konnte sich also voll dem Schreiben widmen und seine heute noch aussagekräftigen Bücher – wie der Dreiteiler „Ut mine Stromtid“ 1862, das Versepos „Kein Hüsung“ 1857, „Ut de Franzosentid“ 1859 oder „Dörchläuchting“ 1866 – verfassen. Das von mir bereits erwähnte Fragment „De Urgeschicht’ von Meckelnborg“ wurde 1874 als nachgelassene Schrift veröffentlicht.

Seine Werke, die sich durch feinsinnigen Humor, satirische Anspielungen und soziale Kritik sowie versteckte Spitzen auf Aristokratie und Obrigkeit auszeichnen, wurden in elf Sprachen übersetzt, darunter auch in das Japanische. Das Stilmittel des Niederdeutschen beruht vor allem darauf, dass Reuter „dem Volk aufs Maul schaute“ und so dessen Sprache als ein identitätsstiftendes Merkmal wiedergab. Darauf ist seine lebendige Präsenz in der Bevölkerung, aber auch die mancher seiner historischen Figuren – wie Entspekter Bräsig, Möller Voß oder Hanne Nüte – zurückzuführen.

Und ich denke, das wird sich auch weiter fortsetzen. Davon zeugen Denkmale nicht nur in Stavenhagen und Neubrandenburg. Dem lebendigen Andenken dienen auch Namensgebungen wie die „Reuterstadt“ für Stavenhagen 1949 oder für den Stadtteil „Reutershagen“ in Rostock. Hier könnte man viele Minuten weitere Beispiele aufzählen. Ich will es mir ersparen. Der ReuterRezeption haben sich unter anderem die Fritz Reuter Gesellschaft, das Fritz-Reuter-Literaturmuseum in seiner Geburtsstadt, das Reuter-Wagner-Museum in Eisenach verschrieben. Und nicht unerwähnt bleiben darf, wenn man hier im Landtag spricht, der Landesheimatverband von Mecklenburg-Vorpommern.

Meine Damen und Herren, mit dem Antrag verbindet meine Fraktion auch zwei Erwartungen. Die erste richtet sich darauf, dass das Niederdeutsche – häufig verkannt – in Veranstaltungen und Medien gerne für weniger wichtige Themen verwendet wird, für heitere und leichte Kost. Auch das ist notwendig, Fritz Reuter steht aber dafür, dass diese Sprache auch für sogenannte „ernste“ Themen außerordentlich geeignet ist. Wir meinen, dass es gelingen sollte, das Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass niederdeutsche Literatur und Dramatik seriös, nicht nur oberflächlich unterhaltend sein kann.