Wir forderten mit unserem Antrag im Jahr 2009 auch die Festlegung von Qualifikationsstandards von weiblichen und männlichen Aufsichtsratsmitgliedern. Geschlechterparität und Qualifikation sind Kriterien für Erfolg. Das können Sie wissenschaftlichen Studien, aber auch Bilanzen von geschlechterparitätisch gekürten Unternehmen entnehmen.
Eines ist sicher, und das möchte ich an dieser Stelle noch einmal unterstreichen: Frauen mit hervorragenden fachlichen Qualifikationen gibt es mindestens genauso viele wie Männer, wenn nicht sogar mehr, nur sind die Frauen noch immer nicht entsprechend in den oberen Führungsebenen vertreten. Das ist paradox und es ist ein gesellschaftliches Grundproblem.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frauen wirtschaften weniger risikofreudig, sie sind insgesamt vorsichtiger, gewissenhafter, verantwortungsbewusster. Ich wage deshalb an dieser Stelle zu behaupten, mit mehr Frauen in Entscheidungspositionen in der Wirtschaft und in der Finanzwelt hätte es die Finanzkrise nicht gegeben
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)
wie wir sie forderten, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Puzzelteil zu mehr Gleichstellung. Das mittel- und langfristige Ziel aber ist es, den Frauenanteil in Führungsebenen in der Wirtschaft, aber auch in der Wissenschaft, in der Politik, in der Verwaltung, also überall maßgeblich, das heißt, bis zum Erreichen der Geschlechterparität zu erhöhen.
Dass die Quote wirkt, das kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen. DIE LINKE ist die einzige Partei, die konsequent und in allen Gremien und Ebenen eine Mindestfrauenquote von 50 Prozent umsetzt.
Und es lässt sich aus unserer Erfahrung festhalten, dass Frauen durch diese Quotenregelung ermutigt werden, selbst aktiv zu werden. Zudem wird mit der Quote deutlich gemacht, dass die weibliche Meinung gefragt und die Beteiligung von Frauen in allen Entscheidungsprozessen gewollt ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den zwei Jahren im Wirtschaftsausschuss zur Beratung unseres Antrages wurden Papiere gewälzt und Expertinnen und Experten befragt. Wir haben Expertisen und Stellungnahmen angefordert und die relevanten Stellen der Gesetze der anderen Länder übersetzen lassen, in denen eine Quote in Führungspositionen in der Wirtschaft längst erfolgreich eingeführt wurde. Es sind Länder, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und uns weit voraus sind, allem voran Norwegen, aber auch Spanien, Frankreich und die Niederlande. Dort wurden die anfänglichen Kritiker nach und nach immer leiser, als sich herausstellte, dass die Quote wirkt und die Wirtschaft eben nicht zusammenbricht, wenn die Männer auch mal das Steuer aus der Hand geben müssen. Ganz das Gegenteil war der Fall.
Die Bundesfrauenministerin Dr. Kristina Schröder hat sich zu den Vorhaben geäußert beziehungsweise den im schwarz-gelben Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigten Stufenplan als der Weisheit letzter Schluss angepriesen. Dieser Stufenplan liegt seit Anfang Juni 2011 vor. Vorstände und Aufsichtsräte in börsenorientierten und voll mitbestimmten Unternehmen sollen sich demnach selbst eine Quote geben. Eine gesetzliche Pflicht wird aber erst eintreten, wenn es die Unternehmen bis 2013 nicht geschafft haben, den Frauenanteil aus eigenem Antrieb auf 30 Prozent zu erhöhen.
Diese sogenannte Flexiquote der Bundesregierung ist ein halbherziges Unterfangen – entweder ist eine geschlechterparitätische Besetzung von Führungsebenen gewollt oder sie ist eben nicht gewollt. In diesem Fall, im Fall der Flexiquote, ist sie eben nicht gewollt, sonst könnte die Quote gleich deutlich gefordert und beschlossen werden. Offen ist zudem, wie hoch die selbst gesetzte Quote in den Unternehmen mindestens sein muss, wenn die Unternehmen den geforderten Frauenanteil von einem Drittel bis 2013 nicht erreichen konnten.
Zudem sind uns 30 Prozent Frauenanteil auch viel zu wenig. Da bleibt dann nur der hoffungsvolle Blick auf das Jahr 2020, in dem nach den Vorstellungen der EU-Kommission der Frauenanteil in Aufsichtsräten durch eine gesetzliche Quotenregelung auf mindestens 40 Prozent gestiegen sein muss.
Oder, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schauen uns vor der eigenen Haustür um und verlassen uns auf die Aussage von Sozialministerin Manuela Schwesig in einem ihrer vielen ARD-Interviews Ende Januar 2011.
Darin hält sie an der Einführung einer Frauenquote von 40 Prozent fest und untermauert dies mit den Worten, ich zitiere: „Wir wollen sie jetzt, wir warten seit zehn Jahren.“ Zitatende.
Denn seit 2001 werden die Unternehmen schon zu Selbstverpflichtungen und Freiwilligkeitsklauseln angehalten, nur geändert hat sich in der Realität nichts.
Worauf wir nun schon seit Jahren warten und was wir, DIE LINKEN, im Jahr 2009 mit Nachdruck forderten, sehen nach ausgiebigen Ausschussberatungen nun auch zum Glück die anderen Fraktionen im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern als Handlungsnotwendigkeit an. Die Koalitionsfraktionen konnten sich unserem Anliegen nach Einführung einer Geschlechterquote in der Wirtschaft spätestens mit dem Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vor gut einem Monat nicht mehr entziehen.
Und so lautet eben die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses nahezu wortgleich wie der Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister, ich zitiere: „dass die Einführung einer bundesgesetzlich geregelten Geschlechterquote für Führungspositionen … dringend geboten ist“, und dass sie „mit Verfassungs- und Europarecht grundsätzlich vereinbar (ist)“.
Immerhin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Paukenschlag und wir brauchen nicht mehr auf die Zeit nach dem 4. September zu hoffen. – Herzlichen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Parlamentarische Staatssekretärin Frau Dr. Seemann. Bitte schön, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Herr Abgeordneter Pastörs, für diese Beleidigung erteile ich Ihnen einen weiteren Ordnungsruf und wegen gröblicher Verletzung verweise ich Sie des Saals.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Machen wir Feierabend, so ist das. – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, so ist das. Gehen Sie mal nach Hause! – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Gabriele Měšťan, DIE LINKE)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! „Frauen in die Aufsichtsräte“ – wir beschäftigen uns nicht das erste Mal mit dem Thema.
Im November 2010 haben wir uns bereits mit dem Antrag von SPD und CDU – Frauenanteil in Aufsichtsratsgremien landeseigener Unternehmen erhöhen – beschäftigt und ich kann Ihnen sagen, dass wir vonseiten der Landesregierung in dem Zusammenhang auch bereits tätig geworden sind. Die Konferenz der Leiter der allgemeinen Abteilung hat bereits geprüft, inwieweit der Landtagsantrag umgesetzt werden kann. Da gibt es zwei Möglichkeiten:
Entweder wir koppeln die Besetzung der Aufsichtsräte vom Hauptamt ab. Das wird derzeit geprüft und soll bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten auch so umgesetzt werden.
Die zweite Möglichkeit ist, das können wir natürlich nicht sofort machen, dass man das Hauptamt auch entsprechend anders besetzt, also mehr Frauen in Hauptämter als Staatssekretäre und Abteilungsleiter. Auch dort hat der Ministerpräsident angekündigt, dass demnächst etwas passieren soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zum Antrag der Fraktion DIE LINKE und der dazugehörigen Beschlussempfehlung und damit zur Bundesebene. Frauenquote in Aufsichtsräten – das Thema ist Dauerbrenner auf Bundesebene. Frau von der Leyen sagt hü, die Bundeskanzlerin und die Frauenministerin sagen hott und das ist natürlich was für die Medien. Nun ist das nicht wie zum Teil bei Juristen, drei Juristen, drei Meinungen,
sondern immerhin zwei Frauen in Führungspositionen, zwei Meinungen. Das hilft natürlich vor allem der Wirtschaft nicht, dieses Hin und Her oder Hü und Hott, wie ich es eben benannt habe,
Im Gegenteil, laut DIW-Führungskräfte-Monitor 2010 waren 2008 17 Prozent Frauen in Führungspositionen, also allgemein gesehen in Führungspositionen, seit 2001 war ein Rückgang zu verzeichnen. Bei den Vorständen größerer Unternehmen sieht es noch schwieriger aus. In den Vorständen dieser Unternehmen ist nur jedes zehnte Mitglied weiblich und dann zum größten Teil noch entsendet von der Arbeitnehmerseite.
Diese hochgelobte Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Privatwirtschaft zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen aus 2010 hat also nicht geholfen. Ich bin mir sicher, dass eine erneute freiwillige Selbstverpflichtung bei Festlegung der jeweiligen Quote durch das einzelne Unternehmen auch ins Leere gehen wird.
Was soll denn dabei herauskommen, meine sehr geehrten Damen und Herren? Diejenigen, die aufgrund ihrer Machtposition jahrelang schon längst hätten etwas ändern können, sollen nun festlegen, wie viele Frauen die Chance erhalten, eine Führungsposition zu bekommen? Haben wir dann statt 17 irgendwann 20 Prozent oder, wenn es diesen Entscheidungsträgern persönlich beliebt, vielleicht 25 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt? Almosen, statt die Bedeutung auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu erkennen und danach zu handeln?
Tatsache ist, dass mehr als 50 Prozent derjenigen, die jährlich Abitur machen, Mädchen sind. Ich frage mich schon lange, wie können wir es uns als Wirtschaftsstandort Deutschland eigentlich leisten, das Know-how dieser hoch qualifizierten Frauengeneration einfach brachliegen zu lassen und nicht zu nutzen.