Wir haben in einer Stunde den Antrag der Volksinitiative für Freiheit der Forschung und Lehre an der Uni Rostock auf der heutigen Tagesordnung. Da werden die Bürge
(Beifall Hans Kreher, FDP, und Sigrun Reese, FDP – Hans Kreher, FDP: Ganz genau. – Zurufe von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS, und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)
Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt aber auch etliche Passagen im Entwurf, welche die reibungslose Arbeit der parlamentarischen Demokratie beeinträchtigen beziehungsweise aushebeln würden. Liebe Kollegen der Linkspartei.PDS, ich denke zum Beispiel daran, dass die Vertreter einer Volksinitiative, die ihr Anliegen zum heutigen Zeitpunkt in einem Ausschuss erörtern dürfen, nach Ihren Vorstellungen zukünftig in allen befassten Ausschüssen und sogar im Plenum des Landtages sprechen sollen.
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das wäre aber demokratisch. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)
Wir freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss, allerdings nicht, weil wir jeden Punkt der Linkspartei.PDS 1:1 tragen werden, sondern weil der Gesetzentwurf die Notwendigkeit gebietet, dass wir uns konkret, intensiv und kritisch mit der aktuellen Gesetzeslage beschäftigen, eine sachgerechte Evaluierung im Ausschuss durchführen und nötige Änderungen vornehmen. Die Frage der Quoren und der Wirkung habe ich bereits angesprochen. Darüber lassen wir gern mit uns reden.
Auch die von Ihnen angestrebte Kostenersetzung erscheint uns zu hoch und nicht zielführend. Pauschale Kostenerstattungen nach der Anzahl der Eintragungen – Sie sprechen von 10 bis 30 Cent pro Eintragung bei einem Volksbegehren – könnten auch zu Begehren der Kosten wegen führen. Wir müssen daher ganz genau über jeden einzelnen Punkt sprechen. Wir stehen dem offen gegenüber und stimmen Ihrem Überweisungsantrag zu.
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Hans Kreher, FDP, und Sigrun Reese, FDP – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr gut. Danke schön.)
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Dr. Henning von Storch. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion ist gegen die Überweisung, wir lehnen die Überweisung ab. Wir sind mit dem Innenminister der Meinung, dass es an dem bestehenden Gesetz aus dem Jahr 1994 noch einiges zu verändern gibt. Das, was uns hier aber vorgelegt wird, bedeutet eine extreme Ausweitung des Plebiszits und das wollen wir nicht, meine Damen und Herren.
(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Auweia! – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)
Wir haben auch allen Grund und der Minister hat es angedeutet, wir haben geschichtlich schlechte Erfahrungen mit einer derartigen Ausweitung. Wir wollen keine Weimarer Verhältnisse. Und ich meine, dass die Väter unseres Grundgesetzes
sich schon etwas dabei gedacht haben, dass sie eine wehrhafte und repräsentative Demokratie im Grundgesetz geschaffen haben
und das auch Auswirkungen auf die Länder hat. Und das ist richtig so. Wir haben ein Volksabstimmungsgesetz, in der Sache reicht das, mehr brauchen wir nicht. Und ich muss Ihnen eins sagen: Gerade weil wir so schlechte Erfahrungen in Weimar gehabt haben, die maßgeblich zur Destabilisierung der Demokratie geführt haben, haben wir gar keinen Grund,
Wir sind der Meinung, dass Volksbegehren gegenüber der repräsentativen Demokratie im Nachrang stehen.
und dass wir auch noch hinnehmen müssen, dass über ein Volksbegehren der Landtag aufgelöst werden soll, das ist überhaupt nicht zu akzeptieren.
Deshalb sind wir der Auffassung, dieses Gesetz, die Überweisung bedürfen ausschließlich der Ablehnung.
(Beifall Werner Kuhn, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Wir arbeiten doch gut.)
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Herr Abgeordneter, bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man direkte Demokratie lieber vermeiden möchte, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder lässt man sie gar nicht erst zu, und fragen die Bürger
dann, warum sie bei der Einführung des Euros oder der EU-Osterweiterung nicht mitreden durften, dann erhalten sie zur Antwort, das ist in unserem Grundgesetz nicht vorgesehen, und dabei wird drohend geguckt, damit man sich gleich als Verfassungsfeind fühlen soll. Aber wenn es den etablierten Parteien in den Kram passt, dann kann das heilige Grundgesetz natürlich geändert werden,
und zwar in Windeseile. Raffi niert ist es, Volksbegehren und Volksentscheide zwar gesetzlich zu ermöglichen, aber in der Praxis so schwierig und so kompliziert zu gestalten, dass es kaum jemandem gelingen kann, eines auch durchzusetzen.
Insofern stellt dieser Gesetzentwurf einen Schritt in die richtige Richtung dar, weil er tatsächlich einige Verbesserungen mit sich bringen würde. Beispielsweise wäre es sehr zu begrüßen, wenn der Landtag durch Volksentscheid aufgelöst werden könnte. Eine solche Möglichkeit würde manchem Wahlkämpfer zu denken geben, der meint, vor der Wahl soziale Segnung versprechen und nachher eiskalt Hartz IV einführen zu können nach dem Motto „Gewählt ist gewählt“. Das ist ja das Eigentümliche an unserem Rechtssystem, dass man grundsätzlich jede Willenserklärung und jeden Vertrag anfechten kann, wenn man arglistig getäuscht wurde. Sogar eine Ehe kann man deswegen anfechten, nur aus einer Wahlentscheidung kommt man nicht mehr heraus. In diesem Staat ist arglistige Täuschung legal, solange sie als Wahlkampfmittel eingesetzt wird. In keinem anderen rechtlichen Gebiet darf der arglistige Täuscher seine Beute behalten, das Grundstück nicht, den Arbeitsvertrag nicht, noch nicht einmal die Ehefrau. Diese kann ihr „Ja, ich will“ anfechten, wenn sie arglistig getäuscht wurde. Aber der er schlichenen Regierungsmacht darf sich der arglistige Täuscher erfreuen über die ganze Legislaturperiode hinweg. Das Recht, durch Volksentscheid den Landtag aufl ösen zu können, käme der Möglichkeit einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gleich. Man könnte Wahlbetrüger loswerden. Lügenausschüsse wie im Bundestag könnte man sich dann sparen.
Positiv ist auch, dass es nicht mehr in der Kompetenz des Landeswahlleiters liegen soll, die Volksinitiative für unzulässig zu erklären, sodass sie gar nicht mehr vor den Landtag käme. Als Problem bleiben aber die hohen Hürden, die die Landesverfassung per Gesetzesinitiativen errichtet hat. 120.000 Unterstützungsunterschriften, das schaffen nur sehr gut organisierte Interessengruppen, die durch Lobbyistentätigkeiten ohnehin schon genug Einfl uss haben. Wer kein Geld und keinen Apparat hat, dem nützt der Artikel 60 Landesverfassung gar nichts, und wer Geld und einen Apparat hat, der braucht ihn nicht, der fi ndet andere Wege, seinen Einfl uss geltend zu machen. Man könnte sich überlegen, ob diese Bestimmung mit dem Gleichheitssatz des höherrangigen Grundgesetzes vereinbar ist. Es gibt auch so etwas wie verfassungswidriges Verfassungsrecht und das könnte hier vorliegen.
Noch ein Wort zur Vergangenheit: Es ist Unfug zu sagen, Volksentscheide hätten die Weimarer Republik destabilisiert. Da könnte man mit größerem Recht Wahlen verbieten wollen, weil die NSDAP in Wahlen viel größere Erfolge hatte als in Volksentscheiden. Die Volksentscheide zum Dawes- und zum Young-Plan waren Pleiten. Sie hatte mit Wahlen größere Erfolge. Also sollte man dann konsequent sein und gleich die Wahlen verbieten. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS die Abgeordnete Frau Měšťan. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An die FDP gerichtet bedanke ich mich für die Überlegungen, die Sie eingebracht haben, und freue mich auch auf eine spannende Diskussion. Der Innenminister hat zumindest festgestellt, dass es eine Tatsache ist, dass das Volksabstimmungsgesetz novelliert werden muss. Also wäre es eine Chance gewesen, das auch mit diesem Gesetzesverfahren zu machen. Wenn er handwerkliche Fehler bemängelt hat, so kann man die im Laufe des Beratungsverfahrens auch heilen.
Ich will nicht an die Weimarer Republik anknüpfen, Herr von Storch, ich will nur an die Aussprüche, die nicht von mir stammen, von 1989 erinnern, als es hieß: „Wir sind das Volk“ und nicht „Wir sind die Volksvertreter“.
Und noch einmal an Herrn Caffi er gerichtet: Frau Borchardt hat hier sehr deutlich gesagt, dass die Änderung des Volksabstimmungsgesetzes natürlich auch eine Verfassungsänderung nach sich zieht und wir diesen Antrag zur Änderung der Verfassung zeitnah in der nächsten oder übernächsten Landtagssitzung einbringen können.