Die CDU-Fraktion, also die Opposition in diesem Hause, wird es nicht zulassen, dass SPD und PDS dieses Haus zu einem Kaspertheater verkommen lassen.
Hier wird ernsthafte Politik gemacht. Daher verlangen wir auch, dass die Landesregierung die Beschlüsse des Parlaments ernst nimmt und respektiert. Es gehört auch zu den Aufgaben der Koalitionsfraktionen, einstimmig gefasste Beschlüsse gegenüber der Landesregierung durchzusetzen. Nicht mehr und nicht weniger verlangen wir heute von Ihnen und ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich halte an meinem Ziel fest, zwischen der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald und dem Klinikum Karlsburg einen Kooperationsvertrag zu veranlassen. Dabei lasse ich mich von zwei Grundsätzen leiten:
Erstens. Mit zwei Medizinischen Fakultäten in unserem bevölkerungsarmen Bundesland haben wir in Deutschland eine vergleichbar sehr besondere Position. Beide Medizinischen Fakultäten müssen mit den begrenzten Mitteln, über die wir verfügen, in Lehre und Forschung so gut werden, dass sie aus eigener Kraft im Konkurrenzfeld der deutschen Hochschulmedizin einen ganz sicheren Platz einnehmen können. Dazu ist die Konzentration aller Mittel und die enge Kooperation mit allen geeigneten Anbietern von Krankenhausleistungen im Land anzustreben. Geeignet müssen sie sein. Eine Konkurrenz zwischen den kommunalen und privaten Krankenhäusern auf der einen Seite und Universitätskliniken auf der anderen Seite mit öffentlichen Mitteln noch anzuheizen und zu fördern halte ich für unverantwortlich.
Zweitens. Die Universitätskliniken in Rostock und Greifswald sollen für die Gesundheitsvorsorge und die Krankenversorgung Aufgaben der Supramaximalversorgung übernehmen, um das mal ganz hoch anzubinden. Das ist im Interesse der Bürger unverzichtbar, aber auch für eine hochwertige Ausbildung an den Fakultäten zwingend. Daher ist gemeinsam mit dem Sozialministerium und allen Beteiligten im Land ein abgestuftes Verfahren der Zusammenarbeit zu entwickeln mit dem Schwerpunkt bei den Einrichtungen von höchstem Niveau, einem Niveau, das mit öffentlichen Mitteln zurzeit nicht oder nur mit größten Opfern für andere erreicht werden kann. Dazu gehört das Klinikum Karlsburg.
Meine Damen und Herren, ich halte am Prinzip des Dialogs fest. Jawohl, Frau Schnoor, das ist mein Grundprinzip. Bei der Durchsetzung schwieriger Strukturfragen an unseren Hochschulen ist das besonders angezeigt. Das ist nicht immer sehr einfach. Bei den schwierigen Strukturentscheidungen, die von Ihnen im Parlament und die von uns in der Regierung zu treffen sind, brauchen wir die Mitarbeit und das Verständnis derjenigen, die von unseren Entscheidungen betroffen sind. Dieses Festhalten am Dialog erfordert vor allem Geduld, erfordert einen langen Atem, erfordert auch einige Leidensfähigkeit.
Ich weiß, dass es nicht immer möglich sein wird, alle Einwände auszuräumen, gerade wenn es um vielfältige, auch widerstrebende Interessen geht. Es geht um Arbeitsplätze, es geht um unterschiedliche Visionen von Zukunft, es geht um Hoffnungen, aber es geht auch um politische Interessen, für die der dialogische Ansatz gegebenenfalls Angebote liefert, Interessen zu verfolgen, die nicht im ursprünglichen Dienst der Sache stehen. Wer auch dem letzten, weit hergeholten Einwand gegen einen vernünftigen Vorschlag intensiv nachgeht, dem wird sehr gern vorgeworfen, er entziehe sich seinen politischen Verpflichtungen. Ich stehe dennoch zum Weg des Gesprächs. Ich sehe zu diesem Vorgehen keine vernünftige Alternative. Ich bin davon überzeugt, dass gerade an den Hochschulen nur auf diesem Weg die schwierigen Strukturentscheidungen umsetzbar werden. Gemeinsam müssen Hochschulen und Landesregierung dauerhaft tragfähige Lösungen finden. Am Ende eines solchen Prozesses um die beste Lösung muss dann aber auch eine Entscheidung stehen, notfalls im Dissens.
Und noch eine Beobachtung möchte ich an dieser Stelle anfügen: In Gesprächen mit Greifswalder Professoren, Mitarbeitern und Studenten sind auch Befürchtungen zu bemerken, der Greifswalder Alma Mater werde nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt. Noch mehr, sie soll beschädigt werden. Aber genauso ernst erkläre ich immer
wieder: Diese Befürchtungen sind unbegründet. Ich weiß, dass in Vorpommern hart gegen die strukturellen Nachteile aus der geographischen Lage angearbeitet werden muss. Deswegen wirkt das Bildungsministerium zum Beispiel in der Arbeitsgruppe Vorpommern im Bündnis für Arbeit mit gutem Erfolg mit.
Die enge Verzahnung der Verantwortlichen in Gesellschaft, Verwaltung und Wirtschaft mit unseren Hochschulen kann zu einer Produktivität für Vorpommern werden. Die Universität Greifswald ist nicht gefährdet. Im Gegenteil, die Universität und die Landesregierung arbeiten intensiv daran, die Zukunftsfähigkeit des Standortes zu verbessern. Das ist eine große Aufgabe, die uns die nächsten Jahre großen Arbeitseinsatz und viel gegenseitiges Verständnis abverlangen wird. Dass dabei gelegentlich hart gerungen wird, ist ganz selbstverständlich. Was allein zählt, sind Ergebnisse, und die lassen sich sehen. Die Medizinische Fakultät wird fortentwickelt. Die Landesregierung insgesamt und die Universität arbeiten in einer Arbeitsgruppe an einem Zukunftsmodell für das Klinikum und die Fakultät. Dort sollen schon erste gemeinsame Arbeitsergebnisse vorliegen. Alle Beteiligten haben sich aufeinander zubewegt. Darüber bin ich sehr froh.
Die Universität hat aus eigener Kraft und natürlich auch mit Hilfe der Landesregierung auf vielen Feldern bundesweit beachtliche Erfolge vorzuweisen, den systematischen Ausbau der Biochemie, den Schwerpunkt in der Plasmaphysik um das INP, das IPP und die Universität. Ich denke aber auch an die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge in der Philosophischen Fakultät, die überregionales Interesse bei jungen Menschen an Greifswald ausgelöst haben.
Es gibt also insgesamt betrachtet keinen Grund, an der Zukunftsfähigkeit unserer Universität in Greifswald zu zweifeln. Aber umgekehrt gilt auch, dass wir bis zu einer unbestreitbaren überregionalen Konkurrenzfähigkeit gemeinsam noch viel Arbeit vor uns haben. Das gilt für alle Hochschulstandorte.
Meine Damen und Herren, der Kooperationsvertrag zwischen der Universität und dem Klinikum wurde in der letzten Woche von der Klinikgruppe Guth unterschrieben. Der Rektor der Universität hat vor einigen Tagen erneut ein längeres Schreiben mit Einwänden vorgelegt. Soweit das bisher erkennbar ist, werden belastbare neue Einwände und Argumente gegen den Vertragsvorschlag nicht vorgetragen. Gleichwohl sollen die Einwände in angemessener Form noch einmal überprüft werden. Ich werde deshalb veranlassen, dass die Universität schnell eine Antwort auf ihre Vorschläge erhält, damit der Einigungsprozess nicht weiter aufgehalten wird.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen auch heute, um jedem Missverständnis vorzubeugen, noch einmal die Grundkonstruktion, die dem Vertrag zugrunde liegt, zusammenfassen. Daran hat sich seit mehr als einem halben Jahr überhaupt nichts geändert.
Erstens. Die Klinikgruppe Guth stellt in der Universität einen Linksherzkatheter-Messplatz auf und betreibt ihn eigenwirtschaftlich.
Zweitens. Im Gegenzug dazu verhandelt die Klinikgruppe Guth mit den Kostenträgern über den Gesamtumfang der Prozedur.
Drittens. Die Klinikgruppe Guth stellt sicher, dass auf dem Linksherzkatheter-Messplatz in der Uni 1.500 Proze
Viertens. Der Lehrstuhlinhaber der Universität vereinbart mit dem Direktor des Klinikums Karlsburg in eigener Verantwortung die wissenschaftliche Zusammenarbeit. Er hat mir persönlich gesagt, dass es sich sehr gut auf der Grundlage – ich habe das hier im Parlament auch schon vorgetragen – des bisherigen Vertragsentwurfes in Forschung und Lehre arbeiten ließe.
Fünftens. Einzelheiten über den Einbau des Großgerätes, den Einsatz des Personals, die Abrechnung der gegenseitig entstehenden Kosten und Haftungsfragen werden von den Beteiligten unter Moderation des BM sofort nach Unterschriftsleistung unter den Rahmenvertrag geklärt.
Die Unterstellung der Opposition, meine Damen und Herren, das BM habe dem Landesrechnungshof zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Vertragsentwürfe vorgelegt, weise ich sehr ernsthaft zurück. Dem Landesrechnungshof hat ebenso wie dem Finanzministerium und dem Justizministerium der Vertragsentwurf zur grundsätzlichen Würdigung vorgelegen. Alle drei haben ihr grundsätzliches Einverständnis zu diesem Vertrag erklärt.
Ich erlaube mir, mit Genehmigung des Präsidenten aus dem Schreiben des Landesrechnungshofes zu zitieren: „Die Klinik in Karlsburg nimmt einen vom Land gewollten Versorgungsauftrag im Bereich des Krankenhauswesens wahr. Es handelt sich um ein Krankenhaus von hoher Leistungsfähigkeit. Infolgedessen ist eine Kooperation zwischen der Universitätsklinik Greifswald und dem Klinikum Karlsburg eine Planungsalternative, die vernünftig ist, vor allem vor dem Hintergrund der in das Klinikum Karlsburg geflossenen Fördermittel. Dass der beabsichtigte Kooperationsvertrag die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Universitätsklinikums im Bereich der Kardiologie beschränkt, ist letztlich eine notwendige Folge der planerischen Entscheidung der beiden zuständigen Ministerien, zu einer der Wirtschaftskraft des Landes angepassten Struktur in der Krankenversorgung zu kommen.“ Ich erlaube mir zu ergänzen, dass nur eine sinnvoll organisierte Krankenversorgung die richtige Basis für leistungsfähige Lehre und Forschung ist.
Der Landesrechnungshof weist zu Recht darauf hin, dass es sehr wohl im Gesamtinteresse des Landes liegt, wenn hier vorhandene Ressourcen mit einem hohen fachlichen und wissenschaftlichen Ruf gemeinsam genutzt werden, anstatt konkurrierend – ich wiederhole das noch mal – ebenfalls mit öffentlichen Mitteln ein weiteres Herzzentrum aufzubauen.
Selbstverständlich wurde in der Zwischenzeit mit der Klinikgruppe Guth über die Änderungswünsche der Universität weiter verhandelt und ich sagte Ihnen, ja, die Unterschrift liegt vor. Das ist also der Sachverhalt, wie er besteht. Das sind die Aktivitäten, die wir unternehmen. Ich werde weiter entschieden für das Zustandekommen dieser Zusammenarbeit eintreten, weil das vernünftig ist, und gegebenenfalls auch, soweit das die gesetzlichen Möglichkeiten zulassen und wenn belastbare Gegenargumente nicht mehr vertreten werden können, eine dissente Lösung entscheiden.
Ich erwarte insbesondere von der CDU dabei Unterstützung, weil die Zusammenarbeit zwischen der Universität und Karlsburg ja auch ein Genehmigungsvorbehalt
Das Ganze ist inzwischen für uns alle, so glaube ich, ein Lehrstück, aber für mich nicht in der Weise, wie die CDU es sieht. Es ist auch ein anschauliches Beispiel dafür, wie schwer es werden wird, wenn wir uns im Ringen um Ressourceneffizienz zur Erreichung hoher Leistungen unter den gegebenen Bedingungen zu neuen Ansätzen bereitfinden müssen. – Danke.
Frau Schnoor, wir können ja nun bestimmt an manchen Gegenständen darüber streiten, wer Sinneswandel aufzuweisen hat und wer nicht. Ich will das hier nicht tun, nehme allerdings für mich in Anspruch, dass ich mich vor dem Herbst 1998 und danach immer und sehr nachdrücklich dafür eingesetzt habe, dass es an der Greifswalder Universität eine Kardiologie mit einem C4-Professor geben muss. Da ist kein Sinneswandel vorhanden. Und wenn Sie hier von Kaspertheater sprechen, Frau Schnoor, Sie waren im Februar ja nicht hier, Sie brauchen mir jetzt nicht zu antworten, aber auf dem Weg nach draußen
nehmen Sie vielleicht mal die Überlegung mit, ob es in der letzten Legislaturperiode denkbar gewesen wäre, dass die damaligen Koalitionsfraktionen einem Oppositionsantrag ihre Zustimmung gegeben hätten in einer so brisanten und inzwischen auch politisch belasteten Frage. Ob das überhaupt denkbar gewesen wäre, lasse ich mal außen vor. Es hat sie aber gegeben im Februar, denn das war eine Zustimmung...
Ja, das ist auch etwas Besonderes hier. Und das ist etwas Neues. Das hat etwas mit neuem Politikstil zu tun, Herr Kollege.
(Georg Nolte, CDU: Ja, dann geben Sie es doch zu, dass es so war! – Zuruf von Heidemarie Beyer, SPD)
Und dann davon zu sprechen, dass hier Kasperletheater stattfindet, ich denke, da gibt es Anlässe aus der Vergangenheit, bei denen das zutreffender wäre.
Da ich aber nach wie vor diese Frage sehr ernst nehme und sie mir auch wichtig ist, will ich mich der Mühe unterziehen, Ihren Antrag ein wenig textkritisch zu beleuchten.
Zum Punkt I.1.: Ihr Antrag ist vom 13.04. Es war ja damals ein Dringlichkeitsantrag. Sie haben zu diesem Zeitpunkt schon gewusst, dass der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur nach dem 24.03. keine Ersatzvornahme durchgeführt hat. Sie hätten zumindest zum Antragsschluss für die jetzige Landtagssitzung wissen
müssen, wenn Sie es dann gewollt hätten, dass es einen neuen Vertragsentwurf gibt, in dem eine ganze Reihe wesentlicher Kritikpunkte der Universität Greifswald berücksichtigt worden sind in Veränderungen. Ich verweise auf die Frage des Personals, des nichtärztlichen Personals für die Kardiologie. Ich verweise auf die Frage, die mit der Haftung zusammenhängt, und auch, zumindest partiell, auf Fragen der Patientenfallzahlen, die ja ein Zentrum dieser ganzen Geschichte sind. Hier gibt es wesentliche Veränderungen. Zumindest Anfang Mai haben Sie gewusst, dass es diesen neuen Kooperationsvertrag gibt. Unter diesem Gesichtspunkt frage ich Sie: Wie bewerten Sie selbst Ihren Punkt I.1.?
Zum Punkt I.2.: Sie nehmen immerhin zur Kenntnis – das ist ja schon toll von der Opposition –, dass die Regierung inzwischen Professor Felix ernannt hat. Aber indem Sie das hier so lapidar feststellen, versuchen Sie natürlich ganz bewusst, diesen wesentlichen Aspekt der Geschichte herunterzuspielen. Und Sie wissen genauso gut, wie ich es weiß, dass es keine Selbstverständlichkeit war, dass Professor Felix ohne Klärung der Absicherung der Berufungszusagen, sprich Katheter-Arbeitsplatz, ernannt worden ist. Und ich würde dann doch schon erwarten, dass man mindestens respektiert, dass hier die Regierung dieses Landes ein deutliches Zeichen für die Kardiologie und für die Medizinische Fakultät sowie ihr Klinikum in Greifswald gesetzt hat.