Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Lüssow. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die seit Monaten andauernden studentischen Proteste machen einmal mehr die Missverhältnisse in diesem Staat deutlich. Da wird eine Zockerbank wie Hypo Real Estate mit 100 Milliarden Euro unterstützt, wogegen für die Bildung in Deutschland – seit jeher der wertvollste Rohstoff – immer weniger Geld zur Verfügung steht.
Die Proteste richten sich also zum einen gegen die chronische Unterfinanzierung der Bildung, zum Zweiten aber auch, ob nun bewusst oder unbewusst, gegen den Bologna-Prozess, den die EU-Bürokraten vor zehn Jahren eingeleitet haben. Im Zuge dieses verschulten 6-Semester-Studiums erfolgt eine Überspezialisierung, in deren Folge die sonst so viel beschworene Mobilität nicht mehr möglich ist. Selbst innerhalb Deutschlands sind Wechsel des Studienortes nahezu unmöglich, ganz zu schweigen von Eigenverantwortung und Kreativität, die ein universitäres Studium in Deutschland seit Generationen auszeichneten.
Die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Forschung und Lehre kümmert niemanden mehr. Die Systempolitiker haben dies bei dem Bildungsstreik sehr geschickt gemacht. Auf die eigentlichen Probleme wurde gar nicht eingegangen, sodass es am Ende sogar noch hieß, die Kritik der Studenten gegen den Bologna-Prozess sei nicht legitim, weil das, was man an den deutschen Universitäten jetzt umgesetzt habe, ja nicht wirklich Bologna sei. Da sei ein Fehler gemacht worden und mit ein paar Handgriffen würde man dann die Wunschliste der globalen Internationalisten schon durchbekommen können.
Da leuchten die Augen der Wirtschaftsliberalen – Internationalität, Wirtschaftlichkeit. Aber – und das sollten sich die Studenten klarmachen – Bologna wurde nicht schlecht umgesetzt. Das ist das Bildungskonzept dieser Politiker, die hier an der Macht sind: Massen unis, bei denen der Student gar nicht mehr zum Nachdenken kommt, weil er wie ein Masthähnchen mit Wissen abgefüttert wird. So stellen Sie sich ja den modernen Menschen vor – nicht viel fragen, funktionieren. Und wenn einer politisch unkorrekt zur anderen Meinung kommt, dann holt man den Staatsanwalt. Siehe Sarrazin! Siehe NPD!
Nach dem gleichen Strickmuster kann man auch das Thema „Kapazitätenverordnung“ beurteilen. Diese Verordnung ist ja schon lange in der Kritik. Warum gibt es sie denn? Das ist ein Ergebnis der linken Katastrophenpolitik der 68er. Nach dem Irrsinn „Abitur für alle“ kam der Irrsinn „Studium für alle“. In den 70er-Jahren brachen die Universitäten unter dem Ansturm dieser Bildungsreformkinder zusammen und sie mussten Auswahlkritierien schaffen. Die verstoßen zwar gegen Grundrechte, weil jeder einen Anspruch auf einen Studienplatz hat, aber bei Ihrer Politik der Beliebigkeit ist das eben nicht mehr zu realisieren.
Natürlich ist die Kapazitätenverordnung bürokratisch, obwohl sie wenigstens noch mit nachvollziehbaren Kriterien arbeitet, während Ihre Begründung stark nach Willkür aussieht, nach Gekungel. Aber das ist im Prinzip nebensächlich. Das Problem sind die Massenunis und
die sinkende Studierfähigkeit. Verabschieden Sie sich, auch bei der FDP, von Ihrem Gleichheitswahn! Das tun übrigens auch Ihre wirklich liberalen Freunde. Schauen Sie mal, Herr Kreher, in die neue Ausgabe der Zeitschrift „eigentümlich frei“! Da werden Sie etwas lernen über Ihre verkappten Bildungsansätze. Wenn das gegliederte leistungsorientierte Schulwesen endlich wieder greifen würde, dann würden auch nur diejenigen studieren, die dafür geeignet sind.
Dann würde es keine überfüllten Massenunis geben und dann könnten Sie auch Ihre Verordnung ersatzlos streichen. Aber dazu müssten Sie die Grundlagen Ihrer Politik ändern. Dann müssten Sie auch Leute akzeptieren, die kein Abitur haben, denn im Grunde genommen ist die ganze LINKE doch verlogen. Sie schwätzt von Chancengleichheit und verachtet tatsächlich jeden anständigen Arbeiter. Sie sind eine Intellektuellenbewegung und Sie haben längst jeden Kontakt zum normalen Volk verloren.
Wir brauchen keine Zielvereinbarung, sondern freie Studenten, die nicht durch solche Verordnungen gegängelt werden, denn nur in einem solchen freien Raum kann sich Neues entwickeln. Aber Neues wollen Sie ja nicht haben, weil Sie zum Alten gehören und als Erstes politisch entsorgt würden, wenn man in Deutschland endlich einmal wieder das sagen könnte, was man denkt.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Wohin wollen Sie uns denn entsorgen?)
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP noch einmal der Vizepräsident Herr Kreher. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte es vorwegsagen. Es wurde der Antrag gestellt von den LINKEN, alle drei Anträge zu überweisen. Ich habe mir das jetzt noch mal überlegt, dass das wahrscheinlich gar keine Chancen haben wird
und wir deshalb auch nicht auf einer allgemeinen Überweisung bestehen, sondern ich will hier klipp und klar sagen, der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist zwar, wie Herr Bluhm gesagt hat, weitergehend, aber er ist auch so allgemein und unbestimmt, dass man konkret mit diesem Antrag nicht sehr viel anfangen kann. Und deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.
Bei dem Antrag der Koalitionsparteien möchte ich trotzdem noch einmal Folgendes feststellen: Es wurde ja heute hier großer Wert darauf gelegt, dass der Herr Minister nun rechtzeitig im Oktober auf das Ganze reagiert habe, nun gut.
Es ist auf jeden Fall, Frau Lochner-Borst, jetzt angekommen. Die Probleme der Bologna-Reform können Sie auch nicht mehr länger ignorieren.
Die kritische Evaluation der Bologna-Reformen hätten wir schon längst, schon viel früher besprechen können, wenn Sie nicht einfach den Vorwand genutzt hätten, wir hätten alles abgeschrieben.
Wir hätten auf jeden Fall darauf eingehen können, Frau Lochner-Borst, egal. Sie wollten es damals nicht. Sie sind damals gar nicht erst aufs Ganze eingegangen. Sie haben einen Vorwand gesucht und das war es dann auch. Und dass sich jetzt nun alle in Trauer ergehen und schmalbrüstige Anträge stellen, ist wirklich scheinheilig. Die FDP-Fraktion hat im September die entscheidenden Forderungen formuliert. Die Studierenden wollen nun Ergebnisse sehen und nicht weiter vertröstet werden.
Und, Herr Minister, Frau Lochner-Borst, schon im Mai 2008 hatte die FDP-Fraktion durch eine Kleine Anfrage auf das Thema aufmerksam gemacht und in der Landtagssitzung im September 2009 eine Optimierung des Bologna-Prozesses mit detaillierten Verbesserungsvorschlägen beantragt.
Herr Minister, bitte schön keine Zwischenrufe von der Regierungsbank! Ich weise noch einmal darauf hin: Wenn Sie als Minister reden wollen, melden Sie sich bitte vorn beim Präsidenten oder der Präsidentin und dann erhalten Sie natürlich als Minister das Rederecht.
Der Antrag wurde eben nur unter einem Vorwand abgelehnt. Damit hat die Landesregierung und damit haben auch Sie, Frau Lochner-Borst, die Proteste im Land mit zu verantworten.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)
Die Erklärung der KMK vom 15.10.2009 zeigt deutlich, dass die FDP nicht nur in der Sache richtig lag und kurz vor der Veröffentlichung des KMK-Beschlusses dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat. Die Vermutung liegt nahe, dass es die Regierungsfraktionen nicht zugeben wollten, dass die FDP mal wieder einen Schritt voraus war.
Die Diskussionen um die Bologna-Reform haben gezeigt, dass die Erreichung der Ziele der Bologna-Vereinbarung gezielter politischer Begleitung bedarf. Es reicht nicht, sich auf ausschließliches Monitoring zu beschränken. Die Studierenden wollen von Ihnen nicht hören, wir wollen mal sehen, ob etwas schiefgelaufen ist. Sie wollen hören, was die Landesregierung zusammen mit den Hochschulen jetzt konkret verbessern will. Es sind eine Reihe von konkreten Missständen bekannt. Diese müssen zielgerichtet analysiert und beseitigt werden. Nehmen Sie endlich die sachlich unausweichlichen Vorschläge unserer Fraktion an und diskutieren Sie mit uns im Bildungsausschuss!
Meine Damen und Herren, Frau Lochner-Borst ist in ihrem Beitrag auf verschiedene Punkte unseres Antrages eingegangen.