Protocol of the Session on October 18, 2007

(Marc Reinhardt, CDU: Oh, das ist wenig.)

Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/941 bei Zustimmung der FDP-Fraktion und Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt worden.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/905 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Damit ist dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/905 bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU und FDP sowie Ablehnung der Fraktionen DIE LINKE und NPD zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Kinderarmut erfassen, analysieren und bekämpfen – Chancengleiche Entwicklung für alle Kinder, auf Drucksache 5/910. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/942 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Kinderarmut erfassen, analysieren und bekämpfen – Chancengleiche Entwicklung für alle Kinder – Drucksache 5/910 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/942 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Dr. Linke von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete!

Zunächst eine Vorbemerkung: Meine Fraktion hat den vorliegenden Antrag eingebracht, der ausdrücklich alle Familien und alle Kinder, die hier im Lande leben, einschließt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Am Dienstag wurde in unserem Land der 10. Jahrestag des Kinderschutzbundes Landesverband Mecklenburg-Vorpommern festlich begangen. Ein Grund zur Freude, könnten wir sagen, wenn der Kinderschutzbund seine Existenzberechtigung nicht aus den traurigen Gegebenheiten der gesellschaftlichen Realität herleiten würde. Suppenküche, Kleiderkammer, Kinderhilfsdienste, Nottelefone erleben ein Rollback, wie wir Älteren es noch aus den Nachkriegsjahren kennen und wir es alle gemeinsam vor 20, 30 Jahren nie und nimmer für möglich gehalten hätten. Es ist aber möglich. Genau viereinhalb Jahre ist es her, dass ein Bundeskanzler sein sozialpolitisches Konzept, die Agenda 2010, verkündete. Diese Agenda lastet seitdem auf dem deutschen Sozialstaat und seinen Bürgerinnen und Bürgern „wie eine Grabplatte“. Die bekannten Gegner des Sozialstaates stehen am Grab voller „Genugtuung..., spritzen Weihwasser und murmeln heuchlerische Lobesworte, die so klingen wie der alte Satz, wonach es süß sei, für das Vaterland zu sterben“. So nachgelesen in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 07.10.2007.

Die Agenda 2010 brachte dieser Republik inzwischen zwei Gesundheitsreformen in den Jahren 2003 und 2007 mit umfangreichen Privatisierungen medizinischer Leistungen, brachte Rentenreformen mit drastischen Einnahmekürzungen durch Nullrunden und eine Erhöhung des Renteneinstiegsalters auf 67 Jahre, brachte der Wirtschaft Steuervergünstigungen von circa 12 Milliarden Euro pro Jahr, brachte eine Reform des Sozialhilferechts, bei der jeder, der länger als ein Jahr oder in Ausnahmefällen länger als 1,5 Jahre arbeitslos ist, in der Sozialhilfe landet, die seit dem 01.01.2005 allerdings ALG II oder Hartz IV heißt. Der Rutsch in die Armut über Hartz IV ist kurz, steil und in den meisten Fällen eine Einbahnstraße, aus der es für die wenigsten ein Zurück gibt.

Diese Situation wird nicht dadurch gebessert, dass Deutschland und auch Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr ein gewisses Wirtschaftswachstum aufweisen und sich die Zahl der sozialversicherungspfl ichtigen Arbeitsverhältnisse in minimaler Größenordnung erhöht hat. Nein, der größte Teil der Sozialhilfeempfänger und Geringverdiener bleibt von dieser Entwicklung ausgeschlossen und wird auf ein Abstellgleis geschoben. Das betrifft die Erwachsenen, das betrifft vor allem ihre Kinder. 35 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern leben gegenwärtig in Familien, deren Eltern Hartz-IV-Leistungsempfänger sind.

Wenn wir über die Entwicklung seit Einführung von Hartz IV sprechen, dann geht es auch um den Druck, den diese Gesetze und damit die große Zahl arbeitsloser Sozialhilfeempfänger auf die Gestaltung der Tarifvereinbarungen ausübt. 20 Prozent der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland verdienen heute weniger als 1.630 Euro brutto monatlich. Im Osten der Bundesrepublik sind gegenwärtig 60 Prozent der Beschäftigten zu Löhnen beschäftigt, die 75 Prozent unter dem Durchschnittseinkommen liegen. Diese Tatsachen, Hartz IV und geringe Einkommen, prägen die Lebenswirklichkeit unserer Kinder im Land. Deutschlandweit leben 2,7 Millionen Kinder durch Hartz IV in Armut. Weitere 2,5 Millionen Kinder leben an der Grenze zur Armut. In Mecklenburg-Vorpommern leben 59.500 Kinder in Sozialhilfefamilien.

Verehrte Abgeordnete, arme Kinder haben Eltern, die ihre Kinder gern haben, die wollen, dass sich ihre Kinder gut entwickeln, und die ihr Möglichstes dafür tun. Aber Kinder armer Eltern, dass zeigt sich gerade auch in unserem dünn besiedelten Flächenland, haben eingeschränkte Möglichkeiten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und damit auch zur Selbstverwirklichung, weil die Gesetze der Bundesrepublik sie benachteiligen. Diese Familien sind nicht sozial schwach, nein, sie sind durch Hartz IV, durch Langzeitarbeitslosigkeit und durch geringe Einkommen sozial benachteiligt.

Es ist begrüßenswert, wenn die Landesregierung und vor allem der Sozialminister in wohlgesetzten Reden die Perspektiven Mecklenburg-Vorpommerns als kinder- und familienfreundlichstes Land preisen und sich dabei auf jene Kinder konzentrieren, die in ihrem Elternhaus innerfamiliärer Gewalt ausgesetzt sind. Das ist richtig, denn das sind 2.500 Einzelschicksale im Land, also 1 Prozent unserer Kinder, denen geholfen werden muss. Hier muss der Staat eingreifen, um Eltern anzuleiten, sie zu unterstützen und gegebenenfalls auch Kinder vor ihren Eltern zu schützen. Ich begrüße all diese Maßnahmen, frage Sie aber: Was ist mit den 35 bis 50 Prozent der Kinder unseres Landes, die in Hartz-IV-Familien leben beziehungsweise in Elternhäusern mit Minimaleinkommen aufwachsen und denen durch die Gesetze, also durch staatliches Handeln, Gewalt angetan wird, weil ihr Kindergeld auf die Regelsätze angerechnet wird, weil die Höhe der Regelsätze den Kauf von Schulmaterialien, Büchern, Sportgeräten und PCs unmöglich macht, sie aber andererseits Geldgeschenke, die hier entlastend wirken könnten, soweit sie über 50 Euro im Jahr liegen, für den Unterhalt ihrer Eltern abführen müssen, weil sie bei der Einschulung, bei Wandertagen und vielem anderen mehr mit ihren Alterskameraden nicht mithalten können.

Was ist die praktische Konsequenz hieraus? Die Eltern dieser Kinder sind nicht in der Lage, ihren Kindern den Platz in einer Kindertageseinrichtung mit Vollverpfl egung zu fi nanzieren. Bei einer Teilnahme von etwa 98 Prozent aller drei- bis sechsjährigen Kinder am Kindergar

ten besuchen hochgerechnet lediglich 51,9 Prozent der Kinder einen Ganztagsplatz. Wir sind einerseits sehr froh, dass die gesetzlichen Regelungen des Landes aus dem Jahr 2004 eine Übernahme von Elternbeiträgen und anteiligen Verpfl egungskosten vorsehen. Andererseits zeigt sich aber, dass die Landkreise und kreisfreien Städte aus fi nanziellen Gründen nur in den seltensten Fällen eine Ganztagsbetreuung absichern können. Die Eltern bleiben auf den anteiligen Verpfl egungskosten sitzen. Viele verzichten sogar aus fi nanziellen Gründen auf den Teilzeitplatz und entscheiden sich nur für einen Halbtagsplatz, um das Kind nicht am Essen teilnehmen zu lassen.

Ich könnte diese Beispiele fortsetzen: Wer fi nanziert den Sportverein, den Musikschul-, Bibliotheks-, Theater- und Kinobesuch für Kinder, deren Eltern Hartz-IV-Leistungsempfänger oder Geringverdiener sind? Wer fi nanziert die Bus- oder Bahnfahrt, um Kindern zu ermöglichen, geistig-kulturellen oder sportlichen Aktivitäten regelmäßig nachzugehen? Wir haben vor genau drei Jahren im Land fl ächendeckend den Rahmenplan für die zielgerichtete Vorbereitung von Kindern in Kindertageseinrichtungen auf die Schule eingeführt, um diese geistig-kulturelle, musisch-ästhetische und sportliche Bildung aller Kinder im Kindergarten verbindlich einzuführen. Jedes Kind sollte von klein an – so war der Grundgedanke – und unabhängig von der berufl ichen Situation seiner Eltern gleich gute Startbedingungen erhalten. Damit wurde der eigenständige Bildungsauftrag der Kinder- und Jugendhilfe im Kindergarten herausgehoben und deutlich im Interesse der Kinder gestärkt. Das Land hat dafür jährlich zusätzlich, und ich betone das, weil in einer fi nanziell außerordentlich schwierigen Phase, 7 Millionen Euro bereitgestellt. Es wurde ein umfangreiches Fortbildungsprogramm für die Erzieherinnen eingeleitet, das in dieser Form einmalig ist für die Bundesrepublik.

Damals, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, war Hartz IV noch nicht eingeführt. Die Ergebnisse dieses Projektes vorschulische Bildung haben überall im Land große Akzeptanz gefunden. Schließlich haben wir eine hervorragende Infrastruktur, gute Einrichtungen, gebildete und engagierte Erzieherinnen und Erzieher und eben auch einen wachsenden Bedarf.

Was machen in dieser Situation die Koalitionäre? Bei der Regierungsbildung trennen sie erst einmal die Inhalte der Kinder- und Jugendhilfe von deren Strukturen. Die Inhalte der vorschulischen Bildung im Kindergarten werden seit einem Jahr vom Bildungsminister und die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe werden vom Sozialminister verwaltet. Seitdem taucht das Projekt „Vorschulische Bildung“ nirgendwo mehr in den Verlautbarungen der Landesregierung auf.

(Zuruf von Minister Henry Tesch)

Auf eine entsprechende Kleine Anfrage erfahren wir, dass „der Ausbau der frühkindlichen Bildung und Erziehung als Bestandteil des lebenslangen Lernens“ vorgesehen ist. Ich denke, das ist vernünftig. Weiter heißt es dann aber in Klammern: „(Einführung eines entsprechenden Rahmen- plans zum Schuljahresbeginn 2008/2009 – Erprobung)“. Mit dem Doppelhaushaltsentwurf erfährt die Öffentlichkeit weiterhin, dass die gesetzlich festgeschriebenen 7 Millionen Euro für die vorschulische Bildung auf 6 beziehungsweise 5 Millionen Euro gekürzt werden sollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir als Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE begrüßen,

dass im Doppelhaushalt für den Kita-Bereich die Mittel erhöht werden. Ich darf daran erinnern, dass damit einer Forderung meiner Partei aus den Haushaltsverhandlungen vergangener Jahre entsprochen wird.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Das darf aber nicht zulasten der vorschulischen Bildung gehen. Ein solches Vorgehen der Landesregierung negiert die Erfahrungen im Land bei der Umsetzung des Kindertagesförderungsgesetzes und der vorschulischen Bildung, ebenso wie die Erfordernisse, die sich aus der Realität von Hartz IV seit 2005 ergeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, Kinder im Land brauchen eine Zukunft, unabhängig von der sozialen Situation ihrer Eltern. Ich stimme vollkommen mit dem Präsidenten des Kinderschutzbundes Deutschland Herrn Professor Hilgers überein, wenn er fordert, es bedarf „mehr Ganztagskindergartenplätze, mehr Plätze für unter Dreijährige und mehr Ganztagsschulen – aber nicht nur aus Gründen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade das Kind, das bei zwei arbeitslosen Eltern lebt …, braucht einen Platz in der Ganztagskrippe oder Ganztagesschule. Das ist notwendig, damit es am Nachmittag auch in einem anregungsreichen Umfeld weiterkommt und sich entwickeln kann.“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

„Dazu gehört auch, dass die Sportvereine und Musikschulen in diese Ganztagsbetreuung hineingehen. Denn das sind die Dinge, von denen arme Kinder ausgeschlossen sind. Ihre Eltern können sich das nicht leisten. Genau deshalb haben arme Kinder in dem ganzen Bildungsprozess keine Chance. Sie haben keine gleichberechtigte Teilnahme am sportlichen und kulturellen Leben und es wird in den Schulen benachteiligt, weil sie manchmal sogar ohne Frühstück zum Unterricht kommen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hartz IV hat die Kinderarmut dramatisch erhöht.

Frau Linke, ich weise Sie darauf hin, dass Ihre Redezeit gleich beendet ist.

Diese Situation zu erkennen und durch konkrete Maßnahmen zu verändern, dazu sind wir aufgerufen. Dazu trägt der Antrag bei, den wir Ihnen hier vorgelegt haben. Nahtlos fügt sich auch der Antrag der FDP-Fraktion hier ein. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Dr. Linke.

Um das Wort gebeten hat der Sozialminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Sellering. Herr Sellering, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Landtagssitzung am 20. September habe ich ausführlich dargelegt, dass es ein besonderes, ein sehr wichtiges Anliegen der Landesregierung, der Koalition, ist, alles unternehmen zu wollen, dass es keine Kinder hier im Land gibt, die wegen der fi nanziellen Situation in ihrer Familie und wegen der sonstigen Probleme in ihrer Familie Verlierer von Anfang an sind. Das müssen wir verhindern! Es ist ein wichtiger Teil unseres Vorhabens, das wir während der ganzen Legislaturperiode sehr engagiert verfolgen wollen, um dieses Land insgesamt

familienfreundlicher zu machen, also zum Kinderland MV zu machen. Ich freue mich sehr, dass bei der Diskussion im September deutlich geworden ist, dass dieses Ziel in diesem Hohen Hause breite Zustimmung und viel Unterstützung fi ndet.

Darum geht es heute aber nicht bei dem Antrag, den Sie gestellt haben. Es geht allein um den Vorschlag, die Landesregierung aufzufordern, bis zum 29. Februar 2008 eine Analyse vorzulegen. Diesen Vorschlag haben Sie übrigens mit keinem Wort begründet, wenn ich richtig zugehört habe, Frau Dr. Linke.

(Zuruf von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, Sie wissen, dass die Landesregierung, diese Koalition, in dieser Legislatur als Grundlage für Planungen mit dem Ziel der sozialen Nachhaltigkeit einen Bericht zur sozialen Lage in Mecklenburg-Vorpommern vorlegen wird. Dieser Bericht muss und wird mehr sein als der bisher übliche Armuts- und Reichtumsbericht, der letztlich nur eine Ansammlung von Daten ist. Wir brauchen eine genaue und tief gehende Analyse, um daraus gezielte Handlungen ableiten zu können, und zwar durchaus zum Beispiel regional sehr differenziert und genau. Wir sind der Auffassung, dass sich gerade im Bereich der Kinder und Jugendlichen Probleme in bestimmten Sozialräumen besonders häufen, sodass wir dort gezielt stärker und tiefer eingreifen müssen. Deshalb brauchen wir diesen Bericht zur sozialen Lage. Die Mittel sind im Haushalt vorgesehen, 75.000 Euro in 2008 und in 2009. Die Beauftragung wird Anfang des Jahres erfolgen. Daraus wird klar, das können Sie dem Haushaltsplan entnehmen, dass dieser sehr tief gehende und weitgehende Bericht, den wir brauchen, nicht zu dem Zeitpunkt vorliegen kann, an dem Sie das gerne möchten. Deshalb, liebe Kollegen von der LINKEN, rege ich an, gemeinsam mit uns den Bericht abzuwarten und Ihren Antrag zurückzunehmen.

Ich habe aber noch eine weitere Anregung im Zusammenhang mit dieser wichtigen Diskussion. Ich möchte Sie bitten, dass wir die Diskussion, bei der es um das Wohl der Kinder hier im Lande geht, bei der es darum geht, was wir tun können, damit es Kindern besser geht, seriös führen und nicht mit solchen Formulierungen belasten, wie ich sie eben gehört habe, dass das, was wir im Moment als Staat für Kinder tun, Kindern Gewalt antut. Ich denke, das ist eine sehr fahrlässige Vermischung des Gewaltbegriffs, hier sollten wir ein bisschen seriöser miteinander umgehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Irene Müller, DIE LINKE: Psychische Gewalt ist Hartz IV. – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zwar könnte ich jetzt auch sagen – der Minister hat es gerade ausgeführt –, dass das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, ja bereits auf gutem Weg ist, sogar haushaltsrechtlich schon abgesichert ist, aber darauf möchte ich mich nicht zurückziehen. Ich werde jetzt auch nicht anfangen, die Inhalte Ihres Antrages oder die Ausführungen zu zerpfl ücken und hier nachzufragen, was denn mit unseren Großstädten gemeint ist oder solchen Kleinigkeiten. Das liegt mir

in diesem ernsten Zusammenhang vollkommen fern. Wir haben es hier mittlerweile mit einem sehr komplexen Problem und einer sozialen Schiefl age zu tun, die dringender Abhilfe bedarf.

Frau Dr. Linke, Sie haben bereits, dokumentiert mit Drucksache 5/791, eine Kleine Anfrage an den Minister gestellt, die umfangreiches Material und Aussagen zur Lage unserer Familien, aber auch zu den Zielvorstellungen des Ministeriums, wie Abhilfe geschaffen werden soll, beinhaltete. Und wenn man die Antwort auf die Kleine Anfrage und die in der Begründung Ihres Antrages erwähnten bereits vorliegenden Studien, Berichte, internationalen Vergleiche und so weiter auf dem Tisch hat, dann ist ja allen klar, dass der Handlungsdruck schon eine ganze Weile besteht und schon gehandelt wird. Minister Sellering hat Ihnen als Antwort auf die Kleine Anfrage bereits die Zielvorstellungen, die die Landesregierung zum Abbau von Kinderarmut in diesem Land verfolgt und welche Maßnahmen sie dafür bereits jetzt vor der Erstellung dieser umfangreichen Analyse, die Herr Sellering eben benannt hat, ergreifen wird, dargestellt. Weitere Anhaltspunkte fi nden Sie – Frau Dr. Linke führte es ja auch schon aus – in den Haushaltsplänen.

Darüber hinaus gehende Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir hier im Landtag diskutieren und auf den Weg bringen. Ich denke, niemand wird bestreiten, dass ein auskömmliches Einkommen der beste Schutz vor Armut ist. Solange es zu wenig und zu schlecht bezahlte gewerbliche Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern gibt, steht die Gefahr der Verarmung eines viel zu großen Teils der hier lebenden Menschen im Raum.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Vorrangiges Ziel muss es daher sein, mehr Menschen in Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, die dazu noch so bezahlt werden, dass diese Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können – ein, wie Sie alle wissen, mühsamer Prozess. Der Wirtschaftsminister steht hier ganz besonders in der Verantwortung.

Einkommensarmut allein, sehr geehrte Damen und Herren, führt jedoch nicht zwangsläufi g zu eingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten des armen Kindes, allein wohlgemerkt. Faktoren, die die potenziell ungünstigen Wirkungen prekärer Lebensverhältnisse besonders in den ersten Lebensjahren abfedern, sind beispielsweise ein gutes Familienklima, ein fördernder Erziehungsstil der Eltern, eine positive Eltern-Kind-Beziehung, ein förderndes Umfeld sowie das Vorhandensein möglichst stabiler familiärer und sozialer Netzwerke. Ein frühzeitiger und dauerhafter Kindergartenbesuch ist für eine spätere schulische Entwicklung ebenfalls unbedingt förderlich.