Wir werden im Rechtsausschuss deshalb genau hinterfragen. Insbesondere interessiert mich, warum die Deregulierungsstelle im Innenministerium das Optionsmodell für diskussionswürdig hält. Mitte 2006 hat die Landesregierung dieses von der Deregulierungskommission vorgeschlagene Modell für eine „innovative Reformidee“
gehalten. Das können Sie nachlesen im Bericht des Justizministers zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau in den Jahren 2003 bis 2006.
Was die generelle Abschaffung des Vorverfahrens im Paragraf 13b angeht, trifft der Gesetzentwurf auch keine Aussagen, einmal abgesehen von der redaktionellen Streichung der Ausnahmeregelung für das Hochschulzulassungsverfahren. Auch hier interessieren uns die Gründe.
Meine Damen und Herren, im Gesetzentwurf werden die Erfahrungen der Verwaltungsgerichte kurz angesprochen. Wie sieht es aber mit den zuständigen Widerspruchsbehörden aus? Wie beurteilt die Verwaltung ihre bisherigen Erfahrungen? – Auch dazu keine Aussagen.
Sie sehen, es gibt Fragen über Fragen, und ich hoffe, dass uns Zeit bleibt, diese im Ausschuss zu diskutieren. Allerdings ist das für mich heute schon fraglich, denn die Landesregierung weiß natürlich, dass die Regelungen zum Ende des Jahres auslaufen, also Zeitdruck besteht. Im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf des parlamentarischen Beratungsverfahrens wäre es meiner Auffassung nach angemessen gewesen, den Gesetzentwurf zumindest auf der letzten Landtagssitzung einzubringen. Sollte der Ausschuss etwa eine Anhörung beschließen, kämen wir bereits in Zeitnot. Und dass es Fragen gibt, habe ich, denke ich, in meiner Rede deutlich gemacht. Es bleibt also zu klären – und ich hoffe, die Regierung wird uns dort die Antworten geben –, welche Erfahrungen vorliegen und welche Einsparpotenziale tatsächlich vorhanden sind. Ich bin gespannt auf das Verfahren im Ausschuss. – Danke.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen, nach dem vorher Gesagten kann ich es eigentlich sehr kurz machen: Die CDU-Fraktion begrüßt, dass das Optionsmodell weiter erprobt werden soll bis Mitte 2011. Wir halten diesen Gesetzentwurf für eine gute Sache und werden ihn im Ausschuss beraten. Ich bin auch erfreut darüber, dass die Rechtsprechung sich dazu positiv geäußert hat.
Ich würde aber auch gern im Ausschuss – und das sage ich etwas kritisch – fragen wollen, wie es denn bestellt ist um die Laufzeiten, um die Durchlaufzeiten in den Verwaltungsgerichten. Ich weiß von Fällen, dass Leute, die geklagt haben, über vier Jahre haben warten müssen bis zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung. Das ist mit Sicherheit keine gute Sache. Das ist vielleicht auch nur ein Ausnahmefall. Aber ich weiß von Klagen aus den Kommunen, dass es sehr lange dauert, bis die Verwaltungsgerichte – wohl infolge von Arbeitsüberlastung – zur Anberaumung von Terminen kommen. Vielleicht ist da die Verbesserung, das heißt die Verkürzung der Durchlaufzeiten bei den Verwaltungsgerichten, auch ein Thema, das uns bei dieser Gelegenheit beschäftigen sollte. Wir werden der Überweisung zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht grundsätzlich für meine Fraktion: Alles, was sich im Rahmen von Deregulierung und Bürokratieabbau bewegt, werden wir sehr wohl unterstützen wollen und nichts anderes ist aus der Beschlussempfehlung und aus dem Gesetz hier heute zu entnehmen.
Der Zeitpunkt, der uns einfach hier im Nacken liegt, ist der 31.12.2008, und deswegen können wir grundsätzlich nachvollziehen, warum wir die Gesetzesänderung hier vornehmen müssen. Ich denke, es ist mehr als angebracht, dass man hier durchaus noch mal zweieinhalb Jahre nachlegen sollte, um dann abschließend eine Evaluierung vorzunehmen, in welchem Rahmen sich überhaupt hier Einsparungsmöglichkeiten und natürlich auch eine effektivere und effizientere Arbeit in den Verwaltungen ergeben haben, insbesondere auch bei den Gerichten.
Aus dem Grund stehen wir dieser Gesetzesänderung durchaus positiv gegenüber. Wir werden einer Überweisung zustimmen. Ich denke, dass die ja durchaus berechtigten Fragen dann auch in den Ausschüssen beantwortet werden können. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf wirft die Frage auf, was sich eigentlich in letzter Zeit so verändert hat, dass eine schon lange bestehende Praxis aufgegeben wird. Bisher hieß es immer, das Widerspruchsverfahren sei ein unentbehrliches Element rechtsstaatlichen Verwaltungshandelns. Es würde die Gerichte entlasten, wenn dem Widerspruch durch die Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde abgeholfen und dadurch ein Prozess vermieden werde. Dem Bürger sei eine zusätzliche Rechtsbehelfsmöglichkeit eröffnet, die ein geringeres Kostenrisiko in sich berge als ein Gerichtsverfahren, und die Behörden hätten durch ein Widerspruchsverfahren die Möglichkeit, ihre Entscheidungen nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Dies ermögliche eine Selbstkontrolle in der Verwaltung.
Nun soll das alles auf einmal nicht mehr wahr sein. Das Widerspruchsverfahren ist nach neuer Auffassung völlig überflüssig, und das in dem äußerst bedeutenden Gebiet der Baugenehmigungen. War das schon immer so? Und, wenn ja, warum hat das in all den Jahrzehnten bisher kein Mensch bemerkt? Oder welche unerwarteten und völlig neuartigen Gesichtspunkte haben sich auf einmal ergeben? Wozu hat es eigentlich Widerspruchsstellen in der Verwaltung gegeben? Hat man da bislang nur Kaffee getrunken?
Sollen die entsprechenden Mitarbeiter nun entlassen werden? Welche Einsparungen erhofft man sich dadurch und wie viele Betroffene wird es geben?
Interessant ist auch die Behauptung der Verwaltungsgerichtsbarkeit – die angebliche Behauptung –, die neue Vorgehensweise habe bisher keine spürbare Mehrbelastung gebracht. Woran kann das liegen? Bei einem verbindlich vorgeschalteten Widerspruchsverfahren klagen natürlich nur die hinterher, deren Rechtsbehelf erfolglos war. Sind so wenige Widersprüche von den Behörden positiv beschieden worden, dass es gar keinen Unterschied macht hinsichtlich der Zahl der Kläger, dass gemäß dem Optionsmodell die Leute jetzt gleich die Gerichte anrufen können? Und ist im Lande neuerdings der Wohlstand ausgebrochen? Bei Gerichtsverfahren fallen in der Tat erheblich höhere Kosten an als im Widerspruchsverfahren. Und das soll keinen stören, zumal beim Streit um eine Baugenehmigung eher selten Prozesskostenhilfe gewährt wird, denn wer Geld zum Bauen hat, hat auch Geld zum Prozessieren?
Was in der Problembeschreibung dieses Gesetzentwurfes steht, wirkt äußerst unglaubhaft. Wir wollen mal sehen, ob der sagenumwobene Rechtsausschuss Licht in die Sache bringen kann. Deshalb stimmen wir ausnahmsweise einer Überweisung an den Rechtsausschuss zu, ohne ernsthaft zu erwarten, dass sich hinter der ganzen Angelegenheit irgendetwas anderes versteckt als das Bestreben, hinter Wortgeklingel und Bürokratieabbaugerede weiteren Strukturabbau zu verbergen und vor allen Dingen Entlassungen zu begründen. – Danke.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/1852 zur Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer diesem Vorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der FDP, drei Stimmen der Fraktion der NPD und …,
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in MecklenburgVorpommern, Drucksache 5/1876.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 5/1876 –
Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herr Schlotmann. Bitte, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine ausreichende und bedarfsgerechte Verkehrsbedienung mit öffentlichen Verkehrsmitteln sicherzustellen, ist eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge der Aufgabenträger im Sinne von Paragraf 3 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern. Dazu hat das Land Mecklenburg-Vorpommern maßgeblich beigetragen, indem die Nahverkehrsunternehmen gemäß Paragraf 45a des Personenbeförderungsgesetzes Aus gleichszahlungen erhalten. Im Jahr 2006 wurden Ausgleichszahlungen in Höhe von 26,2 Millionen Euro gewährt. Diese Ausgleichszahlungen gibt es, weil die Nahverkehrsunternehmen den Auszubildenden ermäßigte Zeitfahrausweise – also Wochen-, Monats- oder Jahreskarten – anbieten sollen. Dieser Rabatt liegt in der Regel bei 25 Prozent, bezogen auf den Fahrpreis für voll zahlende Erwachsene.
Ich glaube, es ist eine Binsenweisheit, die hier allen gegenwärtig ist, dass sich in den nächsten Jahren die Schülerzahlen in diesem Land stark rückläufig entwickeln werden. Bis zum Jahr 2011 ist landesweit mit einem Rückgang von rund 22 Prozent zu rechnen. Da Schüler aber den größten Teil der Fahrgäste stellen – und das gilt insbesondere im ländlichen Raum –, wird sich dieser Rückgang auch auf den öffentlichen Personennahverkehr auswirken.
Bei einigen Regionalbusbetrieben in MecklenburgVorpommern sind über 80 Prozent der Fahrgäste Schüler. Auch die Stadtverkehre mit Omnibussen und Straßenbahnen werden sich auf erhebliche Rückgänge einstellen müssen. Dadurch gehen nicht nur die Einnahmen aus den verkauften Fahrausweisen zurück, sondern – und zwar durch die heutige Berechnungssystematik bedingt – parallel dazu auch die Ausgleichszahlungen an die Nahverkehrsunternehmen. Würde also die bisherige Ausgleichsregelung beibehalten, würden die Unternehmen nach einer Einschätzung meines Hauses im Jahr 2011 circa 4,6 Millionen Euro weniger als 2006 erhalten, was einem Rückgang von rund 18 Prozent entspricht. Der Schülerrückgang könnte also viele Nahverkehrsunternehmen in ihrer Existenz gefährden.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat den sich daraus ergebenden Handlungsbedarf erkannt und will die zu erwartenden Einnahmeausfälle durch eine Änderung des Berechnungsverfahrens abmildern. Die Möglichkeit zur Abweichung der Länder vom eingangs genannten Bundesrecht ist im Paragrafen 64a des Personenbeförderungsgesetzes enthalten. Danach ist eine landesrechtliche Regelung erforderlich, dem mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf Rechnung getragen werden soll. Parallel sollen hier aber auch die Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs ebenso wie die Nahverkehrsunternehmen ihren Beitrag leisten, indem sie ihr Verkehrsangebot weiter bedarfsgerecht anpassen und ihre Wirtschaftlichkeit steigern. Ich verkenne natürlich in keinster Weise, dass die Möglichkeiten dafür wegen der stark gestiegenen Preise für Treibstoff, aber eben auch für Fahrzeuge, im Bereich Abgasvorschriften zum Beispiel, begrenzt sind.
Deutlich möchte ich an der Stelle auch sagen, das kommt vielleicht manchmal zu kurz, in den letzten Jahren haben die Mitarbeiter der Verkehrsunternehmen sich sehr maßvoll verhalten, was die Lohnzuwächse anbelangt. Ich denke, diese Kolleginnen und Kollegen, diese Beschäftigten haben jetzt auch einen Anspruch auf angemessene Lohnerhöhungen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)
Auch das darf man dabei nicht vergessen. Diesen Vorgaben, aber auch dem Ziel einer Entlastung des Landeshaushaltes gilt es letztendlich dann Rechnung zu tragen. Dabei ist mein Haus zu folgendem Ergebnis gekommen: Wir wollen das Niveau der Ausgleichszahlungen von 2006 als Berechnungsbasis festschreiben und die Zahlungen bis zum Jahr 2011 sehr, sehr maßvoll abschmelzen. Dadurch können die absehbaren Einnahmeausfälle der Unternehmen im Geltungszeitraum der Verordnung bis 2011 in erheblichem Umfang aufgefangen werden. Dieser zusätzliche Ausgleich ist verkehrspolitisch begründbar, aber auch betriebswirtschaftlich begründet.
Meine Damen und Herren, es ist die verkehrs-, sozialordnungs- und finanzpolitische Verantwortung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, das ÖPNV-Angebot an den Mobilitätsbedürfnissen der Bevölkerung und den raumstrukturellen Erfordernissen auszurichten. Bei in den nächsten Jahren weiter drastisch sinkenden Schülerzahlen wäre ohne Maßnahmen zur Gegensteuerung eine ausreichende Verkehrsbedienung im ÖPNV nicht mehr gewährleistet. Die Unternehmen haben das betriebswirtschaftliche Problem, dass die tatsächlichen Betriebskosten und Kapazitäten bei rückläufigen Einnahmen im Schülerverkehr nicht im gleichen Maße sinken können, denn – und auch das ist eine Binsenweisheit – auch weniger Schüler benötigen immer mindestens einen Bus. Der Einsatz von Kleinbussen ist in den meisten Fällen kaum möglich, und zwei verschiedene Busgrößen vorzuhalten, ist für die Unternehmen wegen der hohen Kapitalkosten auch nicht wirtschaftlich und vertretbar. Die Fahrwege sind länger und damit sind natürlich auch die Kosten tendenziell angestiegen für die Unternehmen. Dagegen sinken aber – entsprechend der bisherigen Regelung zumindest – wie bereits erwähnt aufgrund der Berechnungsvorschriften der Bundesverordnung die Ausgleichsleistungen. Dieser rechnerische Rückgang entspricht damit nicht der tatsächlichen Kostenentwicklung und den von Nahverkehrsunternehmen vorzuhaltenden Kapazitäten beziehungsweise zurückzulegenden Wegen.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen, die Landesregierung wird dies nicht akzeptieren. Und um dieser gegenläufigen Tendenz entgegenzuwirken, soll die Vorschrift zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs nun dahin gehend ergänzt werden, dass ein betriebs individueller demografischer Faktor eingeführt wird. Das beschriebene Verfahren wurde mit den beiden hier entscheidenden Verbänden im Land, nämlich dem Verband der Deutschen Verkehrsunternehmen und dem Verband Mecklenburg-Vorpommerscher Omnibusunternehmen einvernehmlich abgestimmt. Und ich kann hier sagen, in den Gesprächen wurde uns das deutlich signalisiert, beide Verbände bitten, dass dieses Gesetzesverfahren doch relativ zügig über die Bühne geht, denn das ist bares Geld für unsere Unternehmen. Ich erlaube mir noch mal den Hinweis: Auch das versetzt erst die Unter
nehmen wiederum in die Lage, die betroffenen Beschäftigten vielleicht doch besser zu entlohnen. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Gut gemacht, Herr Minister.)