was die Rechtsprechung – ich will das nicht wiederholen, was die Justizministerin sehr deutlich gemacht hat – hier als Richterrecht, das wissen Sie genauso gut wie ich, dafür entwickelt hat. Allein der Folgenbeseitigungsanspruch verdient es, ernst genommen zu werden. Das ist eine, wie Sie wissen, verschuldensunabhängige Haftung.
Sie sagen jetzt, Sie wollen Bundeseinheitlichkeit. Da ist der Antrag insofern verfehlt, denn wir haben in diesem Lande den Schritt zur Bundeseinheitlichkeit schon gemacht, am 4. März übrigens. So haben wir es beschlossen. Das Gesetz ist vor wenigen Tagen im Gesetz- und Verordnungsblatt unseres Landes in Kraft getreten und es gilt also Bundeseinheitlichkeit jetzt in unserem Land.
Zweitens. Sie haben völlig recht, dass es eigentlich nicht erträglich ist, dass für den Menschen, der nicht Jurist ist und nicht täglich Recht anwendet, überhaupt schwer zu erkennen ist der alte Paragraf 839 Bürgerliches Gesetzbuch und der Artikel 34 des Grundgesetzes. Man muss mal überlegen, vor 1900 ist die Diskussion um den Paragrafen 839 geführt worden. Am 01.01.1900 ist er in Kraft getreten, wirklich eine alte Oma.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist schon eine Uroma. – Irene Müller, DIE LINKE: Das ist ein Opa und keine Oma.)
Das ist Rechtsgeschichte. Und der Artikel 34 gilt unverändert seit Geltung des Grundgesetzes. Aber es ist in der Tat so, dass wir deshalb damit leben können, weil wir ein sehr umfängliches und auch sehr gefestigtes Richterrecht haben. Und ich sage Ihnen als Rechtsanwender, es ist heute durchaus möglich, wenn man sich die Rechtsprechung vor Augen führt, sogar einem Mandanten zu sagen, damit kommst du durch und damit kommst du nicht durch. Dennoch bin ich dafür, dass das kodifiziert wird, weil es Unsicherheiten gibt, weil es über die unterschiedlichsten Rechtsgebiete auch unterschiedliche Rechtsprechung gibt.
Aber Ihr Antrag hat, und da werde ich jetzt ein bisschen unhöflich, eine zweite Macke. Ich möchte gerne, dass wir nicht nur drei Punkte prüfen, wie Sie sie aufgestellt haben. Ich wäre sehr daran interessiert …
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie sollen die nicht prüfen, die Landesregierung soll sie prüfen. Das steht da.)
Ja, ja, Frau Kollegin, wir wissen das ja. Aber es gibt immer noch eine Legislative und es gibt immer noch die Möglichkeit, dass Bundesratsinitiativen diskutiert werden, sonst könnten wir ja gar nicht darüber reden.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Landesregierung würde garantiert auch Herrn Dr. Jäger fragen.)
Richtig. Da bin ich ziemlich sicher, weil die Landesregierung immer Leute fragt, die irgendwas von dem Handwerk verstehen.
Aber ich habe festgestellt, das sage ich jetzt ohne Häme, dass jemand, der nicht Jurist ist, den Sachverhalt, das sag ich Ihnen, Herr Ratjen, ich muss Ihnen ja keine Blumen mitbringen, aber das war genauso richtig, so, wie, glaube ich, Fachleute das auch sehen, dargestellt. Dennoch, Sie haben einen Schritt zu kurz getan. Ich wünsche mir eine Betrachtung und eine Gesetzgebung, die über diese Überlegungen, die Sie angestellt haben, hinausgehen. Nicht nur die Frage der Verschuldensunabhängigkeit spielt eine Rolle, sondern eine ganze Reihe von anderen Dingen, nämlich mitwirkendes Verschulden auf der Seite des Geschädigten. Sie müssen, wenn Sie die eine Seite verschieben, das ist ein Räderwerk wie bei einer Uhr, die andere berücksichtigen.
Und deswegen, meine Damen und Herren, ist der Antrag gut gemeint, aber gut gemeint reicht nicht. Ich sage nicht, dass Sie falschliegen mit Ihrer Auffassung, aber wir kommen keinen Schritt dadurch weiter.
Ich habe eine Bitte an Sie, eine wirklich ernst gemeinte, genauso ernsthaft, wie Sie es vorgetragen haben. Sie sind ja in der Lage, über die Beteiligung an Landesregierungen Meinung zu machen.
Das kann ich nicht voraussagen, ich bin kein Hellseher. Aber auch das wäre durchaus schon mal eine Bitte, sollte es dazu kommen. Wir haben dringenden Bedarf.
dann ist es höchste Zeit, dass Sie Ihre Möglichkeiten nutzen, ihnen nahezubringen, was, glaube ich, der größte Teil dieses Landtages glaubt, dass wir dringend
eine saubere Kodifizierung unseres Haftungsrechts brauchen. Den Antrag müssen wir leider ablehnen, weil er nicht das beinhaltet, was wir brauchen. Aber in der Sache muss ich Ihnen zustimmen, hier gibt es dringenden Handlungsbedarf. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Staat macht es sich leicht. Er haftet in den allermeisten Fällen nur, wenn man ihm Verschulden nachweisen kann oder zumindest rechtswidriges Verhalten. Maßstab ist der pflichtgetreue Durchschnittsbeamte des jeweiligen Amtes und die Amtshaftung greift nur, wenn der fahrlässig oder vorsätzlich Schäden anrichtet. Gleichzeitig macht es der Staat den Bürgern in vielen Bereichen viel schwerer als sich selbst. Für Autofahrer und Tierhalter etwa gilt die sogenannte Gefährdungshaftung.
Das heißt, Autofahrer haften nach dem Straßenverkehrsgesetz für Schäden auch ohne Verschulden, ohne Vorsatz, ohne Fahrlässigkeit, ohne rechtswidriges Verhalten, es sei denn, dass der Autofahrer nachweisen kann, er sei ein sogenannter Idealfahrer gewesen. Der Staat sagt also, für meine Beamten reicht Durchschnittsleistung. Aber vom Autofahrer verlangt er Übermenschliches. Der muss nicht nur natürlich die Straßenverkehrsordnung beachten, von dem wird verlangt, jede nur erdenkliche Vorsichtsmaßnahme zu ergreifen und jedes noch so unwahrscheinliche Ereignis vorauszusehen. Machen Sie das mal im konkreten Prozess und beweisen Sie, dass Sie ein Idealfahrer waren. Das ist so gut wie unmöglich. Grundgedanke der Gefährdungshaftung ist, wer sich mit einem Kraftfahrzeug in den Verkehr begibt, der schafft eine Gefahrenquelle,
und wenn er diese Gefahr nicht realisiert, haftet er, auch ohne Verschulden, wenn er nicht Idealfahrer war. Und für Tierhalter gilt das Gleiche.
Warum wendet man das im Rahmen der Staatshaftung nicht auch an? Wer einen Staat begründet, schafft auch ein Gefahrenpotenzial. Das gilt selbst für den harmlosesten Nachtwächterstaat. Auch der ist eine Zusammenballung von Macht, finanziell, verwaltungstechnisch, polizeilich, militärisch. Durch seine pure Größe ist er eine potenzielle Bedrohung für den Bürger. Das muss nicht einmal gewollt sein. Das Machtgefälle allein ist gefährlich und beinhaltet diese Möglichkeit. Deshalb wäre eine Reform, bundesweit, des Staatshaftungsrechts basierend auf dem Konzept der Gefährdungshaftung nur gerecht. Haushalter und Autofahrer haften ohne Verschulden, der Staat aber nicht. Das kann ja wohl nicht sein. Wenn der Staat sagt, Autofahrer, du sollst der Idealfahrer sein, hat er auch der Idealstaat zu sein. Und wenn er das nicht ist, haftet er ohne Verschulden. Das wäre in der Praxis auch leicht umzusetzen. Das Konzept der Gefährdungshaftung ist alt und bewährt. Man muss diesen Gedanken nur in die Staatshaftung einfließen lassen. – Vielen Dank.
Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Ratjen. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr schade, Herr Andrejewski, es ist wirklich schade, denn, da muss ich den Respekt an den Kollegen Jäger zurückgeben, wir haben hier jetzt eine fraktionsübergreifende, sachliche Debatte gehabt, wo man dem anderen anerkennt, dass es ihm um die Sache geht.
aber ich will Ihnen kurz erklären, wie es zu diesem Abstimmungsverhalten kam. Als wir zuerst hörten, dass das in die Debatte kommt, haben wir die Argumentation, dass das alte DDR-Staatshaftungsrecht in die Rechtssystematik heute nicht mehr so passt, durchaus hingenommen. Wir haben daraufhin mit den Betroffenen telefoniert und gesprochen. Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass die Anwaltskammer zu der ganzen Sache in keinster Weise gehört worden ist. Es sind überhaupt nur der Städte- und Gemeindetag und der Landkreistag gefragt worden. Daraufhin wurden wir ein wenig unsicher. Und da haben wir uns erst mal enthalten. Wir haben uns dann weiter damit beschäftigt, mit der Bundestagsfraktion, den anderen Länderministern auch telefoniert und haben festgestellt, es ist da etwas auf dem Weg. Und warum bringen wir das jetzt hier ein?
(Vincent Kokert, CDU: Das fragen wir uns auch. – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)
Wir sind nicht nur die Vertretung von fremden Länderministern, wir sind die Abgeordneten hier in Mecklenburg-Vorpommern und wir sind darauf auch ein bisschen stolz.
(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Jawohl.)