Protocol of the Session on March 1, 2017

Einen gewissen Schutz vor Nationalchauvinismus bietet ein gesunder Patriotismus, wie er in allen Ländern dieser Welt, außer Deutschland, selbstverständlich ist und wie er auch hierzulande selbstverständlich war.

(Dr. Monika Schaal SPD: Dann wandern Sie doch aus!)

Noch in den Siebzigerjahren, Herr Dressel, plakatierte die SPD:

"Deutsche, wir können stolz sein auf unser Land."

(Anna Gallina GRÜNE: Reden Sie mal zur Sache!)

Stellen Sie sich einmal vor, Jugendliche würden in Hamburg eine solche Parole mit Straßenmalkreide aufs Pflaster schmieren. Dann wäre aber der Staatsschutz aktiv.

(Joachim Lenders CDU: In welcher Welt le- ben Sie eigentlich?)

Reden Sie doch einmal mit Ausländern. Ich meine mit solchen, die seit Jahren hier leben und die zu einem rechtschaffenen Teil Deutschlands geworden sind. Von denen höre ich immer wieder, wir kennen kein Volk, das sich selbst so hasst wie die Deutschen. Herr Trepoll, was erwarten Sie denn eigentlich von den türkischen Nationalisten? Wir sind ein Volk, das nicht einmal die Selbstachtung und den Anstand aufbringt, der Toten eines Massakers mit einer Trauerfeier zu gedenken. Wie können Sie da erwarten,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist Quatsch! Eine Lüge nach der anderen! Verleumdung! – Joachim Lenders CDU: In welcher Welt le- ben Sie eigentlich?)

dass Fremde mit übersteigertem Selbstbewusstsein uns, die wir doch als Köterrasse bezeichnet werden dürfen, mit Ihrer Zustimmung, und die europäische Zivilisation achten?

(Glocke)

Herr Dr. Flocken, ehrlich, wir sind alle etwas fassungslos über Ihre Wortwahl, über Ihre herbeigezogenen Vergleiche, über die vermeintlichen Fakten, die Sie hier in den Raum stellen,

(Dr. Ludwig Flocken fraktionslos: Welche?)

und ich möchte Sie jetzt wirklich bitten, erstens zum Thema zu reden

(Dr. Ludwig Flocken fraktionslos: Ja!)

und zweitens an die parlamentarische Ordnung zu denken, ansonsten entziehe ich Ihnen das Wort. Fahren Sie bitte fort. Sie haben noch 1.47 Minuten.

(Dirk Nockemann)

Hamburg sagt Nein, sagen Sie, dieses Land gehört uns, sagen Sie, hier gelten unsere Regeln, sagen Sie, hier ist Haltung gefragt, sagen Sie und stampfen mit dem Fuß auf und tun so, als ob Sie nicht merken, dass Sie ausgelacht werden von denen, die genau wissen, dass das nur Lippenbekenntnisse sind, mit denen Sie das gutmütige Volk beruhigen wollen. Zum Beispiel nach einem Pogrom: Wenn Sie das nicht glaubhaft vertreten können, glaubhafter jedenfalls als heute, dann wundern Sie sich doch nicht, dass andere kommen und sagen, nein, das ist unser Land, hier gelten unsere Regeln. Und das sind dann die von Herrn Erdogan und die aus dem Koran. Und bevor Sie, Herr Trepoll, sich am Deutschenhass der Türken abrackern, kümmern Sie sich doch erst einmal um Ihren eigenen Deutschenhass. – Vielen Dank.

(Dennis Gladiator CDU: In welcher Welt le- ben Sie? – André Trepoll CDU: Das gibt kei- nen Ordnungsruf? – Glocke)

Herr Dr. Flocken, ich rufe Sie abschließend noch einmal zur Ordnung. – Das Wort bekommt jetzt Herr Trepoll von der CDUFraktion für drei Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde wir müssen uns da noch einmal etwas überlegen. Ich denke, es geht nicht, dass hier die Bühne genutzt wird von fraktionslosen Abgeordneten an dieser Stelle. Ich weiß, dass es noch andere fraktionslose Abgeordnete gibt, aber ich finde schon, wir sollten uns überlegen, ob wir uns das hier in Zukunft noch weiterhin bieten lassen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Ich will auf die politische Debatte eingehen und insbesondere auf das, was die Kollegen von SPD und GRÜNEN gesagt haben. Natürlich ist heute politischer Aschermittwoch, Herr Tjarks, aber den feiern wir in Hamburg eigentlich nicht. Ihre Büttenrede war dafür auch nicht geeignet, sondern es hatte nur den einzigen Auftrag, abzulenken von Ihrer Verantwortung in Hamburg.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das haben Sie versucht, und das war geradezu, ich kann es nicht anders sagen, peinlich, wie Sie versucht haben, die Bundeskanzlerin anzugreifen,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Was sagen Sie zur Kanzlerin?)

denn man muss einmal klar sagen, es gibt keinen Merkel-Türkei-Deal, Herr Dressel, es gibt einen EU-Türkei-Deal.

(Beifall bei der CDU)

Soll ich Ihnen jetzt erzählen, wer Präsident des Europäischen Parlaments war? Soll ich Ihnen erzählen, wer Außenminister war, wer Außenminister ist, wer in der Bundesregierung gemeinsam mit der Union sitzt?

(Dirk Kienscherf SPD: Nicht so dünnhäutig!)

So kommen wir doch nicht weiter. So kommen wir nicht weiter, deshalb: Sie dürfen nicht ablenken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war heute schon eine völlig andere Verteidigung von Ihnen zu diesem Thema, das war keine Vorwärtsverteidigung mehr. Ich habe gar nicht mehr gehört, dass Sie die Staatsverträge, die Religionsverträge verteidigt haben. Ich habe nicht gehört, dass der Dialog so wichtig ist, all das, was wir vor vier Wochen noch gehört haben. Das waren ganz andere Töne. Und deshalb ist es schon wichtig, auch noch einmal klarzustellen, worum es uns in der Debatte geht. Wenn ich mit türkischen Freunden, mit türkischen Bekannten spreche, dann sagen die mir sehr klar, dass sie mittlerweile Angst haben, in Hamburg bespitzelt, denunziert zu werden, dass sie Angst haben, in die Türkei zu fahren, weil sie gar nicht wissen, was sie da erwartet, was über sie gemeldet wird, was über sie erhoben wird, was in Moscheen weitergetragen wird. Das ist doch die Frage, der wir uns stellen müssen, und ob wir mit einem Partner wie der DITIB weiter zusammenarbeiten wollen. Zu dieser Frage haben Sie heute überhaupt nichts gesagt.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Dann müssen Sie mal zu- hören!)

Deshalb ist unser Leitmotto klar: keine Toleranz für Intoleranz. Das ist, glaube ich, das Signal und die Botschaft, die wir aussenden müssen. Wir dürfen vor diesen Fehlentwicklungen die Augen nicht verschließen. Wir können es nicht akzeptieren, wenn eine ausländische Regierung direkten Einfluss nimmt auf junge deutsche Staatsbürger und bewusst Desintegration in unserem Land betreibt. Das wollen wir nicht zulassen, das ist der Grund, warum wir so entschieden und stark auftreten und Sie auffordern zum Handeln. Dem müssen Sie endlich nachkommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Frau von Treuenfels-Frowein von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute ist viel gesagt worden, und einiges ist eigentlich nicht gesagt worden. Da schließe ich mich Herrn Trepoll an, ich wundere mich, warum hier keiner einmal darüber spricht, welche Konsequenzen wir jetzt ziehen wollen. Natürlich, Sie zie

hen jetzt Konsequenzen in Wilhelmsburg, und die sind auch richtig, das haben wir schon gesagt. Aber wir müssen auch andere Konsequenzen ziehen.

(Juliane Timmermann SPD: Das ist doch ei- ne Konsequenz!)

Das ist eine Konsequenz, die jetzt gezogen worden ist, da haben Sie völlig recht, aber erstens zu spät, zweitens nur auf öffentlichen Druck hin, und drittens müssen weitreichendere Konsequenzen gezogen werden.

(Juliane Timmermann SPD: Da müssen Sie eine Grundlage für haben!)

Wir müssen dafür sorgen, dass wir Demokraten Konsequenzen ziehen, sonst überlassen wir das – das haben wir an beiden Reden heute gesehen – den Rechtspopulisten. Wir müssen als Demokraten zusammenhalten und sollten uns jetzt auch nicht spalten lassen,

(Dirk Kienscherf SPD: Wir spalten ja nicht!)

wer für Auflösung des Vertrags ist, wer für Aussetzung ist. Wir müssen fordern, dass die DITIB sich endlich loslöst von der Türkei. Die hängt da am Tropf und wir müssen fordern, dass sie sich loslöst, sonst helfen wir ihr nämlich nicht und auch nicht den moderaten Kräften. Wir müssen den Mut haben, das zu fordern. Mit Dialog und Unterhalten ist dann nichts mehr getan. Wir müssen den Mut haben,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Was bedeutet das? Welche Schritte konkret? – Dr. Andre- as Dressel SPD: Was heißt das?)

und da fordere ich Sie alle auf, dass Sie sich dazu bekennen, dass wir der DITIB sagen, dass sie sich loslösen soll von der Türkei, und zwar aktiv. Zum Beispiel mit einem Schritt – gut, auch einmal ein Vorschlag –, dass die Imame hier in Deutschland ausgebildet werden. Das wäre ein Schritt auf diesem Weg, sie dort zu stärken. Wir müssen uns nicht von der Türkei loslösen, sondern die DITIB muss das tun. Und das müssen wir fordern. Das ist unsere sehr klare Haltung. Ich fordere Sie dazu auf, dass Sie sich dazu bekennen und dass Sie hier einmal klare Worte finden und nicht irgendwie alle rumschwadronieren von links und SPD, Sie wollten doch Dialoge führen und es seien doch nur wenige, einzelne Leute der DITIB. Das ist eben nicht der Fall. Es ist klar und Fakt, dass die DITIB unterwandert wird von der Türkei, auch hier in Hamburg, wie wir sehen, und überhaupt landesweit. Das müssen wir abschaffen und darauf müssen wir sehr, sehr großen Wert legen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Herr Nockemann von der AfD-Fraktion bekommt das Wort.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir von der AfD sagen Nein zum türkischen Nationalismus auf deutschem Boden. Wie kann es eigentlich sein, dass kürzlich am Wochenende ein türkisches Theaterstück aufgeführt wurde, "Letzte Festung Türkei", in dem es vor Hass, Häme, Gewalt und Nationalismus nur so strotzt, in dem Erdogan verherrlicht wird, in dem der Westen aufs Übelste verunglimpft wird? In anderen Städten wurde diese Aufführung untersagt, nicht so in Hamburg. Hat man hier zu viel Angst gehabt, die Aufführung zu verbieten, vielleicht viel zu viel Angst vor türkischen Nationalisten? Oder hat man Angst, sein Wählerreservoir zu verlieren, das sich natürlich auch zu einem bestimmten Anteil aus Deutschen türkischer Abstammung speist? Nein, wer etwas gegen türkischen Nationalismus machen will, der muss es anders tun, als es die SPD in Hamburg macht.

(Beifall bei der AfD)