Protocol of the Session on February 14, 2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Milan, vielleicht mache ich es ja besser. Hier ist heute von der SPD, wie wir finden, eine Spekulationsdebatte angemeldet worden. Sie wollen heute im Konjunktiv bis ins kleinste Karo darüber sprechen, ob Hamburg vom Koalitionsvertrag im Bund profitieren würde. Meinen Sie das wirklich ernst?

(Zuruf: Ja!)

Ohne einen in Ihrer Partei abgestimmten Vertrag? Ohne bekannte Kabinettsbesetzung, aber mit ei

nem anhaltenden Chaos an Ihrer Parteispitze? Das ist doch alles noch völlig im Unklaren. Das ist alles völlig spekulativ.

(Beifall bei der FDP)

Ich will mich trotz dieses offensichtlichen Versuchs, von Ihrer schweren Krise abzulenken, einmal einen Moment mit zwei Beispielen darauf einlassen. Beispiel: Verschärfung der Mietpreisbremse. Die ist gerade in Deutschlands Großstädten ein Totalausfall. Das Landgericht Berlin stuft sie als verfassungswidrig ein und Wohnungsbau wird von der Mietpreisbremse nachweislich gehemmt und nicht gefördert – keine gute Idee.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Wo wird gehemmt? Wo hast du das denn her?)

Sie wollen über Inhalte reden, hören Sie doch jetzt einfach zu.

Beispiel 2: Digitalisierung 2025. Der Breitbandausbau, wir haben es hier gehört, soll in sieben Jahren so fortschreiten, dass ein Rechtsanspruch bis 2025 besteht. Der Stand der Technik ist da bestimmt schon sehr viel weiter. Wir erwarten mehr Tempo beim Thema Digitalisierung.

(Beifall bei der FDP)

Statt einem Digital- bekommen wir ein Heimatministerium. Meine Damen und Herren, das spricht wirklich für sich. So viel dazu.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Hätten Sie mal den Koalitionsvertrag abge- schlossen!)

Machen wir uns doch jetzt einmal alle ganz ehrlich hier in diesem Hause zusammen klar: Was die wirklichen Folgen dieses mutmaßlichen Koalitionsvertrags für die Stadt sein könnten, das weiß derzeit nämlich niemand. Sie wollen hier nur von der Weigerung ablenken, Ihre längst feststehenden Nominierungen für die Ressorts bekanntzugeben. Natürlich soll Olaf Scholz das Finanzministerium übernehmen; das weiß doch sowieso jeder. Aber warum gibt er denn dann im "Spiegel" und anderswo Interviews zur deutschen Finanzpolitik, ohne zu sagen, dass er Finanzminister wird? Warum steht der Erste Bürgermeister Hamburgs jetzt in einem Faschingszelt

(Dr. Andreas Dressel SPD: Jetzt steht er nicht im Faschingszelt!)

in Vilshofen und nicht hier vor diesem Parlament und erklärt offen und ehrlich: Ja, die SPD will mich zum Bundesfinanzminister und Vizekanzler machen,

(Dirk Kienscherf SPD und Juliane Timmer- mann SPD: Weil wir was anderes vereinbart haben!)

(Cansu Özdemir)

Endgültiges nach dem Mitgliedsentscheid am 4. März. Ist doch nicht so schwer, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dieser Bürgermeister und diese SPD – jedenfalls ein Teil davon – waren es doch, die 2011 im Bürgerschaftswahlkampf das Wort Klarheit fett auf ihre Plakate gedruckt haben. Und in den sieben Jahren hat Olaf Scholz keinen einzigen Anlass ausgelassen, um dieses Image in der Stadt zu etablieren. Der angeblich klare, der immer vernünftige, der stets verantwortungsbewusste Bürgermeister, das war Ihre Inszenierung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Jetzt geht Olaf Scholz, übrigens entgegen seiner früheren Bekundungen, nach Berlin. Und ja, wir wünschen ihm viel Erfolg. Aber wo ist die Klarheit geblieben? Die reklamierte Klarheit ist zum Blendwerk geworden und nur noch eine PR-Nummer.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Warum redet Olaf Scholz auf Ihrem SPD-Neujahrsempfang so rätselhaft von melancholischem Umgucken – da stand, glaube ich, Herr Dressel in der Ecke –, wenn er seinen Abgang meint? Meine Damen und Herren, in Wirklichkeit gibt es hier nur eins, nämlich die pure Rückversicherungsmentalität des Ersten Bürgermeisters.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es ist doch die Angst vor einem verlorenen SPDMitgliedsvotum und einem dann beschädigten Ersten Bürgermeister Olaf Scholz, der ihn so herumdrucksen lässt. Das finden wir unwürdig und das schafft unter anderem starke Politikverdrossenheit.

(Beifall bei der FPD, der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Und es ist auch respektlos, besonders gegenüber Hamburgs Bürgern, denn die Freie und Hansestadt ist ein souveränes Bundesland und nicht ein SPDUnterbezirk.

(Beifall in der FDP und der CDU)

Die Hamburger sind kein Spielball sozialdemokratischer Karriere oder Rücktrittszenario. So weit darf es hier nicht kommen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir haben wie die gesamte deutsche Öffentlichkeit kein Verständnis für das politische Chaos, das jetzt in der SPD-Führung deutlich wird und an dem der angeblich sonst so klare und verantwortungsbewusste Olaf Scholz ja auch durchweg beteiligt ist. Hamburg hat einen Bürgermeister verdient, der sich klar und eindeutig positioniert.

(Kazim Abaci SPD: Hat er schon!)

Das, was wir jetzt erleben, ist dem Respekt vor dem Amt des Bürgermeisters und auch seiner Person nicht würdig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die AfD-Fraktion bekommt Herr Dr. Wolf das Wort.

(Dirk Kienscherf SPD: Wollen Sie das Hei- matministerium?)

Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen, meine Herren! Heute ist Aschermittwoch und traditionell werden zu Aschermittwoch in Bayern deftige Reden geschwungen. Da meldet die SPD-Fraktion hier doch tatsächlich für die Aktuelle Stunde an, Hamburg setze wichtige Impulse und profitiere von einer Koalitionsvereinbarung im Bund, und will augenscheinlich Bundespolitik zum Thema machen und hier darüber reden. Das können wir gern tun. Nur, was macht der Erste Bürgermeister? Herr Scholz schwänzt die Sitzung und versucht sich im Bierzelt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Scholz als Stimmungskanone im Bierzelt. Das zeigt doch, wie verkatert die SPD

(Ksenija Bekeris SPD: Ha, ha, ha!)

und wie dünn ihre Personaldecke ist, wenn schon Olaf Scholz in die Bütt steigen muss, um die Bayern mitzureißen. Als launig kann man seine doch eher drögen Reden eigentlich nur mit Restalkohol vom Fasching empfinden.

(Dr. Monika Schaal SPD: Das machen Sie vielleicht so!)

Denn verkatert ist die SPD sicher. Die jüngste Meinungsumfrage sieht die SPD bundesweit nur noch um 1,5 Prozent vor der AfD – und die 1,5 Prozent holen wir auch noch auf,

(Farid Müller GRÜNE: Armes Deutschland!)

weil wir die besseren Argumente haben und auch besser als Olaf Scholz reden können.

(Heiterkeit)

Aber kommen wir zum Koalitionsvertrag, den uns die SPD hier als großen Erfolg für Hamburg verkaufen möchte. Gesamteindruck: ein schlimmes "Weiter so" – und das, wo die meisten hier im Lande das Gefühl haben, es liefe etwas gewaltig schief und man brauche einen Neuanfang, inhaltlich wie personell.

(Hansjörg Schmidt SPD: Aber euren nicht!)

Schauen wir auf einzelne Punkte der Koalitionsvereinbarung, die unmittelbar Auswirkungen auf Hamburg haben. Stichwort Zuwanderungspolitik,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Welches sonst? Wir hätten nichts an- deres erwartet!)