Protocol of the Session on April 1, 2009

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Schwacher Beifall bei der SPD.)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster.

Herr Köster, Sie haben heute bereits zwei Ordnungsrufe erhalten, bisher ist es aber verabsäumt worden, im Zusammenhang mit dem zweiten Ordnungsruf Sie gemäß Paragraf 98 der Geschäftsordnung auf die Folgen der Wortentziehung bei einem dritten Ordnungsruf hinzuweisen, was ich hiermit förmlich getan habe.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Senkung der Mehrwertsteuer, insbeson

dere auf die Dienstleistungen im Gast- und Beherbergungsgewerbe, ist für unser Bundesland unerlässlich. So haben wir Nationalisten es bereits vor einem Jahr, am 7. März 2008, in diesem Hause gefordert und diese Forderung blieb auch bei den LINKEN ungehört.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wir haben in diesem Hohen Hause unglaublich viele EUFanatiker, welche bei jeder Gelegenheit alles Mögliche und auch viel Unnötiges auf der europäischen Ebene angleichen und harmonisieren wollen und dies auch mit einer unglaublichen Hartnäckigkeit vorantreiben. Nun muss man sich die Frage stellen, warum dies bisher denn nicht bei der Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen betrieben wurde. Gerade im Gast- und Beherbergungsgewerbe, welches für Mecklenburg-Vorpommern von enormer Bedeutung ist, muss die Mehrwertsteuerbelastung von derzeit 19 Prozent drastisch gesenkt werden. Ich erspare es Ihnen, dass Sie sich noch einmal mit der Lage unserer Gastwirte und Hotelbesitzer auseinandersetzen müssen.

Die „WirtschaftsWoche“ vom 16. März 2009 stellte unter dem Titel „Billige Nachbarn“ unter anderem fest, dass der Vorstoß des französischen Präsidenten zur Senkung der Mehrwertsteuer deutsche Gastronomen benachteiligt sowie deutschen Gastronomen und Friseuren in Grenzregionen daher Wettbewerbsnachteile drohen. Warum, fragen Sie sich? Weil der Bundesfinanzminister Steinbrück ankündigte, dass es unter ihm keine Steuersenkung geben werde. So viel zur sozialen Kompetenz der SPD.

Gerade an der jetzt offenen Grenze von einem Teil Pommerns zum anderen Teil Pommerns wird das ganze Dilemma offenbar, denn jenseits von Oder und Neiße liegt der Steuersatz für Hotels und Restaurants bei 7 Prozent. Allein dieser Vergleich zeigt schon, dass an dieser Stelle ein enormer Handlungsbedarf besteht. Dieses betonten wir Nationalisten vor einem Jahr und diese Forderung ist nach wie vor hochaktuell, wobei ich den Eindruck habe, dass dieser Wettbewerbsnachteil für die Hotelbetreiber und Gastwirte in Vorpommern die direkte Form Ihres Verständnisses von Gerechtigkeit ist.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Mehrwertsteuersätze unserer Nachbarländer. Hier hat das gewollte Tourismus- und Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern geradezu eine Handlungspflicht, um die Gastronomiebranche zu entlasten. MecklenburgVorpommern sollte sich im Bundesrat massiv für eine Reduzierung der Mehrwertsteuer bei arbeitsintensiven Dienstleistungen von 19 auf 7 Prozent einsetzen und Herrn Steinbrück zur Umkehr zwingen, wenn er nicht bereit ist, zum Wohle von uns Deutschen zu handeln. Auch wenn die heuchlerische Art und Weise der LINKEN gerade bei diesem Antrag wieder einmal sehr deutlich wird, stimmt die NPD-Fraktion dem Antrag der Sache wegen zu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Schwebs. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie heißt es so schön: Was lange währt, wird gut. Aber offenbar beglückt der Beschluss der EU-Finanzminister doch nicht alle gleichermaßen, obwohl er doch im Rahmen des Konjunkturprogramms

der EU im letzten Dezember gefasst worden ist und ja eigentlich auch die Konjunktur ankurbeln soll. Wenn es nach Herrn Steinbrück geht, soll Deutschland die Möglichkeit, Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen zu senken, nicht nutzen. Er kündigte an, dass es mit ihm in diesem Falle keine Steuersenkungen geben werde. Das, meine Damen und Herren, würde für unser Land bedeuten, dass insbesondere die Gastronomen und Friseure in den grenznahen Räumen weiterhin mit Wettbewerbsnachteilen leben müssen.

Das ist nicht nachvollziehbar und auch nicht vermittelbar vor dem Hintergrund, dass wir zu einem Europa zusammenwachsen wollen. Denken Sie nur, meine Damen und Herren, an die Euroregion Pomerania. Eines ihrer Anliegen ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Schaffung besserer Voraussetzungen für kleine und mittlere Unternehmen in der Region. Und ich dachte immer, da gehörte das Hotel- und Gaststättengewerbe dazu.

Wir sind der festen Überzeugung...

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Herr Liskow, bringen Sie mich mal nicht durcheinander hier!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Wir sind der festen Überzeugung, dass harmonisierte, abgesenkte Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen dabei ein guter Anfang sind, denn wir brauchen vergleichbare Rahmenbedingungen. Hinzu kommt, dass Bürgerinnen und Bürger so das Positive der EU, die Vorzüge des vereinigten Europas ganz konkret an ihrem Geldbeutel spüren könnten, wenn sie zum Friseur gehen oder Restaurants besuchen würden.

Ein anderes Argument, welches auch Frau Ministerin Polzin bedient hat, was immer gern gegen die Einführung ermäßigter Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen ins Feld geführt wird, ist der sogenannte Mitnahmeeffekt. Es heißt dann immer, dass beim Handwerker oder bei der Gaststätte der niedrige Preis nicht an den Kunden weitergegeben wird. Aber dieselben, die das bei Konzernen und Banken als Kavaliersdelikt und hinnehmbar bezeichnen, kritisieren dies beim kleinen Unternehmen. Nur, meine Damen und Herren, hätte dieses selbst, wenn es so wäre, nicht auch für Klein- und Kleinstbetriebe immer noch einen positiven Effekt? Ist nicht auch bei einem Handwerksbetrieb und damit für die Gesellschaft insgesamt und auch für das Steueraufkommen der Gesellschaft im Übrigen von großem Vorteil, wenn damit Arbeitsplätze erhalten werden, Mitarbeiter existenzsichernd entlohnt werden oder der Betrieb damit vor der Insolvenz geschützt wird?

Und ich möchte mich da anschließen, was mein Kollege Löttge gesagt hat. Er hat auf das Institut für Mittelstandsforschung verwiesen, das im Jahr 2003 dazu eine Untersuchung gemacht hat, dass nämlich mehr Arbeitsplätze entstehen würden durch die Reduzierung der Mehrwertsteuer, allein im Gastgewerbe – Sie sagten es – 70.000. Und auch Herr Liskow hat ja schon im Dezember 2003 auf das Beispiel Frankreich verwiesen,

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

wo Arbeitsplätze entstanden sind in diesen Bereichen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf folgendes hinweisen: Die Einführung ermäßigter Mehr

wertsteuersätze würde deregulierend wirken, zum Beispiel bei der Besteuerung von Schulessen in unserem Land. Jetzt ist es so, dass Lebensmittel, die zubereitet und an Schulen geliefert werden, dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen. Dagegen erfolgt aber eine Besteuerung mit 19 Prozent, also dem Regelsatz, wenn die Dienstleistung des liefernden Unternehmens auch die Essensausgabe, die Reinigung des Geschirrs, der Räume oder Ähnliches umfasst. Und davon sind in der Regel im ländlichen Raum Dorfgaststätten oder kleine private Caterer, die das Mittagessen liefern, betroffen.

Ein anderes, nicht weniger schizophrenes Beispiel ist Folgendes: Gäste zahlen im Fastfoodrestaurant 19 Prozent Mehrwertsteuer beim Kauf eines Burgers, aber nur 7 Prozent, wenn sie sich diesen am Drive-in abholen. Dann handelt es sich nicht um eine sogenannte Restaurantdienstleistung, sondern um einen reinen Lebensmittelverkauf. Das kann verstehen, wer will. Ich verstehe es nicht.

Es ließen sich viele solcher Beispiele nennen, die niemand nachvollziehen kann. Ein einheitlicher ermäßigter Mehrwertsteuersatz in diesen Bereichen könnte das sogar auflösen und deregulierend wirken. Wir sehen darin eine Chance für eine Vereinheitlichung der Sätze und nicht für die Ausweitung von Ausnahmen vom gesetzlichen Mehrwertsteuersatz. Aber offenbar ist es immer eine Frage der Perspektive, wie Steuersenkungen bewertet werden. Während im Rahmen der Unternehmenssteuerreform vor allem Konzerne und große Unternehmen von Steuersenkungen profitieren, hält sich der Gegenwind in Grenzen. Mögliche Steuerausfälle spielen dann in der politischen Öffentlichkeit keine Rolle.

Insofern, meine Damen und Herren, ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit, die Mehrwertsteuer für arbeitsintensive Dienstleistungen zu senken. Mit der Entscheidung der EU-Kommission ist der Weg frei, dass für die kleinen Betriebe, die vergleichsweise eine hohe Beschäftigungsquote aufweisen, entsprechende Anreize geschaffen werden können. Eine Reihe von EU-Mitgliedsstaaten hat schon erklärt, die Option künftig zu nutzen und ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf Dienstleistungen einzuführen.

Wir gehen davon aus, dass abgesenkte Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen letztendlich nicht zu massiven Steuerausfällen führen würden, denn erprobt sind diese Maßnahmen in anderen Ländern genug. Und dazu hat auch Herr Liskow im Jahr 2003 schon Ausführungen gemacht.

(Egbert Liskow, CDU: Und bestätigt auch noch. Heute!)

Und, meine Damen und Herren, wenn denn der Herr Steinbrück – und das geht insbesondere an die Kollegen der SPD – eine so große Angst davor hat, so könnte doch die mittlerweile nicht mehr nur von den LINKEN, sondern auch von der SPD geforderte Börsenumsatzsteuer zur Gegenfinanzierung der Mehrwertsteuersenkung herangezogen werden.

(Rudolf Borchert, SPD: Guter Vorschlag, hat man nur keine Mehrheiten dafür. Hat man nur keine Mehrheiten.)

Finde ich auch, dass das ein guter Vorschlag ist.

Zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen: Die Kommission hat den Vorschlag für eine Richtlinie vorgelegt, mit dem in allen Mitgliedsstaaten die ständige

Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze auf lokal erbrachte arbeitsintensive Dienstleistungen einschließlich im Gaststättengewerbe erbrachter Dienstleistungen gestattet werden soll. Darum ging es in unserem Antrag. Insofern ist der Antrag der Koalitionsfraktionen natürlich eine Erweiterung unseres Anliegens, die wir inhaltlich – und das haben wir auch in der Debatte festgestellt – in bestimmten Bereichen sicherlich mittragen können. Ich hoffe nur, dass die Erfahrungen der Wählerinnen und Wähler mit SPD-Versprechen in Bezug auf die Mehrwertsteuer sich in diesem Falle nicht wiederholen werden,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

denn dann sieht es für die Handwerksunternehmen und die Gaststätten sehr schlecht aus, und nicht nur in unserem Land.

Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass die damit von uns allen gewünschte Senkung der Mehrwertsteuer für diese arbeitsintensiven Dienstleistungen eben nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag in einer großen Steuerreform untergehen, denn die Gefahr besteht natürlich, wenn man das Ganze so betrachtet. Sei es, wie es sei, die Bundesregierung, meine Damen und Herren, ist am Zuge. Sie sollte ihre ablehnende Haltung endlich korrigieren

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

und wenn darüber Einigkeit besteht, ist es ja gut in diesem Falle. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Zwischenzeitlich hat die Fraktion der FDP ihren Änderungsantrag auf Drucksache 5/2415 zurückgezogen, sodass wir jetzt abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/2416. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist bei einer Stimmenthaltung, sonst insgesamt bei Zustimmung durch das Haus angenommen.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2383 mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2383 mit den soeben beschlossenen Änderungen einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Regierungserklärung zur Lage der Werftindustrie in Mecklenburg und Vorpommern abgeben, Drucksache 5/2326(neu).

Antrag der Fraktion der NPD: Regierungserklärung zur Lage der Werftindustrie in Mecklenburg und Vorpommern abgeben – Drucksache 5/2326(neu) –