Protocol of the Session on February 3, 2000

Herr Dr. Ringstorff, gestatten Sie mir zunächst eine persönliche Bemerkung. Ich schätze es durchaus, wenn Sie sich als Abgeordneter auch scharfzüngig und polemisch mit der Opposition auseinandersetzen. Nur wenn Sie als Ministerpräsident sprechen, dann bitte ich Sie doch zu überlegen, ob es wirklich angemessen ist, einem Abgeordneten dieses Hauses zu unterstellen, dass er möglicherweise wirtschaftliche Interessen hat, wenn er sich hier für ein Projekt einsetzt. Sie hatten ja gesagt, vielleicht Mandatar.

(Zuruf von Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff)

Oder wenn Sie auch in diesem Zusammenhang das Wort Lüge gebrauchen und es ebenfalls so in den Raum stellen, dass möglicherweise das, was man hier sagt, nicht der eigenen Überzeugung entspricht – ich denke, Herr Ministerpräsident, Sie sollten nicht Ihre eigenen Argumente durch solche Unterstellungen entwerten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich will Ihnen das noch mal zitieren, was ich eben genau zu dem Punkt der Wirtschaftlichkeit gesagt habe. Ich habe gesagt, vordergründig und in erster Linie kommt es bei der Realisierung einer ersten Transrapidstrecke nicht darauf an, eine Vielzahl von Personen Gewinn bringend zu transportieren, obwohl außer Frage steht, dass auch die Strecke Hamburg–Berlin schon mittelfristig durchaus wirtschaftlich betrieben werden kann. Ich habe Ihnen dann auch die Zahlen im Einzelnen genannt.

(Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

Und, Herr Ministerpräsident, wenn es Ihnen schwer fällt, was ich auch nachvollziehen kann, dass Sie Argumente der Opposition, noch dazu in öffentlicher Debatte, aufgreifen, und vielleicht auch noch sagen, wir sollten doch noch mal das eine oder andere überdenken, dann meine ich, wäre es aber doch angemessen, dass Sie nach einer Rede wie von Ihrem Fraktionskollegen Gerloff, der ja nun wirklich über Sachverstand im Zusammenhang mit Verkehrsfragen verfügt, überlegen, ob das wirklich nur alles Unfug ist, was von einem solchen Kollegen vorgebracht wird oder was Ihr eigener Wirtschaftsminister dazu öffentlich erklärt, heute in der Debatte bezeichnenderweise nicht.

Herr Ministerpräsident, wenn Sie dann sagen, wir sind ein so kleines Rädchen – so bescheiden kenne ich Sie übrigens sonst gar nicht, wie Sie jetzt hier gerade tun –,

(Siegfried Friese, SPD: Ist er auch nicht, ist er auch nicht!)

dass wir das nicht beeinflussen können, dann muss ich Ihnen sagen, Herr Ministerpräsident, schauen Sie doch mal in den Kreis Ihrer sozialdemokratischen Kollegen! Da gibt es fast alle sozialdemokratischen Kollegen, die die Chancen des Transrapid erkannt haben und sich jetzt intensiv bemühen dafür zu sorgen, dass dieses Projekt eben nicht unter Einbindung des Landes Mecklenburg-Vorpommern realisiert wird, sondern auf anderen Strecken. Glauben Sie, die tun das nur, weil das eine verrückte Idee ist, oder meinen Sie nicht, dass die das tun, weil sie aus Verantwortung für Ihr Land sehen, welche Zukunftschancen sich mit einer solchen Technologie verbinden?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig!)

Ich zitiere Ihnen eine dpa-Meldung von 11.07 Uhr: Insgesamt zehn deutsche und niederländische Industrieund Handelskammern haben sich für den Bau einer Transrapidverbindung zwischen Amsterdam und Berlin über Oldenburg und Bremen ausgesprochen. In einer am Donnerstag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung heißt es: Nach niederländischen Planungen solle zwischen Amsterdam und Groningen eine Hochgeschwindigkeitsstrecke mit dem Transrapid entstehen. Es sei daher sinnvoll, die Transrapidverbindung nach Hamburg weiterzuführen und sie dort an die geplante Verbindung Hamburg–Berlin anzuknüpfen. Ein Vorschlag des niedersächsischen Regierungschefs Sigmar Gabriel – nun frage ich mich, ob der nun Ministerpräsident unseres Landes ist oder Sie – findet die Unterstützung der deutschen und niederländischen Wirtschaftsorganisation, heißt es. Unterzeichnet ist die Erklärung auf holländischer Seite von den Kammern in Amsterdam, Flevoland, Friesland und Groningen, auf deutscher Seite von den Kammern in Bremen, Bremerhaven, Emden, Hamburg, Oldenburg und Stade.

Verehrter Herr Ministerpräsident, vielleicht, wenn Sie es hier auch nicht öffentlich tun, gehen Sie doch noch mal in sich und setzen sich mit diesen Argumenten auseinander! Ich denke, das sind alles Leute, die es verdient haben, dass sie ernst genommen werden, auch von dem Ministerpräsidenten eines Landes, das nun nicht gerade sehr strukturstark ist

(Sylvia Bretschneider, SPD: Machen Sie doch nicht wieder solche Unterstellungen, Herr Born!)

und dringend auf Unterstützung von außen angewiesen ist und dringend darauf angewiesen ist, dass hier ein Projekt realisiert wird, was wirklich Zukunftschancen für das Land bringt. Und, Herr Ministerpräsident, ich denke, es wäre in der Tat sinnvoll, nicht nur zu sagen, wir können daran nichts ändern wie es läuft, sondern dass Sie auch mal Ihre internen Kontakte nutzen, um die Bundesregierung dazu zu bringen, hier über ihren Schatten zu springen.

Ich will auf zwei Punkte nur noch ganz kurz hinweisen: Das eine ist, was Kollege Gerloff deutlich gemacht hat, dass jede ICE-Strecke wesentlich stärker öffentlich gefördert wird,

(Reinhard Dankert, SPD: Ja, warum denn nicht?)

als es beim Transrapid der Fall ist. Und das Zweite, da gebe ich Ihnen gern Recht, ich habe damit kein Problem im Gegensatz zu Ihnen, ist, dass natürlich die Wirtschaft, nachdem der Poker bald am Ende ist, wenn es dann wirklich darauf ankommt, etwas drauflegen muss. Das sehe ich ganz genauso, das sehe ich ganz genauso. Aber das geht eben nur, wenn von der politischen Seite deutlich gemacht wird, dass sie auch wirklich ernsthaft die Verwirklichung will.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Sonst ist es doch nicht möglich, dass die Wirtschaft etwas draufpackt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Reinhard Dankert, SPD: Sie haben doch deutlich gesagt, dass es nicht mehr als 6,1 Milliarden sind.)

Danke, Herr Dr. Born.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1055. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1055 ist bei Zustimmung der Fraktion der CDU, zwei Stimmen der Fraktion der SPD und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und PDS abgelehnt.

Herr Dr. Born, zur Geschäftsordnung, bitte.

Frau Präsidentin, ich bitte namens der CDU-Fraktion im Protokoll festzuhalten, dass der Wirtschaftsminister des Landes sich an dieser Abstimmung nicht beteiligt hat, obwohl er anwesend war.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Volker Schlotmann, SPD: Was soll denn das? Das ist ja ganz was Eigenes.)

Wir nehmen diesen Zusatz ins Protokoll.

(Reinhard Dankert, SPD: Das ist von Ihnen nicht festgeschrieben.)

Meine Damen und Herren, wir treten nun in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 13.05 Uhr fortgesetzt.

Unterbrechung: 12.07 Uhr __________

Wiederbeginn: 13.07 Uhr

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Bevor wir unsere Beratungen fortsetzen, gestatten Sie mir noch einen Hinweis: Die Fraktion der CDU hat ihren Antrag „Zusammenarbeit der Landesversicherungsanstalt mit den Rehabilitationskliniken des Landes MecklenburgVorpommern“ auf Drucksache 3/1051 zurückgezogen. Damit entfällt die Beratung des Tagesordnungspunktes 19.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Zukunft der Wirt

schaftsförderung in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/1052.

Antrag der Fraktion der CDU: Zukunft der Wirtschaftsförderung in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1052 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Seidel von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anfang dieses Jahres erreichten uns Schlagzeilen wie „Die PDS will Wirtschaftstöpfe für den Arbeitsmarkt anzapfen“ oder „Die PDS will Trendwende und an die Geldtöpfe des Wirtschaftsministers“.

(Zuruf von Erhard Bräunig, SPD)

Da stand sogar etwas von 3 Milliarden DM, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, in der „Schweriner Volkszeitung“. Ich weiß nicht, wie das zustande kommt, aber lassen wir das mal so. Diese Aussagen resultierten aus einem Interview des Abgeordneten Herrn Dr. Schoenenburg von der PDS-Fraktion, und zwar, wenn ich das richtig rekapituliere, nach der Klausurtagung der Fraktion. Im Wesentlichen wurden dabei zwei Thesen vertreten.

These 1: Die gegenwärtige Investitionsförderung geht zu oft in Rationalisierungsinvestitionen. Dies führt nicht zu mehr, sondern zu weniger Arbeitsplätzen und darf demzufolge auch nicht unterstützt werden. So sagt die PDS.

(Barbara Borchardt, PDS: Nein, das stimmt nicht.)

These 2: Da in der Wirtschaft sowieso kaum noch Arbeitsplätze entstehen, muss die Förderung umgelenkt werden in Bereiche wie Kultur, Soziales, Umweltschutz, Landschaftspflege.

(Barbara Borchardt, PDS: Das ist aber auch Wirtschaft.)

Das sind Bereiche, die dort genannt wurden, und ich bin jetzt geneigt zu ergänzen: und dann über den ÖBS finanziert werden, sprich über den Steuerzahler.

(Reinhard Dankert, SPD: Lassen Sie doch mal den Kampfbegriff weg! Das ist seriöser.)

Also das habe ich noch gar nicht gewusst, dass das in Ihren Augen ein Kampfbegriff ist. Aber ich lerne ja jeden Tag etwas Neues.

(Reinhard Dankert, SPD: In Ihren Augen ist das einer.)

Nein, das ist für mich überhaupt kein Kampfbegriff.

(Reinhard Dankert, SPD: Nein, für Sie persönlich nicht.)