Protocol of the Session on October 18, 2007

Darüber hinaus soll die Transparenz im Bereich der kommerziellen Aktivitäten, wie beispielsweise der Werbung, erhöht werden. Die Prüfungsrechte von Rechnungshöfen und anderen Kontrollorganen müssen erweitert werden. Angesichts des engen Zeithorizontes ist die Arbeitsebene zu diesem Zweck bereits mit Beratungen und Entwürfen für den Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag befasst. Ziel ist es, die Staatsvertragsverhandlungen bis zur Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten im Herbst 2008 abzuschließen, damit ein Inkrafttreten zum 1. Mai 2009 möglich ist. Mecklenburg-Vorpommern wird sich in diesem schwierigen Prozess dafür einsetzen, dass einerseits die Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht geschwächt wird, dieser aber gleichzeitig die Vorgaben des Beihilfekompromisses als Chance begreift, seinen Wert und seine Aufgabe in der Gesellschaft den Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass ich Sie hiermit im Sinne des Antrages über den aktuellen Sachstand, die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. September 2007 sowie die anstehenden Aufgaben und grundlegenden Positionen der Landesregierung zur Weiterentwicklung des Rundfunks in Deutschland informieren konnte. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Polzin von der Fraktion der SPD.

Ja, mein überraschtes Gesicht ist wahrscheinlich jetzt keinem verborgen geblieben. Ich gehe davon aus, dass sich nach dem umfassenden Bericht des stellvertretenden Ministerpräsidenten für den Ministerpräsidenten der Antrag erledigt hat.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Es kann heute ja mal jemand anfangen, bei einem Thema, zu dem alles gesagt ist, nichts mehr zu sagen. Ich fange damit an. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag selbst ist überfl üssig.

Die Berichterstattung über das Urteil hat jeder gelesen. Das Urteil ist öffentlich gemacht worden. Was die Konsequenzen sein werden, das kann sich jeder selber ausrechnen. Die Landesregierung hätte auch ohne diesen Antrag verkündet, was sie für rundfunkpolitische Vorstellungen hat, die uns – nebenbei – nicht besonders interessieren. Unsere Haltung ist, dass diese Interessengruppen und der Parteibuchfunk, der sich öffentlich-rechtlich nennt, endlich weg müssen, denn weder ist er für die Öffentlichkeit von geringstem Nutzen noch hat er allzu oft recht. Vor allem ist er viel zu teuer. Über 7 Milliarden Euro kassieren die Sender an Rundfunkgebühren jährlich, ohne ein Programm zustande zu bringen, das besser wäre als das der Privatsender. Es geht eher noch in Richtung nach unten. Das meiste geht für Personalkosten drauf, ein aufgeblasener Verwaltungsapparat, um ein Vielfaches größer als bei allen Privaten zusammen, den keiner braucht, außer denen, die dort ihre gemütlichen Versorgungsposten gefunden haben.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Herangeschafft wird das Geld von einer Organisation, die eigentlich ideal für ehemalige Stasimitarbeiter gewesen wäre, soweit sie nicht im Staatsdienst gelandet sind, etwa bei der Birthler-Behörde, wo ja einige untergekommen sind. Die GEZ überzieht das Land mit einem Netz der Spitzelei. Die Methoden der Außendienstmitarbeiter werden immer dubioser und führen immer häufi ger zu Strafverfahren, etwa wegen Nötigung. Die Sender profi tieren von diesen zweifelhaften Machenschaften, aber waschen gleichzeitig ihre Hände in Unschuld, indem sie auf eigene Rechnung auf Provisionsbasis arbeitende Leute verwenden, von denen sie sich jederzeit distanzieren können nach dem Motto: Wir kassieren, aber wir wissen von nichts.

Abstoßend ist auch die Intoleranz, die innerhalb der sogenannten Öffentlich-Rechtlichen immer mehr um sich greift, wie sich am Fall Eva Herman zeigte. Die Frau war ja noch nicht einmal eine erklärte Gegnerin des herrschenden Parteiensystems wie wir. Jahrzehntelang diente sie brav dem Mediensystem und dann leistete sie sich einmal eine Formulierung, die ein wenig neben dem vorgeschriebenen Glaubenskodex lag und die sie noch nicht einmal so gemeint hatte, und die Strafe ist sofortige Existenzvernichtung. Man kam sich vor wie in George Orwells „1984“,

(Udo Pastörs, NPD: Oder in der DDR.)

wo in Ungnade gefallene Parteimitglieder einfach aus der Geschichte gestrichen wurden, als die Talkshow „Herman & Tietjen“ auf einmal nur noch „Tietjen“ hieß. Wo war Herman geblieben? Nach langen Jahren als Nachrichtensprecherin mit umfassenden Kenntnissen über das Innere des Apparates hat sie nun erkannt, dass die veröffentlichte Meinung doch etwas ganz anderes ist als die wahre öffentliche Meinung.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Dann dieses Tribunal bei Kerner. Hinsetzen, alle gegen einen und raus! Rechte der Angeklagten keine. Für manche mag das Zivilcourage sein. Für manche ist es auch Zivilcourage, für Gewalttäter zu sammeln. Für uns ist das Inquisition.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ui! – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das wundert uns nicht.)

Uns ist Herr Kerner keinen Pfennig Gebühren wert. Die Öffentlich-Rechtlichen sollen sich genauso am Markt behaupten wie ihre Konkurrenten – ohne Gebühren. Privilegien haben sie nicht verdient. Wenn sie das nicht schaffen, dann gehen sie eben pleite. Keiner wird sie vermissen. Die sollen ruhig mal die freie Marktwirtschaft in ihrer ganzen Schärfe kennenlernen. Allerdings, Gerechtigkeit muss sein. Alles war auch nicht schlecht im öffentlichrechtlichen Rundfunk. Die NDR-Sendung am Montag,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die war klasse, ja.)

die hat uns recht gut gefallen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Der reinste Werbefi lm. Danke, NDR, weiter so!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Zahlen Sie doch zu Recht Gebühren.)

Danke, Herr Andrejewski.

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der CDU Herr Dr. Jäger.

(Volker Schlotmann, SPD: Die haben doch zurückgezogen.)

Herr Präsident, ich wollte eigentlich zurückziehen und ich hatte mich darauf verlassen, dass der Antragsteller – ich kann das nicht tun – den Antrag für erledigt erklärt, denn wir haben einen umfassenden Bericht gehört.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Dann muss er erst mal drankommen.)

Ich schließe mich dem an, was die Kollegin Polzin gesagt hat. Ich glaube, es sind der Worte genug gewechselt, und das, was Herr Bluhm einführend gesagt hat, werden wir hier beherzigen. Den Bericht haben wir gehört. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Dr. Jäger.

Es hat jetzt noch einmal das Wort der Abgeordnete und Vizepräsident des Landtages Herr Bluhm von der Fraktion DIE LINKE.

(Harry Glawe, CDU: Da muss wieder einer gedreht haben von den Schriftführern. – Dr. Armin Jäger, CDU: Ich war es nicht. – Harry Glawe, CDU: Dann haben die Schriftführer das wieder umgedreht.)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Andrejewski, eine Vorbemerkung zu Ihnen: Öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland gibt es auf der Grundlage des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es.)

mit einer sehr umfänglichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Und da ist es eine sehr irrige Annahme, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zumachen zu wollen, wie Sie hier formuliert haben.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Meine Damen und Herren, aktuelle Überschriften der großen Tageszeitungen: „Das Urteil ist kein Freibrief“, „Großbaustelle Rundfunkpolitik“, „Krieg der Leuchttürme“, „Aus vier macht zwei“, „Mehrheit für Werbefreiheit bei ARD und ZDF“ und so weiter. Neben den Fragen der Weiterentwicklung der Rundfunkgebührenmodelle, wozu mit dem Urteil unisono von allen Beteiligten – sowohl von den Ländern als auch von den Anstalten – die Rechtssicherheit gegeben sei, macht die Umsetzung des Richterspruches eine Menge an Anstrengungen jetzt erst erforderlich, um weitergehende Fragen zu entscheiden, denn die Frage der Reform der Rundfunkgebühr hat zwei Hauptfragen:

Erstens. Wie soll sie künftig erhoben werden?

Zweitens. Wie wird sie künftig überhaupt festgelegt?

Die Frage nach dem Wie des Erhebens der Rundfunkgebühr ist auch nicht losgelöst von Brüssel zu entscheiden – Herr Seidel hat darauf hingewiesen –, auch nicht vor dem Hintergrund technischer Entwicklungen. Denn kehrt man der Gerätebezogenheit der Gebühr den Rücken – Radio, Fernseher und Computer, wobei auch noch nicht so ganz klar ist, was mit Handy-TV ist, werden nun alle Handys gebührenpfl ichtig, das sind Fragen, die beantwortet werden müssen –,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

dann braucht man zum Beispiel die Einführung einer Art Rundfunksteuer, die unabhängig von den im Haushalt vorhandenen Geräten erhoben würde. Dies allerdings wäre eine Beihilfe, die von Brüssel genehmigt werden müsste. Auch die offensichtlich von den Verfassungsrichtern etwas favorisierte sogenannte Indexierung ist bei den Ländern und Experten nicht unumstritten. Dieses Verfahren bedeutet genauso quasi einen automatischen Gebührenanstieg, aber auch hier gibt es rechtliche Bedenken, denn die EU-Kommission könnte hier eine unzulässige Überkompensation sehen.

Der zweite große Themenblock, der sich aus dem Urteil ergibt, ist das Angebot der ARD, des ZDF und DeutschlandRadios. Mit der Ausdehnung der Verbreitungswege und umfänglich werdender Onlineangebote machen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht nur den privaten, sondern auch den Internetausgaben von Zeitungen und Magazinen Konkurrenz. Wohl aber dürfen die Länder, das gesteht auch das Verfassungsgericht zumindest grundsätzlich zu, den Aufgabenbereich für die Anstalten abgrenzen. Und hier toben öffentlich heftige Debatten mit starken Worten, wie zum Beispiel vom Verband der privaten Rundfunk- und Telekommunikationsunternehmen und der Verleger. Die FAZ vom 17.10.2007, Christoph Fiedler: „Wenn ARD und ZDF ihre elektronische Presse mit Text, Bild und Abrufvideos zur dritten Säule ausbauen dürfen, gibt es bald kein einziges Mediensegment mehr, das von öffentlich-rechtlicher Wettbewerbsverzerrung frei ist.“

Und nicht zuletzt auch auf Druck der Brüsseler Wettbewerbskommission gab es hier klare Zusagen der Bundesrepublik, die zur Einstellung des Verfahrens vor der EU geführt haben. Zusätzliche Angebote der Rundfunkanstalten sind ab Frühjahr 2009 einer Bedarfsprüfung zu unterziehen, dem sogenannten Public-Value-Test. Dieser soll sich aber nicht auf die traditionellen Radio- und Fernsehprogramme, sondern nur auf die digitalen Medien, also etwa digitale Sportkanäle, Handyfernsehen oder Onlineangebote beschränken. Ein Schelm, der Böses dabei denkt, wenn ZDF und ARD ihre Mediatheken sogar

schon 2007 auf den Weg gebracht haben beziehungsweise gerade bringen. Hier greift die Selbstverpfl ichtung der Anstalten wohl nur zum Teil, den Public-Value-Test schon als Probelauf zu vollziehen. Die Politik muss also klären, was unter dem verfassungsrechtlichen Begriff „Funktionsauftrag“ und was unter dem ausgestaltenden, mit Brüssel vereinbarten Begriff „Public Value“ zu verstehen ist. Diese Defi nition kann und darf Politik nicht, auch Landespolitik nicht, einem rhetorischen Wettbewerb der Anstalten oder ihrer Selbstdefi nition überlassen.

Ebenso ist zu entscheiden, ob von dem Urteil die ermöglichte Programmzahlbegrenzung erfolgen soll und ob das nur für die klassischen Übertragungswege UKW und DAB gelten soll oder auch für Programmangebote, die linear im Internet ausgebracht werden. Die Medienpolitik muss dann auch in Folge entscheiden, ob das Bestreben der ARD, ihrer Digitalstrategie zu folgen, den Status quo in der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem nationalen Hörfunk und den Landesrundfunkanstalten verändert. Die Landesrundfunkanstalten der ARD bereiten einen nationalen Wissenskanal, einen nationalen Kinderkanal, einen nationalen Integrationskanal und einen nationalen Informationskanal vor. Das ist eine Absage an das bestehende Gleichgewicht zwischen ZDF, DeutschlandRadio und ARD.