Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Schlupp. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Überschuldung privater Haushalte ist ein Problem, das sich in seiner Dimension wohl nur derjenige vorstellen kann, der sich in einer solchen Situation befunden hat beziehungsweise befindet. Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, haben also ein Thema gewählt, mit dem sich Politik fortlaufend beschäftigen muss. Dass allerdings Ihr Antrag dabei hilfreich ist, stelle ich doch sehr infrage und möchte dies nachfolgend allein durch die Abarbeitung der von Ihnen im Antrag vorgetragenen Aussagen beweisen.
Im Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um der Verschuldung privater Haushalte in Mecklenburg-Vorpommern entgegenzuwirken. Niemand wird bestreiten, dass bei einer so komplexen und in ihren Ursachen auch so individuellen Problematik nur ein fein aufeinander abgestimmtes Maßnahmebündel wirken kann. Allein konkrete Maßnahmen sucht man im Antrag der Fraktion DIE LINKE vergeblich. Sie fordert zwar die finanzielle Sicherung und den personellen Ausbau der Schuldner- und Insolvenzberatung, verkennt dabei aber, dass der weitaus überwiegende Teil der Arbeit dieser Beratungsstellen darin besteht, überschuldete Haushalte zu betreuen, das heißt, eine Überschuldungssituation ist bereits eingetreten.
Um einer Verschuldung entgegenzuwirken, wie von Ihnen gefordert, sind Maßnahmen vor der Inanspruchnahme einer solchen Beratung erforderlich. Und vielleicht denkt die ehemalige PDS auch noch einmal an die Zeit zurück, als das von ihr geführte Ministerium die Landesförderung über eine Änderung des Einwohnerschlüssels zurückfahren wollte. So lange ist das noch gar nicht her.
Dann fordern Sie Maßnahmen auf Bundesebene zur Sicherung armutsfester Familieneinkommen. Um dieser Forderung nachkommen zu können, müsste genau definiert sein, was Sie unter einem armutsfesten Familieneinkommen verstehen.
Und unter diesem Suchbegriff findet man seitenweise Anträge. Allerdings habe ich keinen Beitrag der LINKEN finden können, der dazu Näheres erklärt,
nicht auf den verschiedenen Länderseiten, nicht bei der Bundes-LINKEN, nicht bei der Rosa-LuxemburgStiftung oder Tacheles. Und Sie fordern die Stärkung des Verbraucherschutzes. Was bitte darf es denn da sein?
Eine verbesserte Kreditberatung? Eine bessere Ausbildung für Kreditberater? Schärfere Regeln bei Konsumentenkrediten? Eine generelle Restschuldversicherung zu günstigen Konditionen? Eine schärfere Aufsicht? In Abwandlung eines bekannten Spruches fällt mir dazu nur ein: Nichts Konkretes find’ man nicht.
Aber es geht so weiter. In der Begründung wurden einige Ursachen für Überschuldung aufgezählt und dann nichts.
Angeführt wird beispielsweise der Verlust des Arbeitsplatzes. Was aber soll passieren? Möchten Sie Veränderungen im SGB III, zum Beispiel Verlängerung der Bezugszeiten für Arbeitslosengeld? Wenn ja, wie lange? Oder vielleicht abgestuft?
Als weiteren Grund für eine Überschuldung führen Sie Scheidung an. Möchten Sie eine Veränderung des Scheidungsrechts? Und wenn ja, zu wessen Gunsten? Wenn Kinder mit betroffen sind, könnte eine Änderung der Düsseldorfer Tabelle für höheren Kindesunterhalt sorgen und/oder durch eine Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes könnte das Bezugsalter der Kinder heraufgesetzt werden. In Ihrem Antrag findet sich nichts.
Das Gleiche gilt für die von Ihnen herausgestellten Ursachen Erkrankung, Sucht oder Unfall. Was schwebt Ihnen denn da vor? Veränderungen im SGB V, SGB VI, SGB VII oder SGB XII? Eine für alle verpflichtende Unfall- und Erwerbsunfähigkeitsversicherung? Denkbar ist vieles, allein gefunden habe ich bei Ihnen nichts.
Nun könnten Sie mir ja entgegenhalten, Sie wollen den Umgang mit privatem Haushaltseinkommen in den Unterricht integrieren.
Das mag punktuell helfen, aber das Problem ist, ich habe es bereits angesprochen, so vielschichtig, dass es den Rahmen jeden Unterrichts sprengen würde,
denn es umfasst neben dem Überblicken von Einnahmen und Ausgaben diverse Rechtsprobleme wie Vertragsrecht, Beihilferecht, Steuerabgaben- und Beitragsrecht. Und seien wir doch mal ehrlich: Wer möchte sich in der Schule beispielsweise durch einen sechsseitigen Steuerbescheid mit diversen Rechtsverweisen und -sätzen, die über eine viertel Seite lang sind, hindurchquälen, ohne dass es dabei um mehr als den Lerneffekt geht?
Im Übrigen kann auch ein Kindergeldantrag ähnlich kompliziert sein. Ich durfte kürzlich selbst eine Neubeantragung vornehmen, die zuzüglich des Fragebogens für über 18-jährige Kinder und zuzüglich des Fragebogens bei Aufenthalt eines Elternteils im Ausland und der beizubringenden Nachweise 20 Seiten umfasste.
Zudem wurden Angaben abgefragt, die eine stringente Aufbewahrungs- und Ablageordnung erfordern. Darauf kann man Kinder und Jugendliche nicht wirklich vorbereiten. Das Wirtschaften mit dem eigenen Einkommen, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Rechtshandlungen, zumindest kenne ich das so, lernt man bei den Eltern. Schule kann diesen Prozess begleiten, aber nicht ersetzen.
Aber wenn Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, konkrete und handhabbare Vorstellungen haben, wie Schule dies alles leisten könnte, habe ich das zumindest Ihrem Antrag wiederum nicht entnehmen können. Von daher ist der Antrag oberflächlich. Er enthält nicht eine konkrete Maßnahme und ist daher nur abzulehnen.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Schnur. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir uns auf die Rede vorbereitet haben, war mir nicht ansatzweise bewusst, was man alles zum Thema Schulden verpacken kann: Mindestlohn, Hartz-IV-Kritik. Also die LINKE hat es wirklich geschafft, dort eine Menge zu verpacken. Das muss man einmal sagen, nun gut.
Der Jahresbericht zur Schuldnerberatung hat zumindest deutlich gemacht, dass es zu viele Familien in Mecklenburg-Vorpommern gibt, die in der Schuldenfalle stecken. Die Ursachen für die private Verschuldung sind jedoch – und das ist hier relativ wenig zum Zuge gekommen – vielfältiger, als man von vornherein glauben mag, und sie liegen nicht allein an Hartz IV und anderen Gesetzen.
Das würde zur Konsequenz haben, dass es vor Einführung der Gesetze gar keine Schuldner gegeben hätte, aber auch das war nicht der Fall. Viele Probleme liegen im privaten Bereich und die können von uns und der Politik generell von außen nicht beeinflusst werden. Hier ist jeder Einzelne für sich gefragt, auch das muss man mal sagen dürfen.
Das ist die Frage, wie kompetent er ist und ob er es überhaupt gelernt hat, mit seinem Einkommen umzugehen. Eltern haben dabei eine viel wichtigere Vorbildfunktion als der Staat. Sie müssen ihren Kindern beibringen, dass vor jeder Ausgabe auch eine Einnahme stehen muss.
Frau Müller, dieser Zwischenruf ist eigentlich wirklich glorreich, wenn Sie das sagen als DIE LINKE, die uns 7 Milliarden Euro an Schulden eingebrockt hat.
Sie müssen sich einmal Ihre acht Jahre zusammenrechnen, Sie müssen einfach mal Ihre acht Jahre addieren.