Protocol of the Session on November 14, 2018

Herr Gamm …

Meine Zahlen sind rot. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Herr Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Gamm, ich muss schon ein bisschen staunen. Seit Jahren und Monaten hören wir dieselbe Schallplatte von Ihnen – ich würde auch sagen, denselben Unfug; das würden Sie bestreiten. Aber: Sie haben uns eben gesagt, wir setzten den Volksentscheid um. Und wenn man den Volksentscheid umsetzt, weiß ich nicht, warum das eine Verdrehung der Realität oder unredlich ist. Das Problem, das wir eigentlich haben, ist doch, dass Sie und Herr Kruse diejenigen sind, die nicht verstehen, dass wir einen Volksentscheid in dieser Stadt hatten. Die Wählerinnen und Wähler haben uns einen Auftrag gegeben, nämlich den Rückkauf der Energienetze, eine demokratisch kontrollierte, sozialverträgliche, klimafreundliche Energieversorgung aus erneuerba

ren Energien. Das setzen wir um. Sie machen das nicht. Sie untergraben den Volksentscheid. Sie untergraben das Vertrauen in die Institutionen der Stadt. Das ist die Realität, mit der Sie leben müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es ist doch bezeichnend, dass die CDU dann zur Untermauerung ihrer Position es in den letzten vier Jahren nicht geschafft hat, einen einzigen Experten für die Expertenanhörung aufzubieten.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Da würde man doch glauben, dass Sie irgendjemanden aufbieten können, der diese Position stützt. Die FDP hat immerhin den Bund der Steuerzahler gefunden. Der ist ja nun allzeit bereit, die Ideologie der FDP zu vertreten; das ist auch okay, das dürfen sie auch tun. Aber die CDU hat nicht einmal das geschafft, meine Damen und Herren.

(Glocke)

Das ist ein bisschen wenig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Tjarks, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gamm?

Aber immer gern.

Herr Gamm, Sie haben das Wort.

Kollege Tjarks, vielen Dank. Können Sie sich vorstellen, dass jemand aus einer Universität sagt, er möchte nicht als Experte auftreten, weil er ja gar nicht Einsicht in die Gutachten hat, die Gegenstand dieser Befragung sind? Können Sie das nachvollziehen?

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Also, ich kann mir vorstellen, dass man, wenn wir vier Jahre lang über ein Thema diskutieren, ein paar Leute finden wird, die auch ein bisschen Ahnung von der Materie haben. Alle Experten haben Einblick in die Gutachten gehabt, so wie Sie auch.

(Michael Kruse FDP und André Trepoll CDU: Nein!)

Das ist ein bisschen wenig, was Sie hier sagen. Ich hätte erwartet, dass eine Volkspartei, die Sie sein wollen in dieser Stadt, wenigstens eine Person aufbieten kann, die Ihre Position untermauert.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Stattdessen ist es so: Herr Kruse, Sie schreiben einen Antrag, der einem die Schamesröte ins Gesicht springen lassen sollte. Sie tun so, als ob Sie der Verfassungsgerichtspräsident wären, und sagen, dieser Volksentscheid sei eigentlich illegal. Sie nehmen überhaupt nicht zur Kenntnis, dass es diesen Volksentscheid gegeben hat, dass er ein Ergebnis hat, dass er übrigens für Senat und Bürgerschaft – also auch für Sie – bindend ist, und dass wir ihn, wie die Kollegen von der CDU Ihnen gerade gesagt haben, umsetzen. Insofern wäre es schon praktisch, wenn Sie sich dazu einmal in der Sache verhielten und sagen würden, dass Sie in der Tat den Volksentscheid nicht umsetzen wollen und das Vertrauen in die Demokratie an dieser Stelle untergraben.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Und wenn Sie dann sagen, das Energiekonzept, das wir vorgelegt haben, sei nicht kompatibel mit dem Volksentscheid, stattdessen wäre es ein Anschluss des Kohlekraftwerks Moorburg, dann möchte ich Sie einfach einmal daran erinnern, dass die Formulierung aus dem Volksentscheid lautet: klimaverträgliches Erzeugungskonzept aus erneuerbaren Energien.

(Michael Kruse FDP: Und sozial gerecht!)

Sie sollten jetzt einmal hier nach vorn kommen und sagen, was eigentlich am Kohlekraftwerk Moorburg aus erneuerbaren Energien besteht – nämlich gar nichts.

(André Trepoll CDU: Was ist denn mit Gas?)

Sie haben einfach den Volksentscheid gebrochen, und das sollten Sie hier auch einmal sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und wenn Sie sich dann hinstellen und davon erzählen, was gestern im Ausschuss war, kann ich Ihnen sagen: Ich war gestern auch in der Ausschusssitzung, habe die aber etwas anders wahrgenommen. Es gibt jetzt eine Geschäftsführung und es wird in Zukunft eine Geschäftsführung geben. Selbstverständlich wird der Senat eine Projektbegleitung ausschreiben, um den Carve-out zu organisieren. Und ja, natürlich wird die HGV auch Schulden aufnehmen. Aber vor Finanzierungsvorschlägen können wir uns, ehrlich gesagt, nicht retten. Das Thema ist doch, dass Sie mit der Doppik, die Sie hier immer ein bisschen außer Acht lassen, auch einen Bilanzwert auf der anderen Seite der Bilanz bekommen. Meine Damen und Herren, ehrlicherweise müssen Sie sich sagen bei Ihnen: Thema verfehlt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kruse von der FDP-Fraktion.

(Dr. Anjes Tjarks)

(Zurufe)

Entschuldigung. Meine Buchführung … Also nicht nur die Uhr spinnt, sondern auch meine Buchführung. Ich habe Herrn Jersch übersehen. Ist es jetzt ein großes Problem, wenn erst Herr Jersch redet und dann …?

(Michael Kruse FDP: Bitte. LINKE first!)

Wenn das mal zitierfähig ist. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Danke, Herr Kruse. An dieser Stelle muss ich der Opposition, die wir ja auch sind,

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP – Mi- chael Kruse FDP: Das merkt man gar nicht!)

aber der Klimaopposition durchaus recht geben: Auch ich habe schon besser durchgearbeitete Pläne für Projekte gesehen. Allerdings kann man an dieser Stelle wirklich sagen: Es ist zwangsläufig. Man hat Vattenfall dieses Unternehmen verkauft und muss damit leben, dass Vattenfall bis zur letzten Minute mit Informationen, die wirklich wichtig wären, hinterm Berg hält. Insofern sage ich: Die Umsetzung des Volksentscheids hat an dieser Stelle natürlich Priorität, denn anders kann man Demokratie in dieser Stadt nicht fördern

(Beifall bei der LINKEN)

und anders ist auch eine Umsetzung der Energiewende nicht möglich. Alles andere sind hier wirklich Fake News.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eins hat mich jetzt besonders erschüttert, und da muss ich den Kollegen Gamm ansprechen, das war das Argumentieren mit Wahltaktik. Lieber Kollege Gamm, hier geht es – und ich glaube, ich habe Sie in einem Protokoll der vorletzten Legislaturperiode als Experte im Ausschuss irgendwo erwähnt gesehen, sonst war es ein anderer Kollege Gamm –

(Dennis Gladiator CDU: Wir haben unsere eigenen Experten!)

um die Energiewende. Es geht ein Stück weit um die Zukunft dieser Welt und um die Menschen. Es gibt gewisse Wahrheiten – ich sage einmal IPCC, wir haben heute erst einen neuen Report nachlesen können –, die können eigentlich nicht geleugnet werden, wenn man nicht Wissenschaft leugnet.

(Beifall bei der LINKEN)

Und da, muss ich dann wirklich sagen, ist es mir ein Rätsel, wie man Wahltaktik gegen einen möglichst großen gesamtgesellschaftlichen Konsens bei der Neugestaltung unserer Energielandschaft setzen kann. Das erschüttert mich und lässt mich wirklich zweifeln an den Erkenntnissen, die Wissenschaft seit Jahren gewonnen hat. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun wird es Realität: Das Wort bekommt Herr Kruse von der FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Man weiß es dann umso mehr zu schätzen, dass man das Wort bekommt.