Protocol of the Session on April 1, 2009

Zweitens. Nach Till Backhaus gilt es – Zitat –, „das auf europäischer Ebene vertraglich eindeutig geregelte Zulassungsverfahren von gentechnisch veränderten Organismen zu akzeptieren“. Das heißt nichts anderes, als dass die Landesregierung feststellt, MecklenburgVorpommern hat keine eigenen Kompetenzen mehr in dieser Sache – das Parlament nicht, das Kabinett nicht, das Verfassungsgericht nicht und das Land als Ganzes nicht.

Das Wesen dieser Auffassung kann in einem einzigen Wort zusammengefasst werden: Anpassung, doch nicht Anpassung aus freiem Willen mit einer eigenen Kompetenz, nicht als Anpassung zur Vereinheitlichung unter gleichen Partnern, die um ein gemeinsames Zentrum wechselseitiger Rechte und Pflichten kreisen. Diese Art der Anpassung ist die Anpassung von Unterworfenen, die bestraft werden, wenn sie einen freien Willen äußern und die europäischen Zulassungsverfahren ablehnen, die schon deshalb Verfahren nicht ablehnen können, weil sie unmittelbar geltendes Recht sein sollen: europäisches Recht, fremdbestimmtes Recht. Wer unmittelbar geltendes Recht ablehnt, ist ein Gesetzesbrecher. Wer diese vertraglich eindeutig geregelten Zulassungsverfahren von grüner Gentechnik nicht mehr ablehnen kann, ohne Gesetzesbrecher zu sein, kann nicht mehr Gesetzgeber sein, weil er keine Kompetenzen mehr hat. Wer kein Gesetzgeber mehr sein kann, hat aufgehört, Repräsentant eines Volkes zu sein.

Wir Nationaldemokraten sind aber nicht fremden Mächten verpflichtet, sondern dem deutschen Volke. Darum lehnen wir dieses System der Knechtschaft durch transnationale Konzerne, windige Lobbyisten und ihre Brüsseler Helfershelfer radikal ab. Wohin deren Herrschaft führt, zeigt die Finanz- und Wirtschaftskrise.

(Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Drittens sagt Till Backhaus – Zitat: „Nach Auffassung der Landesregierung ist die Koexistenz zwischen unterschiedlichen Wirtschaftsweisen unter Einhaltung

kulturartiger spezifischer Regelungen beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen möglich.“ Die NPD sagt seit 2006 in diesem Parlament: Eine Koexistenz zwischen grüner Gentechnik und konventioneller Landwirtschaft ist nicht möglich.

Ich verweise auf ein Beispiel in meiner Rede vom Juli 2007 in Sachen MON 810.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Zitat: „Nur wenige Tage“, nachdem das Bundesamt für Verbraucherschutz (BVL) ein vorläufiges Handelsverbot für MON-810-Saatgut ausgesprochen hat, „ergeht ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Augsburg. Dort hat jetzt erstmals ein Imker durchgesetzt, dass die in der Nähe seiner Bienenstöcke wachsenden MON-810-Pflanzen nicht blühen dürfen. Nach Ansicht des Gerichtes habe der Imker Anspruch darauf, dass seine Ernte absolut frei von Genmaispollen bleibt.“ In der Urteilsbegründung stellt das Gericht klar, dass Honig, der MON-810Pollen enthält, „nicht als Lebensmittel zugelassen“ ist. Es entscheidet, dass der Gentechnikbauer „weichen muss“ und nicht der Imker, „wenn die Koexistenz nicht möglich ist. Sollte das Urteil Bestand haben und von anderen Gerichten übernommen werden, würde das das Ende des MON-810-Anbaus in Deutschland bedeuten.“ Zitat ende.

Inzwischen sind zwei Jahre vergangen. Der Brief von Till Backhaus an das zuständige Bundesministerium blieb – jedenfalls nach Aussage des Landesministers – unbeantwortet. Horst Seehofer, als Bundesminister ein begnadeter Opportunist, der es sich mit niemandem verderben wollte, hat als bayerischer Ministerpräsident mit Rücksicht auf seine bäuerischen Buren ein Verbot von grüner Gentechnik angeregt. Wieder hat Till Backhaus in Sachen MON 810 geschrieben an die Bundesministerin Aigner. Er erwarte unverzüglich eine Antwort, noch vor der Aussaat solle die Ministerin antworten. Inzwischen sind vier Wochen vergangen. Da von Till Backhaus in Sachen MON 810 nichts zu sehen und nichts zu hören war und er laut Sitzungsplan heute auch wieder nichts zur Sache sagen wird, habe ich mich zum inoffiziellen Mitarbeiter gemacht, bin in die Rolle des IM Martin geschlüpft und habe als Martin alias Borrmann selbst recherchiert.

Also, der Brief des Landesministers Till Backhaus ist im Bundesministerium eingegangen, übrigens wie vor zwei Jahren, der Minister Seehofer habe seinerzeit die dem Minister Backhaus gebührende Antwort gegeben. Auch diesmal wird er eine solche Antwort erhalten, auf den Weg gebracht ist sie aber noch nicht, das soll ich Herrn Backhaus ausrichten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Die entsprechende Fachabteilung ist noch immer um eine Stellungnahme bemüht. Ich darf mir erlauben, in der nächsten Woche noch einmal anzufragen, was ich, sofern Till Backhaus rechtlich nichts dagegen haben kann, auch zu tun gedenke. Wie es scheint, werden wir aber vom Bundesministerium eine verbindliche Aussage in Sachen MON 810 vor der Aussaat 2009 nicht mehr erhalten.

Doch schon haben hinter verschlossenen Türen Absetzbewegungen in Sachen grüner Gentechnik begonnen. Der CDU im Land dämmert, dass der EU-Opportunismus der SPD beim Genfraß nicht unbedingt von Wählern belohnt werden wird. Die CDU-Fraktion fragt

im geheimen Agrarausschuss allen Ernstes an, welche rechtlichen Möglichkeiten das Land MecklenburgVorpommern habe, um grüne Gentechnik zu verbieten. Wenn die Sache so klar und eindeutig ist und wir nur noch Paladine der EU sind, warum dann diese rechtlichen Erwägungen im Lager der Etablierten? Österreichs Widerstand in Sachen grüner Gentechnik soll gebrochen werden. Frankreich lehnt unter Präsident Nicolas Sarkozy den Anbau von MON 810 erfolgreich ab. Und Deutschland?

„Im Land der Eichen und der Linden Wird niemals sich ein Brutus finden.“

Aber scheint die Sonne noch so schön...

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Sonne scheint ins Kellerloch, lass sie doch!)

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erste hat das Wort für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Frau Reese. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Herzlich willkommen in der erneuten Diskussion zum Thema grüne Gentechnik.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Die Bt-Maissorte MON 810 beschäftigt uns ja auch nicht das erste Mal. Ein wenig verwundert hat mich der Antrag der NPD beim Lesen aber schon. Überschrift und Antragsinhalt haben überhaupt nichts gemein.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wie so oft.)

Beginnen wir mit dem Antragsinhalt. Der Landtag soll die Beantwortung eines Briefes unseres Agrarministers von der Bundesministerin fordern. Ich persönlich hätte mir die Antwort auf Ihren Antrag ganz einfach gemacht. Nach meinem Verständnis ist der Landtag nicht für die Korrespondenz eines Landesministers mit der Bundesministerin zuständig.

(Udo Pastörs, NPD: Sehr wohl!)

Es stellt sich mir allerdings wirklich die Frage, was Sie mit dem Antrag eigentlich bezwecken wollen. Was verstehen Sie, meine Herren von der NPD, eigentlich unter Genmais? Ich kenne keinen Mais ohne Gene.

(Udo Pastörs, NPD: Ha, ha, ha!)

Soll das vielleicht heißen, Sie wollen generell den Maisanbau stoppen? Dass Sie den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Mecklenburg-Vorpommern aus populistischen Gründen verhindern wollen, das ist uns bekannt, aber die Aussage, den Maisanbau generell zu verbieten, hätte ich selbst von Ihnen nicht erwartet. Kommen da noch Anträge zu anderen Getreidesorten oder Tierarten zu uns in den Landtag?

(Michael Andrejewski, NPD: Zur FDP-Abgeordneten.)

Wenn dem so ist, dann werden gerade Sie als große Verfechter der Volksgesundheit sich wahrscheinlich bald nur noch sehr einseitig ernähren können. Und wer weiß, welche Folgen das bei Ihnen auslösen würde.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Unsere Landwirte brauchen Planungssicherheit, stimmt. Aber auch wenn ich glaube, dass in dieser Frage bei Ihnen Hopfen und Malz verloren ist, werde ich Ihnen einige hilfreiche Fakten nennen.

Ihnen ist bekannt, dass seit April letzten Jahres die Vorschriften der Gentechnikpflanzenerzeugungsverordnung in Kraft getreten sind. Mit dieser Verordnung sind die Regeln der guten fachlichen Praxis auch für den Umgang mit Bt-Mais gesetzlich vorgeschrieben. Abstandsregeln und Informations- und Auskunftspflichten seien hier nur beispielhaft erwähnt. MON 810 ist eine in Europa zugelassene gentechnisch veränderte Maissorte, die seit 2005 in Deutschland angebaut wird. Auch Frau Bundesministerin Aigner weiß, dass ein Verbot nicht umsetzbar ist und gegen EU-Recht verstößt. Im Landtag haben die demokratischen Fraktionen sich immer für eine Eins-zu-eins-Umsetzung europäischer Richtlinien auch auf Landesebene eingesetzt. Weiterhin hat die Europäische Union mit der Freisetzungsrichtlinie, der Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und der Verordnung über Lebensmittel und Futtermittel aus GVO einen umfassenden Rahmen zur Anwendung der grünen Gentechnik geschaffen.

Dies ist Ihnen alles seit Langem bekannt. Gelernt haben Sie daraus bisher nichts. Deshalb ist es hier wohl auch nicht notwendig, noch weiter mit Ihnen über fachliche Dinge zu sprechen. Aber bevor wir uns dem Vorwurf aussetzen, uns nicht inhaltlich mit Ihnen auseinanderzusetzen, mache ich einfach ein paar Minuten weiter.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Die Forschung im Bereich der grünen Gentechnik ist notwendig, um sich an zukünftig veränderte klimatische Bedingungen anpassen zu können und trotzdem die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.

Da Sie in diesem Bereich stetig versuchen, unbegründete Ängste zu schüren und Unsicherheit in der Bevölkerung zu säen, hier noch einige Fakten: Seit der Äußerung der Bundesministerin liegen zwischenzeitlich die Ergebnisse einer Studie der Technischen Universität in München vor. In Bayern haben Wissenschaftler im Ergebnis eines mehr als zwei Jahre dauernden Fütterungsversuches festgestellt, dass die Fütterung von Kühen mit Bt-Mais MON 810 zu keinen Veränderungen in der Fortpflanzungsfähigkeit und der Milchleistung führt.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Zuvor wurde in Bayern auch nachgewiesen, dass der Anbau von Bt-Mais naturverträglicher ist als die chemische Bekämpfung des Maiszünslers. Amerikanische Landwirte gehen von einem Gewinnvorteil beim Anbau von gentechnisch verändertem Soja von mehr als 40 Dollar pro Hektar aus. Hier könnten sich in Zeiten fallender Milchpreise Alternativen ergeben.

Am Schluss noch einmal zurück zum Antragsinhalt. Die Äußerung von Bundesministerin Aigner war auf Antrag Mecklenburg-Vorpommerns auch ein Punkt im Rahmen der Agrarministerkonferenz letzte Woche in Magdeburg. Seit gestern liegt der Monitoringbericht von Monsanto vor. Die Bundesministerin hat die Zusage gemacht, dass der Bericht kurzfristig geprüft wird, um dann – falls überhaupt notwendig – auf jeden Fall noch vor dem Aussaat

termin eine Entscheidung über ein mögliches Aussaatverbot zu treffen. Wir vertrauen darauf, dass der Bericht fachlich und objektiv bewertet wird, und gehen auch davon aus, dass die Ergebnisse der bayerischen Fütterungsstudie mit berücksichtigt werden.

Ihren Antrag lehnen wir infolge der Zusage der Ministerin ab.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Im Vordergrund sollte die Planungssicherheit der Landwirte und nicht die postalische Beantwortung eines Briefes stehen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Danke, Frau Reese.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Herr Vizepräsident! Abgeordnete des Landtags!

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Scheint die Sonne noch so schön … – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: … einmal muss Herr Borrmann gehn.)

Vielleicht schalten wir mal von braun auf grün.