Protocol of the Session on September 21, 2001

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Landesregierung auf Drucksache 3/2245 zur federführenden Bera

t ung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – D er Überweisungsvorschlag ist damit einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU und PDS – Änderung der Bezeichnung des Ausschusses, auf Drucksache 3/2266.

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS: Änderung der Bezeichnung des Ausschusses – Drucksache 3/2266 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Seemann von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Frau Seemann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mit der vorliegenden Drucksache 3/2266 beantragen die Fraktionen der SPD, CDU und PDS, die Bezeichnung des Ausschusses für Gesundheit, Soziales, Familie, Frauen, Jugend und Sport zu ändern in Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Familie, Frauen, Senioren, Jugend und Sport. Mit der Namensänderung wollen alle drei im Landtag vertretenen Fraktionen dem vom 2. Landesaltenparlament im Mai 2001 herangetragenen Wunsch nach Ergänzung des Namens Rechnung tragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Antrag mag ja, das habe ich einigen Gesprächen zumindest andeutungsweise entnommen, für einige unbedeutend oder sogar lächerlich sein. Ich halte ihn angesichts der Bedeutung dieser Personengruppe und der Tatsache, dass es die ältere Generation ist, die durch ihr unermüdliches Schaffen und ihre Fürsorge der jeweils nachwachsenden Generation die Lebensperspektiven eröffnet, für gerechtfertigt.

In der Bezeichnung des Ausschusses haben wir als Querschnittsgruppen nur Jugend, Familien und Frauen aufgeführt. Senioren fehlten bislang. Bedenken sollten wir, dass Ende 1999 in Mecklenburg-Vorpommern von circa 1,8 Millionen Menschen 21,65 Prozent im Alter ab 60 Jahren und 11,2 Prozent im Alter zwischen 50 und 60 Jahren waren. Die Seniorinnen und Senioren sind die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe. Circa 20 Prozent der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern sind bereits älter als 65 Jahre. Der wachsenden Zahl der Seniorinnen und Senioren stehen extrem niedrige Geburtenraten gegenüber. Die Gesellschaft wird insgesamt immer älter. Das heißt auch, die Politik muss sich auf eine älter werdende Gesellschaft einstellen.

Ein Blick in die Ausschussprotokolle und die Protokolle der Plenarsitzungen zeigt, dass wir uns konsequenterweise in nicht unwesentlichem Umfang mit Fragen der Querschnittsgruppe Senioren beschäftigt haben. Erinnert sei an die Anträge zur Fortschreibung des Landesaltenplanes, zum landesweiten Pflegenottelefon, zur bundeseinheitlichen Regelung zur Ausbildung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern, auf Unterrichtung zum altersgerechten und betreuten Wohnen in Mecklenburg-Vorpommern, zur häuslichen Krankenpflege, zur Pflegepersonalausbildung und zu den Rentenplänen der Bundesregierung. Darüber hinaus gab es Kleine Anfragen wie zum Beispiel zur Ausbildung in der Altenpflege oder zur Organisationsreform der deutschen Rentenversicherung. In einer Aktuellen

Stunde haben wir uns mit dem Thema „Rentenreform – Konsequenzen für die Einwohnerinnen und Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns“ beschäftigt.

Höhepunkte der Seniorenpolitik in dieser Legislaturperiode waren mit Sicherheit die von unserem Landtagspräsidenten Hinrich Kuessner ins Leben gerufenen Altenparlamente 1999 und 2001. Von deren engagierten Arbeit zeugen die beiden Dokumentationen. Namens der SPDFraktion möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich für die große Einsatzbereitschaft der Seniorinnen und Senioren, die in beiden Landesaltenparlamenten mitgewirkt haben, und des Landesseniorenbeirates bedanken.

Beeindruckend war in den Landesaltenparlamenten, dass es nicht nur um unmittelbare Belange der älteren Generation ging, sondern – mit dem Blick auch auf nachfolgende Generationen – um ihr Mitwirken bei der Entwicklung der Gesellschaft. Davon zeugen die Leitanträge zum Ehrenamt und zu Aufgaben und zur Stellung der Senioren in der Gesellschaft sowie die Erklärung des Altenparlaments zum Rechtsextremismus.

Meine Damen und Herren, im Sozialausschuss waren sich die Fraktionen einig, eine Namensänderung vorzunehmen. Dies ist auch ein Zeichen an unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger, dass sich die Politik der eben von mir in Ansätzen beschriebenen Stellung der Seniorinnen und Senioren in unserer Gesellschaft als gleichberechtigt neben anderen Querschnittsgruppen bewusst ist. Dabei möchte ich betonen, dass Seniorenpolitik ebenso wie Frauenpolitik, Familienpolitik und Jugendpolitik ressortübergreifend begriffen werden muss. Diese Querschnittsaufgaben können nicht alleinige Angelegenheit des Sozialministeriums oder des Sozialausschusses sein.

Der Antrag dient einer zwar formalen, aber sinnvollen und von den Vertretern des Altenparlaments geforderten Änderung. Zum Austausch der inhaltlichen und fachlichen Argumente bis ins letzte Details ist dieser Antrag nicht geeignet. Dies können und sollten wir uns im Rahmen des fortgeschriebenen Landesaltenplanes vornehmen. Dass im Bereich der Seniorenpolitik noch einiges zu tun bleibt, ist uns bewusst. Erkennbar ist dieses auch an den Forderungen des Altenparlaments 2001.

Ich bitte aus vorher genannten Gründen um Zustimmung zum vorliegenden Antrag.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Glawe von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Glawe.

(Angelika Gramkow, PDS: Also, Herr Glawe, jetzt sind wir aber gespannt. – Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS: Na, keine Bauchschmerzen angesichts eines gemeinsamen Antrages, Herr Glawe?!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!

Also, die CDU hat keine Bauschschmerzen, verehrter Kollege,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das ist schön.)

und wir stimmen diesem Antrag auf Änderung des Namens des Sozialausschusses unter Hinzufügung der Senioren zu. Die CDU-Landtagsfraktion kann und will nicht auf die reichhaltigen Erfahrungen der älteren Generation verzichten. Das ist eine der entscheidenden Triebfedern, von denen wir uns leiten lassen. Die ältere Generation hat eine reiche Lebenserfahrung, die wir schätzen und die vor allen Dingen auch dazu führt, dass ältere Bürgerinnen und Bürger auch den Kontakt zur jungen Generation halten. Es geht darum, verschiedene Dinge auf den Weg zu bringen. Dazu gehören einmal das Ehrenamt, die Frage der Pflege, die Frage der Krankenhäuser, die Frage der offenen Altenarbeit, die ambulante Pflege – ich will nur einige Dinge hier nennen –, dazu gehört aber auch Sport. Die ältere Generation leistet sehr viel in unserer Gesellschaft und deswegen, denke ich, ist es richtig und auch wichtig, dass sich die Senioren direkt in einem Ausschuss wiederfinden, der dann auch heißt Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Familie, Frauen, Senioren, Jugend und Sport.

Die CDU-Fraktion wird diesem Antrag zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Volker Schlotmann, SPD)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 3/2266. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

(Harry Glawe, CDU: Sehen Sie, Herr Dr. Bartels, kein Problem. – Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Die Beratung des Tagesordnungspunktes 19 entfällt, da der Antrag vom Antragsteller zurückgezogen wurde.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Folgen der EUKapazitätsbeschränkungen für die Werften in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 3/2268.

Antrag der Fraktion der CDU: Folgen der EU-Kapazitätsbeschränkungen für die Werften in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/2268 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Born von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Born.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Mittleres Erdbeben für Wismars Werft“, so titelte die „Ostsee-Zeitung“ am 14. Juni diesen Jahres. Gemeint war die damals drohende Kurzarbeit und Entlassung von 600 der rund 1.500 Beschäftigten, bedingt durch die strengen EU-Kapazitätsbegrenzungen im Schiffbau. Inzwischen ist die Kurzarbeit auf der Wismarer Werft, der MTW, leider Wirklichkeit geworden.

Wir haben auf den Werften in Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile eine Situation, die nur noch als dramatisch und geradezu aberwitzig bezeichnet werden kann. Auf der einen Seite hochmoderne Produktionsanlagen, volle Auftragsbücher und motivierte Mitarbeiter – in einem von Strukturschwäche und Arbeitslosigkeit gebeutelten

Land klingt das ja fast paradiesisch, wäre da nicht eine künstliche Kapazitätsregulierung, die mit Marktwirtschaft und Wettbewerb in der heutigen Situation schlicht nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Noch einmal zur Verdeutlichung: Schiffbauaufträge können im Land nur bis zu einer festgelegten Obergrenze von 327.000 cgt produziert werden. Aufträge, die dieses Kontingent überschreiten, müssen abgelehnt werden. Kurzarbeit und Entlassungen sind die direkte Folge. Wer will, kann das alles noch mal nachlesen in einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom 05.08.1999, wo darauf hingewiesen wurde, dass die Kapazitätsbegrenzungen nach wie vor unverändert in Kraft sind.

Starre und inflexible Strukturen führen dazu, dass eine Werft bei Unterschreiten des Kontingentes in einem Jahr keinerlei Reserven für das kommende Jahr vorhalten kann und so etwa beispielsweise konjunkturelle Schwankungen ausgleichen könnte. Und was mindestens genauso dramatisch ist, leider haben sich Bundesregierung und Landesregierung nicht mit ihrem Standpunkt durchsetzen können, dass die Kapazitätsbegrenzungen für das gesamte Land Mecklenburg-Vorpommern pauschal gelten, so dass dann zwischen den einzelnen Standorten ausgeglichen werden könnte. Dies wäre immerhin auch schon ein wesentlicher Schritt nach vorne.

Vielmehr sind drakonische Strafen fällig, wenn sich die Werft nicht strikt an die Begrenzungen hält. Ich erinnere an die Rostocker Kvaerner Warnow Werft, die im Februar 2000 zur Rückzahlung von 12,6 Millionen DM an Beihilfen verurteilt worden ist, weil sie 1997 mehr Tonnage als von der EU erlaubt produziert hatte. Wenn es nach dem Willen der EU geht, bleibt diese Kapazitätsobergrenze noch bis 2005 erhalten, und dies, meine Damen und Herren, darf und kann nicht hingenommen werden, weil es sich nachgerade verheerend für die Werften, die Werftstandorte und das Land Mecklenburg-Vorpommern insgesamt auswirken müsste.

Der Ministerpräsident ist jetzt nicht da. Ich möchte ihn nur dringend auffordern, nicht auf das schlechte Gedächtnis von Menschen zu spekulieren, wenn er gelegentlich darauf hinweist, die Kapazitätsbeschränkungen seien 1992 festgelegt worden und er hätte mit der heutigen Situation nichts zu tun gehabt. Das Gegenteil ist der Fall. Ganz abgesehen davon, dass Herr Dr. Ringstorff 1992 sehr lautstark vor der Staatskanzlei – und ich sage aus heutiger Sicht, ein Glück, dass er damals nicht schon da drin war – für die Privatisierung zugunsten des Bremer Vulkan unter eben jenen vertraglichen Bedingungen der EU, die die Kapazitätsbeschränkungen festgeschrieben haben, eingetreten ist. Und es war niemand anderes als der Ministerpräsident höchstpersönlich, der im Januar 1999 hier im Landtag, aber auch in Presseerklärungen vollmundig erklärt hat, er erwarte eine Lösung des Problems der Kapazitätsbeschränkungen bereits für März 1999.

Meine Damen und Herren, wir sind mehr als zwei Jahre weiter, zweieinhalb Jahre weiter. Getan hat sich überhaupt nichts.

(Angelika Gramkow, PDS: Und Sie haben natür- lich auch nie eine Verantwortung gehabt, Herr Dr. Born, als CDU-Fraktion in diesem Land.)

Im Gegenteil, ganz im Gegenteil, es ist so gewesen, dass weder die Landesregierung noch die Bundesregierung dieses drängende Problem zur Chefsache gemacht haben, sondern wir eine Situation haben, die so drama

tisch ist, dass es fast schon zu spät ist, jetzt zu handeln. Die ursprüngliche Intention dieser Obergrenzen lässt sich ja durchaus, angesichts der erheblichen öffentlichen Investitionsbeihilfen, die zum Entstehen der weltweit modernsten und besten Werften in Form von Kompaktwerften geführt haben, nachvollziehen. Es ging damals darum, um überhaupt diese Investitionshilfen – in Wirklichkeit sind ja diese Werften fast ausschließlich mit öffentlichen Mitteln damals gebaut worden –, um das überhaupt zu ermöglichen, ging es denjenigen, die auf den Obergrenzen bestanden, darum zu verhindern, dass ostdeutschen Werften mit Hilfe europäischer Gelder ein Wettbewerbsvorteil beschert wird, der zu Lasten anderer Schiffbauer in Deutschland, Europa und der Welt geht. Genauso deutlich muss aber auch festgehalten werden, dass die heutige Situation Lichtjahre von der Ausgangslage im Jahr 1992 entfernt ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Ich habe damals auch niemanden feststellen können, das wäre ja auch gerade zu irrsinnig gewesen, der sich gegen diese Möglichkeiten ausgesprochen hat,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

dass unsere Werften überhaupt weiterexistieren konnten und diese gewaltigen Beihilfen bekamen. Aber die koreanische Dumpingpolitik im Schiffbau hat den Schiffbaubeschränkungen die Grundlage entzogen. Mit Dumpingpreisen weit unter den Herstellungskosten hat Südkorea auf dem Weltmarkt für Schiffbau eine Vormachtstellung eingenommen und ist damit Hauptgewinner der cgt-Begrenzungen auf ostdeutschen Werften. Das ist die ungeschminkte Wahrheit und das bezeichne ich als geradezu aberwitzig.

Alle Fachleute sind sich einig, dass alle politischen Kräfte mobilisiert werden müssen, um entsprechend der Öffnungsklausel, die ab 2001 eine Veränderung ermöglicht, die Beseitigung der sich mittlerweile als Produktivitätsknebelung auswirkenden Kapazitätsbeschränkungen durchzusetzen. Die Landesregierung lässt aber leider ein nachhaltiges Engagement zur vorzeitigen Aufhebung dieser Kapazitätsbegrenzungen vermissen. Ich gebe aber auch zu, dass sie hier von der Bundesregierung im Stich gelassen wird und alleine kann die Landesregierung das Problem mit Sicherheit nicht lösen.

Welche Bedeutung unser damals noch sehr neuer Wirtschaftsminister Herr Ebnet der Problematik beimisst, war am 14. Juni 2001 dem „Nordkurier“ zu entnehmen. Da stand geschrieben: „Minister sieht die Werften in Mecklenburg-Vorpommern nicht in ihrer Existenz bedroht“. Nun, Sie sind nicht so ganz neu mit der Problematik vertraut gewesen, Herr Minister Ebnet, sonst hätte ich gesagt, das war noch ein auf das Amt bezogen jugendlicher Leichtsinn. Sie hätten es damals schon besser wissen müssen. Ich hoffe, dass Sie das heute mit aller Deutlichkeit erkennen, dass diese Aussage schlicht falsch ist, sondern das Gegenteil richtig ist. Und ich will Ihnen wohl zugestehen, Herr Minister, dass Sie das eine und das andere Gespräch zu diesem Thema geführt haben, aber unter nachhaltigem Engagement verstehe ich etwas anderes.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Die Landesregierung muss endlich ihren Kampf zur Aufhebung dieser Arbeitsplatzkillerquoten deutlich ver

stärken, um den Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern als eine der wenigen tragenden wirtschaftlichen Säulen, dem einzigen industriellen Kern in unserem Land, nicht seinem ansonsten vorbestimmten Schicksal zu überlassen. Absichtsbekundungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, reichen hier nicht aus.