Protocol of the Session on December 14, 2007

Das gelingt nur, wenn wir verstärkt aufklären, wenn wir Transparenz herstellen. Der Konsultationsprozess gibt dem Land die Möglichkeit dazu.

Meine Damen und Herren, wir haben nun gemeinsam Zeit, uns bis zum 15. April 2008 aktiv in den Konsultationsprozess einzubringen. Nachdem die Europäische Kommission und das EU-Parlament am 27. Mai nächsten Jahres die politische Konferenz zu dem Thema abhalten werden, wird die EU-Kommission spätestens Anfang 2009 den Bericht zur Überprüfung des EU-Haushaltes präsentieren. Hoffentlich werden dann auch konkrete Vorstellungen aus unserem Land eine Rolle spielen. Dieser Konsultationsprozess bietet unserem Land die Chance, unsere gesammelten Erfahrungen einzubringen und bewusst auf die Ausrichtung der europäischen Mittel in den kommenden Jahren einzuwirken. Und erst dann können wir überhaupt hoffen, zumindest etwas davon im Abschlussbericht der Europäischen Kommission wiederzufi nden. Nutzen wir also die einmalige Chance! Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster erhält das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren!

Liebe Frau Kollegin Borchardt! Als ich Ihren Antrag das erste Mal gelesen habe, habe ich mich gefragt, wofür dieser Antrag gut sein soll. Und, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, mir ist da nicht so sehr viel eingefallen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: So?)

Dennoch, nach etwas längeren Überlegungen bin ich dann zu dem Ergebnis gekommen, dass er uns zumindest hier heute die Chance gibt – und insofern ist er vielleicht doch nicht so schlecht –, noch einmal in aller Öffentlichkeit darüber zu sprechen, Frau Kollegin Borchardt hat das ja auch schon getan, dass nämlich die oft gescholtene Brüsseler Bürokratie versucht, transparenter zu werden.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Da kann ich Ihnen nur sagen – und ich glaube, da stimme ich mit Ihnen allen überein –, …

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Versuch macht klug, Versuch macht klug.)

Versuch macht klug, und ich denke, das ist auch gut so.

… die Europäische Union hat in der Tat unter anderem eine umfassende Konsultation zur Zukunft der EU-Finanzen eingeleitet. Eine Diskussion ohne Tabus ist angekündigt. Auch das, fi nde ich, hört sich sehr gut an. Schauen wir mal, was sich da entwickelt.

Alle interessierten Kreise – Frau Kollegin Borchardt hat darauf hingewiesen – auf lokaler, regionaler und europäischer Ebene sollen einbezogen werden und ich fi nde, auch das hört sich sehr gut an und bietet uns allen eine bemerkenswerte Chance, im nächsten Jahr diesen Prozess von Grund auf noch einmal neu zu überdenken und zu schauen, wie viel Geld die EU in den nächsten Jahren ausgeben muss und woher es kommen soll.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Begleitet werden soll dieser Prozess – auch darauf wurde schon hingewiesen – durch Studien, die die Kommission bereits in Auftrag gegeben hat, zum Beispiel zur gemeinsamen Agrarpolitik oder auch zur EU-Kohäsionspolitik. Es ist also ein ganz spannender Prozess, der da begonnen hat, und wie gesagt, es ist gut, dass wir heute die Gelegenheit haben, noch einmal darüber zu reden. Gestatten Sie mir dennoch...

(Irene Müller, DIE LINKE: Nicht nur zu reden, auch nachzudenken.)

Und darüber nachzudenken, sehr richtig, Frau Kollegin Müller.

Gestatten Sie mir darum noch einige kurze Anmerkungen zu dem Antrag.

Frau Kollegin Borchardt, Sie möchten, dass die Landesregierung aufgefordert wird, sich in diesen Diskussionsprozess einzubringen. Ich glaube, in der letzten Ausschusssitzung des Europa- und Rechtsausschusses haben wir beim Briefi ng der Staatskanzlei zu den europäischen Themen schon erfahren, dass die Landesregierung sich eigentlich bereits mitten im Prozess befi ndet, und insofern, glaube ich, müssen wir sie auch nicht mehr auffordern.

In der Ziffer 2 Ihres Antrages wollen Sie die Landesregierung auffordern, geeignete Maßnahmen einzuleiten, dass sich Interessengruppen in diesen Prozess einbringen. Ich glaube, bei allem Respekt, Frau Kollegin Borchardt, das ist und kann nicht die Aufgabe einer Landesregierung sein, und ich kann mir eigentlich auch gar nicht richtig praktisch vorstellen, wie das funktionieren soll.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: So?)

Denn schließlich kann sich jeder an diesem Prozess beteiligen, was heißt, dass also auch jeder Bürger die Möglichkeit hätte und hat, sich hier zu beteiligen. Und insofern ist auch der dritte Punkt Ihres Antrages, was die Unterrichtung betrifft, überfl üssig.

Dennoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, die Staatskanzlei hat signalisiert – und das auch übrigens im letzten Ausschuss –, dass sie im zu erstellenden Europabericht, den wir im nächsten Jahr hier im Landtag behandeln werden, uns informieren wird über einen abgestimmten Beitrag der Bundesländer aus der Ministerpräsidentenkonferenz, und insofern haben wir die Chance, uns zu informieren. Frau Kollegin Borchardt wird dann sicherlich auch die Möglichkeit haben, wenn wir diesen Bericht im Ausschuss behandeln, ihre Fragen noch einmal zu stellen.

Also, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, es bedarf dieses Antrages nicht. Ich kann Ihnen sagen, dass wir als SPD-Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Da bin ich aber enttäuscht jetzt. – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Danke, Herr Müller.

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Schnur von der FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Vorweg: Es ist ja eigentlich ein sehr spannendes Thema.

(Udo Pastörs, NPD: In Deutschland ist alles spannend.)

Schade, dass man für den Punkt nur drei Minuten hat. Nun gut.

Der Haushalt der Europäischen Union ist auch für Mecklenburg-Vorpommern von elementarer Bedeutung. Ohne Mittel aus Brüssel wären viele Planungen aus unserem Haushalt nicht mehr in die Tat umsetzbar. Allein für die laufende Förderperiode erhält Mecklenburg-Vorpommern einen wesentlichen Anteil von Geldern aus der EU.

(Udo Pastörs, NPD: Was wir vorher zehnfach eingezahlt haben.)

Auch anhand der aufgezeigten Abhängigkeit unseres Bundeslandes von den Zahlungen der EU ist es grundsätzlich geboten, sich aktiv in die Debatte zur Neugestaltung des Haushaltes mit einzubringen. So weit, so gut.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE versucht, ein Problem anzusprechen, wobei selbst für eine Oppositions partei nicht wirklich zu erkennen ist, wo hier eigentlich das Problem liegen kann. Wer glaubt denn ernsthaft, dass es nicht im Interesse auch einer Oppositionspartei – das müssen wir irgendwo auch für uns erkennen –,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

dass es nicht im Interesse der Landesregierung liegen sollte, massiv etwas für Mecklenburg-Vorpommern herauszuholen? Das glaubt doch wohl hoffentlich niemand. Unabhängig von Parteien …

(Udo Pastörs, NPD: Doch, wir glauben das.)

Ja gut, Sie.

Unabhängig von Parteien und Personen gehe ich davon aus, dass jeder diesen Prozess aktiv für unser Land unterstützt. Frau Borchardt, Sie haben es ja selbst zum Teil gesagt.

Es gibt somit für die FDP-Fraktion zu diesem Antrag im Wesentlichen nur eines zu sagen: Wir müssen nicht ständig Dinge beschließen, die selbstverständlich sind. Die Fraktion der LINKEN versucht hier im Übrigen eine Situation darzustellen, die suggeriert, dass es eigentlich anders wäre, als es im Antrag beschrieben worden ist. Denn der Absatz 2 der Begründung stellt dies im Wesentlichen dar. Er liest sich schön, aber er sendet das Signal, dass lediglich DIE LINKE eigentlich das Problem lösen kann. Spannend ist an Ihrem Antrag im Wesentlichen aber nur Punkt 2.

(Udo Pastörs, NPD: Alles ist spannend. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Dort wollen Sie nämlich, dass für die Interessengruppen geeignete Maßnahmen ergriffen werden sollen, damit sich diese wirksam in den Prozess einbringen können. Ist es nicht grundsätzlich Sache der Interessengruppen selbst, sich in den Sachverhalt einzubringen? Ist es nicht sogar ein elementarer Bestandteil der Arbeit einer Interessengruppe, sich in einen Sachverhalt einzubringen? Im Grunde genommen ist dies doch von einer Interessengruppe in jedem Fall zu erwarten. Aber was ist eigentlich noch viel, viel spannender? Was ist denn überhaupt eine Interessengruppe?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und diese Frage, die kann man eben nicht so leicht beantworten. Im Übrigen ist das auch von der EU angesprochen. Das haben Sie in Ihrer ganzen Rede übrigens, Frau Borchardt, ausgelassen. Das Problem von Interessengruppen besteht doch im Moment darin, dass diese selbst ihre Transparenz im Grunde nicht mehr darstellen. Es muss also auch bei vermeintlichen Interessengruppen die Frage gestellt werden, wen sie denn eigentlich vertreten. Der Abgeordnete Müller hat es gesagt, im Punkt 3 ist durch die Staatskanzlei angedeutet worden, dass man diesen erfüllen wird. Somit ist insgesamt festzustellen, dass es Ihres Antrages nicht bedarf, und deshalb wird die FDP-Fraktion Ihren Antrag ablehnen. – Danke.

Danke, Herr Schnur.

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Kuhn von der CDU.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag weist eigentlich noch einmal im Grunde darauf hin, dass das Europäische Parlament als Legislative gemeinsam mit dem Rat und der Kommission den EU-Haushalt, den die Kommission als Exekutive erstellt, einer gründlichen Überprüfung unterziehen soll. Die Kommission wird aufgefordert, und ich zitiere, „eine vollständige, weit reichende Überprüfung sämtlicher Aspekte der EU-Ausgaben, einschließlich der Gemeinsamen Agrarpolitik, und der Eigenmittel, einschließlich der Ausgleichszahlung“ – die immer wieder umstritten gewesen sind – „an das Vereinigte Königreich,“ – gerade mit den Sonderbedingungen, die damals Margaret Thatcher ausgehandelt hat – „vorzunehmen und darüber 2008/2009 Bericht zu erstatten“, damit auch die nationalen Parlamente, die Regionen, sprich föderative Institutionen, so wie das Land Mecklenburg-Vorpommern dort genau zu erfahren bekommen, wie denn hier Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit in der europäischen Dimension dargestellt werden.

Die Erklärung Nummer 3 zur Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission, aus der ich zitiert habe, weist noch einmal ganz klar darauf hin und eine alte Weisheit gilt nach wie vor: Wenn es ums Geld geht, dann hört die Freundschaft auf. Die politische Agenda der Europäischen Union wird derzeit von Grund auf aktualisiert und ich glaube, gerade der gestrige Tag, der 13. Dezember 2007, hat mit der Unterzeichnung des EUReformvertrages in Lissabon schon einen Meilenstein gesetzt, wie denn die Europäische Union sich weiter konstituieren wird.