Bedingungen in den einzelnen Kommunen noch verstärkt werden können, weitgehend zu unterlassen beziehungsweise auf das erforderliche Maß zu reduzieren. Ich gehe davon aus, dass jeder einzelne Antrag einer Kommune, der an uns im Falle der Beschlussfassung unseres Gesetzes gerichtet wird zu diesem Gesetz, kein Alleingang eines Bürgermeisters oder der Verwaltung ist, sondern in den Ausschüssen der entsprechenden Vertretungen beraten wird.
Des Weiteren will ich darauf verweisen, dass der Landtag mit der Aufforderung in Paragraph 2 Absatz 4 an die Landesregierung, halbjährlich einen Bericht über den Stand des Verfahrens zu geben, sehr schnell Möglichkeiten hat, eventuelle Fehlentwicklungen zu unterbinden. Und insofern ist, denke ich, auch der Vergleich mit Schleswig-Holstein einfach ein hinkender, weil hier ganz andere Kontrollmechanismen im Gesetz enthalten sind. Außerdem muss man an dieser Stelle auch noch einmal kurz sagen: Es gibt einen Experimentiercharakter in diesem Gesetz, das haben meine Vorredner aber auch schon deutlich gemacht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will abschließend hervorheben: Wir haben ohne dieses Gesetz bisher keinen ernsthaften Weg gefunden, nicht notwendige Reglementierungen zu unterbinden. Wagen wir deshalb den Versuch, die Kommunen aufzufordern, nach demokratischer Beratung vor Ort, die Landesregierung und uns als Parlament auf übertriebene und bürokratische Standards aufmerksam zu machen. Und in diesem Sinne bitte ich Sie, der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zur Annahme des Gesetzes zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Mitglieder des Innenausschusses dieses Hohen Hauses sind fest entschlossen, um nicht zu sagen, wild entschlossen, hier und heute ein so genanntes Standardöffnungsgesetz im Landtag zur Verabschiedung zu bringen.
Von manchen Abgeordneten werden sie mit Unterstützung rechnen können. Im frühen Vorfeld von Landratsund Oberbürgermeisterwahlen scheint es schicklich zu sein, den Kommunalpolitikern Gutes zu tun.
Doch die Volksvertretung, dieses Hohe Haus, ist drauf und dran, mit sehr fragwürdigen Argumenten die Ressortbedenken anderer Fachausschüsse vom Tisch zu fegen
und mittels eines Standardöffnungsgesetzes Fallstricke zu legen, die den Ressorts für wenigstens vier Jahre Probleme bereiten dürften, denn die Lösung heißt in Parag r a p h 2 des Gesetzentwurfes, die Befreiung von Standards soll auf Antrag durch das Innenministerium im Benehmen mit der jeweils fachlich zuständigen obersten Landesbehörde erfolgen. Unter der Flagge der Verwal
tungsmodernisierung auf Landes- und Kommunalebene sollen den Kommunen neue Wege mittels befristeter Ausnahmen vom geltenden Landesrecht ermöglicht werden. Ein hehres Ziel, das mit diesem Gesetz nicht zu verwirklichen ist, meine Damen und Herren Abgeordnete.
Auf den Punkt gebracht liegt hier eine gravierende Durchbrechung des in Artikel 35 Grundgesetz und Artik e l 46 Absatz 2 Landesverfassung festgeschriebenen Ressortprinzips vor. Da zusätzliche Aufgaben im übertragenen Bereich betroffen sind, besteht für die Landesregierung mit Vollzug des Gesetzes ein verfassungsrechtliches Problem oder – vorsichtig formuliert – die Befugnis zur ständigen Führung eines Geschäftsbereiches, sagen wir, des Umweltministeriums, wird konterkariert, indem das verfassungsrechtliche Ressortprinzip aufgehoben wird. Zumindest hätte ein Einvernehmen zwischen der obersten Rechtsaufsichtsbehörde und der jeweils fachlich zuständigen obersten Landesbehörde vorgesehen werden sollen, wie es in der Stellungnahme des Justizministeriums vom 01.12.1999 heißt. Im Bericht des Innenausschussvorsitzenden wird ausgeführt, durch Auflistung konkreter Gesetze im Gesetzentwurf juristische Bedenken entschärfen zu können. Die Begründung in der Stellungnahme des Umweltausschusses wurde schlichtweg ignoriert und blieb undiskutiert.
Der Umweltausschuss, den ich zu moderieren die Aufgabe habe, hat sich in mehreren Beratungen mit den Stellungnahmen des Umweltministeriums, des Innenministeriums und auch mit dem modifizierten Gesetzentwurf ausführlich beschäftigt und erhebliche Bedenken deutlich gemacht. Mehrheitlich votierte der Ausschuss für die Streichung folgender Vorschriften: Zum Ersten betrifft es den Anwendungsbereich in Paragraph 1 Absatz 3 Ziffer 4, die Vorgaben für die Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen. Die genannten Standards ergeben sich aus bundes- oder europarechtlichen Vorschriften. Diese entfalten verbindliche Wirkungen und müssen umgesetzt werden.
Sie können durch Landesregelungen nicht modifiziert oder abgeändert werden, selbst im Einzelfall nicht, denn es besteht überhaupt kein Änderungsspielraum. Und hier, Herr Kollege Jäger, irren Sie!
Des Weiteren entsteht ein fundamentales Rechtsschutzproblem bei der Anwendung, weil die Befreiung von Standards zu Lasten von Nachbarn ginge. Hier greift Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz, dem entsprechend ja gerade der anliegende Nachbar geschätzt werden soll. Diese Standards, gemeint sind Mindestabstände, Höchstwerte von Schadstoffbelastungen und anderes, sind drittschützend – Paragraph 1 Absatz 3 Ziffer 4. Wie soll der Zweck des Gesetzes als Schutznorm für einen Privaten im Einzelfall begründet werden, wenn ausdrücklich Ausnahmen gemacht werden? Auf dieses Rechtsschutzargument, welches Nachbarschaftsklagen geradezu provoziert, hat unser Umweltausschuss vergeblich verwiesen. Im Übrigen: Die Nachweisführung wäre im Zweifelsfall sehr kostenintensiv und für die betroffenen Behörden höchst arbeitsintensiv. Die Umweltverbände haben in ihrer Stellungnahme auch darauf aufmerksam gemacht.
Zweitens. Es wird im Anwendungsbereich des Paragraphen 1 Absatz 4 Ziffer 7 das Landesnaturschutzgesetz betreffend offen gelegt, dass der in Paragraph 1 Absatz 1 dargestellte Gehalt schon für den Normanwender und erst
recht aber für die betroffene Kommune völlig unklar bleibt. Es wird der Bezug für Personal- und Sachstandards für den Betrieb und die sächliche Ausstattung von kommunalen Einrichtungen, wie es heißt, nicht einmal versucht an den Haaren herbeizuziehen. Da sich der Begriff „Einrichtungen“ auf solche zur Daseinsvorsorge im Sinne des Paragraphen 15 Kommunalverfassung bezieht, ist festzustellen, dass das Landesnaturschutzgesetz diesbezüglich keinerlei Sachstandards enthält und auch künftig gar nicht enthalten kann.
Der Umweltausschuss hat hierzu in seiner Begründung zur Stellungnahme festgestellt: Umweltrelevante Befreiungstatbestände würden suggeriert, die nicht existent seien. Die in der Naturschutzpolitik diskutierten Regelungen, beispielsweise zum Biotopschutz, zu Eingriffen in Natur und Landschaft, zu Ausgleichs- und Ersatzverpflichtungen, ergeben im Sinne der Kommunalverfassung keinerlei Betroffenheit. Auch kann der Gesetzentwurf keine präventive Funktion übernehmen, wie von Vertretern der CDU-Fraktion erwünscht,
sondern nur – wie in den einzelnen Ziffern des Paragraphen 1 aufgeführt – konkret betroffene Sachverhalte regeln. Eine Aufführung von nicht betroffenen Gesetzen und Verordnungen wäre damit rechtsfachlich falsch und wir als Gesetzgeber würden unsere Kompetenz überschreiten.
Meine Damen und Herren Abgeordnete! Insgesamt ergibt sich: Die Einbindung der Umweltgesetze zum Wasser- und Naturschutzrecht in das ohnehin zweifelhafte und bereits in der Bezeichnung irreführende Standardöffnungsgesetz ist überflüssig und falsch. Man soll nicht Erwartungen wecken mit Gesetzen, die keinen diesbezüglichen Gehalt noch ein Bedürfnis besitzen.
Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sind solche funktionslosen Vorschriften bedenklich und ein Verstoß gegen die Rechtssicherheit.
Gerade im Umweltbereich sind wir alle überzeugt davon, dass Deregulierung angesagt ist. Es ist mehrfach darauf aufmerksam gemacht worden. Doch dieser Gesetzentwurf genügt dieser Prämisse nicht, selbst wenn man die experimentelle Gesetzgebung per se einräumt. Ohne Objekt, meine Damen und Herren Abgeordnete, bleibt das Experiment eine virtuelle Spielwiese. Heraufbeschworen wird im Umweltrecht letztlich eine Konfliktverschärfung, die wir nicht wollen, die niemand wollen kann. Man kann die Betroffenen nur warnen, mit großen Erwartungen Befreiungsanträge zu stellen. Sie würden sicher enttäuscht werden.
Meine Damen und Herren, ich werde im Interesse von Glaubwürdigkeit und Transparenz der Mogelpackung dieses Gesetzes die Zustimmung versagen. – Danke fürs Zuhören.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eineinhalb Jahre läuft die Beratung schon und ich habe jetzt aber nur noch zehn Minuten und muss deswegen ein wenig rattern. Ich bitte, mir das nachzusehen.
Herr Müller, ich höre Ihnen immer gerne zu, Sie können immer so hübsch plaudern. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte das auch. Aber so hübsch verpackt es auch war, eine ganze Reihe von Diffamierungen derjenigen, die ablehnen wollen, waren schon enthalten, aber nicht nur bei Ihnen. Das möchte ich so nicht stehen lassen, deshalb meine ganz schnell heruntergeratterte Argumentation.
Erstens. Ich vermisse im Bericht des Ausschussvorsitzenden die Darstellung einiger an ihn herangetragener Standpunkte. So findet der Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses nicht einmal Erwähnung. Der Landesjugendhilfeausschuss ist das Gremium, das nach dem KJHG zuständig ist für alle grundsätzlichen Angelegenheiten der Jugendhilfe im Land,
insbesondere für die Jugendhilfeplanung. Dieser schreibt am 9. Januar 2000 Folgendes an den Vorsitzenden, kein vollständiges Zitat, nur der Extrakt: Paragraph 1 Absatz 2 Punkt 1 sei zu löschen, Paragraph 1 Absatz 2 Punkt 2 „Schulen und Kindergärten“ zu streichen. Weiter wörtlich: „Unseres Erachtens kann es nicht angehen, dass die kommunalen Körperschaften in Mecklenburg-Vorpommern Standards im Bereich der Jugendhilfe unterlaufen können, selbst wenn der Gesetzentwurf bis zum 31.12.2004 befristet ist.“
(Georg Nolte, CDU: Langsam bitte! Ich kann gar nichts verstehen. – Lutz Brauer, CDU: Geben Sie es zu Protokoll, dann haben wir mehr davon.)
Der Sozialausschuss hat ebenfalls erhebliche Zweifel an der jetzigen Konstruktion signalisiert, allerdings nicht fristgerecht, das ist hier einzuräumen. Eine Konfliktlinie scheint also zwischen Sozial- und Kommunalpolitikern zu liegen, aber nur dann, wenn man beides so sortieren will. Das will ich nicht.
Kommunalpolitiker sind vor allem Sozialpolitiker, denn ein Kernbereich des eigenen Wirkungskreises ist eben der Teil der Daseinsvorsorge, den wir landläufig als Soziales bezeichnen. Entsprechend engagiert ringen die Gemeindevertreter um den Erhalt ihrer Einrichtungen, ärgern sich über bürokratische Engstirnigkeit und erwarten mit Recht, dass wir ihre Fesseln wenigstens ein bisschen lockern. Aber ich habe Zweifel, dass dieses Gesetz das leistet. Entbürokratisierung ist nämlich gerade nicht in Sicht.
Dieses Gesetz ist mehr so eines, bei dessen Begründung, aber auch Ablehnung man bei jedem zweiten Satz zu der Formulierung kommt: „Das schon, na ja, aber, hm, und wird doch nicht ganz so doll.“ Also im Grunde genommen: Manchmal reduziert sich der Gedankenaustausch auf die Feststellung, wenn der gesunde Menschenverstand als Standard in den Amtsstuben Einzug hielte, könnte man andere Standards vielleicht ganz getrost belassen, dann würden sie vernünftig angewandt.
Die Schwierigkeit in der Begründung oder Ablehnung dieses Gesetzes zeigt nur, dass es sich um eine tatsächlich sehr schwierige Abwägung handelt und dass es sich andererseits wohl auch nicht um den ganz großen Wurf handelt mit diesem Gesetz. Nicht gering zu schätzen sind die Bemühungen der Kolleginnen und Kollegen, es in den Ausschüssen wenigstens zu versuchen, da stimme ich voll zu. Und man muss in Betracht ziehen: Zehn Jahre nach der Einführung der kommunalen Selbstverwaltung sind der rechtliche und vor allem der finanzielle Rahmen für die Kommunen schon wieder so eng, dass Hilfe dagegen nötig ist. Aus diesem Grund ist das Gesetz überreif und muss nun auf den Erntedanktisch. Das scheint mir der Grund dafür zu sein, dass manchem berechtigten Einwand, jedenfalls aus meiner Sicht, nicht abgeholfen wurde. Zum Beispiel ist die Regelung hinsichtlich des Jugendhilfebereiches nicht hinreichend bestimmt. Es gibt nicht ein Ausführungsgesetz zum KJHG, sondern drei. Welches darf es denn nun sein, bitte?
Mit dem Standardöffnungsgesetz soll die Öffnung neuer Spielräume für Kommunen erfolgen und das ist gut so. Jedoch muss an dieser Stelle gerade in Bezug auf die vorgeschlagenen Gesetze im Umweltbereich deutlich gesagt werden, dass wir keine falschen Spielräume vorgaukeln sollten. Herr Dr. Klostermann hat es sehr gründlich ausgeführt. Im Wasserrecht bestehen zwar kommunale Einrichtungen als Einrichtungen der Daseinsvorsorge, jedoch entsprechen die hier geltenden Standards den Vorschriften aus Bundes- und EU-Recht – auch das hat er sehr deutlich gesagt – und werden somit entsprechend Paragraph 1 Absatz 2 gar nicht berührt. Das heißt im Klartext: Es gibt keinen Spielraum, aber die Mehrheiten in diesem Hause wollen es anders sehen. Wir werden sehen, ob eine konsequente Entscheidung, heute diesen Part zu streichen, nicht besser gewesen wäre als 100 ablehnende Bescheide und damit enttäuschte Hoffnungen in den Kommunen, weil der Standard eben nicht in den Geltungsbereich des Standardöffnungsgesetzes fällt.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Henning Klostermann, SPD: Genau das ist der Punkt! – Caterina Muth, PDS: Genau so!)
Das Standardöffnungsgesetz soll unter anderem dokumentieren, dass der Gesetzgeber großes Verständnis für die Nöte der Kommunen hat. Dieses Verständnis ist offenbar so groß, dass die Mehrheit auch in Kauf nehmen wird, dem Innenminister die Letztentscheidung dafür zu übertragen, ob die vom Parlament nach politischer Meinungsbildung und Mehrheitsentscheidung festgelegten Mindeststandards – ich rede jetzt hier mal nur von den gesetzlichen, damit es nicht wieder falsch wird – nicht doch noch ein bisschen minder ausfallen könnten, zum Beispiel falls das Geld für andere Vorhaben gebraucht wird, zum Beispiel um die Investitionsquote hochzuziehen, zum Beispiel wenn die Finanzausstattung einfach nicht ausreicht, um die Angebote der Vorsorge auf einem Mindestniveau anzubieten.
Was die auf dem Verordnungsweg eingeführten Personal- und Sachstandards betrifft, könnte das Parlament ja im Laufe des Experiments sogar einige Aufklärung darüber bekommen, was die Administration aus den gesetzli