Protocol of the Session on March 29, 2007

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Der Hintergrund ist ein anderer. Zum einen ist die individuelle Kennzeichnung auch in Mecklenburg-Vorpommern rechtsstaatlich geboten. Maßnahmen und Befugnisse zur Bekämpfung der Kriminalität sind ausgeweitet worden hier bei uns im Land, auch mit den Stimmen meiner Fraktion, die es sich hierbei nie leicht gemacht hat. Die Befugnisse der Polizei auf der Grundlage des SOG Mecklenburg-Vorpommern sind inzwischen durch vier Änderungsgesetze erweitert worden. Damit steigt – und auch das darf deutlich ausgesprochen werden – potenziell die Missbrauchsgefahr.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Was?! Das ist ja eine tolle Begründung!)

Also bedarf es eines prinzipiellen Ausgleichs – mehr Befugnisse auf der einen Seite, eine bessere bürgerrechtliche Kontrolle auf der anderen Seite. Dazu soll der vorliegende Antrag den Weg eröffnen.

Meine Damen und Herren, auf die Forderung nach Kennzeichnung von Polizeibeamtinnen und -beamten, mein Kollege Peter Ritter hat bereits darauf verwiesen, will meine Fraktion kein Copyright erheben. Nach meinem Eindruck ist diese Forderung überhaupt ungeeignet für eine parteipolitische Auseinandersetzung,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eben. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

wird sie doch von unterschiedlicher Seite erhoben. Ob Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Linkspartei.PDS Berlin, ob Berliner oder Hamburger FDP, ob die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen oder die Humanistische Union, die Forderung nach individueller Kennzeichnung jeder Polizistin und jedes Polizisten ist im demokratischen Spektrum der Bundesrepublik sehr weit verbreitet,

(Beifall Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

weil in einem Rechtsstaat staatliches Handeln individuell zurechenbar sein muss. Und da bin ich ganz bei Herrn Leonhard, der es hier an einem Beispiel plastisch

gemacht hat. Auch von daher bitte ich die Fraktionen der demokratischen Parteien in diesem Landtag um Unterstützung des vorliegenden Antrages.

Meine Damen und Herren, für die Opfer von Polizeigewalt sind Polizeibeamte weniger Sinnbild des Rechtsstaates, sondern sie sind vielmehr Schläger mit Lizenz. Die Opfer müssen häufi g nicht nur mit Gegenanzeigen der prügelnden Beamten rechnen, sondern sie stehen oft hilfl os Korpsgeist und Anonymität der Täter sowie einem gesellschaftlichen Desinteresse gegenüber. Herr Innenminister, und hier wiederhole ich mich gern, unserem Antrag liegt kein konkreter derartiger Vorgang zugrunde, aber auch wir beide wissen, dass insbesondere der dritte Antragspunkt in naher Zukunft konkrete und praktische Bedeutung erlangen könnte.

Und da sind wir bei dem Stichwort, was hier auch schon gefallen ist: G8-Gipfel in Heiligendamm, massive Sitzblockaden gegen G8. Hierauf gab es die Ankündigung der Polizei, keine Blockaden zu dulden. Darauf erschien die Ankündigung der G8-Gegner, durch zivilen Ungehorsam Regeln zu übertreten.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Meine Damen und Herren, wer die G8-Staats- und -Regierungschefs und die Gipfelgegner gleichermaßen willkommen heißt, wie Mecklenburg-Vorpommern dies richtigerweise tut, der muss sich bewusst sein, dass es zu Konfrontationen kommen kann. Auch von daher ist Deeskalation das oberste Gebot.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Das, meine Damen und Herren, muss dann aber für alle Beteiligten, für alle Seiten, für Uniformierte und Zivilisten gleichermaßen gelten. Daran appelliere ich nachdrücklich auch von dieser Stelle aus. Werden die G8-Gegner sehr schnell, öffentlich und auch mit Kalkül als Chaoten und Krawallmacher verschrien, dann ist das in meinen Augen gerade das Gegenteil von Deeskalation. Und wenn dann in einem Atemzug davon berichtet wird, dass die Polizei gut aufgestellt ist und die Polizisten gut geschult sind, dann ist das auch nur die halbe Wahrheit.

Meine Damen und Herren, nach meinem Überblick hat der „Nordkurier“ vom 24.03.2007 erstmalig und bisher auch einmalig in einem Kommentar zum G8-Gipfel eine komplexere Sicht dargestellt. Ich möchte sie Ihnen hier nicht vorenthalten. Ich zitiere: „… niemand kann garantieren,“ …

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich glaube nicht, dass Sie das gelesen haben, Herr Glawe.

… „dass sich in die Reihen der zivilen Ungehorsam praktizierenden Männer und Frauen nicht auch jene einschleusen, für die sich Widerstand in gewalttätigen Aktionen erschöpft.“ Und weiter heißt es im „Nordkurier“: „Um nicht missverstanden zu werden: Gleiches gilt natürlich auch in den Reihen der Ordnungshüter, die vom Staat angehalten werden, alles zu tun, damit Heiligendamm Anfang Juni einer Oase des Friedens gleicht. Obwohl die Taktik der Polizeieinsätze offi ziell auf Deeskalation abzielt, mag es auch Uniformierte geben, die mit einer kürzeren ,Zündschnur‘ als andere ausgestattet sind.“

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Vincent Kokert, CDU: Die müssen auf Anweisung der Vorgesetzten handeln. – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Bis hierher das Zitat aus dem „Nordkurier“.

Meine Damen und Herren, um nicht durch mögliche schwarze Schafe in Uniform alle Einsatzkräfte einem Generalverdacht zu unterziehen, enthält unser Antrag unter Punkt 3 einen Prüfauftrag an die Landesregierung, den wir Sie bitten ernst zu nehmen.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das ist ein Generalverdacht. – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist ein Generalverdacht gegen unsere Polizei.)

Ein Generalverdacht besteht nur, wenn man ihn nicht individuell widerlegen kann,

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

und genau das wollen wir, eine individuelle Kennzeichnung, um einen Generalverdacht auszuschließen, Herr Jäger.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Jetzt endlich enttarnen Sie sich. Jetzt wissen wir endlich, was Sie wirklich denken. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Und wenn nun abschließend jemand meint, was weiß denn eine Abgeordnete und noch dazu eine globalisierungskritische, die sich mit den G8-Gegnern offi ziell eingelassen hat, von den eigentlichen Sorgen und Nöten der Polizei, von polizeilicher Taktik bei Großeinsätzen und polizeilicher Kennzeichnungspfl icht, dann hätte ich erstens ein gewisses Verständnis dafür und würde zweitens mit einem Zitat enden wollen, und zwar aus einer gemeinsamen Erklärung der Führung der Hamburger Bereitschaftspolizei. Hier heißt es, und ich zitiere wieder: „Wir waren und sind uns sicher: Jede handlungssichere Polizistin, jeder handlungssichere Polizist ist nach ,Bewußtmachung‘ der Vorteile und offener Diskussion über die Risiken bereit, … ein Namensschild zu tragen. … Wir sind uns sicher, daß sich vorhandene Ängste objektivieren und überwinden lassen. Das Tragen von Namensschildern kann zur Selbstverständlichkeit und Normalität werden.“ So weit aus der gemeinsamen Erklärung der Führung der Hamburger Bereitschaftspolizei.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns auch hier in Mecklenburg-Vorpommern einen Schritt in Richtung Normalität gehen und diesen Antrag, wie hier von der FDP vorgeschlagen wurde, in den Innenausschuss überweisen.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Wir werden ihn ablehnen.)

Um das Wort hat noch einmal der Innenminister Herr Caffi er gebeten. Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Als Innenminister und zuständiger Dienstvorgesetzter für die Polizei weise ich ausdrücklich den Begriff „Schläger mit Lizenz“ gegenüber der Polizei entschieden zurück

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

und auch die Unterstellung „der Opfer von Polizeigewalt“. Sie haben eingangs ausgeführt, dass in diesem Land von der Polizei keine solchen Maßnahmen bisher vorgefallen sind. Deswegen kann und werde ich das auch nicht dulden, dass hier solche Behauptungen in den Raum gestellt werden. Die Polizeibeamtinnen und -beamten führen

ihren Dienst im Auftrage des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus. Und wir sollten alles dafür tun, dass wir sie dabei unterstützen. Dabei schließe ich ebenfalls nicht aus, dass – genau, wie ein Innenminister Fehler machen kann und einer der 71 Abgeordnetenkollegen – auch der eine oder andere Polizist einen Fehler macht. Dann sollten wir mit ihm darüber reden, das aufklären und ihm den Rücken stärken. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Danke, Herr Minister.

Ich schließe damit die Aussprache.

Während der Debatte wurde vorgeschlagen, den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/346 zur Beratung an den Innenausschuss zu überweisen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Machen wir nicht. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Enthaltungen? – Bei Zustimmung der Linkspartei.PDS und FDP sowie Ablehnung durch SPD, CDU und NPD ist dieser Überweisungsvorschlag abgelehnt.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/346. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Bei Zustimmung der Linkspartei.PDS und Ablehnung aller anderen Fraktionen ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Freischaltung einer kostenfreien Auskunfts-Fernsprechnummer zum G 8-Gipfel in Heiligendamm, Drucksache 5/350.

Antrag der Fraktion der NPD: Freischaltung einer kostenfreien Auskunfts-Fernsprechnummer zum G 8-Gipfel in Heiligendamm – Drucksache 5/350 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Lüssow von der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich bedarf der Antrag keiner weiteren Begründung, da alles Wesentliche schon aus der Überschrift hervorgeht. Zum Verstehen genügt meines Erachtens der normale Menschenverstand. Ich werde ihn dennoch kurz begründen.

Sie kennen die Situation vielleicht nicht, aber die meisten Menschen in unserem Land müssen auf ihr Geld achten, auch beim Telefonieren. Und nicht umsonst haben viele Firmen, Versandhäuser und sonstige Gewerbetreibende gerade für die Reklamationen kostenpfl ichtige Servicenummern eingerichtet. Wofür vorher Dienste inklusive waren, kostet das Beschweren eben Geld, und das schreckt ab. Da wird nicht mal schnell zum Hörer gegriffen und schon gar nicht, wenn man damit rechnen muss, ein paar Minütchen in einer Warteschleife zu hängen. Die Kosten – 14 Cent aus dem Deutschen Festnetz, das heißt, circa 50 Cent aus den Funktelefonnetzen – liegen über den sonstigen Standardtarifen für Ferngespräche, egal aus welchem Netz. Derartige Nummern sind ärgerlich und schrecken ab. Ein Ferngespräch im Standard-Tele

kom-Tarif kostet tagsüber 12,2 Cent pro Minute, doch bei 0180 hilft auch keine Sparvorwahl weiter, was zur Folge hat, dass für den sparsamen Anrufer ein Gespräch nach Amerika billiger kommen kann als der Anruf bei einer solchen Hotline. Eine Stunde in so einer Warteschleife kostet 8,40 Euro aus dem Festnetz, also mehr als das Dreifache eines Hartz-IV-Stundensatzes.

Warum also wird dem Bürger eine solche sogenannte Servicenummer für den G8-Gipfel zugemutet? Diejenigen, welche die Nummern in Anspruch nehmen werden, sind in der Regel die Betroffenen, also die, die ein Problem mit dem G8 haben. Warum sollen die dann auch noch dafür bezahlen, um Informationen über ihre Beeinträchtigung zu bekommen? Kaviar für die G8-Teilnehmer, Schnittchen für die Presse und jede Menge Sonderausgaben, aber die Betroffenen sollen für individuelle Informationen zahlen. Das ist unverantwortlich und unsozial und vor allem eins ist es nicht – bürgernah. Die derzeitige Nummer ist auf kostenlos umzustellen und sollte dies aus irgendwelchen Gründen – technische werden gern vorgeschoben – nicht möglich sein, so ist eine neue Nummer einzurichten, die dann über einen Anrufbeantworter bekannt gegeben wird. Und wenn das auch nichts wird, so ist eine reguläre Festnetznummer bekannt zu geben, denn die ist billiger und folglich bürgerfreundlicher. – Danke.