Protocol of the Session on February 1, 2017

Zum Antrag der FDP muss man mehr sagen. Ich möchte die Presseerklärung, die es dazu gegeben hat, verdeutlichen. Der Bürgermeister hat darauf hingewiesen, dass es im Moment – und das ist für eine liberale Partei äußerst merkwürdig – keinen rechtsstaatlich nachgewiesenen Grund gibt, die Verträge aufgrund dieser Erkenntnisse zu kündigen.

(Michael Kruse FDP: Das ist aber auch nicht das Thema der Aktuellen Stunde!)

Zweiter Punkt: Es ist völlig sinnlos, die Verträge zu kündigen. Offensichtlich, das sieht man an der Presseerklärung der FDP, war für Differenzierung keine Zeit – siehe allein schon die Überschrift: "SPD versteckt sich hinter Gutmenschentum". Dazu hat, glaube ich, das "Hamburger Abendblatt" den Kommentar geliefert, dass man sich auch in diesem Hause des Vokabulars der ganz rechten Seite bedient. Das finde ich bedenklich.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Es wurde auch nicht deutlich gemacht, mit welchem Verband man den Vertrag jetzt kündigen will. Der Vertrag ist mit drei islamischen Verbänden abgeschlossen worden. Sollen alle drei gekündigt werden oder wie sieht das genau aus?

Nächster Punkt: Es gibt eine Religionsunterrichtsvereinbarung. Frau Suding, es macht mir Sorgen, dass Sie sich offensichtlich überhaupt keine Gedanken darum gemacht haben, was vor allem im Hinblick auf den Islamunterricht passiert, wenn wir den Vertrag kündigen. Ihre Regierung in Hessen hat einen eigenen Religionsunterricht mit DITIB vereinbart; die müssen sich ganz andere Fragen

(André Trepoll)

stellen. Ich glaube, dass wir hier auf einem deutlich besseren Weg sind – der evangelischen Kirche wurde dafür schon gedankt.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Sie wissen, was das rote Licht bedeutet. Drei Minuten sind schnell um.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Trepoll, Ihre Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin gefällt mir wesentlich besser in der Frage, wie differenziert sie mit Muslimen umgeht.

(Heiterkeit bei der CDU – Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vorsitz.)

Das zeigte ihre Reaktion auf das Einreiseverbot. In Ihrem Antrag machen Sie eine Scheindifferenzierung: Sie fordern, den Vertrag auf Eis zu legen, meinen aber eigentlich, dass man ihn kündigen solle.

(André Trepoll CDU: Auf Eis legen steht da auch nicht!)

Sie fordern, den Vertrag auf Eis zu legen und parallel dazu ein neues Gutachten in Auftrag zu geben, dessen Resultat ist, dass es gar keine Religionsgemeinschaft mehr ist. Sie als Partei und Ihr ehemaliger Erster Bürgermeister waren die Initiatoren. Für dieses Thema haben sich damals noch nicht alle so erwärmt. Es gab durchaus viele Fragezeichen, als Ole von Beust diesen Weg gegangen ist, und wir alle wussten, dass die DITIB stark mit der türkischen Regierung verbandelt ist. Das geht aus den Gutachten, die damals der Bürgerschaft vorlagen, und auch aus unseren Anhörungen deutlich hervor. Wir wussten auch darüber Bescheid, dass das IZH bei der SCHURA unter Beobachtung steht.

(André Trepoll CDU: Wie schätzen Sie die Lage jetzt ein?)

Es war also nicht so, dass weder Ihre Regierung noch diese Bürgerschaft nicht wussten, mit wem sie Verträge schließt.

(Glocke)

Herr Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wersich?

Herr Müller, ich horchte eben auf, als Sie sagten, dass, wenn wir, wie von uns gefordert, ein neues unabhängiges Gutachten in Auftrag geben würden, dann das Ergebnis dieses Gutachtens sei, dass die DITIB keine Religionsgemeinschaft ist.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

Zwei Fragen habe ich dazu. Erstens: Wie kommen Sie darauf, dass dies das Ergebnis sein wird? Zweitens: Wenn Sie es inhaltlich so sehen, dass die DITIB keine Religionsgemeinschaft ist, wie wollen Sie dann begründen, dass wir weiterhin mit denen einen Vertrag als Religionsgemeinschaft abgeschlossen haben?

(Beifall bei der CDU)

Herr Wersich, ich kann Ihnen darauf sehr gern antworten, wenn es nicht deutlich genug war. Ich habe Ihre Intention, ein einseitiges Gutachten in Auftrag geben zu wollen, dessen Ergebnis schon feststeht, aus Ihrem Antrag und aus Ihrer Rede herausgelesen.

(Dennis Thering CDU: Das war nicht die Frage!)

Herr Trepoll, hören Sie ruhig einmal zu. Wenn man einen Vertrag zwischen zwei Organisationen einseitig auf Eis legt oder kündigt und Sie sagen, kein Problem, man könne ja auch ohne Vertrag im Gespräch bleiben, was passiert denn dann? Glauben Sie denn im Ernst, dass es so wäre? Auch Sie wissen, dass das nicht der Fall ist.

(Beifall bei den GRÜNEN – André Trepoll CDU: Sehen Sie nicht die Chance, die darin steckt? – Glocke)

Herr Müller, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Herrn Wersich?

Ich möchte gern meinen Gedanken zu Ende führen.

Deswegen finde ich das scheinheilig. Ich finde es scheinheilig, dass Sie sagen, man lasse das mit den Verträgen, bliebe aber weiterhin im Dialog. Das ist genauso wie bei der FDP, aber ich spreche jetzt Sie an, denn es ist Ihre Aktuelle Stunde. Seien Sie doch einfach einmal ehrlich, Herr Trepoll, und sagen Sie, dass Sie die Verträge nicht mehr wollen.

(André Trepoll CDU: Nein!)

Ja, das kommt aber nicht so richtig rüber.

(Ekkehard Wysocki)

Deswegen ist es nicht ehrlich, der Stadt vorzumachen, dass man, wenn man die Verträge auf Eis legt oder kündigt, einfach wie bisher im Dialog bliebe. Was passiert denn dann? Das ist heute schon angekündigt worden und es ist auch nicht fern der Realität, dass sich die Muslime vor den Kopf gestoßen fühlen, sie sich zurückziehen und ein Dialog in weite Ferne rückt. Das würde das Ergebnis Ihrer Politik sein. Ich möchte in so einer Stadt nicht leben. Ich hoffe, Sie auch nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Suding von der FDP-Fraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte formal auf den Beitrag des Bürgermeisters eingehen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Erst vor wenigen Wochen haben wir uns auf eine neue Geschäftsordnung verständigt und darin festgelegt, dass in der Aktuellen Stunde in der zweiten Runde drei Minuten für jeden Redner vorgesehen sind. Der Bürgermeister hat gerade 20 Minuten gesprochen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, in drei Minuten zu antworten.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Eine Debatte, ein echter Austausch ist an dieser Stelle nicht möglich. Wir haben außerdem noch einmal das Instrument der Regierungserklärung bekräftigt. Auch wenn der Beitrag des Bürgermeisters jetzt eher zu einer langatmigen Geschichtsstunde verkommen ist,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was haben Sie denn dabei gelernt?)

war seine Intention, eine Regierungserklärung abzugeben. Diese kündigt man an, sodass jeder Abgeordnete die Möglichkeit hat, entsprechend zu erwidern, und somit wirklich eine Debatte geführt werden kann. Ich bitte die SPD, insbesondere mit dem Senat, so wie es vereinbart war, ins Gespräch zu kommen und diese Regelung noch einmal zu verdeutlichen. Das war schlecht heute.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der AfD und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

Der Bürgermeister hat zweimal betont, dass es gut sei, diese Debatte heute zu führen und den Finger in die Wunde zu legen. Sie, Herr Bürgermeister, haben aber auch die Debatte, die wir mit unserem Antrag, in dem wir unsere Sorgen und unsere Konsequenzen zum Ausdruck bringen, angemeldet haben, als Selbstdarstellung bezeichnet.

(Dirk Kienscherf SPD: Das war auf die CDU bezogen!)