Protocol of the Session on April 24, 2008

(Der Abgeordnete Torsten Koplin bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Frage?

Nein, jetzt nicht, im Anschluss gern.

Da wird zum Beispiel erörtert, die Regelsätze als Referenzgröße für Sozialleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII so auszugestalten, dass sie dem sozialstaatlichen Gebot, Deckung des Existenzminimums für alle Menschen, Rechnung tragen. Da wird in der Anhörung erörtert, bei der damit verbundenen Neufestsetzung Bildungsausgaben, das haben Sie ja explizit in Ihrer Begründung angeführt, mit in die Ausgabenermittlung einzubeziehen und die Regelsätze für Kinder und Jugendliche auf eine neue Berechnungsgrundlage zu stellen, die den altersspezifi schen und besonderen entwicklungsbedingten Bedarf berücksichtigt. Und so fi nden wir gerade spezifi sch Kinder, Jugendliche, aber auch alle Menschen, Erwachsene an ganz vielen Stellen wieder. Es ist also auf Bundesebene in der Erörterung und deswegen fi nde ich an dieser Stelle Ihren Antrag bei uns im Landtag überfl üssig. Wir werden ihm nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Frau Tegtmeier, wenn Sie die Frage noch beantworten oder zulassen wollen? interjection: (Zustimmung)

Dann, Herr Koplin, bitte.

Frau Tegtmeier, ich hätte gern erfahren, ob Sie sich vorstellen können, dass zwischen Kindern und Jugendlichen noch ein unterschied

licher Bedarf besteht, oder ob Sie weiterhin davon ausgehen, dass für Kinder und Jugendliche der gleiche Bedarf besteht.

(Karin Strenz, CDU: Qualitativ oder quantitativ?)

Das ist die erste Frage.

Und die zweite Frage ist: Können Sie sich vorstellen, dass junge Menschen oder auch Erwachsene, die in fi nanzieller Bedrängnis sind, sich herzlich wenig dafür interessieren, was auf Bundesebene gerade in Bewegung ist, sondern dass es für sie wichtig ist, ihre Lebenssituation verbessert zu bekommen?

Sicherlich beides und es wird auf Bundesebene beides erörtert, denn dort wird es entschieden. Deswegen habe ich genau die Passagen, die ganz deutlich aussagen, dass auch für Kinder und Jugendliche unterschiedliche Bedarfe bestehen, hier vorgetragen.

Habe ich damit Ihre Frage beantwortet?

Und was ist mit den unterschiedlichen Regelsätzen?

Das habe ich doch gerade gesagt. Also genau das ist doch jetzt auf der Bundesebene bereits in der Erörterung.

(Michael Andrejewski, NPD: Das freut die Bürger sehr.)

Danke, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Regelsätze wenigstens so wären, wie sie sich theoretisch erst mal darstellen, dann wären sie zwar immer noch unzureichend, aber die Lage der Betroffenen hätte sich gemessen an der wirklichen Situation doch erheblich gebessert. Wer es als Armutsforscher, so etwas gibt es, einmal ausprobieren möchte, wie es sich lebt mit 347 Euro, der muss zunächst wissen, dass er die gar nicht zur Verfügung hat. Der Regelsatz steht nur auf dem Papier, denn davon gehen mindestens 20 Euro im Monat ab für Strom und warmes Wasser, die nicht zu den Kosten der Unterkunft gezählt werden, denn nicht nur der Warenkorb ist veraltet, von dem sich die Regelsätze ableiten, die Vorstellungen des Gesetzgebers und auch der Rechtsprechung hinsichtlich einer Unterkunft sind geradezu mittelalterlich.

Eine Unterkunft ist nach herrschender Rechtslage vollwertig ohne Strom und Wasser, und zwar für das Jahr 2008, und nicht 1908 und auch nicht 1808. Wenn man sich im Winter waschen will, muss man eben erst mal die Eisschicht auf dem Eimer zerschlagen, das ging ja früher auch. Mondlicht und Kerzenschein sorgen für Beleuchtung, Waschbrett statt Waschmaschine. Alles andere, und das ist wahr, gilt als eine Luxusunterkunft. Luxusunterkunft ist defi niert als Unterkunft mit Strom und Warmwasser. Der Luxus ist vom Regelsatz zu bezahlen.

Aber das ist noch nicht alles. Der Regelsatz wird weiter dezimiert, weil bei der Umstellung von Sozialhilfe auf Arbeitslosengeld II eine sehr tückische Aktion durchgezogen wurde. Zwar wurden die Regelsätze erhöht und das wurde auch entsprechend besungen, aber die einmaligen Beihilfen wurden gestrichen und das hat sich sehr schnell zum Minusgeschäft für die Betroffenen

entwickelt. Wenn früher die Waschmaschine, der Kühlschrank oder ein Möbelstück kaputtgingen, dann hat das Amt den Ersatz bezahlt. Jetzt ist das vom Regelsatz anzusparen, weil, wie Herr Sellering zu glauben scheint, man vom Regelsatz nicht nur auskömmlich leben kann, sondern man auch problemlos eine Waschmaschine und überhaupt einen ganzen Hausrat ansparen kann, überhaupt kein Problem. Da hat man seine Riesengeldtruhe, den Geldspeicher dafür. Deshalb weigern sich manche Sozialbehörden auch aufgrund dieser Auffassung, überhaupt Kredite für Neuanschaffungen zur Verfügung zu stellen, die man dann mühsam einklagen muss. Und die, die es tun, verlangen Rückzahlung, die dann ratenweise vom Regelsatz abgezogen wird, der wiederum noch mehr Theorie ist.

Das trifft natürlich besonders Familien mit Kindern. Da hält die Waschmaschine nicht lange, da braucht man auch eine Kühltruhe, um Sonderangebote nutzen zu können. Geben beide, wie es das Pech will, gleichzeitig den Geist auf, gehen zwei Raten schon in Höhe von 40, 50 Euro monatlich vom Regelsatz ab. Da darf kein dritter dringend benötigter Gegenstand kaputtgehen, unbrauchbar werden wie etwa ein Kinderbett. Das sind drei Raten, das ist nicht mehr zu machen. Nicht berücksichtigt ist in den Regelsätzen auch, dass Kindersachen eben häufi ger kaputtgehen, weil Kinder mal herumtoben, es sei denn, man setzt sie permanent unter Valium oder Ritalin. Aber das ist zum Glück im Regelsatz nicht enthalten.

Und natürlich reicht das Geld nicht für gesunde Ernährung, für Erwachsene nicht und erst recht nicht für Kinder und Jugendliche, die in ihrer Entwicklung einen noch größeren Bedarf danach haben. Das ist etwas, was in einer Media-Markt-Kampagne, wenn ich mich recht entsinne, einmal als „blöd sparen“ bezeichnet wurde. Man freut sich, dass man möglichst wenig Geld für den Unterhalt der Leistungsempfänger aufgewendet hat, Geld gespart hat, sodass die sich eben auf Dosenbasis ernähren mussten, und nach einiger Zeit wundert man sich, dass die Krankenfürsorge immer teurer wird, denn das hat Folgen. Die Jugendlichen üben Ernährungsgewohnheiten ein, an denen sie dann auch teilweise festhalten, wenn sie als Erwachsene doch vielleicht mal aus Hartz IV herausgekommen sein sollten.

Derselbe Staat, der durch seine Antisozialpolitik gesunde Ernährung bei den Betroffenen unmöglich macht, verkündet dann aber gleichzeitig das ehrgeizige Ziel, Gesundheitsland Nummer eins werden zu wollen. Ja, dieses Gesundheitsland wird sich wahrscheinlich nur auf die Villengegenden beschränken. Die Regelsätze stimmen alle hinten und vorne nicht.

(Raimund Borrmann, NPD: Genau.)

Bei der Einführung von Hartz IV ist man wohl davon ausgegangen damals, dass jeder Leistungsbezieher dank des bald sicher kommenden Aufschwungs sehr schnell wieder Arbeit bekommen würde. Hartz IV war gar nicht als Dauerversorgung vorgesehen. Von dieser Illusion muss man sich jetzt verabschieden. Ob Arbeitslose oder im Billiglohnsektor Beschäftigte mit Aufstockung, keiner kann von dem auskömmlich existieren, was der Staat heute für ausreichend hält. Und keiner von denen, die so leben müssen, wird ein begeisterter Fan des herrschenden Parteiensystems, ganz egal, wie viele Zentren für Demokratie und Toleranz noch eröffnet werden.

Wir stimmen dem Antrag zu, auch wenn wir wissen, dass sich DIE LINKE sofort wieder in einen begeister

ten Hartz IV-Vollstrecker verwandeln wird, sobald Herr Ringstorff die CDU satt hat und DIE LINKE wieder in die Regierung holt. Das kann ja bald kommen, nachdem Herr Caffi er versagt hat bei seinem Auftrag, die Bundes-CDU für ein NPD-Verbot zu gewinnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich bin ja sprachlos.)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Kuhn.

Nein, Entschuldigung, Herr Rühs. Bitte schön, Herr Abgeordneter Rühs.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ist Herr Kuhn gar nicht da?)

Nein, der hat so einen Grund, nicht da zu sein.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist nun der inzwischen dritte Antrag zu diesem Thema. Besser geworden ist er gleichwohl nicht.

Meine Damen und Herren von der LINKEN! Sie steigern sich nicht, Sie erhöhen lediglich die Quantität. Quantität ist nicht gleich Qualität. Wie wir alle wissen, hat sich der Landtag auf Antrag der Koalition am 16. Januar dieses Jahres zu diesem Thema bereits umfassend positioniert und einen Beschluss gefasst.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Von der Qualität der Koalition konnten wir uns diesmal sehr überzeugen.)

Dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist eine umfassende Positionierung des Parlaments zu diesem Thema.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Für Kinder.)

Daher halten wir Ihren Antrag für überfl üssig sowie nicht zielführend und er wird folgerichtig abgelehnt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Rühs.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Müller. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Werter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

Ich denke, mein Hund wollte deswegen nicht, weil Frau Tegtmeier Frau Gesine Lück hier erwartete, und da fühlte Trixi sich einfach nicht angesprochen. Erstens haben wir keine Gesine

(Martina Tegtmeier, SPD: Hab ich auch nicht gesagt.)

und zweitens bin ich immer diejenige, die dazu spricht.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Gesine heißt Regine.)

Ich wusste es, Frau Dr. Linke wusste es und unser Mitarbeiter Jörg Böhm wusste es auch, dass wir es hier wieder damit zu tun haben werden bei diesem Antrag, dass einige sich hinstellen und sagen, wir verstehen es nicht. Wir haben mit viel Genugtuung und Wohlwollen bemerkt