Protocol of the Session on September 16, 2010

Das Gesetzespaket der Bundesregierung besteht somit gemäß dem Referentenentwurf insgesamt aus drei Teilen:

der Ausgabenbegrenzung

der Stärkung der Finanzierungsgrundlagen und

dem gerechten Sozialausgleich

1. Ausgabenbegrenzung

Eine Reform der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung kann nicht nur die Einnahmeseite betrachten, sondern muss ebenfalls mit notwendigen Maßnahmen auf der Ausgabenseite verbunden sein. Die Leistungserbringer und die Krankenkassen müssen ihren Teil zur Konsolidierung beitragen. Ausgabensteigerungen sollen daher nur dort begrenzt werden, wo

das verantwortbar ist, ohne dass dies zu Leistungseinschränkungen oder Qualitätsverlusten führt. In folgenden Bereichen werden gemäß dem Referentenentwurf ab 2011 die Ausgaben stabilisiert:

Die Verwaltungskosten der Krankenkassen dürfen in den nächsten beiden Jahren im Vergleich zum Jahr 2010 nicht ansteigen. Für Leistungen, die Krankenhäuser im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr zusätzlich vereinbaren, sogenannte Mehrleistungen, wird ein Abschlag festgelegt, dessen Höhe im Jahr 2011 bei 30 Prozent liegt und der ab dem Jahr 2012 vertraglich zu vereinbaren ist. Die Preise für akutstationäre Krankenhausleistungen und die Krankenhausbudgets von psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen dürfen in den Jahren 2011 und 2012 lediglich in Höhe der halben statt der vollen Grundlohnrate wachsen. Durch verschiedene Regelungen wird der Ausgabenzuwachs bei der Vergütung in der vertragsärztlichen Versorgung in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt begrenzt.

Kostenrisiken aus Preiserhöhungen und bestimmten Mengenzuwächsen werden ausgeschlossen. Medizinisch nicht begründbare Ausgabenentwicklungen, die sogenannten extrabudgetär zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen, werden begrenzt. Das Vergütungsniveau in der hausarztzentrierten Versorgung wird begrenzt. Es gilt Vertrauensschutz für Verträge, die bis zum Kabinettsbeschluss rechtsgültig sind. Die Punktwerte und Gesamtvergütungen für die vertragszahnärztliche Behandlung ohne Zahnersatz dürfen sich in den Jahren 2011 und 2012 jeweils höchstens um die Hälfte der für das jeweilige Jahr festgelegten Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen erhöhen.

2. Stärkung der Finanzierungsgrundlagen

Um die Krankenversicherung langfristig zu stabilisieren, Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Wettbewerb zu schaffen und die Bedingungen für den Erhalt versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse zu verbessern, sind ebenfalls Maßnahmen auf der Einnahmeseite erforderlich. Die vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise mit Steuermitteln im Jahr 2009 erfolgte vorübergehende Absenkung des Beitragssatzes der Krankenkassen um 0,6 Prozentpunkte läuft zum Jahresende 2010 aus. Damit wird der paritätisch finanzierte Beitragssatz für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder auf 14,6 Prozent wie vor der Senkung durch das Konjunkturpaket II angehoben, zuzüglich des mitgliederbezogenen Beitragsanteils von 0,9 Prozentpunkten. Der Arbeitgeberbeitrag wird auf der Höhe von 7,3 Prozent festgeschrieben. Damit wird der Automatismus durchbrochen, dass Ausgabensteigerungen zwangsläufig zu steigenden Lohnkosten führen.

Unvermeidbare, über die Einnahmeentwicklung hinausgehende Ausgabensteigerungen werden durch einkommensunabhängige Zusatzbeiträge der Mitglieder finanziert. Kassenindividuell festgelegte, sozial ausgeglichene, einkommensunabhängige Zusatzbeiträge dienen darüber hinaus der Sicherung einer guten Versorgung, die auch den medizinischen Fortschritt berücksichtigt. Die Krankenkassen erhalten mit der Weiterentwicklung des Zusatzbeitrags wieder mehr Finanzautonomie. Der einkommensunabhängige Zusatzbeitrag wirkt als transparentes Preissignal. Er verleiht den gesetzlichen Krankenkassen Spielräume, um gute Verträge zu gestalten und den regionalen Besonderheiten gerecht werden zu können.

(Jörg Heydorn, SPD: Wie sieht es denn aus mit den Rabattverträgen?)

Mit der Weiterentwicklung des Zusatzbeitrags wird die für eine wettbewerbliche Ausrichtung unerlässliche Beitragsflexibilität gewährleistet.

3. Gerechter Sozialausgleich

Damit die Beitragszahler vor einer unverhältnismäßigen Belastung geschützt sind, wird ein unbürokratischer und gerechter Sozialausgleich eingeführt. Übersteigt der durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent des individuellen sozialversicherungspflichtigen Einkommens, erfolgt ein Sozialausgleich. Die Umsetzung findet für Arbeitnehmer direkt bei den Arbeitgebern und für Rentner bei den Rentenversicherungsträgern statt, indem der einkommensunabhängige Beitrag entsprechend reduziert wird. Diese Regelung ist im Rahmen der EDVgestützten Abrechnung von Löhnen, Gehältern und Renten leicht handhabbar, denn der Ausgleich wird automatisch durchgeführt.

Der Sozialausgleich erfolgt aus Bundesmitteln. In den Jahren 2011 bis 2014 kann der Sozialausgleich aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds gedeckt werden, dessen Aufbau durch den weiteren Bundeszuschuss in Höhe von 2 Milliarden Euro im Jahr 2011 beschleunigt wird. Ab dem Jahr 2015 sollen zur Finanzierung des Sozialausgleichs weitere Zahlungen aus Bundesmitteln gewährt werden. Die Höhe dieser Zahlungen wird im Jahr 2014 gesetzlich festgelegt.

Dies bedeutet den Einstieg in einen gerechteren Ausgleich, denn ein steuerfinanzierter Sozialausgleich berücksichtigt die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bürger.

Sie sehen somit, das Gesundheitspaket enthält mehr, als Sie in Ihrem Antrag suggerieren. Insbesondere der Sozial ausgleich findet bei Ihnen in Ihrem Antrag sowohl im Text als auch in der schriftlichen Begründung keinerlei Erwähnung. Wir lehnen daher Ihren Antrag ab. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Rühs.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Grabow von der Fraktion der FDP.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen!

Herr Rühs hat eben sehr genau ausgeführt, was in dem Entwurf steht. Ich erspare mir jetzt, noch mal das Gleiche vorzutragen.

Meine lieben Kollegen der LINKEN!

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Liebe LINKE!)

Sie haben ja gehört, auch die Ministerin hat gesagt, wir reden immer noch über einen Entwurf. Und auch das haben wir in Mecklenburg-Vorpommern gelernt: Es sind Entwürfe, Referentenentwürfe, die sind ins Kabinett gekommen, und selbst nach 24 Stunden ist was geändert worden. Also schauen wir …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber nicht vom Grundansatz her. Vom Grundansatz her sind sie immer durchgegangen.)

Schauen wir uns doch mal an, was da am Ende herauskommt.

Das Nächste ist: Was haben wir denn geerbt? Wir haben einen Gesundheitsfonds geerbt.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und es ist doch eins klar, soll einer mir was Besseres sagen: Mit dem Gesundheitsfonds haben wir auch nicht das Goldene erfunden. Wir haben genauso viele Probleme immer noch an der Backe, die wir auch nicht gelöst haben.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Insofern sage ich mal ehrlicherweise: Bitte warten Sie ab, was das Kabinett beschließt, was der Bundestag beschließt, und dann würdigen Sie auch, so, wie Herr Rühs es sagt, auch den Sozialausgleich.

Wenn vorhin die Sprache war von den Hausärzten, kann ich Ihnen sagen, dass unser Hausärzteverband im Augenblick keine Klagen hat, auch die drei aus den neuen Bundesländern nicht. Das ist in dem Gespräch, als wir hier mit Minister Rösler unterwegs waren bei Hausärzten, deutlich auch von unseren Hausärzten gesagt worden.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Bestimmt FDP-Ärzte.)

Was unsere Hausärzte haben, war die Budgetierung, dadurch, dass sie mehr Patienten in ihren Praxen behandeln wie in den alten Ländern, weil sie ein höheres Aufkommen …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Also durch Mehrarbeit.)

Genau, und da hat er auch Hilfe zugesagt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die sind so richtig froh darüber, dass sie noch mehr Arbeit haben.)

Also schauen wir mal, was dann …

Ja, über die Mehrheit werden Sie auch nicht rüberkommen. Wenn wir Ärztemangel haben, seien wir froh, wenn es dann Ärzte gibt, die mehr arbeiten und nicht Sonnabend frei machen. Zum Beispiel die Landärztin, wo wir waren, Frau Elgeti, wo auch Herr Glawe zu Gast war, arbeitet zum Beispiel am Samstag, weil ein Teil ihrer Patienten auswärts wohnt und nur am Samstag zu Hause ist. Also können wir froh sein, wenn wir da wenigstens ermöglichen, dass diese Hausärzte die Patienten, die sie behandeln, auch bezahlt bekommen. Da hat der Minister deutlich Hilfe zugesagt in diesem Gespräch.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Also, liebe LINKE, warten Sie doch mal ab!

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Da kann man nicht abwarten.)

Ich denke, wir werden diesen Antrag noch dreimal haben, dann können wir uns streiten über konkrete Sachen. Heute sind das ungelegte Eier. Warten wir ab, wie wir da noch zu Rande kommen. – Wir lehnen den Antrag ab.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ganz schöner Murks, der dabei herauskommt. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Danke, Herr Grabow.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie die LINKEN lehnt auch die NPD-Fraktion das Herumdoktern des Herrn Dr. Rösler am Gesundheitssystem auf Kosten der Versicherten grundsätzlich ab. Wir setzen uns für ein volkssolidarisches Gesundheitssystem mit einer Volksgesundheitskasse ein, da nur hierdurch ein Kassenwesen entsteht, dass die Versorgung der Kranken sicherstellt und die Gesundheitsvorbeugung und somit die Gesunderhaltung des Volkskörpers im Blickwinkel hat. Ich weiß, Sie bekommen bei der Nennung der Begriffe „Volk“ und „Volkskörper“ Gänsehaut. Aber die Erkenntnisse der Naturwissenschaften sind nun einmal Wirklichkeit und nicht Ihre abstrusen Theorien.

Die Krankenkassen sollen also zukünftig Zusatzbeiträge erheben können, die der Höhe nach nicht mehr begrenzt werden. Hinzu kommt, dass der allgemeine Beitrag zum 1. Januar 2011 ohnehin schon auf 15,5 Prozent des Bruttomonatseinkommens steigen soll. Arbeitnehmer müssen dann 8,2 Prozent des Gehaltes abführen und die Arbeitgeber 7,3 Prozent, wobei – das kommt auch noch hinzu – der Arbeitgeberanteil bei diesem Prozentsatz dann festgeschrieben werden soll. Das bedeutet also, dass die Arbeitnehmerbeiträge durchaus steigen können, während der Arbeitgeberbeitragssatz unverändert bleiben soll.