Protocol of the Session on June 13, 2007

Ich will ergänzend zu den einleitenden Bemerkungen von Frau Borchardt auf zwei Dinge noch einmal eingehen, zum einen auf die Bilanz der Volksgesetzgebung in Mecklenburg-Vorpommern. Genau diese Bilanz ist es, die meine Fraktion am meisten ermuntert hat, der Reformbedürftigkeit des Volksabstimmungsgesetzes wirklich nachzukommen und es zu verändern, denn das Ergebnis ist mehr als übersichtlich: Noch nie verlief in Mecklenburg-Vorpommern ein Volksbegehren erfolgreich. Ja, meine Damen und Herren Abgeordnete, und genau das müssen wir uns vergegenwärtigen. Von den drei Stufen der Volksgesetzgebung konnte nicht ein einziges Mal die zweite Hürde gemeistert werden. Das ist in der Bundesrepublik einmalig. Und wenn wir sonst immer die Vorzüge von Mecklenburg-Vorpommern allesamt so hervorheben, dann halten wir damit einen traurigen Rekord.

Es stimmt mich nachdenklich, dass in all den Jahren, in denen es das Gesetz gibt, die Initiatoren nicht über unverbindliche Volksinitiativen hinauskommen konnten. Und genau diese Unverbindlichkeit müssen wir uns auch vor Augen führen. So wichtig die Initiativen für Bürgerinnen und Bürger und auch für das Parlament sind – Frau Borchardt hat dies bereits ausgeführt –, im Ergebnis sind sie unverbindlich, denn bei Volksinitiativen behält das Parlament so das letzte Wort und genau darin liegt die Gefahr. Unsere Demokratie entwickelt sich immer mehr zu einer reinen Zuschauerdemokratie. Wir beklagen alle die sinkende Wahlbeteiligung und das allgemein abnehmende Inte resse an Politik.

Ich möchte in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, aus dem Volksbegehrensbericht 2005 des Bundes zitieren: „In den Neunziger Jahren hat das Interesse der Bürgerinnen und Bürger, sich zwischen den Wahlen direkt an der Politik zu beteiligen, insgesamt stark zugenommen. In den letzten Jahren ist die Zahl neu eingeleiteter direktdemokratischer Verfahren allerdings zurückgegangen – ein Trend, der sich auch 2005

fortgesetzt hat. Ein Grund dafür könnte sein, dass Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger in der Vergangenheit wiederholt von der Politik unterlaufen oder missachtet wurden. Dieses Verhalten erweckt bei den Bürgerinnen und Bürgern den Eindruck, auch auf direktdemokratischem Weg ,nichts bewirken‘ zu können und schadet somit insgesamt der politischen Beteiligung.“

In diesem Zusammenhang haben wenigstens unsere Landtagskollegen in Baden-Württemberg und Berlin umgesteuert und Volksabstimmungsverfahren reformiert. In anderen Ländern, ich denke auch an Bayern, wurden Erleichterungen der direkten Demokratie zumindest diskutiert.

Meine Damen und Herren, diskutieren wir also nicht nur Erleichterungen der direkten Demokratie, sondern reformieren wir das Volksabstimmungsgesetz in diesem Sinne. Und da bräuchten wir eigentlich nicht auf einen neuen, eigenen Gesetzentwurf der Regierung oder der Koalition zu warten.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Zum anderen möchte ich noch anmerken, häufi g wird die Erweiterung der Mitbestimmungsrechte mit einem Argument zurückgewiesen, das lautet, die Bürgerinnen und Bürger seien in Sachentscheidungen nicht kompetent genug. Diese Behauptung ist ebenfalls nicht gerechtfertigt. Studien und Erfahrungen haben erwiesen, dass im Unterschied zur repräsentativen Demokratie Bürgerinnen und Bürger in der direkten Demokratie sich umfänglicher informieren, da Anreize gegeben werden, das auch so zu tun.

(Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Und genau darauf zielt unser Gesetzentwurf ab, nämlich faire Regelungen zur Chancengleichheit in der Information und Werbung sowie in der Öffentlichkeitsarbeit. Nehmen wir also den Vorschlag, den wir eingebracht haben, ernst. Überweisen wir ihn neben dem Vorschlag von Frau Borchardt in den Rechtsausschuss federführend, auch mitberatend in den Innen- und Finanzausschuss.

Ich möchte meine Rede beenden mit einem Zitat aus dem Jahre 1942 vom Staatsphilosophen Elmar Kupke, der da sagte: „Die Demokratie wirkt bei uns wie eine Vollnarkose, die alle Politiker bis zur Wiederwahl einschläfert.“

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/595 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Europa- und Rechtsausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktionen der Linkspartei.PDS, FDP und NPD sowie Ablehnung durch die Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.

Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten wieder zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Parallel zu dem Entwurf des Ministers. – Minister Lorenz Caffi er: So schnell bin ich nicht. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS – 2007 – „Europäisches Jahr der Chancengleichheit für alle“ – auch in Mecklenburg-Vorpommern, auf der Drucksache 5/154, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Europa- und Rechtsausschusses auf der Drucksache 5/583.

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: 2007 – „Europäisches Jahr der Chancengleichheit für alle“ – auch in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/154 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsausschusses – Drucksache 5/583 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Europa- und Rechtsausschusses, der Abgeordnete Detlef Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt auf der Drucksache 5/583 die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses zum Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/154 vor. Mit dieser Beschlussempfehlung zeigt der Ausschuss, dass ihm, zeigen wir, dass uns die Chancengleichheit in unserem Land sehr am Herzen liegt. Der Antrag wurde am 1. Februar des Jahres im Landtag in Erster Lesung beraten und federführend an den Europa- und Rechtsausschuss sowie mitberatend an den Finanzausschuss und an den Sozialausschuss überwiesen.

Beide Ausschüsse haben nach umfangreicher Beratung empfohlen, den Ursprungsantrag in zwei Punkten zu ändern. Auch der Europa- und Rechtsausschuss hat sich auf diese Änderungsempfehlungen verständigt. Zum einen soll die Landesregierung im Rahmen des ohnehin vorzulegenden Europaberichtes 2007/2008 über die Umsetzung des Europäischen Jahres der Chancengleichheit für alle im Land unterrichten und zum anderen soll ein Haushaltsvorbehalt dergestalt aufgenommen werden, dass Projekte zur Erreichung der Ziele des Jahres nach Maßgabe des Haushalts – und ich betone, nach Maßgabe des Haushalts – gefördert werden sollen. Mit diesen Änderungen konnten in unserem Ausschuss die Regierungsfraktionen diesem Antrag zustimmen und mit diesen Änderungen konnte in der Ausschussberatung auch die Fraktion leben, die den ursprünglichen Antrag eingebracht hatte, und auch die FDP-Fraktion stimmte diesem Änderungsantrag zu. Die Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, heute vorgelegte Beschlussempfehlung ist daher mehrheitlich mit Zustimmung der Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP zustande gekommen.

Als Vorsitzender des Ausschusses möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen für die konstruktive und sachbezogene Beratung bedanken. Und mein Dank gilt natürlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialministeriums für ihre Ausführungen im Ausschuss und die nachträglich zum Protokoll gereichten Unterlagen. In diesen Dank schließe ich auch das Ausschusssekretariat mit ein.

Nachzutragen bleibt mir, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sich der Ausschuss ergänzend zu diesem Antrag im Rahmen einer Informationsreise in Brüssel in einer Diskussion mit einem Mitarbeiter der Europäischen Kommission aus der Generaldirektion „Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit“ mit diesem Thema befasst hat. Auch da, liebe Kolleginnen und Kollegen und insbesondere die Teilnehmer der Delegation, hier vielleicht sogar die weiblichen,

(Heiterkeit bei Ilka Lochner-Borst, CDU)

wissen Sie, was ich meine. Da haben wir gesehen, dass wir einiges zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit auf europäischem Gebiet, auch vor dem Hintergrund des schwedischen Scheidungsrechtes, unternommen haben.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und CDU – Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Schon wieder ’ne Wette, Detlef?!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Einzelheiten der Beratungen verweise ich auf den Ihnen vorliegenden ausführlichen schriftlichen Bericht. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich auf die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung verständigt. Aus diesem Grunde bitte ich Sie im Namen und im Auftrag des Europa- und Rechsausschusses darum, den Antrag entsprechend der Beschlussempfehlung zu ändern und dem geänderten Antrag Ihre Zustimmung zu geben. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Nach meiner Rednerliste hat als Erster ums Wort gebeten der Sozialminister Herr Sellering. Er sitzt allerdings nicht auf seinem Ministerstuhl.

(Heinz Müller, SPD: Er darf aber trotzdem reden.)

Bitte.

Herr Präsident, ich werde aber trotzdem als Minister reden, auch wenn ich gerade vom Abgeordnetenplatz komme.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist, glaube ich, gerade deutlich geworden, dass bei diesem wichtigen Thema, das wir vor einigen Monaten hier schon vertieft erörtert haben, im Ausschuss sehr einvernehmlich und gut zusammengearbeitet worden ist. Ich kann zu dem schwedischen Scheidungsrecht, das da angesprochen worden ist, nichts beitragen, aber ich kann sagen, ich fi nde es sehr gut, wie gemeinschaftlich diese Arbeit angegangen worden ist. Ich kann die beiden Punkte, die verändert worden sind, nur begrüßen. Es ist, glaube ich, sehr vernünftig. Und ich möchte angeben, dass wir gemeinsam auch als Haus an diesem wichtigen Thema in der nächsten Zeit weiter zusammenarbeiten werden. Ich bin sehr gern bereit, dazu konstruktiv beizutragen. – Vielen Dank.

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Kuhn. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, in diesem Punkt herrscht große Übereinstimmung. Das hat der Ausschussvorsitzende in seinem Bericht auch noch einmal dargelegt.

Europäisches Jahr der Chancengleichheit – für uns natürlich auch Verpfl ichtung mit der EU-Ratspräsidentschaft. Ziele, die wir uns gesteckt haben, sind das Recht auf Gleichbehandlung, das Recht auf Nichtdiskriminierung. Die Möglichkeit zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe diskriminierter Gruppen soll letztendlich auch initiiert und angeregt werden, die Vielfalt und Gleichheit von Menschen sollen anerkannt, gefördert, gewürdigt werden. Ich denke, das ist alles in unserem Interesse in einer freiheitlichen Demokratie. Chancengleichheit hat etwas mit Chancengerechtigkeit zu tun. Das ist immer ein Dualismus, mit dem man sich auseinandersetzen muss.

Zur Umsetzung des Europäischen Jahres haben wir in Deutschland auch Initiativen in Angriff genommen und zwei Gremien gebildet. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist das eine Gremium, der Beratungsbeirat der Zivilgesellschaft das andere. In der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist das Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern vertreten, der Minister hat gerade seine Unterstützung diesbezüglich signalisiert. Wir haben im Ausschuss die zuständigen Mitarbeiter gehört und auch das, was an Aktivitäten in unserem Land in Angriff genommen worden ist.

Ich glaube, dass wir uns auf einen gemeinschaftlichen Beschluss verständigen werden, der da sagt, dass wir schon die exakten Berichte über die Aktivitäten, was die Chancengleichheit betrifft, als Parlamentarier zur Kenntnis haben wollen, das versteht sich von allein. Auf der anderen Seite müssen wir auch einfach sagen, in Mecklenburg-Vorpommern wirken Bundes- und Landesgesetze und diese haben dazu geführt, dass wir letztendlich, was Chancengleichheit betrifft, natürlich das Antidiskriminierungsgesetz jetzt umsetzen müssen,

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

so, wie das in der Großen Koalition festgelegt worden ist. Wir haben eine Gleichstellungsbeauftragte im Range einer Parlamentarischen Staatssekretärin, wir haben einen Bürgerbeauftragten, einen Petitionsausschuss und Ombudsstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich glaube, das, was Chancengleichheit und deren Überwachung betrifft, ist ausreichend in den Strukturen eingebaut. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Wir haben ja Herrn Kuhn.)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspar tei.PDS die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, …

Oh, Entschuldigung, jetzt bin ich durcheinandergekommen.