Protocol of the Session on February 14, 2018

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man jetzt aber noch einmal auf den Titel des Koalitionsvertrags schaut – "Aufbruch für Europa", "Dynamik für Deutschland", "Zusammenhalt für unser Land" –, dann kann man nach Ihrer Rede sagen: In der Koalition ist mit Aufbruch, Dynamik und Zusammenhalt erst einmal noch nicht so viel zu erwarten. Aber das Entscheidende ist doch, dass wir Aufbruch, Dynamik und Zusammenhalt in unserem Gemeinsystem, in unserer Stadt organisieren. Und deswegen noch einmal zum Mitschreiben: Aufbruch – das Wachstum der Einwohnerzahlen, wir hatten gerade gestern zweieinhalbtausend Schüler mehr in Hamburgs Schulen, Dynamik – wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 25 Jahren, wir investieren in die Wissenschaftsstadt. Und Zusam

menhalt – wir haben einen Konsens mit der Flüchtlings-Volksinitiative gemacht, die Kita-Gebühren frei gemacht, wir bauen Sozialwohnungen. Das ist das, was alles hier passiert. Wir werden auch in Hamburg davon profitieren, was dort ausgehandelt worden ist. Gleichzeitig muss man als Bilanz sagen: Es gibt auch Leerstellen, und die muss man auch klar benennen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Özdemir für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dressel, ich kann wirklich mit Ihnen fühlen, aber der Einzige, der in der SPD versucht, noch eine inhaltliche Debatte zu führen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ist Kevin Küh- nert!)

ist Ihr Juso-Chef Kevin Kühnert. Und das finde ich auch gut so.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt in Ihrer Partei eben auch Teile, die sich mit dem Koalitionsvertrag wirklich auseinandergesetzt haben und auch deutlich sagen, dass sie sich nicht zufriedengeben wollen, zum Beispiel beim Thema soziale Ungerechtigkeit, die deutlich sagen, dass sie sich mit dem Thema Armut, mit der Wohnungsnot, mit dem Pflegenotstand auseinandersetzen wollen. Es gibt Teile, zu denen Kevin Kühnert gehört, die das Problem der nicht höheren Steuern für Superreiche und Konzerne thematisieren möchten. Es gibt Teile in Ihrer Partei, die über das Hartz-IV-System sprechen möchten, die es eben nicht weiterhin aufrechterhalten möchten, über das Zweiklassenbildungssystem, über Zweiklassenmedizin, aber auch über die Rüstungsexporte in Krisenregionen, zu denen in Ihrem Vertrag ganz deutlich steht, dass die Einschränkung nur für Jemen gilt.

Wir sprechen hier von einem Koalitionsvertrag, der nebenbei den Absturz Ihrer Partei in die Bedeutungslosigkeit bewirken könnte. Das müssten Sie eigentlich sehr, sehr ernst nehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben einen Bürgermeister, der das ganze Elend der SPD repräsentiert, einer SPD, die sich lieber mit dem Heimatminister Seehofer an den Kabinettstisch setzt als konsequent für die Vision einer sozialen Bundesrepublik zu streiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben einen Noch-Bürgermeister, der für den Geist steht, der die SPD auf 16,5 Prozent gebracht hat, für eine SPD, die jetzt mit der gleichen Leidenschaft die Eindämmung der sachgrundlosen Befris

tung feiert, mit der sie sie einst eingeführt hat, für eine SPD, welche die Wiederherstellung der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung als Verhandlungserfolg verkauft und verschweigt, dass sie es war, die sie unter Schröder selbst abgeschafft hat.

Solange es Leute in der SPD gibt, die Politik machen wie Olaf Scholz, gibt es keine glaubhafte Erneuerung. Und ohne eine glaubhafte Erneuerung wird es in der Bundesrepublik auch nicht dazu kommen, dass die offene Wunde, die seit der Agenda 2010 herrscht, geschlossen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese vorhandene soziale Gerechtigkeitslücke kann nur mit einem starken Linksbündnis geschlossen werden, einem Bündnis, das das Vertrauen …

(Dr. Andreas Dressel SPD: Oh nee, bitte! Dann lieber mit der CDU!)

Sie werden mit der Zeit noch auf uns zukommen, Herr Dressel.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber im Bund gibts doch gar keine rot-rot-grüne Mehrheit!)

Spätestens bei den nächsten Wahlen.

(Beifall bei Sabine Boeddinghaus DIE LIN- KE)

Es gilt, ein Bündnis hinzubekommen, das das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wieder zurückgewinnt, und das Vertrauen kann eben nicht mit diesem Koalitionsvertrag und nicht mit einem "Weiter so" zurückgewonnen werden. Wir haben einen Rechtsruck in diesen Tagen, der spürbar ist, der fühlbar ist, der zu hören ist. Es muss Ihnen doch auch klar sein, dass wir dem etwas entgegensetzen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Abgang von Olaf Scholz wäre für Hamburg eine gute Nachricht, wenn er den Weg frei machen würde für die Erneuerung der SPD in Hamburg, für eine SPD, die wirklich wieder sozialdemokratisch ist,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das definierst du?)

für eine SPD, die wirklich wieder eine Alternative sein möchte und nicht schon wieder Ihr Steigbügelhalter.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben Olaf Scholz sieben Jahre lang als Bürgermeister gehabt. Er hatte die Möglichkeit, diese undefinierte sozialdemokratische Politik zu machen. Aber in seiner Amtszeit ist die soziale Spaltung in der Stadt weiterhin gewachsen – für Sie immer noch kein Thema. Die Ära Scholz wird in die Geschichte der Stadt eingehen als eine Ära des

(Dr. Anjes Tjarks)

Kaputtsparens, des eiskalten Kürzens, der Blockaden.

(Zurufe)

Mit ihm als Finanzminister kommen auf die Kommunen noch Horrorstorys zu. Und jetzt soll auch noch der Elbtower kommen,

(Zurufe)

das, wie es aussieht, finale Abschiedsgeschenk des Bürgermeisters. Aber auch hier wieder Großmannssucht, ein städtebauliches Projekt, das an den Bedürfnissen der Bevölkerung in dieser Stadt wieder komplett vorbeigeplant wird.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Wer hat die Wohnungen, die Kitas ge- baut? Wo haben wir denn gekürzt?)

Es wird wohl ein Haus, das, wenn es dereinst wirklich stehen sollte, wie der finale Mittelfinger der Amtszeit des Bürgermeisters wirkt,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Unverschämt!)

eines Bürgermeisters, der unsere Stadt sieben Jahre lang in die falsche Richtung gelenkt hat.

(Glocke)

Herr Dressel, Sie haben jetzt die Chance, in die richtige Richtung zu gehen.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Ordnungsruf!)

Frau Özdemir, das gibt jetzt schon noch einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der CDU)

So, Frau von Treuenfels-Frowein bekommt …

(Milan Pein SPD: Das ist eine peinliche De- batte! – Gegenruf: Das ist doch Ihre Debat- te! Sie haben sie ja angemeldet!)

Herr Pein und Herr Gladiator, wir haben noch Redezeit, Sie können sich dann gern auch noch zu Wort melden.

Jetzt hat aber zunächst Frau von Treuenfels-Frowein das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Milan, vielleicht mache ich es ja besser. Hier ist heute von der SPD, wie wir finden, eine Spekulationsdebatte angemeldet worden. Sie wollen heute im Konjunktiv bis ins kleinste Karo darüber sprechen, ob Hamburg vom Koalitionsvertrag im Bund profitieren würde. Meinen Sie das wirklich ernst?