Anjes Tjarks

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Last Statements

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal sehr klar sagen, dass Sie, liebe FDP, natürlich recht haben, wenn Sie das Zerstören Ihrer Plakate oder auch das Anfeinden von Aktiven der FDP im Wahlkampf als Nazis beklagen. Ich finde, das ist absolut inakzeptabel, und Menschen, die dies tun, setzen sich selbst ins Unrecht.
Ich möchte Ihnen natürlich auch sagen, dass wir Ihre Anmeldung für die Aktuelle Stunde, "Demokraten müssen zusammenstehen – im Parlament und auf der Straße", vollumfänglich teilen. Allerdings ist das eigentliche Thema, dass die CDU und die FDP in Thüringen und bei der FDP auch Herr Lindner und Herr Kubicki an dieser Stelle leider versagt haben.
Mir ist dabei wichtig, dass wir uns von dem einen wie von dem anderen klar abgrenzen. Mir ist dabei auch wichtig, dass wir nicht Ursache und Wirkung miteinander verwechseln. Zerstörte Plakate und Anfeindungen sind falsch und inakzeptabel, aber das, was in Thüringen passiert ist, ein Ministerpräsident von Gnaden eines Faschisten, war der Dammbruch für die Demokratie in Deutschland,
und das ist das eigentliche Thema dieser Debatte hier.
Gerade weil wir feststellen mussten, dass nach diesem Desaster die Brandmauer nach rechts nicht immer intakt ist, sollte dieses Desaster auch
Anlass dazu geben, in Hamburg und im Bund einmal ein paar grundsätzliche Fragen zu klären. Die erste und wichtigste Frage wäre aus meiner Sicht: Ist es eigentlich wirklich sinnvoll, zu jeder Zeit und in jedem Bundesland LINKE und AfD gleichzusetzen? Sie verfolgen seit Jahren diese Extremismusoder auch Hufeisentheorie, und ich will ehrlicherweise gar nicht abstreiten, dass auch ich der Meinung bin, dass gerade bei der LINKEN in Hamburg eine Reihe von Fragen im Argen liegt, aber mit Blick auf Thüringen ist diese Theorie, wenn ich das auch einmal sagen darf, grotesk.
Wir haben einerseits einen Ministerpräsidenten von der LINKEN, der sogar bei Ihren Wählerinnen und Wählern beliebt ist und vor allem in den letzten Jahren im Rahmen der parlamentarischen Demokratie gearbeitet und gewirkt hat, und wir haben andererseits einen Faschisten,
dessen Wirken darauf abzielt, die parlamentarische Demokratie zu diskreditieren, zu desavouieren und abzuschaffen. Das ist ein Unterschied und zeigt, wie grotesk diese Annahme im Fall von Thüringen ist. Es wäre gut, wenn Sie das in Ihren Parteien jetzt auch einmal diskutieren würden.
Der entscheidende Punkt ist, dass diese Situation der AfD in Thüringen doch auch bis Hamburg reicht. Man muss doch konstatieren, dass in der AfD Herr Höcke längst kein Einzelfall mehr ist und es auch in Hamburg solche Tendenzen gibt.
In der Feiertagsdebatte haben Sie behauptet, das Ende des Hitlerregimes und des Holocausts sei nicht positiv besetzt. Herr Wolf, Sie haben in Ihrer Studierendenzeit kriegsverherrlichende Lieder der Hitlerjugend verlegt, Sie haben in dieser Legislaturperiode behauptet, Kampnagel zugunsten einer Sauberkeitsinitiative schließen zu wollen, und damit im Kern versucht, den Freiheits- und Kunstbegriff des Grundgesetzes abzulehnen.
In Ihrem Wahlprogramm schreiben Sie auf Seite 9 unverblümt, dass Sie das Versammlungsrecht für nichtdeutsche Menschen einschränken wollen. Und nach Thüringen haben Sie gesagt, der Flügel habe durchaus seine Berechtigung in der AfD.
Deswegen muss ich feststellen, dass die AfD Hamburg Teile des Grundgesetzes ablehnt. Sie sagt, dass Faschisten eine Daseinsberechtigung in ihrer
Partei haben, und sie verklärt das NS-Regime und den Holocaust.
Nein, das müssen Sie hier vorne einmal widerlegen, Herr Wolf. Das ist der entscheidende Punkt. Das alles sind Sachen, die Sie in dieser Legislaturperiode fabriziert haben, und Sie müssen sich zu dem Vorwurf verhalten, dass Sie in Wahrheit ein falsches Verständnis von Demokratie und Parlamentarismus haben.
Wir haben in Thüringen gesehen, dass der Firnis der Zivilisation dünn ist und die FDP und die CDU unsere Demokratie in den Abgrund haben gucken lassen. Ich hoffe, dass Sie dieses Desaster zum Anlass nehmen, um ein paar Fragen in Ihrer Partei zu klären. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Stricharz, Herr Landesrabbiner! Vieles Richtige ist in dieser Debatte von meinen beiden Vorrednern gesagt worden. Ich möchte aber noch einmal auf den Ausgangspunkt dieser Überlegungen zu sprechen kommen, weil er ein sehr trauriger war: Es war die Debatte um den perfiden, feigen und erschütternden Anschlag auf eine jüdische Gemeinde in Halle, bei der zwei Menschen ums Leben gekommen sind. Wir alle standen noch unter dem Eindruck der Ermordung eines Repräsentanten der CDU, Walter Lübcke. Wir haben in diesem Haus debattiert in großer Einigkeit und gesagt: Dieses "Nie wieder!" muss mit Leben gefüllt werden, dieses "Nie wieder!" muss
klar sein, und wir waren hier in weiten Teilen sehr klar. Wir wollen den Kampf gegen den Antisemitismus verstärken mit einem runden Tisch gegen Antisemitismus, auch mit einem Antisemitismusbeauftragten. Und ich möchte sehr klar an alle demokratischen Fraktionen in diesem Haus sagen … Im weiteren Fortgang – Herr Kienscherf hat es schon erwähnt – hat es gute Debatten im Sozialausschuss gegeben, wo wir zu guten Beschlüssen gekommen sind. Aber wir haben damals als Ausgangspunkt der Debatte eben auch gesagt: Wir wollen nicht nur den Judenhass bekämpfen, sondern wir wollen auch, dass jüdisches Leben in der Mitte unserer Stadt Platz findet, und zwar an einem großen, an einem repräsentativen Ort. Deswegen haben wir den Vorschlag gemacht, die Bornplatzsynagoge wiederaufzubauen, und ich bin sehr beeindruckt, was aus diesem Vorschlag von vor vielleicht gerade einmal vier Monaten mittlerweile geworden ist, dass er deutlich dichter an der Realität ist, als er jemals gewesen ist. Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr darüber, dass die fünf demokratischen Fraktionen diesen Vorschlag gutheißen und diesen Antrag heute auf den Weg bringen werden.
Wenn wir uns die Geschichte der Bornplatzsynagoge anschauen: Wir haben in Hamburg, Herr Kienscherf hat es schon gesagt, eine lange, eine reichhaltige Tradition von jüdischem Leben, das bereits mehr als 400 Jahre – bis 1580 circa – zurückreicht. 1811 waren etwa 5 Prozent der Hamburger Bevölkerung Jüdinnen und Juden. Wir hatten aber immer die Situation, dass diese Menschen ihre Religion in Hamburg häufig, ich sage es einmal so, nicht an den Premiumorten dieser Stadt ausüben durften. Und genau das war damals eigentlich der Neustart mit der Bornplatzsynagoge, zu sagen: Das ist nicht nur ein repräsentativer Bau, es ist auch ein repräsentativer Ort.
Wir alle wissen, was in der Reichspogromnacht geschehen ist, die Schändung der Synagoge und anschließend die Tatsache, dass die jüdische Gemeinde diese auf eigene Kosten abreißen lassen musste. Insofern gibt es umso mehr ein großes Verständnis dafür, dass die Jüdische Gemeinde sagt: Wir wollen an diesen Ort zurück. Wir wollen zurück auf den Bornplatz, wir wollen zurück neben die Talmud Tora Schule beziehungsweise die Joseph-Carlebach-Schule im Gebäude der Talmud Tora Schule. Und auch hier bin ich sehr froh; es ist ja nicht das erste Mal, dass in Hamburg darüber nachgedacht wird, aber wir sind jetzt so weit wie nie. Diese Bürgerschaft gibt der nächsten Bürgerschaft und dem nächsten Senat eine Verpflichtung mit auf den Weg, dieses dicke Brett – und es ist wirklich ein dickes Brett – zu bohren und das am Ende tatsächlich zu realisieren.
Der Wiederaufbau dieser Synagoge wäre auch ein Zeichen. Es wäre ein Zeichen, dass die Nationalsozialisten in Hamburg mit ihren leider auch vielen Helferinnen und Helfern in der Stadt, die versucht haben, die Jüdinnen und Juden unserer Stadt zu vernichten, es nicht geschafft haben, dass sie am Ende nicht gewonnen haben, dass wir es schaffen werden, dass jüdisches Leben in Hamburg wieder erblüht.
Ich möchte mich sehr den Schlussausführungen des Kollegen Ovens anschließen. Ich glaube, es wäre ein großartiges Zeichen, wenn nicht nur Senat und Bürgerschaft – die Jüdische Gemeinde sowieso – hinter dem Wiederaufbau dieser Synagoge stehen, sondern es auch die Möglichkeit für viele Hamburgerinnen und Hamburger gibt, ebenfalls ihren Beitrag zu leisten. Denn ich glaube, das ist etwas, das vielen Menschen unserer Stadt sehr nahegeht und das viele Menschen wirklich von ganzem Herzen unterstützen werden. Und deswegen bin ich sehr froh, dass wir jetzt diese Machbarkeitsstudie haben, dass wir sie in vielen Teilen abgestimmt haben und uns gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde überlegen, was genau dort gebaut werden soll, und dass wir dann auch für eine breite Unterstützung in der Stadtgesellschaft werben. Ich glaube, das sind wir allen schuldig und das wird in Hamburg auch passieren. Ich bin sehr guter Dinge, dass wir vielleicht am Ende der nächsten Legislaturperiode hier stehen und uns freuen können, dass diese Synagoge eröffnet wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute vielleicht die letzte Flüchtlingsdebatte in dieser Legislaturperiode, und ich finde es eigentlich recht angemessen, weil das vielleicht das Thema ist, das diese Legislaturperiode doch am deutlichsten geprägt hatte, dass wir mit der Aufnahme von fast 30 000 Geflüchteten in den Jahren 2015/2016 als Stadt, als Stadtgesellschaft, als Zivilgesellschaft, als Verwaltung, als Senat und eben auch als Hamburgische Bürgerschaft doch ziemlich viel in diesem Bereich geleistet haben. Hier können wir mit Zufriedenheit und auch ein bisschen Stolz zurückblicken, wir können sagen, wir haben das alles geschafft. Und, Herr Heißner, da gilt der Satz der Bundeskanzlerin selbstverständlich, wir haben ihn in Hamburg auch wahrgemacht. Ich finde, das sollten wir auch noch einmal sagen, wenn wir uns über diese Kleinigkeiten hier zerstreiten.
Ehrlicherweise war mir dabei immer besonders wichtig – und ich fand, dass Sie von der LINKEN da durchaus auch eine konstruktive Rolle in den meisten Fällen gespielt haben –, dass diejenigen, die sagen, wir wollen, dass Geflüchtete in dieser Stadt aufgenommen werden, dort auch im Ziel einig sind und sagen, wir kämpfen gemeinsam dafür, dass es klappt. Das habe ich an vielen Stellen erlebt in dieser Legislaturperiode, und ich muss sagen, umso enttäuschter bin ich, dass Sie sich an dieser Stelle jetzt hoffnungslos verrannt haben. Denn es ist doch so offensichtlich, dass es Ihnen überhaupt nicht um das Schicksal irgendeines Geflüchteten geht,
sondern es geht doch darum, hier Wahlkampf zu machen, und das sieht man genau an diesen Reaktionen. Und das ist das, wo man sehr klar sagen muss, das haben Sie die ganze Legislaturperiode nicht gemacht und es wäre gut, wenn Sie das auch hier gelassen hätten.
Denn wir wissen doch, dass die Situation …
Das ist nicht peinlich, sondern Sie müssen sich einmal mit der Realität auseinandersetzen. Sie sind doch die Partei, die "Einfach machen" auf Ihre Wahlplakate schreibt, und die einzige Partei, bei der einfach machen definitiv gar nicht funktioniert.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Tjarks, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Schneider?
Ja, selbstverständlich.
Frau Schneider, und Frau Möller hat es schon gesagt, das Thema ist doch nicht, dass Sie nicht fordern können, dass Hamburg in einem Bündnis ist, und das Thema ist doch nicht, dass Sie uns vorwerfen, dass wir Kritik am Bündnis haben. Wenn wir Kritik am Bündnis haben, dann können wir das beim Bündnis direkt äußern. Der Punkt ist, dass Sie wollen, dass wir in diesem einen bestimmten Bündnis sind und nicht in dem anderen. Wir sind in dem breiten Bündnis und das haben
wir hier breit beschlossen.
Und das zweite Thema ist, dass Sie auch inhaltlich nicht recht haben, weil die Situation nämlich so ist, dass Sie gesagt haben, die sollen in diesem Bündnis einen Weg suchen, wie wir vielleicht doch direkt, ohne den Bundesinnenminister zu fragen, Flüchtlinge hier aufnehmen. Diesen Weg gibt es aber nicht, Frau Schneider, und Sie wissen das, und deswegen streuen Sie den Leuten falschen Sand in die Augen. Diesen direkten Weg gehen wir nicht, es geht nicht, weil wir über das Bundesinnenministerium gehen müssen, und wir machen dort Druck. Das ist das, was wir tun können. Das machen wir mit Niedersachsen, mit Berlin und Thüringen, und die machen auch nicht mehr, denn etwas anderes gibt es nicht, und das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Tjarks, es liegt erneut die Bitte um eine Zwischenbemerkung oder Wortmeldung von Frau Schneider vor. Wie stehen Sie dazu?
Bitte.
Frau Schneider, ich nehme zur Kenntnis, dass es im Vorwege der Debattenanmeldung einen offenen Brief eines vermeintlich großen Bündnisses gab, der im Ton
extrem deplatziert war und dass Sie nochmals – kann ich Sie daran erinnern? –, uns hier aufgefordert haben, einen Weg zu suchen, nach dem Sie schon sehr lange suchen, nämlich ohne das Bundesinnenministerium, Flüchtlinge einfach so in Deutschland aufzunehmen und in Hamburg. Es gibt diesen Weg nicht, und es wäre gut, wenn Sie das an dieser Stelle einfach einmal zur Kenntnis nehmen würden.
Wir haben hier gemeinsam mit Ihnen das beschlossen, was man als Stadt mit Hafen und als Seefahrerstadt und auch aus menschlichen, moralischen Erwägungen beschließen muss, dass wir ein sicherer Hafen sind. Wir haben gesagt, wir wollen, dass Retterinnen und Retter im Mittelmeer nicht kriminalisiert werden. Wir haben gesagt, wir wollen, dass der Bund, die Bundesrepublik Deutschland nicht auf Europa wartet, sondern auch mit einer Koalition der Willigen sagt, wir wollen gemeinsam vorangehen und die Lage im Mittelmeer und in Griechenland verbessern. Und wir haben gesagt, wir wollen als Freie und Hansestadt Hamburg unseren Beitrag dazu leisten und auch über die Maßen Flüchtlinge aufnehmen.
Wir legen jetzt noch nach, indem wir sagen, ja, wir wollen das auch bei minderjährig unbegleiteten Flüchtlingen, konkret aus Griechenland. Und auch Sie fordern in Ihrem Antrag, dass sich der Bund darüber hinaus finanziell dort engagieren muss, auch das wollen wir, und insofern ist die Debatte ein bisschen müßig. Ich würde mich freuen, wenn wir für das gleiche Ziel streiten, ohne dass man sich in dem Wahlkampfgetöse hier die ganze Zeit zerlegt.
Ansonsten bemerken wir, dass wir am Ende einer Flüchtlingsdebatte in dieser Legislaturperiode als Freie und Hansestadt Hamburg, als Menschen in dieser Stadt, wirklich Herausragendes in diesen Fragen geleistet haben. Und ich bin mir sicher, dass die Stadt davon wirtschaftlich und kulturell insgesamt profitiert. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn die CDU dieser Tage versucht, Klimaschutz zu machen, Herr Gamm, und der Bundeswirtschaftsminister in Aktion tritt, dann wird ein Kohleausstieg nicht nur auf einmal von 40 auf 50 Milliarden Euro um 10 Milliarden Euro teurer, dann wird nicht nur der Kompromiss der Kohlekommission, der ohnehin eigentlich nicht ausreicht, unterlaufen, sondern dann wird als Erstes erst einmal ein neues Kohlekraftwerk ans Netz angeschlossen. Dass das irgendwie nicht ausreicht und dass man Ihnen deswegen dieses Thema nicht überlassen sollte, wenn man einen Kohleausstieg beschließt, liegt auf der Hand.
Wir haben uns in Hamburg da für einen anderen Weg entschieden. Wir haben gesagt – dort haben wir auch eine Einigung mit der Volksinitiative Tschüss Kohle hinbekommen –, dass wir Deutschlands ambitioniertesten Kohleausstieg umsetzen wollen, und zwar bis spätestens 2030. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Jedes Jahr, jeden Tag, mit dem wir früher fertig sind – das ist auch unser Ehrgeiz, auch wir wollen noch schneller aus der Kohle aussteigen als 2030, aber man muss es auch faktisch hinbekommen. Ich finde es amüsant, dass DIE LINKE die Debatte der Volksinitiative jetzt hier weiterführt und Sie damit auch die Einigung mit der Volksinitiative, die Sie sonst immer so schätzen, jetzt hier wieder aufkündigen,
einmal abgesehen davon, dass mit Ihren wegerechtlichen Vorstellungen, die Sie ja quasi auch aus der Volksinitiative übernehmen, einige verfassungsrechtliche Probleme auf dem Weg sind. Insofern haben wir nicht nur ein sehr, sehr ambitioniertes Kohleausstiegsgesetz, sondern auch ein sehr ehrgeiziges Klimaschutzgesetz und einen sehr ehrgeizigen Klimaplan vorgelegt. Das wollen wir gemeinsam umsetzen, und das sind wir auch den Hamburgerinnen und Hamburgern schuldig.
Bitte.
Aber sehr gern.
Ich sagte schon in der ersten Debatte heute, dass DIE LINKE hier mit dem Slogan "einfach machen" antritt. Da ist so eine einfache Enthaltung immer das, was man am leichtesten machen kann. Mir ging es an diesem Punkt eigentlich nur darum, Herr Jersch, dass ich viele Ihrer Arbeiten schätze, auch im Klimaschutzbereich. Ich wollte Sie nur darauf hinweisen – ich antworte eigentlich schon noch auf die Frage –, dass es hier so ist, dass Sie mit dem Zusatzantrag, den Sie ja machen können, nur natürlich offensiv, auch eine Einigung mit der Volksinitiative verändern wollen. Und das ist eigentlich eine Schwierigkeit, weil die Volksinitiative in dem guten Vertrauen, dass das so kommt, eingeschlagen hat. Aber wir sind uns einig in der Frage, dass jedes Jahr, das vor 2030 aus der Kohle ausgestiegen wird, gut ist.
Wenn man den Klimaschutz ernst meint, und das meinen wir, dann wird das Auswirkungen auf den Verkehrsbereich, den Gebäudebereich, die Wirtschaft, die Industrie, den Hafen und auch auf den
Energiesektor haben. Und wenn man glaubt, dass fossile Brennstoffe wie Öl, Gas, Kohle keine Zukunft mehr haben, und das glauben auch wir, dann bedeutet das, dass sich in diesen Bereichen etwas grundlegend ändert. Der entscheidende Punkt ist, ob wir diese Veränderungen mit Sorge betrachten oder als eine Herausforderung oder ob wir glauben, dass in diesen Bereichen extrem viele Chancen liegen. Deswegen möchte ich das aufgrund der knapp bemessenen Redezeit nur an einem Beispiel deutlich machen, nämlich am Beispiel der Energiewirtschaft. Wir alle haben die Studie der OECD zur Metropolregion Hamburg zur Kenntnis genommen, in der die OECD sagt, die Metropolregion Hamburg habe das Potenzial, Weltmarktführer im Bereich der erneuerbaren Energien zu werden. Ich glaube, wir sollten sehr darauf achten, dass wir diese Chance tatsächlich ergreifen. Genau das ist das Thema. Nur, dafür brauchen wir natürlich auch eine Bundesregierung, die in diesen Bereich investiert,
und nicht eine Bundesregierung, die am Ende des Tages schon für 36 000 weggefallene Arbeitsplätze in der Windenergie gesorgt hat und gleichzeitig 50 Milliarden Euro dafür ausgibt, um 40 000 Kohlearbeitsplätze zu erhalten. Das ist keine Investition in die Zukunft. Wir wollen die Chancen für die Zukunft ergreifen, und da gehört das beispielsweise dazu.
Der Klimaplan und das Klimagesetz sind sehr ehrgeizig. Hamburg hat in den 27 Jahren zwischen 1990 und 2017 4 300 Tonnen CO2 pro Jahr reduziert. Zwischen 2020 und 2030, also innerhalb von zehn Jahren, wollen wir 7 000 Tonnen reduzieren, das heißt, wir beschleunigen den Reduzierungsgrad um das Fünffache. Das ist ambitioniert, auch wenn wir wissen, dass es noch besser wäre, wenn wir noch schneller zu einem Ergebnis kommen würden. Deswegen ist es wichtig, zu verstehen, dass Klimaschutz hier das Fundament ist, aber ein Prozess ist und es darauf ankommt, dass die richtigen Personen an den richtigen Stellen dieses in den nächsten zehn Jahren auch tatsächlich zum Leben erwecken und sagen, dass sie den Klimaschutz bei jeder ihrer Entscheidungen ernst nehmen.
Wir sind das erste Bundesland, das die Begrenzung der Erderwärmung als Staatsziel in der Verfassung verankert. Ich möchte mich dafür ausdrücklich bei der CDU, aber auch bei der LINKEN bedanken, die noch etwas vollzähliger erscheinen müssen, um die Verfassungsänderung am Ende tatsächlich umzusetzen. Wir haben die Situation, dass wir, glaube ich, als Stadt am Wasser da eine
besondere Rolle haben, und ich hoffe sehr, dass wir beispielgebend für andere Bundesländer sein können, um dieses Thema auch in das Grundgesetz und die anderen Verfassungen zu schreiben, damit es als Staatsziel tatsächlich Wirkung entfaltet; das hat es in Österreich schon getan. Es geht darum, dass wir das, was wir jetzt beschließen, die Verfassungsänderung, den Klimaplan, das Klimaschutzgesetz, als das Fundament begreifen, auf dem man hart und gewissenhaft für Klimaschutz und für die Ziele arbeiten muss. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben an dieser Stelle schon häufig über das Thema Verkehr diskutiert, dabei haben aber einige Fraktionen immer außer Acht gelassen, dass die Hamburgerinnen und Hamburger zu dem Thema eine sehr eindeutige Meinung haben. Sie wünschen sich einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, und sie wünschen sich den Bau von Radwegen – Achtung, Herr Thering –, auch auf Kosten des Autoverkehrs,
Und, noch einmal Achtung – das hat sogar die "Bild"-Zeitung festgestellt –, sie wünschen sich mit überwältigender Mehrheit – Herr Trepoll, eigentlich haben Sie hier das Abo, selbstgemalte Schildchen mit Prozentzahlen in die Luft zu halten –, mit 67 Prozent, eine autofreie Innenstadt. Die Hamburgerinnen und Hamburger sind hier klar sortiert, sie wollen die Verkehrswende, und wir als Rot-Grün werden sie vorantreiben.
Wir als Rot-Grün haben mit dem Klimaplan den Hamburg-Takt beschlossen, den Ausbau der Fahrradstadt Hamburg, bis zu 30 Prozent des Modal Splits, und wir als GRÜNE haben ein ambitioniertes und stimmiges Konzept für eine autoarme Innenstadt vorgelegt.
Seit heute gibt es eine Volksinitiative, Herr Niedmers, gestartet von einem CDU-Mitglied – von einem CDU-Mitglied –, und zwar während zum selben Zeitpunkt Herr Thering heute einen Antrag zur Entwicklung einer Parkdruckskala einbringt, die endlich dafür sorgen soll – ich zitiere –,
"… dass die Stellplätze nicht länger aus ideologischen Beweggründen unter Verwendung pseudomoralischer Argumente reduziert werden dürfen."
Liebe CDU und lieber Herr Thering, noch klatschen Sie, aber die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger ist doch erkennbar nicht Ihrer Meinung.
Na ja, Sie sehen doch die Umfragen, bei denen Sie regelmäßig bei 13 bis 15 Prozent sind. Eine Mehrheit ist das nicht, davon sind Sie, glaube ich, weit entfernt.
Jetzt legt auch noch jemand, der seit 46 Jahren CDU-Mitglied ist, eine Volksinitiative vor, die komplett das Gegenteil von dem will, was Sie wollen. Aber was Sie wollen, ist eigentlich ziemlich unklar, wenn man das einmal sagen darf. Auf der einen Seite wollen Sie die Parkplätze erhalten, auf der anderen Seite die Radwege fördern. Sie wollen den öffentlichen Nahverkehr ausbauen, aber genauso die Autospuren. Sie wollen irgendwie eine S-Bahn nach Lurup/Osdorf bauen, aber dann auch eine Stadtbahn. Sie müssen sich doch einmal entscheiden, wofür Sie eigentlich sind. Die Hamburgerinnen und Hamburger werden Ihnen das jedenfalls im Wahlergebnis quittieren, wenn Sie das bis dahin nicht geschafft haben.
Jetzt gibt es die Volksinitiative, die die Idee einer autofreien oder autoarmen Innenstadt unterstützt und verstärkt, und deswegen, Anna von Treuenfels, ist es völlig klar, dass alle diese Debatten nicht allein vom verkehrspolitischen Standpunkt aus geführt werden können,
sondern so geführt werden müssen, dass es eine Stadtentwicklungspolitik ist. Denn wir müssen uns doch zuerst fragen, was die Funktionen der Räume in der Innenstadt, die wir dort haben, sind, wie wir die Räume füllen und den Verkehr organisieren.
Wie machen wir es mit den Gewerbetreibenden, sodass wir am Ende eine lebendige, vernünftige, menschengerechte und grüne Innenstadt haben, und wie berücksichtigen wir die Anwohnerinnen und Anwohner? Das ist der entscheidende Punkt. In Hamburg haben wir gerade die Situation, dass das autofreie Rathausviertel sehr erfolgreich war,
dass wir mit "Ottensen macht Platz" eine Situation haben, in der ich als Anwohner sagen kann, dass das sehr erfolgreich werden wird. Wir haben den Hamburg-Takt beschlossen, mit dem wir klar sagen, dass wir die Verkehrswende in Hamburg vorantreiben wollen. Wir werden den Fahrradverkehr
auch auf Kosten des Autoverkehrs ausbauen, und wir werden auch diese Innenstadt verändern, sodass Sie in fünf Jahren eine ganz andere Innenstadt vorfinden, in der viel mehr Lebensqualität und viel mehr Grün und viel weniger Autoverkehr ist. Das werden wir vorantreiben. Und es wird so sein, dass alle Parteien, die bei dieser Frage nicht klar sind – Herr Kruse, Sie schreiben schon reichlich mit,
dazu können Sie dann gleich auch etwas sagen –, bei der Bürgerschaftswahl unter die Räder kommen werden, denn die Hamburgerinnen und Hamburger haben klar zum Ausdruck gebracht, dass sie die Verkehrswende wollen. Wir werden sie gemeinsam mit Rot-Grün beschleunigen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen uns noch einmal die Grundsatzfrage stellen, und dafür würde ich gern ein paar Daten zurate ziehen. Wir wollen doch alle, dass die Menschen in Hamburg mobil sind und im besseren Fall mobiler werden. Wenn wir uns die Daten aus "Mobilität in Deutschland" anschauen, Herr Trepoll, dann merken wir, dass die Zahl der zurückgelegten Personenkilometer in Millionen pro Tag in Hamburg von 2008 auf 2017 von 50 auf 70 Millionen gestiegen ist. Das heißt, wir haben einen Anstieg der Verkehrsleistung in Hamburg um 40 Prozent in den letzten zehn Jahren.
Und wir haben nicht nur den Anstieg um 40 Prozent, sondern die Verkehrsfläche, auf der das stattfindet, ist doch praktisch gleich geblieben. Wenn man das zusammennimmt, dann ist das doch eine ganz einfache Rechnung: Wenn wir wollen, dass die Hamburgerinnen und Hamburger mobiler sind oder mobil bleiben, dann muss der Einzelne oder die Einzelne weniger Platz auf dieser Verkehrsfläche verbrauchen. Deswegen ist die Verkehrswende die Voraussetzung dafür, dass man in Hamburg mobil ist. Das ist so sicher wie Mathematik, und deswegen müssen Sie das anerkennen, denn sonst kommen Sie am Ende des Tages nicht hin. Wir müssen den ÖPNV ausbauen,
wir müssen den Radverkehr ausbauen, dafür brauchen wir Platz und Fläche, und es wird auf Kosten des Autoverkehrs gehen, denn anders wird es nicht funktionieren in der Enge der Straßenschluchten. Dafür müssen Sie die Ehrlichkeit aufbringen.
Und Sie müssten sie eigentlich auch für Ihr eigenes Konzept aufbringen. Sie sagen selbst: 35 Prozent öffentlicher Nahverkehr am Modal Split. Dann müssten Sie sagen, wir nehmen dem Auto auch die Fläche weg, denn das ist die Konsequenz aus diesen Zahlen, aus Ihren eigenen Forderungen, und im Übrigen die Konsequenz aus der Realität.
Ja, man muss es einfach so sagen.
Stattdessen nutzen Sie den Tagesfrust der Autofahrerin oder des Autofahrers, der im Stau steht, und sagen, das eigentliche Problem sei die Baustellenkoordinierung. Nun muss man wirklich sagen, wenn Sie sich diese Zahlen angucken, dass die Verkehrsleistung auf Hamburgs Verkehrswegen um 40 Prozent in den letzten zehn Jahren gestiegen ist, das ist einfach eine falsche Debatte. Das ist eine Debatte … Da kann man bestimmt etwas besser machen. Aber die Behauptung, dass die Baustellenkoordinierung in irgendeiner Form das Grundproblem löse – da, muss ich sagen, haben Sie Verkehrspolitik in ihrem Kern nicht verstanden. Wir müssen wirklich dazu kommen, dass der Einzelne weniger Platz verbraucht, oder wir schaffen meinetwegen auch unter der Erde zusätzliche Verkehrswege, wir bauen eine U-Bahn. Aber das brauchen wir, um am Ende des Tages Hamburg mobil zu halten. Das ist das Grundthema, und dafür müssen Sie den öffentlichen Nahverkehr ausbauen. Da haben wir jetzt die zweite große Angebotsoffensive, die größte seit Jahrzehnten im HVV, und wir haben die Fahrradstadt. Genau an diesen Themen müssen wir strategisch weiterarbeiten, denn sonst werden wir das am Ende nicht schaffen.
Dann haben Sie natürlich einen Punkt, wenn Sie sagen, wir müssten mit dem Umland zusammenarbeiten, die Pendler seien doch eines der großen Themen. Bestimmt wollen wir auch, dass die ihr Auto vor den Toren der Stadt stehen lassen. Aber die Grundidee ist doch, dass wir uns dann in einem ganz anderen Umfang darüber Gedanken machen müssen, wie wir mit dem Umland und dem Bahnverkehr zusammenarbeiten. Wir freuen uns, dass die Bahn endlich einmal sagt, es gibt Rückenwind aus Berlin und wir haben die ganzen Themen auf der Hand, das Thema Güterumgehungsbahn, das Thema Durchbindung durch den Hauptbahnhof und viele andere Themen.
Das ist das, was wir brauchen, um tatsächlich auch das Pendlerthema in Hamburg zu lösen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kirsten Boie, auch ich darf mich den Worten meiner Vorredner anschließen und vor allen Dingen erst einmal sagen, wie begeistert ich darüber bin, Sie heute als künftige Ehrenbürgerin zu würdigen. Denn es ist wirklich eine tolle Wahl, Sie hier vor uns sitzen zu haben. Wir haben uns ja in einem Gespräch vorher kennengelernt. Ich fand es toll, wie persönlich, gradlinig, bodenständig und bescheiden Sie waren, gleichzeitig fordernd und engagiert in Ihrem hohen politischen Engagement für eine Sache, die eigentlich nicht dauerhaft im Rampenlicht oder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht, nämlich der Frage: Wie erlernen unsere Kleinsten, wie erlernen unsere Kinder die zentrale Schlüsselkompetenz des Lesens? Mit der Frage "Kann ich lesen?" eröffnen sich die Welt der Literatur, die Welt der Schulfächer, die Welt des Wissens. Das ist etwas ganz Tolles und, glaube ich, in diesem Haus noch niemals mit dieser Ehre bedacht worden. Insofern freue ich mich sehr, dass Sie an dieser Stelle die Erste sind, die diese Ehrenbürgerwürde entgegennehmen kann.
Das hier ist auch, so glaube ich, der Ausfluss eines Lebens, einer Lebensentscheidung für die Pädagogik. Sie haben am Anfang Ihres Berufslebens gesagt: Ich will Lehrerin werden, Lehrerin in Hamburg. Es ist durchaus so, dass die Berufe im pädagogischen Bereich – Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer – in unserer Gesellschaft noch mehr Wertschätzung erfahren könnten. Neben der Frage, wie wir diese Berufe bezahlen, steht auch die Frage, welche Wertschätzung wir diesen Menschen entgegenbringen, die täglich mit unseren Kindern arbeiten, die damit täglich am Fundament der künftigen Gesellschaft bauen, für eine bessere Gesellschaft; etwas sehr Zentrales.
Nicht nur, weil Sie sich für diesen Weg entschieden haben und es mir wichtig ist zu betonen, dass diese Wertschätzung entgegengebracht wird, möchte ich eine Lebensentscheidung erwähnen, die mich besonders beeindruckt hat. Sie wohnen in Barsbüttel und haben am Gymnasium Oldenfelde unterrichtet; ich bin in Jenfeld aufgewachsen. Und dann schließt sich sozusagen das Dreieck. Sie haben sich dazu entschlossen zu sagen: Ich gehe vom Gymnasium Oldenfelde an die Gesamtschule Mümmelmannsberg. Auf eigenen Wunsch haben Sie sich entschlossen, mit denjenigen Kindern zu arbeiten, die es vielleicht mit am schwersten in unserer Gesellschaft haben, die eine besondere Unterstützung brauchen. Ich finde, das ist etwas, das
über die Tatsache hinausgeht, dass man Lehrerinnen und Lehrer insgesamt wertschätzen sollte. Wir brauchen Menschen, die sagen: Ja, mit diesen Kindern möchte ich von ganzem Herzen arbeiten. Da stehen Sie prototypisch für eine Sache, die mich sehr tief beeindruckt hat und die Ihr Leben widerspiegelt.
Und ich finde, dass man auch ein Ereignis nicht unerwähnt lassen darf, das mich zum einen total betrübt hat, aber dann eben auch noch einmal nachhaltig positiv beeindruckt hat, weswegen wir es sehr unterstützen, dass Sie hier sitzen. Sie haben nämlich ein Kind adoptiert, sind aber auf diesem Wege damals sozusagen vom Land Schleswig-Holstein aus dem Hamburger Schuldienst herausgedrängt worden. Eine Situation, die aus heutiger Sicht eigentlich unvorstellbar ist, dass man sagt, weil jemand ein Kind adoptiert, bekommt man ein, na ja, ich will nicht sagen Berufsverbot, aber eine Situation, dass man in dem Beruf, den man ergreifen wollte, nicht mehr weitermachen kann. Das wäre auch in der Politik heutzutage undenkbar. Wir sind glücklicherweise viel weiter. Aber gleichzeitig kann man sagen, es war irgendwie auch der Grundstein für den weiteren Erfolg im Leben, und Sie sind Ihrer Profession, dem Lesenlernen, quasi treu geblieben als schreibende Kinderbuchautorin, und Sie waren wahrscheinlich noch viel erfolgreicher als als Lehrerin, haben viel mehr Kinder auf diesen Weg gebracht, und insofern hatte es nicht nur etwas Beeindruckendes, dass Sie an Ihrer Grundentscheidung festgehalten haben, sondern dass Sie diesen Weg auch noch erfolgreicher für die Gesellschaft weitergegangen sind.
Der Bürgermeister hat es schon angesprochen, wir ehren heute mit Ihnen, Frau Boie, keine Feldherrin, keine Politikerin, keine Mäzenin, keine Unternehmerin, sondern eine Künstlerin, eine Kulturschaffende, und dann noch aus dem sehr speziellen Bereich der Kinder- und Jugendbuchliteratur. Und mit Ida Ehre, Marion Gräfin Dönhoff, Hannelore Greve und Loki Schmidt sind Sie die fünfte Frau – überfällig, dass es mehr werden –, der diese Ehre zuteilwird. Sie sind eine Frau, die sich nicht um die Ehrenbürgerschaft beworben hat, die eher aus der Mitte der Gesellschaft kommt und die im besten Sinne einem Citoyen gleich gesagt hat, ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland eine offene, friedliche, demokratische Gesellschaft bleibt. Sie stehen also Pars pro Toto auch für die Menschen, die Hamburg so besonders machen, die Hamburg ausmachen, und auch dafür freut es mich und meine Fraktion sehr, Ihnen diese Ehrenbürgerschaft zu verleihen, und wir freuen uns sehr, dass Sie diese auch annehmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir in diesem Haus Deutschlands ambitioniertestes Kohleausstiegsgesetz vorgelegt. Jetzt, drei Monate vor der Wahl, legen wir ein in seinen Maßnahmen extrem ehrgeiziges Klimaschutzgesetz vor. Das ist unsere Aufgabe. Wir in Hamburg wollen bei diesem Thema einen ambitionierten Weg gehen.
Einige Vorredner haben es schon gesagt: Die Welt hat auf der Weltklimakonferenz von Paris vereinbart zu sagen, man wolle das 2-Grad-Ziel, nach Möglichkeit das 1,5-Grad-Ziel, erreichen und weltweit möglichst schnell klimaneutral werden. Aber was heißt das in Zahlen übersetzt? Übersetzt in Zahlen heißt das, dass der Weltklimarat uns sagt, wir haben, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, als Menschheit noch die Möglichkeit, 420 Gigatonnen CO2 auszustoßen. Wir haben als Menschheit im Jahr 2018 37 Gigatonnen emittiert, und das bedeutet, dass wir, wenn wir so weitermachen, noch 12 Jahre Zeit haben, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Das zeigt in Zahlen die Dringlichkeit, mit der wir hier vortreten und handeln müssen.
Das gilt umso mehr für die großen Industrieländer, die die Hauptemittenten sind. Wenn man das auf Deutschland rechnet – wir haben 1,1 Prozent Anteil an der Weltbevölkerung –, macht das 4,4 Gigatonnen. Wir haben 2018 866 Megatonnen emittiert, und das bedeutet, dass wir in weniger als fünf Jahren unser Klimabudget für das 1,5-Grad-Ziel aufgebraucht haben würden. Auch das zeigt, dass die Notwendigkeit zu handeln wirklich sehr dringend ist. Deswegen ist es wichtig, hier ein ehrgeiziges Gesetz und einen ehrgeizigen Plan vorzulegen.
Ich möchte, um das auch noch einmal für die Bedeutung Hamburgs zu sagen, ausdrücklich sagen, dass Hamburg in diesen Zahlenkolonnen für ein bis zwei Tausendstel der weltweiten Emissionen steht. Dafür müssen wir Verantwortung übernehmen. Dirk Notz, Professor am Exzellenzcluster für Klimafolgenforschung beim Meereissystem, kann einem das sehr gut vorrechnen. Er sagt, dass eine Tonne CO2 dazu führt, dass wir 3 Quadratmeter Packeis in der Arktis abschmelzen. Jede Hamburgerin/jeder Hamburger emittiert etwa 10 Tonnen und liegt bei 30 Quadratmeter pro Jahr, Hamburg insgesamt bei 50 Quadratkilometern. Diese Zahlen zeigen sehr eindrücklich, dass jede/jeder von uns handeln muss, und zwar nicht nur als einzelne Menschen, sondern wir müssen Systeme bauen, in denen die Menschen bezahlbar, sicher, aber auch klimafreundlich und CO2-neutral durchs Leben kommen. Das ist unsere Aufgabe, und daran müssen wir als gesamte Gesellschaft und als gesamter Staat arbeiten.
Die Folgen des Klimawandels und der Ernst der Lage sind doch auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Mit "Fridays for Future" hat sich eine breite gesellschaftliche Allianz für mehr Klimaschutz gebildet, die das Thema weltweit, aber auch in unserer Stadt oben auf die Tagesordnung gesetzt hat. Beim globalen Klimastreik waren 100 000 Hamburgerinnen und Hamburger auf der
Straße – eine Zeitung hat von einem Gänsehautmoment gesprochen –, und das waren nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, von Jung bis Alt und aus allen Stadtteilen. Das hat sich letzten Freitag auf dem Rödingsmarkt mit 55 000 Menschen noch einmal wiederholt. Wir sind diesen Menschen und dieser Stadt verpflichtet, wenn wir sagen, endlich ernsthaften Klimaschutz betreiben zu wollen. Wir wollen – und das wissen die Menschen auch –, dass sich etwas ändern muss, denn Sie wollen doch auch dafür einstehen, dass Ihre Kinder und Ihre Enkelkinder eine gute Zukunft haben. Das ist unser Auftrag als Politikerinnen und Politiker dieser Generation.
Wir in Deutschland haben beim Thema Klimawandel kein Erkenntnis-, sondern eher ein Handlungsdefizit. Wir haben uns ursprünglich auf die nationalen Klimaziele, 40 Prozent bis 2020, verpflichtet und haben dieses Ziel gerissen. Wir haben es, glaube ich, schon vor zwei Jahren aufgegeben und müssen auch in Hamburg eingestehen, dass wir seit 1990 zu diesem Ziel unterdurchschnittlich beigetragen haben.
Wenn wir die nationalen Klimaziele für 2030 erreichen wollen, dann müssen wir uns ernsthaft überlegen, wie wir das hinkriegen. Dann brauchen wir einen bundesgesetzlichen Rahmen, über den in allen Parteien viel diskutiert wird und der meiner Meinung nach in mindestens zwei Punkten nachgebessert werden muss. Das ist zum einen die Frage, wie wir CO2 bepreisen. 10 Euro pro Tonne führen in der Sache zu 3 Cent mehr pro Liter Benzin. Das ist also ein Unterschied, der zwischen Harburg und Neugraben in der Regel wahrscheinlich schon größer ist und vor dem Hintergrund keine Lenkungswirkung erzeugt. Das zweite Thema ist – darin sind sich viele norddeutsche Politikerinnen und Politiker einig –, dass dieses Klimapaket durch Herrn Söders 10 H-Regelung und dadurch, dass Herr Altmaier sie ins Programm genommen hat, den Ausbau der Windkraft in Deutschland ausbremst. Das ist ehrlicherweise für Norddeutschland nicht nur eine industriepolitische Katastrophe, sondern auch eine Katastrophe im Kampf gegen die Erderhitzung.
Warum ist das so? Das ist deswegen so, weil die Bekämpfung des Klimawandels ohne erneuerbare Energien ein bisschen so ist wie das Blumengießen ohne Wasser. Es funktioniert einfach nicht. Wir haben heute schon gehört, dass wir die 65 Prozent erreichen müssen. Wir müssen aber in Wahrheit nicht nur die 65 Prozent erreichen, sondern wir müssen erreichen, dass der gesamte
Wärmesektor, der gesamte Gebäudesektor, der gesamte Verkehrssektor und der gesamte Industriesektor mit erneuerbaren Energien elektrifiziert werden. Deswegen brauchen wir das Vielfache der jetzigen Strommenge aus erneuerbaren Energien, und wir brauchen das in Hamburg, um unsere Klimaziele zu erreichen. Wir haben da reingeschrieben, 3 Millionen Tonnen müssten durch den bundesweiten Strommix kommen. Deswegen brauchen wir eine Änderung dieser Regelung, denn sonst wird niemand in Deutschland die Klimaziele erreichen; das ist immens wichtig an dieser Stelle.
Heute spüren die Menschen in Hamburg die Folgen des Klimawandels viel stärker als vor 10 oder 20 Jahren. Der Klimawandel hat etwas von seiner Abstraktion verloren, er ist deutlich konkreter geworden. Die Institute haben nachgemessen, dass zwischen 1881 und 2013 die Durchschnittstemperatur in Hamburg schon um 1,4 Grad gestiegen ist. Germanwatch hat gerade auf der COP-Konferenz in Madrid auf den Daten der Munich Re, des größten Rückversicherers der Welt, verkündet, dass Deutschland das Land ist, das letztes Jahr am drittmeisten von Extremwetterereignissen betroffen war, mit Hitzeperioden im Sommer, mit Starkregen im Winter, mit einem vielfachen Risiko von Sturmfluten, Überschwemmungen. Wir haben, um das einmal plastisch zu machen, das Risiko, dass sich die Jahrhundertflut von 1962 im Pegelstand mittlerweile alle zehn Jahre wiederholt. Wir sind eine Stadt am Wasser, wir sind eine Stadt, die von den Folgen eines steigenden Meeresspiegels direkt betroffen ist, einem Meeresspiegel, von dem wir immer dachten, er würde bis zum Jahr 2100 50 Zentimeter steigen, jetzt aber alle Wissenschaftler davon ausgehen, dass es eher 1,10 Meter werden. Das wird auch für die Stadt Hamburg große Konsequenzen haben und macht deutlich, warum wir gerade beim Thema Klimawandel und Bekämpfung der Erderhitzung vorangehen müssen. Genau deswegen sind wir alle gemeinsam dazu aufgerufen.
Wir haben jetzt gesagt, dass wir uns ehrgeizigere Ziele setzen wollen, Ziele, die auf der Ebene der Bundesregierung bis 2030 mit 55 Prozent und bis 2050 mit 95 Prozent – und damit nahezu Klimaneutralität – gesetzt worden sind. Um sich einmal klarzumachen, wie ambitioniert diese Ziele sind, muss man wissen, dass die Freie und Hansestadt Hamburg seit 1990 20 Prozent erreicht hat. Und jetzt wollen wir in den kommenden 11 Jahren 35 Prozent dieser Ziele erreichen. Diese Ambition liegt diesem Klimaschutzgesetz und diesem Klimaplan zugrunde. Wir freuen uns über jede Anregung der Opposition, insbesondere der CDU, wenn sie
dann einmal konkret wird, denn davor wird sich immer gedrückt. Wir müssen wirklich handeln und alle Maßnahmen vereinbaren, denn sonst werden wir diese Ziele nicht erreichen. Das Klimaschutzgesetz ist dafür ein Anfang. Es wird darum gehen, das in den nächsten zwei Dekaden dauerhaft durchzuziehen, um am Ende wirklich zur Klimaneutralität zu kommen.
Um damit anzufangen, hat der Hamburger Klimaplan die 400 Maßnahmen in allen wichtigen Sektoren im Blick. Für den Gebäudesektor bedeutet das, dass wir auch ordnungspolitisch an diese Sache herangehen und zum Beispiel gesagt haben – und da hört die Konkretion bei der CDU schon auf –, dass wir eine Solarpflicht für solarfähige Dächer einführen wollen. Nur einfach mal so, um zu verstehen, warum das so wichtig ist – wir hatten schon das Thema mit den erneuerbaren Energien –: Von den 8 000 Windrädern, die es in Norddeutschland gibt, stehen 80 in Hamburg, weil Hamburg nicht der geeignetste Windstandort ist. Genau deswegen müssen wir unsere Dächer für die Produktion von erneuerbarem Strom nutzen, und genau deswegen ist es so wichtig, dass wir hier einen großen Beitrag leisten, genau deswegen ist dieser Punkt so wichtig. Wenn selbst der Fraktionsvorsitzende der FDP mittlerweile auf Solarstrom setzt, dann kann man damit scheinbar auch gutes Geld verdienen; anders könnte man sich das gar nicht erklären.
Wenn wir dann darüber hinaus sagen, dass wir einen Anschluss und ein Benutzungsgebot für unsere Wärmenetze haben, dass wir die Zahl der angeschlossenen Haushalte von 25 auf 35 Prozent steigern wollen, weil die Dekarbonisierung des Fernwärmenetzes einer der zentralen Bausteine ist, dann sieht man doch, wie visionär die Entscheidung bei "Unser Hamburg – Unser Netz" war, zu sagen, wir kaufen das zurück, und wie konsequent es war, das auch durchzuziehen, um dann am Ende dahin zu kommen, zu sagen, dass wir den wichtigsten Baustein in diesem Gebäudesektor, der seinem Wesen nach einen langfristigen Atem braucht, der ein bisschen schwerfällig in diesem Bereich ist, dekarbonisieren wollen. Dafür brauchen wir die Fernwärme, dafür brauchen wir auch die privaten Fernwärmenetze. Auch deswegen ist es ein richtiger Schritt, hier auch die ordnungspolitischen Leitplanken vorzugeben.
Wir alle sehen, dass Hamburg eine wachsende Stadt ist, und freuen uns darüber. Einige haben gesagt, sie wollten deswegen Wohnungsbau. Wir
finden das richtig, haben aber auch gemerkt, dass es nicht nur bei der Gebäudewärme ein Thema gibt, sondern ein Großteil der Energie bei Gebäuden auch dann anfällt, wenn sie entstehen, nämlich bei der Zementproduktion. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns auch darüber unterhalten, was man an dieser Stelle tun kann, und deswegen ist es so wichtig, jetzt auch eine alte Forderung umzusetzen und zu sagen, dass wir auch eine Holzbaustrategie wollen, weil Holz im Prinzip nichts anderes ist als eingelagertes CO2, was man sich dann quasi schön an die Wand stapeln kann. Auch deswegen ist es wichtig, dass wir auf diese Weise im Entstehungsprozess weitestgehend klimaneutrale Häuser schaffen.
Wenn man nicht nur das eine CO2, das sich durch Fotosynthese aus der Atmosphäre einlagert, sondern auch das andere CO2, das schon eingelagert, aber noch flüssig ist, nämlich das Öl, nicht mehr verfeuert und dieses Thema beim Neubau und auch beim Austausch in kurzer Zeit keine Rolle mehr spielt, dann ist das, finde ich, zusammen mit der Nutzungspflicht für erneuerbare Energien ein konsequentes Vorgehen. Das ist wirklich die Grundlage, um den Gebäudesektor langfristig CO2-neutral zu gestalten, und das ist eine der sehr großen und sehr schwierigen Aufgaben in diesem Bereich. Ich glaube, dass wir hier einen guten Ansatz gefunden und eine gute Grundlage gelegt haben.
Dasselbe gilt für die Mobilitätswende. Der Verkehrssektor in Deutschland hat zur Klimaneutralität im Prinzip bisher nichts beigetragen, sondern die CO2-Emissionen sind seit 1990 etwa auf gleichbleibendem Niveau.
Nein, in Hamburg ist das ein bisschen anders.
Aber in diesem Klimaplan ist es trotzdem wichtig, sich auch ambitionierte Ziele für den Mobilitätssektor zu setzen.
Wenn man sich das anguckt, Frau Sudmann, haben wir momentan 36 Prozent Modal Split im MIV. Wir haben gesagt, dass wir im ÖPNV von 22 Prozent am Ende auf mindestens 30 Prozent, dass wir beim Radverkehr mindestens auf 25 Prozent, vielleicht sogar auf 30 Prozent kommen wollen. Wenn man das noch mit dem Fußverkehr zusammenrechnet, werden am Ende nicht zwei von drei, sondern vier von fünf Wegen im Umweltverbund zurückgelegt. Das ist ein sehr großes Umsteuern innerhalb von zehn Jahren. Die CDU hat sogar ein
mal 85 Prozent in den Raum gestellt. Das muss nur mit Maßnahmen hinterlegt werden, denn das wird natürlich nicht funktionieren, wenn man dem Autoverkehr auch in Zukunft den gleichbleibenden Raum anbietet.
Lieber Herr Trepoll, Sie können den Klimaplan lesen, Sie können das Klimaschutzgesetz lesen, auch da steht etwas drin.
Hinter diesen Zahlen, wenn man sie ernst meint, steht ein sehr dauerhafter Prozess, Herr Trepoll, und Sie müssen da sehr konkret handeln. Wir werden das jedenfalls tun.
Ich möchte dazu noch einmal sagen, was für meine Partei – und das nehme ich auch für andere Parteien an – total wichtig ist. Es gibt einige Menschen, die hier über die Kosten von E-Mobilität reden. Aber eigentlich ist das soziale Thema der Verkehrswende aus meiner Sicht ein anderes. In Hamburg ist es nämlich so – das kann man wunderbar an den Daten von "Mobilität in Deutschland 2018" nachlesen –, dass die Menschen, die einen niedrigen und sehr niedrigen sozioökonomischen Status haben – drei von vier, bei den anderen zwei von drei –, gar kein Auto haben. Sie haben deswegen kein Auto, weil Autofahren sehr teuer ist. Das sind diejenigen, die in der Tendenz dort leben, wo andere Menschen mit ihrem Auto langfahren, und deswegen Lärm, Dreck und zusätzlichem Gestank ausgesetzt sind. Deswegen ist nicht nur die Frage der E-Mobilität, sondern insgesamt die Frage der Verkehrswende eine zutiefst soziale Frage, die vielen Menschen in dieser Gesellschaft wirklich an Herz und Nieren geht, und auch an dieser Stelle wollen und müssen wir handeln.
All diese Ziele und Maßnahmen sind aus unserer Sicht nicht nur dringend nötig, sie kosten auch Geld. Die Kosten sind schwer zu beziffern, aber bis zum Jahr 2030 gehen wir von mindestens 2 Milliarden Euro aus. Das ist viel Geld. Was aber nicht schwer zu beziffern ist – das lässt sich mit großer Gewissheit sagen –: Nichts zu unternehmen wird uns alle noch viel mehr kosten, als wir uns das jemals vorstellen können. Auch deswegen ist es wichtig, zu handeln und an dieser Stelle auch mit dem Geld nicht zu sparen. Wir müssen an dieser Stelle investieren, und es ist gut investiertes Geld.
Weil wir die Notwendigkeit haben zu handeln, werbe ich hier ausdrücklich auch um Ihre Unterstützung dafür, die Begrenzung der Erderwärmung in die Hamburgische Verfassung aufzunehmen und
somit als Startziel für unsere Stadt in die Verfassung zu verankern.
Wir sind eine Stadt an einem Fluss, der direkt durch den Meeresspiegel beeinflusst wird, und wir sollten uns deswegen den Auftrag geben, hier ernsthaft, dauerhaft und für die nächsten Dekaden zu handeln. Ich glaube, diese Frage ist auch für jeden in diesem Raum ein Test, wie ernsthaft er das mit diesem Klimawandel meint. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen könnten. Unser Angebot steht, und wir kommen dafür auf Sie zu.
Der dringend benötigte Aufbruch in ein postfossiles Zeitalter verhindert nichts, sondern ist aus unserer Sicht die Grundlage für den Wohlstand und die Arbeitsplätze der Zukunft. Ich möchte ausdrücklich hinzufügen: für den Wohlstand und die Arbeitsplätze, die wir hier gemeinsam schaffen wollen, sollen und können.
Ich möchte das an ein paar Beispielen exemplarisch deutlich machen. Wir haben einen langen Prozess mit der Kohlekommission, in dem viel geredet und gesagt worden ist, dass wir sehr viel Geld ausgeben sollen, um die Arbeitsplätze, die es jetzt noch gibt, aber keine Arbeitsplätze der Zukunft sind, 40 000 an der Zahl, mit 40 Milliarden Euro – da sind auch Strukturhilfen dabei – zu unterstützen. In den letzten zwei Jahren, das muss man leider feststellen – und das ist das, was nicht so sehr Mitteldeutschland, nicht so sehr Westdeutschland, nicht so sehr die Lausitz, sondern ganz konkret Hamburg betrifft –, haben wir 36 000 Arbeitsplätze in der Windkraftbranche verloren, und das sind die Arbeitsplätze der Zukunft. Man muss es leider so hart sagen: Die Bundesregierung ist hier Wiederholungstäterin,
sie hat schon die ostdeutsche Solarindustrie den Chinesen überlassen. Das sollte uns nicht noch einmal passieren. Wir haben ein großes Interesse daran, dass Hamburg die Welthauptstadt der Windenergie bleibt. Dafür werden wir kämpfen, und dafür muss diese 10 H-Regelung aus dem Klimapaket weg.
Ich möchte das aber auch an einer anderen Stelle sagen. Das gilt natürlich auch für den Hafen. Der Hafen ist vom Anstieg des Meeresspiegels nicht nur direkt betroffen, sondern es ist auch kein Zufall, dass die HHLA gestern gesagt hat, man wolle bis 2040 klimaneutral werden. Richtig so. Aber
warum macht die HHLA das? Sie macht es doch deswegen, weil auch auf die Transportketten ein Druck von der IMO und von den Kunden kommen würde zu sagen, wir brauchen grüne Transportund Logistikketten. Genau das ist doch der Grund, weswegen wir uns bei der Fortschreibung eines Hafenentwicklungsplans die Frage stellen müssen, was da eigentlich rein muss. Grüne Transport- und Logistikketten, eine CO2-Neutralität im Hafen sind doch die Voraussetzung dafür, dass er überhaupt angebotsfähig ist. Das ist die Grundvoraussetzung, um gegenüber anderen, die diesen Weg nicht gehen, Marktanteile zu gewinnen. Wir wollen deswegen den Hafen an dieser Stelle wettbewerbsfähig machen. Wir brauchen in einer Hafenstrategie 2040 einen klimaneutralen Hafen, denn das sichert dort die Arbeitsplätze.
Und es geht weiter; Redner vor mir haben auch über unsere Grundstoffindustrie gesprochen. Selbstverständlich sind unser Stahl, unser Kupfer und unser Alu CO2-mäßig besser als der weltweite Durchschnitt. Aber diese Unternehmen stellen eine große Chance für uns dar. Durch die Idee von NEW 4.0 und des Norddeutschen Reallabors haben sie die Chance, mit der Sektorenkopplung, mit der Abfederung von Lastspitzen nicht nur Geld zu verdienen, sondern das Stromnetz im Bereich der erneuerbaren Energien zu stabilisieren, wenn wir eine Wärmewende vorantreiben. Wenn wir sagen, dass Aurubis 20 Megawatt und in Zukunft vielleicht 60 Megawatt auskoppeln darf, um mit der Wärme unsere Haushalte CO2-neutral zu beheizen, dann ist das doch aktive Industrie- und Standortpolitik.
Wenn die Bundesregierung es schaffen würde, einmal Märkte für grünen Stahl, grünes Kupfer und Grünaluminium herzustellen, dann würde dieser Prozess noch schneller gehen. Und auch deswegen müssen wir doch gemeinsam in diese Richtung kämpfen, um diese Industrien in Hamburg wettbewerbsfähig zu machen und ihre Standorte zu sichern.
Vielleicht noch ein letztes Beispiel. Wir haben einen Wirtschaftssenator hier, der kommt von einem großen Unternehmen, das auch Maschinen und Anlagen baut. Deutschland ist federführend beim Maschinen- und Anlagenbau und hat den Vorschlag gemacht zu sagen, wir wollen einen großen Elektrolyseur im Hamburger Hafen bauen. Es ist etwas, was vielleicht in den Dreißigerjahren die Wasserstofftechnologie einen entscheidenden Schritt dazu bringt, um verschiedene Industrien zu dekarbonisieren. Aber das alles macht doch nur Sinn und es funktioniert doch nur, wenn wir am Ende genug grünen Strom haben, damit wir das nicht so machen wie in Japan, wo die Kohle aus der Er
de geholt wird, dann verbrannt wird, dann daraus Wasserstoff gemacht wird, damit man in Japan CO2-neutral durch die Gegend fahren kann. Das wollen wir nicht machen, sondern wir müssen es anders machen, aber auch dafür muss wiederum die 10 H-Regelung weg. Wir brauchen diesen Windstrom, wir brauchen diesen Solarstrom, und dann funktioniert es auch mit der Industrie.
Wenn jetzt dieser Klimawandel nur ein Märchen wäre, was wenige glauben hier im Haus, zum Glück, dann könnten wir auch sonst noch dem Weg in ein postfossiles Zeitalter einiges abgewinnen, weil die Tatsache, dass wir als Rot-Grün nicht nur gesagt haben – Herr Kienscherf hat es schon angesprochen –, wir haben uns verabredet, Hamburgs Grün zu erhalten, sondern mehr Grün in der Stadt zu schaffen. Wir könnten dem nicht nur etwas Positives abgewinnen, weil völlig klar ist, wir brauchen mehr Bäume auf dieser Welt, und deswegen ist Aufforstung natürlich ein Teil dieses Klimaplans. Wir könnten dem nicht nur mehr abgewinnen, weil unsere Straßen im Übrigen sauberer werden, unsere Autos leiser werden, unser Wasser reiner wird. Auch das sind Gründe, warum man sagen kann, die Aufenthalts- und die Lebensqualität wird steigen, wenn wir diesen Weg gehen. Und auch das sind gute Gründe, neben Wohlstandssicherung, neben Standortsicherung, neben dem Erhalten der Freiheit, warum wir diesen Weg gehen, sondern es gibt eigentlich nur Vorteile, außer, dass wir uns verändern müssen, aber diese Vorteile wollen wir auch voll umfänglich als Chance wahrnehmen.
Heute leben 55 Prozent der Weltbevölkerung in Städten, im Jahr 2050 werden es 68 Prozent sein. Den Städten kommt eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung der Erderhitzung, bei der Bekämpfung der Erderwärmung zu. Wir, die für ein bis zwei Tausendstel dieser Erderwärmung verantwortlich sind, wir haben alles zur Verfügung, um in diesen Bereichen voranzugehen. Wir haben die Möglichkeiten, wir haben die Freiheit, wir haben die Innovationskraft, wir haben das Wissen und die richtigen Köpfe, wir können uns sogar ordnungspolitische Rahmensetzungen geben, weil wir eine starke Regierung haben. Wir haben das Kapital, um beim Klimaschutz voranzugehen, und dieser Klimaplan und dieses Klimaschutzgesetz sind dafür ein gutes Fundament, eine gute Absprungbasis, und es wird klappen. Es ist eine sehr, sehr große Herausforderung, dieses Ziel zu erreichen.
Es wird klappen, wenn wir dauerhaft daran arbeiten, in den nächsten zehn Jahren und in den übernächsten zehn Jahren, und wenn wir die richtigen Menschen an die richtigen Positionen wählen, die das mit Nachdruck und Verve verfolgen. Da kann sich die Menschheit, aber da kann sich auch Ham
burg entscheiden. Und ich würde mir sehr wünschen, wenn wir den Weg gehen, dass wir dort die richtigen Entscheidungen treffen und unserer Verantwortung für diese Stadt und die Menschen, die hier demonstriert haben, gerecht werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Fassungslosigkeit, Trauer, Wut und Zorn erfassen einen aufgrund der Ereignisse in Halle: Fassungslosigkeit über ein kaltblütig geplantes Attentat gegen jüdische Bürgerinnen und Bürger mit dem Ziel ihrer massenweisen Tötung und die Tatsache, dass dies 75 Jahre nach dem Holocaust in Deutschland geschieht, Trauer über die zwei getöteten Opfer, die zufällig ausgewählt worden sind, und Wut und Zorn über die Tatsache, dass Hass und dieses Verbrechen in Teilen Deutschlands einen Nährboden finden, der sogar bis zum Vorsitzenden des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag reicht.
Meine Damen und Herren! Dieser Anschlag war nicht nur ein Anschlag auf die jüdische Gemeinde in Halle, dieser Anschlag war auch ein Anschlag auf all diejenigen, die für das Grundgesetz, für die Vielfalt, für Empathie und Mitmenschlichkeit und gegen Hass stehen. Ich glaube, wir müssen begreifen: Er war ein Anschlag auf die Prinzipien unserer Gesellschaft. Und deswegen müssen wir uns gemeinsam wehren.
Und weil das so ist, geht es uns alle, jede und jeden, etwas an, und zwar auch jede und jeden im Alltag. Jeder kann etwas tun gegen die kleinen und auch die großen Unanständigkeiten, Beleidigungen und Übergriffe im Alltag. Wir müssen diesen Hass, der von Teilen einer Partei und von wenigen Menschen lautstark im Internet verbreitet wird, bekämpfen, und wir werden das tun mit den Mitteln der Zivilgesellschaft, der Staatsanwaltschaft und der Sicherheitsorgane.
Für Hamburg sollte klar sein – und deswegen ist es sehr wichtig, was Sie, Frau von Treuenfels und Herr Trepoll, gesagt haben –, dass wir hier gemeinsam vorangehen. Es ist wichtig, dass wir natürlich die Sicherheitskonzepte wie auch in der Vergangenheit laufend überprüfen, dass wir natürlich in Kürze eine Landesstrategie gegen Rechtsextremismus aktualisiert vorlegen werden, Herr Trepoll, und uns natürlich auch mit den Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag aufgestellt haben, beschäftigen. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass wir in der Auseinandersetzung mit dem Thema, wie wir mit Erinnerungskultur umgehen, insbesondere in einer Zeit, in der es immer weniger Zeitzeugen gibt, und wie wir diese Erinnerungskultur weiterentwickeln können, uns auch mit Ihrem Vorschlag – muss eigentlich jedes Kind sich daran beteiligen? – wohlwollend umgehen sollten. Ich glaube insbesondere, dass wir, weil dieser Vorschlag in eine Zeit fällt, in der es nicht nur weniger Zeitzeugen gibt, sondern auch immer weniger Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer Herkunft eine familiäre Verbindung in diese Zeit haben, gucken sollten, dass es am Ende weniger eine Pflicht ist, sondern mehr eine intrinsische Motivation der Schülerinnen und Schüler. Und gleichzeitig sollten wir darauf achten, dass wir Einrichtungen haben, die diese monströsen Verbrechen für diese Alter angemessen aufarbeiten können. Aber ich glaube, dass es sehr wichtig wäre, wenn wir das gemeinsam weiter diskutieren.
Mir ist neben Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus und Rechtsextremismus noch ein zweites Thema wichtig, das aus meiner Sicht ein bisschen komplizierter ist, weil es langwieriger ist. Es knüpft ein bisschen an die Frage an: Kann man eine Kippa in Deutschland offen tragen? Ich glaube, wir müssen uns viel stärker auch mit den positiven Seiten jüdischen Lebens beschäftigen und es schaffen, jüdisches Leben in Hamburg noch deutlich sichtbarer zu machen. Wir tun hier einiges, aber ich möchte, dass wir mehr tun.
Und weil ich nicht nur über die negativen Seiten reden möchte, möchte ich sagen, dass ich sehr froh darüber bin, dass wir in der Joseph-CarlebachSchule im Gebäude der Talmud Tora Schule – jeder hier im Saal kennt sie – im nächsten Jahr das erste jüdische Abitur in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg feiern. Es zeigt, dass wir vorankommen, wenn es auch zeigt, dass wir langsam vorankommen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir diese Schule, dass wir dieses Bildungshaus zusammen mit Wissenschaftsbehörde, der Uni und der Schulbehörde um fast 2 000 Quadratmeter erweitern werden, weil wir wollen, dass diese Schule wächst. Wir wollen, dass jüdische und nicht jüdische Schüler gemeinsam dort unterrichtet werden, und zwar in einer noch größeren Zahl als bisher. Und ich finde, wir sollten bei den Bildungshäusern nicht stehen bleiben. Die jüdische Gemeinde ist vor allem eine religiöse Institution, und deswegen sollten wir uns fragen, wie wir es schaffen können, jüdische Gotteshäuser in Hamburg sichtbarer zu machen, oder es der jüdischen Gemeinde ermöglichen, an prominenter Stelle ein entsprechendes Haus wieder zu errichten. Auch das wäre ein sichtbares Zeichen, das viel stärker ist als nur der Kampf gegen Antisemitismus: das Sichtbarmachen von positivem jüdischem Leben in unserer Stadt. Dafür würde ich gern gemeinsam mit Ihnen arbeiten. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu der Handlungsfähigkeit der CDU in Sachen Klimaschutz kann ich nur sagen, Frau Merkel ist doch vor 13 Jahren als Klimakanzlerin gestartet, hat es dann 13 Jahre lang vergessen und hat dann vorgestern mal wieder angefangen, Klimaschutzpolitik zu machen.
Handeln haben Sie die ganze Zeit vergessen, tun Sie nicht so, als ob Sie damit kein Thema haben. Wir erreichen unsere Klimaschutzziele 2020 nicht, und das liegt daran, weil Sie die ganze Zeit in diesem Land regieren und nichts getan haben, Herr Gamm.
Aber die Frage ist doch, in welcher Dimension sich eigentlich unser Problem bewegt. Ich glaube, das sollten wir uns noch einmal gemeinsam vor Augen führen.
2015 hat die Staatengemeinschaft, auch Deutschland, gesagt, wir wollen das Zwei-Grad-Ziel erreichen, wir wollen nach Möglichkeit unter 1,5 Grad kommen. Die Wissenschaft sagt dazu, um das zu erreichen, überwiegend wahrscheinlich, dürfen wir noch ungefähr 420 Gigatonnen CO2 emittieren.
Um das einmal in eine Größenordnung zu setzen, wenn wir Deutschlands Anteil daran nehmen, und wir nehmen dafür ein Beispiel: Beim Anteil Deutschlands an der Weltbevölkerung mit 1,1 Prozent hätten wir 4,4 Gigatonnen, und wir emittieren 866 Megatonnen pro Jahr. Das bedeutet, in dieser Rechnung wäre unser CO2-Budget in fünf Jahren überschritten. Jetzt haben wir eine Situation, in der glücklicherweise nicht alle Länder und alle Menschen so viel emittieren wie wir, und deswegen haben wir zum Glück ein bisschen mehr Zeit. Aber diese Zahlen, die man sich natürlich auch noch anders herleiten kann, sollen einmal zeigen, wie eindringlich und wie groß unsere Aufgabe ist und wie wichtig es ist, dass wir zeitnah, entschlossen und verbindlich handeln.
In dieser Situation hat Ihre Bundesregierung, Herr Gamm, ein Klimaschutzpaket vorgelegt, das gute Dinge enthält – die Erhöhung der Luftverkehrsabgabe beispielsweise, die Reduktion des Mehrwertsteuersatzes, die Erhöhung der GVFG-Mittel –, an einigen Stellen aber sehr unkonkret ist, denn Sie haben kein Klimaschutzrahmengesetz. Die Frage, wie der Nachsteuerungsmechanismus aussieht, ist sehr unklar und läuft aus unserer Sicht zum Teil in die falsche Richtung. Die Pendlerpauschale fördert die Zersiedlung der Landwirtschaft,
und in einigen Teilen ändert der Nachsteuerungsmechanismus im Prinzip gar nichts, nämlich bei der Agrar- und Landwirtschaftspolitik. Klar ist doch, dieses Paket wird zweifelsohne die CO2-Emissionen senken, aber ziemlich sicher ist auch, dieses Paket wird nicht die selbstgesteckten Ziele der Bundesregierung, nämlich minus 55 Prozent bis 2030, erreichen und wir sorgen erneut dafür, dass wir uns nach 2020 vor der Weltgemeinschaft blamieren, wenn wir das nicht anders machen. Das muss der Maßstab unseres Handelns sein und dafür müssten Sie noch eine Schippe oben drauflegen.
Viele Maßnahmen an dieser Stelle sind nicht falsch, aber die Hauptgründe sind doch in der Frage zu suchen, wie es mit der CO2-Bepreisung aussieht. Im Gegensatz zu dem, was Sie wissen, haben wir schon ein Klimaschutzgesetz vorgelegt und ein Konzept mit 40 Euro die Tonne, und da steigt die Bundesregierung ein mit 10 Euro die Tonne in zwei Jahren. Um das einmal in einen Vergleich zu setzen: Großbritannien ist bei 25 Euro, Frankreich bei 36 Euro, die Schweiz bei 88 Euro, Schweden bei 115 Euro und die amerikanische Ölindustrie fordert 30 Euro die Tonne CO2-Bepreisung. Das ist die Situation. Wir fangen hier mit 10 Euro an, und das wird keine Lenkungswirkung haben, es kommt zu spät, und das ist einer der Hauptgründe, warum wir sagen, an dieser Stelle muss man nachbessern, weil das unsere eigenen Klimaziele sonst gefährdet.
Der zweite Punkt: Es ist richtig, wir brauchen maßgeblich die Energiewende zur Erreichung der Klimaziele, denn wir brauchen den erneuerbaren Strom, um Wasserstoff im Hafen zu produzieren, grünen Wasserstoff, um die Häuser energetisch nicht nur zu dämmen, sondern auch CO2-frei zu versorgen, um die angeblich 7 bis 10 Millionen Elektroautos … Ich sage nur Leitmarkt Elektroautos, eine Million 2020, wird nicht ganz kommen. Aber wenn wir 7 bis 10 Millionen Elektroautos haben, müssen die auch mit grünem Strom beliefert werden. Dafür ist es dann einfach nicht ausreichend, zu sagen, wir machen den Windkraftausbau an Land nicht weiter, wir übernehmen die bayerischen Regelungen, wo am Ende dann nichts passiert.
Das ist am Ende so, Sie würgen am Ende des Tages den Windkraftaufbau ab. In Hamburg sind gerade viele Hunderte Arbeitsplätze bei Senvion deswegen pleitegegangen, und das ist an dieser Stelle einfach zu wenig.
Wenn Sie das zusammennehmen mit den vielen Maßnahmen, die durchaus gut sind und die durchaus ihre Berechtigung haben, dann würden wir, wenn wir schnell und entschlossen und verbindlich handeln, uns auf den Pfad des Pariser Klimaabkommens machen. Dann, liebe Frau Sudmann, werden die Leute auch sehen, dass sie Parteien wählen können, die nicht die ganze Zeit von einer besseren Welt reden, sondern eine bessere Welt tatsächlich gestalten wollen. Und das sind wir und nicht Sie. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Amazonas brennt, die Polkappen schmelzen, Deutschland verdorrt: Das sind nicht nur tägliche Nachrichten, es sind nicht nur traurige Nachrichten, sondern es sind, wenn man einen positiven Effekt haben möchte, Nachrichten, die uns zum Handeln auffordern.
Am 23. September tagt in New York der Weltklimagipfel, am 22. September beginnt die Klimawoche in Hamburg mit über 500 Akteuren, und am 20. September ist der globale Klimastreik in 150 Ländern. Das sind nicht nur richtige und wichtige Ereignisse, ich möchte an dieser Stelle auch
sagen: Gehen Sie dort hin. Es geht um unsere Zukunft. Es geht um die Zukunft dieses Planeten, und es gibt wenig wichtigere Themen als dieses. Und deswegen: Unterstützen Sie das.
Die Ereignisse zeigen: Der Klimawandel, die mit Abstand größte Herausforderung für die Menschheit, hat die Mitte der Gesellschaft erreicht. Ich denke, wir sollten uns an dieser Stelle ehrlich machen. Bis auf wenige Versprengte am rechten Rand – und damit meine ich nicht Herrn Nockemann, sondern eher Sie dort hinten – haben wir in Hamburg, Deutschland und Europa kein Erkenntnisdefizit, dass die Erderhitzung menschengemacht ist. Was wir aber sehr wohl haben, ist ein Handlungsdefizit, dagegen anzukämpfen. Wir wissen doch eigentlich, dass wir gemeinsam schnell und entschlossen handeln müssen. Gleichzeitig sehen wir aber, dass die Bundesrepublik Deutschland die Klimaziele 2020 nicht einmal im Ansatz erreichen wird. Ich glaube, wir sollten uns gemeinsam auf den Weg machen, dass wir unseren Teil dazu beitragen, dass wir uns 2030 bei den Klimazielen nicht schon wieder vor der Welt blamieren.
Was müssen wir also tun? Wir wollen, und das ist eine Aufforderung an uns selbst, als Bundesland vorzugehen, den Kohleausstieg bis 2030 bewältigen – das haben wir hier beschlossen –; auch gern früher. Wir wollen die Verkehrswende beschleunigen. Wir haben letzte Woche einen Klimafonds eingerichtet, und wir arbeiten an der Dekarbonisierung der Industrie. Aber wir müssen auch anerkennen, dass wir ohne eine deutliche Aktivitätssteigerung und ohne gemeinsames Handeln des Bundes unsere Klimaziele nicht erreichen werden. Denn die Voraussetzung für die Dekarbonisierung von Mobilität und Industrie ist eine echte Energiewende, und wenn wir dann in Deutschland in einem Jahr sechs Windräder aufstellen, ist das einfach zu wenig. Wir müssen gemeinsam mit dem Bund an Zielvereinbarungen für einen Pakt für Klimaschutz arbeiten, denn wir brauchen dafür alle staatlichen Ebenen.
Wir brauchen dafür zweitens messbare und überprüfbare Vorgaben für die einzelnen Sektoren und müssen diese gemeinsamen Ziele auf Hamburg herunterbrechen. In Hamburg haben wir mit klaren Ideen und Zielsetzungen, aber in einem kooperativen Verfahren, gute Erfahrungen beim Bündnis für den Radverkehr und beim Bündnis für das Wohnen gemacht, wie man als Staat, als Gesellschaft Ziele um- und durchsetzen kann. Wenn wir das auf die einzelnen Sektoren herunterbrechen und das in dem Bewusstsein tun, dass wir die Gesellschaft und die Zivilgesellschaft mitnehmen wollen, dann werden wir niemanden auf diesem Weg zurücklas
sen. Denn Klimaschutz ist auch eine zentrale soziale Frage, und auch daran werden wir in Hamburg und in Deutschland denken müssen.
Wir glauben, dass weder die GRÜNE Partei noch die Hamburgische Bürgerschaft den menschengemachten Klimawandel allein aufhalten wird.
Sie arbeiten ja neuerdings mit daran, Herr Trepoll, und es freut mich ehrlich, dass jetzt auch die CDU Vorschläge zu diesem Thema macht.
Einzelne Bündnisse werden bei dieser Frage nicht ausreichen. Ich glaube, um diese Themen zu bewältigen, werden wir uns darüber unterhalten müssen, ob wir an dieser Stelle nicht einen großen neuen Gesellschaftsvertrag brauchen, der die verschiedenen Themen – also die einzelnen Sektoren mit ihren Zielvorgaben – bündelt, das Gemeinwesen auf den Klimaschutz orientiert und unsere Stadtgesellschaft mitnimmt, damit wir niemanden zurücklassen. Das ist in Wahrheit die Aufgabe, wie sie größer kaum sein kann, und ich würde mir sehr wünschen – und habe mich da über Ihre Initiative gefreut –, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen, Herr Trepoll.
Im Kern dessen haben wir einen Pakt mit dem Bund. Wir entwickeln einen Klimaplan für Hamburg. Diesem werden wir Verbindlichkeit schaffen durch ein Gesetz. Und natürlich werden wir die Menschen mitnehmen müssen. Es ist unsere Verantwortung und unsere Pflicht gegenüber der jungen Generation, dass wir hier Verantwortung übernehmen und das Handlungsdefizit auf den verschiedenen Ebenen endlich abstellen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Natürlich ist es so, dass wir bei der erneuerbaren Energie und bei der Windkraft vorankommen – oder vorankommen müssen –, und der Umweltsenator hat es doch deutlich gemacht. Natürlich haben Sie, Herr Gamm, einen Punkt mit der Frage der Synchronisation. Nur die Frage ist doch: Wer ist denn dafür verantwortlich, dass die Leitungen in den Süden nicht gebaut werden und nicht stattfinden? Das ist doch genau das Problem. Wer ist denn dafür verantwortlich, dass wir keine Regulatorik haben, damit Wasserstoff in Deutschland marktfähig wird? Das ist doch genau das Problem, dass Sie im Bund da ansetzen müssen, und wir appellieren daran, dass das endlich passiert, denn wir brauchen den Ausbau, wir brauchen die Regulatorik und wir brauchen die Leitungen, und das ist doch genau das Problem. Genau deswegen ist das, was Herr Kerstan erzählt hat, richtig, Sie haben einen Punkt, aber Sie können ihn selbst lösen. Sie liegen da am Hebel als CDU, der Wirtschaftsminister ist dafür maßgeblich verantwortlich. Deswegen sprechen Sie mit ihm, damit wir das am Ende hinbekommen, denn das ist das, was wir brauchen, dass die Bundesrepublik endlich einmal
auf den unterschiedlichen staatlichen Ebenen in die richtige Richtung marschiert, und dazu gehört auch Herr Altmaier, der sich dagegen als fast Einziger mittlerweile noch sperrt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann auch nichts dafür, dass der Kollege Kruse sich jetzt noch einmal gemeldet hatte und eine Art der Geschichtsklitterung
hergestellt hat, die man nicht so stehen lassen kann.
Es gab einmal eine Volksinitiative in der Stadt, die hieß Unser Hamburg – Unser Netz. Die haben viele unterstützt, wir GRÜNE haben sie auch überstützt, die LINKEN haben sie unterstützt, Sie waren dagegen, Herr Kruse, und das Volk hat entschieden, wir kaufen die Energienetze zurück. Das haben wir gemeinsam, erst die Sozialdemokraten ohne uns, dann gemeinsam mit den Sozialdemokraten, beim Stromnetz, beim Gasnetz und jetzt beim Fernwärmenetz gemacht. Sie haben damals verloren, Sie haben dann den Netzrückkauf bekämpft, weil Sie nicht akzeptiert haben, dass Sie verloren haben und damit die Demokratie unterminiert haben. Wir haben das jetzt durch Vattenfall durchgesetzt.
Und wir haben auch durchgesetzt, dass Moorburg nicht angeschlossen wird an das Hamburger Fernwärmenetz und damit eine Lebensverlängerung bekommt.
Nein, Herr Kruse, das ist nicht unterirdisch, sondern der Wähler in Hamburg und die Wählerinnen sowieso, Frau Sudmann, müssen sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, dass wir hier eine Situation haben, dass beim LBK-Volksentscheid die CDU sich darüber hinweggesetzt hat, beim Wahlrecht darüber hinweggesetzt hat, und dass Sie sich die ganze Zeit nonchalant über den Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze zurücklehnen. Und das ist demokratietheoretisch gefährlich. Das habe ich hier nicht zum ersten Mal gesagt.
Der einzige Grund, warum Sie dafür von den Menschen in Hamburg nicht abgestraft werden, ist, weil es im Prinzip keine Auswirkungen hat. Das, was Sie hier in der Stadt erzählen, wenn Sie das als Regierung erzählen würden, dann würden Sie zu Recht noch völlig anders dastehen.
Dann finde ich für eine Partei, die gesagt hat, nachdem Rot-Grün ein Gesetz vorgelegt hat, dass wir den Kohleausstieg bis 2030 – übrigens sind wir damit das ambitionierteste Gesetz in Deutschland – herstellen wollen, wir werden es noch überprüfen, 2025.
Sie, Herr Kruse, sagen hier, das ist ein schlechtes Gesetz. Sie haben sich dazu enthalten, weil Sie nicht in der Lage waren, sogar diesem Gesetz zuzustimmen. Auch das müssen wir einmal klar aussprechen,
dass Sie dagegen waren, dass Hamburg aus der Kohle aussteigt. Das ist die Wahrheit, und das muss man dann hier auch einmal sagen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Sudmann, ich wollte Sie nicht erschrecken.
Die Frage ist: Haben Sie einen Finanzierungsvorschlag?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Jahr 2001 wurde Deutschland vom PISA-Schock heimgesucht. Wir als selbsterklärte Bildungsrepublik haben gemerkt, dass wir ziemlich weit hinten sind, dass Deutschland in der Bildung nicht nur unter den eigenen Ansprüchen liegt, sondern dass bei uns, verglichen mit allen OECD-Ländern, mit allen Industrie- und Schwellenländern, die Herkunftsabhängigkeit vom Bildungserfolg am allergrößten ist und dass in Hamburg wie auch in den beiden anderen Stadtstaaten die Situation besonders schwierig war.
Dieses Haus hat sich dann auf den Weg gemacht, Herr Nockemann, um mit einer Enquete-Kommission verschiedenste Maßnahmen zu erarbeiten und sie auf den Weg zu bringen: die Ganztagsbetreuung von über 80 Prozent von Hamburgs Kindern, die Einführung von Schulbau Hamburg, die Abschaffung der Hauptschule, die Einführung der Stadtteilschule mit einer vollen Oberstufe an jeder Schule, die kleineren Klassen und den individualisierten Unterricht. All diese Maßnahmen haben jetzt dazu beigetragen, dass unser Schulsystem sich erheblich verbessert hat. Und, Herr Nockemann, genau das zeigt die Problemlösungsfähig
keit der Politik, weil wir es geschafft haben, in allen PISA-Nachfolgerankings als Stadt Hamburg deutlich nach oben zu kommen.
In Englisch liegen wir hinter Bayern auf Platz zwei, in Deutsch im Mittelfeld, und selbst in Mathe sind wir besser geworden. Das lässt sich wirklich sehen und zeigt, dass die Politik an dieser Stelle handlungsfähig ist, und das, obwohl wir eine Schülerschaft haben, die sehr heterogen ist, auch wenn Sie das manchmal nicht wahrhaben wollen, Herr Nockemann.
Gleichzeitig ist es uns gelungen – auch das ist ein sehr wichtiger Erfolg –, die Gerechtigkeit im Schulsystem weiter zu verbessern. Ein wichtiger Indikator – Kollege Kienscherf hat es schon erwähnt – ist die Abbrecherquote an Hamburgs Schulen. Während sie Anfang der 2000er-Jahre noch unverantwortlich hoch bei 12 Prozent lag, das sind in Zahlen ausgedrückt 1 600 Schülerinnen und Schüler, liegt sie mittlerweile bei unter 6 Prozent, sodass wir sie halbiert haben. Wir sind im oberen Drittel der Bundesländer angelangt; es sind noch etwa 755 Menschen pro Jahr, von denen 400 den ersten Schulabschluss auf dem zweiten Bildungsweg machen. Auch da zeigt sich Jahr für Jahr Schülerinnen und Schülern, dass gute Politik einen Unterschied macht, indem wir es ihnen ermöglichen, ihren Schulabschluss zu machen, und durch gute Politik die Schulabbrecherquote senken.
Der Schulfrieden, der 2010 nach harten Auseinandersetzungen – das Interessante war gestern auf der Pressekonferenz, dass viele, die dort saßen, an diesen Auseinandersetzungen federführend beteiligt waren – geschlossen werden konnte, hat sich grundsätzlich bewährt, weil er dazu beigetragen hat, dass diese für uns alle so wichtigen Reformen nachhaltig wirken können und das Schulsystem und die Lehrerinnen und Lehrer sich auf das konzentrieren konnten, wofür sie ausgebildet worden sind und wofür wir sie eingestellt haben, nämlich auf den guten Unterricht und die Arbeit an unseren Kindern. Deswegen gilt auch für die Verlängerung des Schulfriedens, dass die Gewinner unsere Kinder, unsere Schülerinnen und Schüler sind, denn wir haben jetzt den Lehrerinnen und Lehrern fünf Jahre Zeit gegeben, um sich auf den guten Unterricht zu konzentrieren.
Wir haben uns auf den Weg gemacht, um ein Zwei-Säulen-System zu haben: die Stadtteilschule – eine verhältnismäßig junge Schulform, die sich
nach zehn Jahren ihrer Existenz mittlerweile etabliert hat, fast 50 Prozent Anmeldequote das dritte Jahr in Folge –, aber auch eine Schulform, die durchaus durch eine G9-Debatte in ihrer Existenz gefährdet worden wäre und bei der sich – mit tatkräftiger Hilfe erst einmal von Herrn Trepoll und dann von Frau Boeddinghaus – durchaus eine Zangenbewegung ergeben hätte, womit wir eine Situation gehabt hätten, die für die Schülerinnen und Schüler und auch für die Stadtteilschulen eventuell nicht gut ausgegangen wäre. Insofern sind vor allen Dingen auch die Stadtteilschulen die Gewinner dieses Schulstrukturfriedens.
Drittens ist die große Herausforderung des Hamburger Schulsystems der nächsten zehn Jahre benannt: das starke Wachstum um 25 Prozent Schülerinnen und Schüler, das sind 40 000 Schülerinnen und Schüler, die erst einmal in den Grundschulen ankommen. Es wird darauf ankommen, auch für die Grundschulen weiterhin sehr qualifiziertes Personal zu finden, um dies zu bewältigen. Deswegen ist die Anhebung der Grundschulbesoldung von A 12 auf A 13 nicht nur ein wichtiger Gerechtigkeitsschritt, sondern auch ein wichtiger Schritt, um dieser zentralen Herausforderung des Hamburger Schulsystems zu begegnen. Ich wünsche mir sehr, dass wir – wenn wir das demnächst beschließen werden – damit eine Hamburger Tradition gründen, nämlich die Tradition zu sagen: Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung von gutem Unterricht, wir konzentrieren uns auf die Arbeit an den Schülerinnen und Schülern, und das wird das neue Selbstverständnis der Schulpolitik in dieser Stadt. – Vielen Dank.
Frau Boeddinghaus, meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Frau Boeddinghaus, Sie haben eine famose Rede gehalten, als Herr Trepoll hier die 76 Prozent zum Thema G9 hochgehalten hat, indem Sie ihn aus meiner Sicht sehr klar entlarvt haben, insofern als G9 eine Schulstrukturfrage ist, weil alle Curricula aller Sachen aller Klassenstufen vorher umschrieben werden müssen. Ich finde, diese Rede war beeindruckend und richtig. Aber zur Ehrlichkeit gehört dazu, dass das eine Schulstrukturfrage ist. Sie haben gerade gestern wieder in Ihrer Pressemitteilung gesagt, man brauche eine dringend notwendige Schulstrukturdebatte.
Aber es ist eine diametral entgegengesetzte Schulstrukturdebatte zu der Debatte, zu der Sie bereit wären, wenn sich die CDU zu G9 entschlösse. Die einen wollen das Gymnasium stärken, Sie wollen das Gymnasium im Wesentlichen abschaffen und zur Schule für alle machen. Genau in diesen Konflikt hätten wir als Stadt uns begeben, dass, wenn die CDU sich jetzt nicht entscheidet, die einen sagen, es sei eine Schulstrukturfrage, und Sie wären genau von der anderen Seite gekommen und hätten auch gesagt, das sei eine Schulstrukturfrage. Dann wären wir genau da gelandet, wo wir schon einmal waren, nämlich in dem Schulkonflikt, den wir hatten. Und genau das galt es an dieser Stelle zu verhindern. Deswegen ist der Schulfrieden so substanziell, und genau da spielen auch Sie eine Rolle.
Ich möchte Sie nur an Folgendes erinnern: Man kann sagen, dass über bestimmte Positionen die Zeit hinweggegangen ist, weil unser Schulsystem sich verändert hat. Sie selbst haben in Ihrer Rede eingestanden, dass guter Unterricht der Kernbestandteil einer guten Schule ist. Aber ich möchte Sie auch daran erinnern, dass es für die Position, die meine Partei, ich und Sie vertreten haben, es bei Volksentscheiden bisher keine gesellschaftliche Mehrheit gegeben hat. Man braucht auch gesellschaftliche Mehrheiten, um solche wichtigen Entscheidungen zu treffen.
Deswegen wäre aus dieser Konfrontation, bei der die CDU ihre Position zu einem sehr differenzierten Schulsystem, das noch mit Hauptschule gearbeitet hat, schon lange aufgegeben hat … Auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Es ist nicht so, dass die schon immer genau das wollten, was jetzt
hier war. Es gehört doch zur Ehrlichkeit dazu, dass es dafür nicht nur keine gesellschaftliche Mehrheit gegeben hätte, sondern dass deswegen die Stadtteilschulen und die Kinder in unserer Stadt unter die Räder gekommen wären. Genau das wäre passiert, und genau das würde ich auch den Stadtteilschulleitern antworten: dass deswegen die Stadtteilschulen die Gewinner dieses Schulfriedens sind. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Gladiator, es ist nicht eng, sondern wir waren gerade Zeuge des Thering-Weinberg-Schismas. Denn wir haben doch eine Situation, in der Herr Thering jetzt acht Minuten hier vorn darüber geredet hat, wie er den Autoverkehr in Hamburg ausbauen möchte, wie er die autogerechte Stadt schaffen möchte.
Sie, Herr Thering, haben mit Herrn Weinberg und Herrn Trepoll ein Verkehrskonzept vorgelegt, in dem Sie behauptet haben, Sie würden den Umweltverbund – also die Anzahl der Wege, die man zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit dem ÖPNV zurücklegt – auf 85 Prozent bringen.
Sie ignorieren dabei, dass keine europäische Stadt das schafft. Weder Amsterdam noch Antwerpen noch Kopenhagen noch Wien schaffen das momentan.
Sie reden die ganze Zeit über das Auto und behaupten irgendwelche Märchenziele. Daran sehen Sie doch, dass Sie eine Politik machen, die mit dem, was Sie an anderer Stelle verkünden, was Ihr
Spitzenkandidat will, überhaupt nichts zu tun hat. Damit müssen Sie sich einmal auseinandersetzen. Das hat doch gar nichts mehr mit Realität zu tun.
Das gilt auch an anderer Stelle.
Jetzt seien Sie doch nicht die ganze Zeit so aggressiv. Sie hatten acht Minuten Zeit, um hier aggressiv zu sein.
Sie haben behauptet, die Unfallzahlen würden die ganze Zeit steigen. Das ist komplett falsch.
Das ist komplett falsch. Wir liegen hinsichtlich des Anteils der Unfallzahlen pro 10 000 Menschen der Bevölkerung bei den niedrigsten Unfallzahlen seit Aufzeichnung der Statistik; das gilt übrigens auch für die Schwerverletzten. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen und nicht immer das Gegenteil behaupten.
Dann kommen wir zu Herrn Aukes. Sie haben doch gesagt, es gelinge uns nicht, dass die Menschen das Auto stehen lassen. Das haben Sie heute in der ersten Rede gesagt.
Auch das ist falsch. Es ist schlicht falsch. Schauen Sie sich doch einmal die Zahlen der Mobilität in Deutschland an. Eine Studie mit mehreren Hunderttausend Teilnehmern sagt: Fahrrad plus drei, ÖPNV plus vier, zu Fuß minus eins, Auto minus sechs. Das ist die Entwicklung der letzten zehn Jahre, und da können Sie doch nicht so etwas sagen. Die Verkehrswende in Hamburg ist in vollem Gang, und ehrlicherweise müssen wir sie beschleunigen. Aber Sie können doch nicht dauernd das Gegenteil behaupten. Schauen Sie sich die Studie an, dann würden Sie sehen, in welche Richtung wir gehen.
Das, was Sie machen, ist wirklich zu wenig. Sie sollten sich an den Fakten orientieren. Ausweislich Ihrer eigenen Konzepte behaupten Sie Dinge, die Sie niemals erreichen werden. So werden Sie die Opposition in diesem Hause nicht verlassen können.
Ja. Ich bedanke mich für die Verlängerung meiner Redezeit.
Also die Frage war, ich solle zur Kenntnis nehmen, dass wir mehr zugelassene Autos in der Stadt haben,
die – das füge ich jetzt hinzu – aber immer weniger fahren.
Herr Thering, Sie kennen doch die Drucksache der Mobilitätsziele für Hamburg. Was steht da drin? Darin steht, dass es weniger Autoverkehr in Hamburg gibt
und dass die Abnahme umso größer ist, je weiter man in die innere Stadt geht, in den letzten zehn Jahren sogar minus 10 Prozent.
Das ist die Antwort auf die Frage. Diese Autos stehen noch länger herum als zuvor. Das ist schlicht und ergreifend die Antwort auf die Frage. Sie werden weniger benutzt. Das sagen alle Studien in Deutschland, das sagen alle Studien in Hamburg, das sagen die Drucksachen des Senats. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen und auch, dass man in einer Stadt, in der immer mehr Menschen wohnen, die immer mehr mobil sein wollen, die Verkehrsfläche aber gleich bleibt, weil wir eine enge bebaute Stadt haben, Verkehrsformen finden muss, die weniger Platz in Anspruch nehmen. Oder, überspitzt gesagt: Je größer die Stadt wird, desto mehr brauchen Sie eine Verkehrswende,
um einen Verkehr in Hamburg vernünftig zu organisieren. Das ist das Hauptproblem in dieser Stadt, und daran arbeiten wir mit aller Kraft. Das Hauptproblem ist im Übrigen nicht die Baustellenkoordinierung. Das ist nur das Hauptproblem für diejenigen Leute, die allen anderen Sand in die Augen streuen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Über 20 000 Unterschriften für die Volksinitiative "Tschüss Kohle!", über
17 000 Schülerinnen und Schüler beim letzten "Fridays for Future" auf dem Rathausmarkt, die man buchstäblich in allen Räumen dieses Hauses gehört hat – das wahlentscheidende Thema bei der Europawahl ist klar: Der Kampf für den Klimaschutz, der Kampf gegen die Erderhitzung ist dort angekommen, wo er hingehört, nämlich in den Mittelpunkt der politischen Debatte. Diese Ereignisse sind eine Aufforderung an uns alle, endlich zu handeln.
Es ist mehr als ein Unbehagen, dass etwas nicht stimmt, was die Menschen umtreibt. Es droht die Verfehlung der Klimaschutzziele. Strafzahlungen an die Europäische Union in Höhe von Milliarden Euro, Klimaflüchtlinge, geopolitische Verwerfungen, die Erhöhung des Meeresspiegels, die auch unsere Stadt betrifft – all das fordert uns auf, jetzt einen ambitionierten Klimaschutz zu betreiben, denn wenn wir ihn nicht jetzt betreiben, wird er hinterher deutlich teurer.
Wer das Klima schützen will, muss konkret handeln, und zwar auch auf Landesebene. Genau das werden wir in Hamburg tun, indem wir beschließen, Hamburgs Fernwärme kohlefrei zu machen. Ich bin stolz darauf, dass wir heute das bundesweit ambitionierteste Kohleausstiegsgesetz auf den Weg bringen und als Stadt des Klimaschutzes deutschlandweit vorangehen.
Damit ziehen wir im Wärmebereich das bundesweite Ausstiegsziel, das bisher nur als Konsens der Kohlekommission, aber noch nicht als Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums vorliegt, in Hamburg um mindestens acht Jahre von 2038 auf 2030 vor. Gleichzeitig haben wir vereinbart und gesetzlich festschreiben wollen, dass wir im Jahr 2025 überprüfen, ob wir nicht noch schneller aus der Kohle aussteigen.