wir sehen uns als die Stadt an, die diesen Menschen … Es sind ja mittlerweile über 57 000 Menschen, die Zuflucht in unserer Stadt gefunden haben, die wir integrieren wollen, die wir aufnehmen wollen, die wir nicht nur beherbergen wollen, sondern die Teil unserer Stadtgesellschaft werden sollen. Und das, was Bürgermeister Tschentscher und die zwei anderen Bürgermeister aus Bremen und aus Berlin heute oder gestern verkündet haben, dass sie sagen, wir sind sichere Häfen, wir wollen eine humanitäre Lösung und wir werden alles daransetzen, dass wir verantwortungsvoll mit der Flüchtlingsfrage umgehen, ist ein wichtiges Signal.
Deswegen ist es gut, dass wir heute zwei Bürgerschaftsanträge zu diesem Thema haben, einen von der Links-Fraktion, dem wir nicht zustimmen werden, das sage ich gleich, und einen sehr guten, von Rot-Grün eingereichten Antrag, wo wir ganz deutlich sagen, Herr Trepoll: Es kann nicht sein, dass ein Bundesinnenminister die ganze Republik in Geiselhaft nimmt für seinen bayerischen Wahlkampf, sondern er muss endlich einmal verantwortungsvoll handeln, auch in diesem Bereich.
und es wird weiterhin Flüchtlinge aus dem Mittelmeer aufnehmen. Aber natürlich im Rahmen einer bundesweiten Vereinbarung. Nicht Einzelfälle sind hier gefragt, sondern eine bundesweite Lösung. Wir als Rot-Grün wollen dies unterstützen, und das ist, glaube ich, ein wichtiges Signal.
Wir wollen, dass das, was dort im Mittelmeer geschieht, wo Menschen gerettet werden, dass private Hilfsorganisationen wie staatliche Hilfsorganisationen letztendlich beide zusammen diesen Auftrag fortführen können. Sophia ist keine primäre Seenotrettungsaktion, aber Sophia hat dazu beigetragen, dass fast 60 000 Menschen gerettet worden sind. Dies müssen wir fortführen,
ja, wir müssen es noch ergänzen um eine weitere Seenotrettungsaktion, und wir müssen es schaffen, dass private und staatliche zusammenarbeiten und nicht gegeneinander. Das muss unser Ziel sein.
Deutschland wird auch in diesem Jahr 150 000 bis 200 000 Menschen aufnehmen. Hamburg wird mehrere Tausend Menschen aufnehmen. Es wird eine große Herausforderung sein, die bereits hier lebenden Menschen und die neu hinzukommenden Menschen zu integrieren, sie Teil unserer Gesellschaft werden zu lassen. Wir als Rot-Grün, aber ich glaube,
auch der überwiegende Teil der Hamburgischen Bürgerschaft, ist dazu bereit. Packen wir es an. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Frau fragte mich heute Morgen, warum ich so ernsthaft sei. Ich glaube, das ist eine der schwierigsten Debatten, die wir in diesem Hause in den letzten Jahren geführt haben. Einfache Lösungen sind in einer so komplexen Lage, wie wir sie haben in Europa, angesichts einer Welt, die am zerfallen ist, zumindest einer Welt, die vor mehreren Hundert Jahren von Außenpolitikern in Europa gegründet worden ist im Nahen Osten und in Afrika … Hier und heute einfache Lösungen zu finden – ich glaube, so ehrlich sollten wir sein: Wir werden sie nicht finden. Wir befinden uns in einem Findungsprozess innerhalb aller deutschen Parlamente und innerhalb aller Parlamente Europas sowie der gesamten EU.
Wir greifen hier zurück auf einen Konsens der letzten Jahre, der von einem humanistischen und christlichen Menschenbild geprägt ist: Jeder Mensch hat eine Würde, jeder Mensch hat das Menschenrecht, vor Leid, Vertreibung und Verfolgung von der Rechtsgemeinschaft Schutz zu genießen.
Am 4. November 1950 haben sich Politikerinnen und Politiker des damals tatsächlich zerfallenen Europas zusammengesetzt und wollten eine Wertegemeinschaft für die Zukunft gründen. Das ist die Europäische Menschenrechtskonvention, die heute objektiv rechtlicher Rechtsmaßstab für ganz Europa ist und den Menschen Schutzrechte, Freiheitsrechte und Schutz vor Vertreibung, vor Angriff auf Leib und Leben zusichert. Heute sind wir eigenartigerweise in Europa und in den angrenzenden Kontinenten in einer Situation, die nahezu vergleichbar ist mit der des 4. November 1950: Regime wie der Nationalsozialismus waren zerfallen, neue Unrechtsstaaten bildeten sich, Europa war in einer vollständigen Neuordnung. Und das haben wir heute in dieser Situation auch.
Wir wollen, das offenbaren die Redebeiträge meiner beiden Kolleginnen, ja, wir krampfen uns, das muss man sagen, nach einer einfachen Lösung, und wissen genau, wie unglaublich schwierig sie ist. Wir wollen auf der einen Seite verhindern, dass Menschen in ihrem Heimatland Verfolgung und Angriff auf Leib und Leben fürchten müssen, wollen auf der anderen Seite auch verhindern, dass wir sie in die Hände der Schlepper geben. Aber in dem Moment, in dem die Schlepper die NGOSchiffe anfahren und die NGO-Schiffe aus ihrem Selbstverständnis heraus diese Menschen auf ihren Schiffen aufnehmen, machen wir uns automatisch – ungewollt, aus einer moralischen Hebung heraus – zu Handlangern dieser Schlepper, die Menschen alles nehmen, sie auf Nussschalen setzen, auf Schlauchboote mit einzelnen Motoren, die nicht immer laufen, und deren Leben riskieren.
Einfache Lösungen in dieser hochkomplexen Situation, ohne dass wir die Anrainerstaaten Griechenland und Italien mitnehmen, die die Lasten seit Jahren tragen, während wir viel zu lange weggeschaut und sie allein gelassen haben, werden nicht funktionieren. Ich kann deswegen nur bitten, dass wir hier den Konsens der letzten Jahre aufrechterhalten, das Menschenbild und den Einigungsprozess in Europa in den Vordergrund stellen und uns bei allen unseren Appellen an der Menschenrechtskonvention Europas und auch an der Zukunft unseres gemeinsamen Europas ausrichten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Europa droht sich ein humanitäres Prinzip, das eigentlich bisher Common Sense gewesen ist, ins Gegenteil zu verkehren. Früher ging man für unterlassene Hilfeleistung in den Knast, und heute droht einem Haft, wenn man Menschenleben rettet. Eine solche Entwicklung ist gefährlich, ich würde sogar sagen, sie führt geradewegs in die Barbarei, und erinnern wir uns alle gemeinsam: Da waren wir schon einmal. Man kann nicht laut genug und deutlich genug sagen: Es darf dahin keinen Weg zurück geben.
Ehrlicherweise tragen wir alle, jede und jeder einzelne hier in Deutschland, eine ganz besondere Verantwortung dafür.
Die Crews der zivilen Seenotrettungsorganisationen wie Sea-Watch, Mission Lifeline, Sea-Eye, JUGEND RETTET und SOS MEDITERRANEE übernehmen Verantwortung, und zwar dort, wo Politik das gerade nicht ausreichend vermag. Ihnen gilt
Als die Lifeline vor einigen Wochen in keinen sicheren Hafen einlaufen durfte, wurde aus meiner Sicht das Ausmaß der Verantwortungsdiffusion in Europa auf brutale Weise deutlich. Italien hat den Boden der völkerrechtlichen Verträge verlassen – das muss man sich einmal vorstellen – und behindert Seenotrettung und kriminalisiert die Retterinnen.
Und Herr Seehofer hat währenddessen immer noch nicht verstanden, dass es jetzt eigentlich einmal an ihm ist, anzufangen zu arbeiten. Es gibt eine humanitäre Krise auf dem Mittelmeer, und er tut schlicht nichts. Er ist sich vor allem selbst der Nächste und zeigt sich als Narzisst, der völlig empathiefrei
phasenweise – die Kollegen haben es vorhin auch schon gesagt – mit seinen Spleens die gesamte Republik in Geiselhaft nimmt.
Frau Gallina, bei aller Erregung, denken Sie ein bisschen an unseren parlamentarischen Sprachgebrauch, bitte.
Ich sage auch, warum es mich wütend macht. Es gibt viele Kriege und Krisen auf der Welt, wo wir politisch versuchen, auf ganz unterschiedliche Art und Weise Menschenleben zu retten, und in denen wir oft sehr machtlos sind und uns die Hände gebunden sind. Aber bei der Frage, ob wir Menschen auf dem Meer sterben lassen, ist das anders. Deutschland kann hier einen bedeutenden Unterschied machen. Wir haben die Möglichkeit, Menschenleben zu retten, und wir sollten sie verdammt noch mal nutzen.
Noch besser wäre es, unsere NGOs vor Ort zu unterstützen, mit Geld, mit Know-how, aber auch mit politischer Haltung.
Herr Seehofer hat keine humanitäre Haltung gezeigt, er hat auch leider keine christliche Haltung gezeigt. Das Gute ist aber, dass Hamburg es anders macht, denn Hamburg zeigt Haltung.
Da kann ich gut an den Kollegen Kienscherf anknüpfen, denn wir sind bereits seit Jahren ein sicherer Hafen für viele Geflüchtete, in dem sie nicht nur Zuflucht, sondern eben auch Zukunft finden. Die Hamburgerinnen haben bei der Seebrücke-Demo zu Tausenden gezeigt, dass sie genau ein solches Hamburg wollen, und sie wissen, wovon sie reden, denn unsere Willkommenskultur, unsere Integrationskultur ist unsere gemeinsame politische Kultur in dieser Stadt, und viele in Hamburg sind zu Recht stolz darauf.