Aber was sozusagen die beiden Anträge meiner Fraktion und den Antrag der Fraktion der FDP betrifft, würde ich
Sie dringend bitten, sie doch auch vor dem Hintergrund der im April stattfindenden Anhörung in den entsprechenden Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturausschuss zu überweisen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde zu den beiden Anträgen, über die wir jetzt gerade diskutieren, sowohl im Namen der CDU-Fraktion als auch im Namen der SPD-Fraktion sprechen, weil mein Kollege Herr Brodkorb nicht mehr hier im Hause sein kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu unserem Antrag habe ich bereits in der Einbringung einiges gesagt. Ich möchte mich jetzt mit den beiden Anträgen von der Fraktion der FDP und der Fraktion DIE LINKE befassen. Ich beginne mit dem Antrag der Fraktion der FDP, der die Abschaffung der Kapazitätsverordnung im Prinzip beantragt und eine Ersetzung durch eine Vereinbarung mit den Hochschulen vorsieht, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Kollege Kreher.
Dieser Idee vom Zentrum für Hochschulentwicklung, die von der FDP hier aufgenommen wurde, kann ich, kann meine Fraktion, das möchte ich an dieser Stelle nicht verhehlen, an einigen Stellen etwas abgewinnen – zum einen, wenn man darüber nachdenkt, dass im Bereich Lehre Optimierungseffekte eintreten könnten, dass es eine Verbesserung der Betreuungsrelationen geben könnte, dass solche Vereinbarungen sicherlich auch zur Profilwertung der jeweiligen Hochschulen beitragen und den Wettbewerb unter den Hochschulen stärken würden.
Es gibt aber auch an dieser Kapazitätsverordnung beziehungsweise ihrer Abschaffung eine andere Seite – auch darauf hat das CHE hingewiesen – und das ist dann der Grund, warum wir Ihren Antrag dazu ablehnen werden, denn zum heutigen Zeitpunkt überwiegt dieses Argument durch das CHE und das sind die rechtlichen Risiken, die hinter einer Abschaffung der Kapazitätsverordnung stehen würden.
Wie Sie wissen, gibt es zu dieser Angelegenheit bereits ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die erschöpfende Nutzung aller Kapazitäten fordert. Wir müssen also eine Beibehaltung der heutigen Kapazitäten ohnehin gewährleisten, so zumindest das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Sollte sich eines Tages herausstellen, dass die Einführung anderer Modelle irgendwann sachlich kein Grund mehr ist, vorhandene Kapazitäten zu vermindern, dann können wir Ihren Antrag sicherlich noch mal diskutieren. Zum heutigen Zeitpunkt sehen wir dazu keine Möglichkeiten.
Auch dort kommen wir in gewisse Schwierigkeiten, wenn wir die Kapazitätsverordnung abschaffen würden, denn wir müssen als Teilnehmer für alle Studierwilligen eine ausreichende Anzahl von Studienplätzen zur Verfügung stellen. Leider sind wir hier in Mecklenburg-Vorpommern nicht in der schönen Situation wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, die diese Problematik ganz locker mit der Neugründung von Fachhochschulen umgehen können. Diese Möglichkeiten haben wir nicht und in unseren Augen steht auch das einer Abschaffung der Kapazitätsverordnung zum heutigen Zeitpunkt entgegen.
Nun zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. Ja, Herr Kollege Bluhm, wir nehmen ernst, was die Studierenden in den letzten Wochen gefordert haben. Wir nehmen die Forderungen sogar so ernst, dass wir schon vor den beginnenden Studentenprotesten in unserem Land als Koalitionsfraktionen den Bildungsminister gebeten haben, den Bildungsausschuss über die Ergebnisse der KMK am 15. Oktober 2009 in Waren zu unterrichten.
Nein, die KMK in Waren war lange, bevor die Studentenproteste angefangen haben, Herr Kollege Koplin. Aber ich glaube, das sollten Sie aus Ihrer Teilnahme am Bildungsausschuss auch wissen.
Meine Damen und Herren, ich sage hier aber auch ganz klar und deutlich, dass ich keinerlei Verständnis dafür habe, wenn man erst einmal eine Hochschule besetzt und dann darüber nachdenkt, wogegen man eigentlich demonstrieren will. Jeder, der sich mit den Protesten der letzten Wochen genauer befasst hat, wird zugeben müssen, dass der wesentlich größere Teil der Studierenden nicht an den Protesten teilgenommen hat und sich im Gegenteil in zahlreichen Internetplattformen zusammengeschlossen hat gegen die Besetzung ihrer Hochschulen, weil sie einfach in Ruhe weiterstudieren wollten.
Meine Damen und Herren, in der letzten Woche hat die KMK erneut den Bologna-Prozess auf ihrer Tagesordnung gehabt, nicht wegen der Studentenproteste, sondern weil man schon nach den Beschlüssen von Waren eine Folgekonferenz verabredet hatte. Die Bildungsministerien der Länder befassen sich nämlich schon seit dem Frühjahr mit den Umsetzungsproblemen von Bologna und diese Information steht nicht nur den Koalitionsfraktionen zur Verfügung, sondern jedem geneigten Fachpolitiker, der sich ein wenig auf den Internetseiten der KMK umschauen mag.
Ich zähle aber trotzdem noch einmal die Punkte auf, die deutlich machen, warum wir Ihren Antrag heute ablehnen werden. Der Maßnahmenkatalog der KMK sieht vor, die Akzeptanz des Bachelorabschlusses als ersten berufsqualifizierenden Abschluss durch die Einbindung künftiger Arbeitgeber und Alumni zu erhöhen. Weiter sollen die Studiengänge bei der Reakkreditierung auf inhaltliche Fülle und Prüfungsdichte überprüft werden. Landespolitisch wollen wir das mit unserem Antrag beschleunigen. Die Anerkennung von Prüfungs- und Studienleistungen soll vorangetrieben werden. Darüber hinaus hat sich die
KMK in der letzten Woche mit den folgenden Bereichen befasst: Verbreiterung der wissenschaftlichen Qualifizierung, Flexibilisierung der Masterzugänge und die Flexibilisierung der Workload.
Das, was Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, hier fordern, ist also längst im Gange. Das Budget für unsere Hochschulen wurde mit der Verabschiedung des Haushaltes heute um 7,6 Prozent für 2010 erhöht. Im Jahr 2011 wird nochmals ein Prozent hinzukommen. Damit erübrigt sich dann auch der zweite Punkt Ihres Antrages.
Und auch für den dritten Antragspunkt können wir keine Notwendigkeit erkennen, da wir ohnehin zeitnah im Bildungsausschuss über die neuesten Entwicklungen informiert werden. Und an dieser Stelle versichere ich Ihnen auch als Ausschussvorsitzende, dass ich sehr wohl darauf achten werde, dass das auch weiterhin geschieht. Darüber hinaus haben wir auf Vorschlag des Kollegen Brodkorb eine Anhörung zu dem Thema im Ausschuss beschlossen.
Nun zum Änderungsantrag der FDP-Fraktion: Auch die meisten der hier von Ihnen aufgelisteten Punkte werden bereits bearbeitet. Die Frage des öffentlichen Dienstes wurde zum Beispiel gestern auf der Landesebene durch den Beschluss des Beamtenrechts geregelt. Und an diesem Punkt zeigt sich wieder einmal mehr, wie Sie arbeiten, meine Herren von der FDP. Sie hätten sich wenigstens die Mühe machen können, diesen Punkt aus Ihrem alten wieder eingebrachten Antrag herauszunehmen.
Zum ersten Punkt, mit dem Sie entgegen Ihrer Begründung die von Ihnen selbst eingeforderte verantwortungsvolle Abwägung zunichte machen: Was heißt für Sie in der FDP, ich zitiere „anwendungsgerechte Kenntnisse, die zum optimalen Einstieg ins Berufsleben führen“? Eine arbeitsmarktbezogene Qualifizierung ist eine der Kernaussagen der Bologna-Erklärung. Was also verfolgen Sie mit dieser Aussage, Herr Kreher?
Bologna sieht vor, nicht nur für die Wissenschaft auszubilden. Aber es kann und darf auch nicht sein, dass wir nur noch arbeitsmarkt- und nachfragebezogen ausbilden. Diese Intention könnte man jedoch hinter Ihrer Aussage vermuten. Und vielleicht widerlegen Sie das in Ihrer Rede. Ich sage aber – zumindest so, wie ich es jetzt verstehe – ganz deutlich, dass wir ohne Wissenschaft und Forschung gar nicht über optimale Einstiege ins Berufsleben zu reden brauchen, denn würden wir nur noch für den Markt ausbilden, dann würden Entwicklungsimpulse, die nun einmal durch Wissenschaft und Forschung entstehen, geradezu wegfallen. Und diese Entwicklungsimpulse in Verbindung mit der Rolle der Hochschulen zur Entwicklung einer europäischen kulturellen Dimension, wie es in der Bologna-Erklärung heißt, die ich vorhin bereits zitiert habe, können Sie nicht nur mit anwendungsbezogenen Kenntnissen erreichen. Neben der technologieorientierten Forschung und Wissenschaft brauchen wir dafür dann auch die Geisteswissenschaften.
Das mag in diesem Zusammenhang nicht in Ihr Weltbild von Wirtschaftlichkeit passen, aber da Sie ja in einem weiteren Punkt Ihres Antrages auch von Persönlichkeitsbildung sprechen, werden nur anwendungs-, berufs-, und arbeitsplatzorientierte Kenntnisse eben nicht ausreichen. Dazu werden auch Sie geisteswissenschaftliche Erkenntnisse brauchen.
dann denken Sie noch einmal über diesen ersten Punkt Ihres Antrages nach oder Sie erläutern uns hier, wie das zu verstehen ist.
Abschließend möchte ich auch noch auf den letzten Punkt Ihres Antrages eingehen. Ich habe das in einem anderen Zusammenhang bereits in der letzten Woche beim Parlamentarischen Abend der IHK angesagt und ich wiederhole es heute gern. Solange wir in Deutschland glauben, dass unsere Umsetzungsprobleme mit Bologna gelöst werden, wenn wir nur an dem deutschen Ingenieur festhalten, dann haben wir alle zusammen nichts begriffen.
Das tut sehr nötig, ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum, der von der Idee eines Europas des Wissens getragen wird. „Ein“ – und ich zitiere – „Bewusstsein für gemeinsame Werte und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen sozialen und kulturellen Raum scheitert in Deutschland an einer rückwärtsgewandten Diskussion um Abschlussbezeichnungen.“
Meine Damen und Herren, die deutsche Ingenieurin verliert ihren Wert in der Welt nicht, weil sie einen andern Abschlusstitel führt. Sie beziehungsweise ihre Ausbildung verliert an Wert, weil die Qualität nicht stimmt. Qualität macht sich nicht an einer Abschlussbezeichnung fest, sondern an fehlenden oder schlechten Inhalten. Ich habe noch nie gehört, dass einem Absolventen oder einer Absolventin der Harvard Law School aufgrund der Abschlussbezeichnung Bachelor oder Master qualitätsmindernde Eigenschaften zugeschrieben würden. Das wird auch nicht für unsere Absolventinnen und Absolventen gelten. Nicht ihre Abschlussbezeichnungen, sondern der wissenschaftliche Ruf ihrer jeweiligen Hochschule beziehungsweise Fakultät zählt, auch und gerade für Mediziner, Juristen und Ingenieure.
Meine Damen und Herren, Bologna ist ein Prozess. Es ist ein Verlauf und eine Entwicklung. Es werden neue Aspekte in diesen Prozess einfließen. Andere werden mit der Zeit in den Hintergrund treten. Unsere gemeinsame Aufgabe liegt darin, diesen Prozess zu begleiten. Der gemeinsame europäische Hochschulraum hat keine Alternative. Kleinstaaterei wird uns ein Bestehen in der globalisierten Wissenswelt unmöglich machen. Die entstandenen Probleme liegen nicht in der Idee von Bologna, sie liegen in der schlechten Umsetzung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Lüssow. Bitte, Herr Abgeordneter.