Protocol of the Session on September 21, 2001

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Natürlich hat die Situation auf den Werften eine Vorgeschichte. Und, Herr Ministerpräsident, ich habe gestern davon gesprochen, dass man, wenn man die richtige Schamesröte hat, Fallschirm springen kann unter dem Teppich. Wenn Sie gelegentlich einmal Zeit haben sollten – ich nehme mir die Zeit gelegentlich und lese mir Reden aus den Jahren 1991/92 in diesem Landtag durch –, dann lesen Sie sich bitte auch Ihre eigenen Worte von damals durch! Sie haben damals sowohl Alfred Gomolka als auch Berndt Seite unterstellt, ebenso dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl, Theo Waigel und Günther Krause, dass sie

sich eben nicht für die Werften hier in Mecklenburg-Vorpommern einsetzen.

(Gerd Böttger, PDS: Das war richtig.)

Lesen Sie sich Ihre eigenen Worte noch einmal durch, Herr Ministerpräsident! Und wenn Sie weiter Zeit haben, denken Sie noch mal über Ihr eigenes Tun von damals nach, wie Sie vor der Staatskanzlei in der Schlossstraße agiert haben!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Und akzeptieren Sie heute gerechtfertigte Kritik, denn Sie haben uns beschimpft, Sie haben mich als einen Krakeeler bezeichnet, nicht nur mich, sondern alle Kollegen der CDU-Fraktion, die hier sitzen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist eine Unverschämtheit! – Siegfried Friese, SPD: Den Beweis haben wir hier heute ja erlebt.)

Herr Ministerpräsident Ringstorff, Sie sind Ministerpräsident dieses Landes. Und wenn Sie unser Verhalten als unwürdig und schäbig bezeichnen, dann fragen Sie sich doch bitte selber, wo liegt Ihre eigene Messlatte heute und in den vergangenen Jahren seit 1990!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Da die Situation bei den Werften eine Vorgeschichte hat, will ich Ihnen eines sagen: Es ist sicher dem Engagement insbesondere auch der Werftarbeiter zu verdanken – ich frage mich ganz besonders, warum sind die heute nicht auf der Straße. Werden die von ihren Gewerkschaftschefs nicht losgelassen, weil es das gleiche Parteibuch ist, wie es Herr Schröder und Herr Ringstorff in der Tasche tragen? Oder warum?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU – Karsten Neumann, PDS: Es kann nicht wahr sein! Das kann nicht wahr sein!)

Aber die andere Seite 1991/92 war, dass es einen Bundeskanzler gab, der sich eben trotz vieler Widerstände – sicher in einer anderen Zeit als heute, zwei, drei Jahre nach der Deutschen Einheit – durchsetzen konnte und ein Paket geschnürt hat. Das Paket waren damals portugiesische Textilindustrie, italienischer Stahl und Werften in MecklenburgVorpommern. Das ist die Wahrheit und keine andere!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Es hat noch nie in der Geschichte Europas, der Europäischen Union solch hohe Subventionstatbestände gegeben zur Erhaltung von Industrie, noch niemals! Das heißt, dass teilweise weit über 90 Prozent der Investitionen auf den Werften – und ich kritisiere das nicht, ich stelle das nur fest – durch die öffentliche Hand finanziert worden sind, leider teilweise zweimal durch die kriminellen Aktivitäten der Führungsspitze des Bremer Vulkan. Und im Gegenzug hatten wir die Kapazitätsobergrenzen schlucken müssen.

Aber, Herr Ministerpräsident Ringstorff, damals wurde diese Verhandlung hier nicht ständig auf dem Tisch ausgebreitet, sondern man hat hinter verschlossenen Türen verhandelt.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: So ist doch auch das Ergebnis. – Dr. Armin Jäger, CDU: Das war auch gut so.)

Und das Ergebnis war,

(Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

dass die Werften eine Überlebenschance bekommen haben. Das ist das Entscheidende!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das war das Entscheidende, dass Milliarden, weit über 1 Million DM pro Arbeitsplatz auf den Werften durch die öffentliche Hand investiert worden sind und dass sich erst danach, beim ersten und beim zweiten Mal, Private gefunden haben, diese Werften zu übernehmen. Das ist die Wahrheit und nichts anderes!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau so ist das. – Harry Glawe, CDU: Das hat die SPD alles vergessen.)

Und jetzt, Herr Ministerpräsident Ringstorff, hätte ich erwartet, dass Sie das, was Sie heute in aller Klarheit und Deutlichkeit gesagt haben, auch gegenüber den Geschäftsführern der Werften sagen. Es gibt natürlich unterschiedliche Interessen in Deutschland. Auf der einen Seite die Werften in den westlichen Bundesländern, insbesondere Niedersachsen, dem Heimatland von Bundeskanzler Gerhard Schröder, das ist doch eine Tatsache,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

und eben die Interessen der Werften in MecklenburgVorpommern – das ist die erste Hürde. Und dann gibt es eine zweite Hürde, das ist die Interessenlage in der Europäischen Union. Was Sie gemacht haben, ist, öffentlich und bei kleinen Talkrunden die Erwartung zu wecken, zum 31.12.2001 gehen die Kapazitätsobergrenzen hoch – und die Prüfklausel, die war damals, 1992, auch schwierig reinzubringen –, werden flexibilisiert oder was auch immer. Und der eine hat sich auf den Werften darauf mehr eingestellt, vielleicht in Wismar, und der andere hat sich darauf weniger eingestellt, weil er Ihren Worten nicht so geglaubt hat.

Was ich Ihnen insbesondere vorwerfe, Herr Ministerpräsident, man verhandelt hinter der Zimmertür und nicht auf dem Pressemarkt. Und die Zitate, die der Kollege Riemann gebracht hat, die haben Erwartungen geweckt,

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

bei den Geschäftsführern, bei den Werftarbeitern.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es. Genau so ist es.)

Ich kann Ihnen nur eindringlich sagen, Sie haben die verdammte Pflicht als Ministerpräsident dieses Landes, diese Erwartungen, die Sie selber öffentlich geweckt haben, auch zu erfüllen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Reinhardt Thomas, CDU)

Das ist der entscheidende politische Fehler, den Sie gemacht haben. Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie sich nicht engagiert haben. Das ist gar nicht der zentrale Punkt.

(Siegfried Friese, SPD: Das ist doch schon mal eine gute Feststellung.)

Und wenn die Bohle eben dick ist und Sie vielleicht einen scharfen Bohrer in der Hand haben, dann hat der

Bundeskanzler aber offenbar einen sehr, sehr stumpfen Bohrer in der Hand. Und Herr Schwanitz, ich glaube, der sitzt ja in Ihren eigenen Reihen, ist auch deutlich in der Kritik.

(Zurufe von Dr. Christian Beckmann, CDU, und Lutz Brauer, CDU)

Ich sage Ihnen eines voraus, Herr Ministerpräsident Ringstorff: Wenn der Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht in der Lage ist, in Gesamteuropa ein politisches Paket zu packen, dann wird dieses Problem nicht gelöst werden können.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das.)

Das ist die zentrale Frage!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich hoffe ganz einfach, Herr Ministerpräsident, dass Ihr Einfluss – wie unser Einfluss 1992, der dazu geführt hat, dass die Werften eine wirklich faire Chance bekommen haben – groß genug ist. 1992 haben sie die Chance bekommen zu starten, sie haben dann die zweite Chance bekommen zu überleben und ich hoffe, dass sie jetzt endgültig die Chance bekommen, auch im Jahr 2005 noch alle bestandsfähig und wettbewerbsfähig zu sein. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Rehberg.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2268. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? –

(Karsten Neumann, PDS: Der Antrag sagt nichts, Herr Rehberg. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2268 ist mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS bei Zustimmung der Fraktion der CDU abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Gleichberechtigte Sicherheit für alle Regionen des Landes MecklenburgVorpommern, Drucksache 3/2267.

Antrag der Fraktion der CDU: Gleichberechtigte Sicherheit für alle Regionen des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/2267 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Thomas von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der Vorlage des umstrittenen Eckpunktepapiers versucht der Innenminister, seinen Polizeibeamten klar zu machen, dass man mit der Streichung von Polizeivollzugsstellen, die einhergehen mit steigenden Belastungen bezogen auf jeden einzelnen Vollzugsbeamten, mehr Sicherheit und Bürgernähe erreichen kann. Diesen Spagat haben übrigens alle Hamburger Innensenatoren auch schon versucht. 900 Polizeivollzugsstellen sind abgebaut worden. Die katastrophalen Folgen dieser Sicherheitspolitik sind in Hamburg für jedermann sichtbar. Verzweifelt gibt die Hamburger Polizei