Protocol of the Session on February 1, 2017

Einen Dialog, mit Verlaub, kann man ausdrücklich auch ohne einen Staatsvertrag führen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das würden wir gern einmal sehen! Du musst es nicht be- weisen!)

Oder wollen Sie wirklich behaupten, dass mit den vielen konfessionslosen, nichtgläubigen Menschen unserer Stadt kein Dialog möglich ist, weil ein entsprechender Staatsvertrag fehlt? Oder dass es in den anderen Bundesländern, in denen es mit Ausnahme von Bremen auch keine solchen Verträge gibt, auch keinen Dialog gibt? Uns überzeugt keinesfalls, dass ein Staatsvertrag vonnöten ist, um die Wertegrundlagen unserer rechtlichen und gesellschaftlichen Ordnung, wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben, durchzusetzen. Denn die stehen – das haben Sie richtig erkannt – bereits im Grundgesetz und das gilt bekanntermaßen für jeden einzelnen Menschen, übrigens mit oder ohne Staatsvertrag.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

Noch etwas, das Sie falsch verstanden haben: Nicht diejenigen, die jetzt die Kündigung der Verträge fordern, sind in der Pflicht aufzuzeigen, wie verhindert werden kann, dass Vertrauen aufseiten der islamischen Verbände zerstört wird.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sondern?)

Es ist doch das Vertrauen des Staats, das massiv gestört wurde. Es sind doch jetzt erst einmal andere in der Pflicht zu sagen, wie das Vertrauen wiederhergestellt werden soll.

(Beifall bei der FDP)

Auch Sie als Befürworter der islamischen Verträge sind in der Pflicht, uns zu erklären, wie der Staat Verträge mit einem Partner DITIB schließen kann und darf, über den der türkische Staat Einfluss auf unseren Religionsunterricht in Deutschland nimmt

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos – Dr. Andreas Dressel SPD: Ihr wollt doch kündigen und nichts wei- ter!)

und der unter dem begründeten Verdacht steht, als verlängerter Arm des türkischen Geheimdiensts in Deutschland tätig gewesen zu sein – mit einem IZH, das sich immer wieder antisemitisch betätigt.

(Zuruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Herr Tjarks, Sie sollten sich wirklich einmal überlegen, wo die Mauern gebaut werden. Wie wollen Sie argumentieren, dass das der Integration dient? Das Gegenteil ist doch der Fall. Dieses Verhalten der Vertragspartner zerstört Integration. Sie müssen doch erkennen, dass diese Partner nicht Teil der Lösung der Integrationsfrage sein können. Nein, mit diesem Verhalten sind sie Teil des Problems.

(Glocke)

Frau Suding, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Tjarks?

Herr Dr. Tjarks, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Suding. Ich würde gern wissen, wenn Sie die Staatsverträge kündigen wollen, wie wollen Sie dann gewährleisten, dass die islamischen Glaubensgemeinschaften keinen konfessionsgebundenen Religionsunterricht in unseren Schulen, den Sie, wie Sie eben gesagt haben, ablehnen, machen können?

Wir haben in unserem Antrag gefordert, dass genau das juristisch geprüft werden soll. Das muss natürlich passieren.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da reicht schon ein Blick ins Grundgesetz! – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ach so! Das ist nur keine Lösung!)

Vielleicht haben Sie unseren Antrag ja gelesen. Dann wissen Sie, was wir gefordert haben. Vorschläge, wie man all die anderen Fragen klären und lösen kann, haben wir, glaube ich, in der Debatte, die wir hier vor ein paar Jahren geführt haben, sehr intensiv vorgetragen, Herr Tjarks. Lesen Sie das alles noch einmal nach.

(Beifall bei der FDP)

Eine Aufkündigung der Verträge setzt das klare Signal, dass wir die Werte unseres Grundgesetzes achten, dass sie wichtig sind und der Staat alles für die Durchsetzung tut und dass wir es nicht, wie Sie es offenbar machen, bei einem erhobenen Zeigefinger belassen. Setzen wir dieses wichtige Signal. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Hamburger Senat und die Bürgerschaft haben mit den muslimischen Verbänden, genauer mit der DITIB und der SCHURA, einen Staatsvertrag geschlossen. Das war gut gemeint; Hamburg wollte nett sein. Jetzt könnte ich sagen, es sei naiv gewesen. Einer der Vertragspartner, die DITIB, ist eine Institution des türkischen Staats – das weiß jeder hier im Raum und das ist heute schon mehrmals gesagt worden. Es ist eine Organisation, deren Personal in der Türkei ausgebildet, nach Deutschland geschickt und vom türkischen Staat bezahlt wird. Das erfüllt nicht nur religiöse, sondern auch politische Zwecke. Türkische Beamte als Imame prägen das Leben einer Reihe von Hamburger Bürgern entscheidend, und zwar nicht nur religiös, sondern politisch. Es gibt auch – und das meine ich jetzt in einem regional weiteren Sinn – eine massive Hetze solcher DITIB-Imame gegen Juden, gegen Christen und gegen jede Art von Zusammenarbeit mit der hier lebenden Bevölkerung.

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

Wenn Sie mir das nicht glauben, empfehle ich Ihnen, sich den Beitrag "de facto" vom Hessischen Rundfunk anzuschauen, den man auf YouTube herunterladen kann.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist bestimmt schon auf der AfD-Homepage!)

Da werden sich einige von Ihnen, die jetzt den Vertrag hochhalten wollen, wahrscheinlich sehr wundern.

(Farid Müller GRÜNE: Wir sind hier in Ham- burg!)

Das, was ich eben gesagt habe, ist übrigens nicht meine Idee oder die Idee liberaler Parteien wie CDU, FDP und AfD,

(Beifall bei der AfD – Heiterkeit bei der SPD)

sondern das sagen auch Leute wie zum Beispiel die Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter, die mit ihrer professionellen Kompetenz zu dem Schluss kommt – Zitat –:

"Durch diese Predigten, die oft einen explizit politischen Charakter besitzen, wird die Propaganda der türkischen Regierung in die Moscheen exportiert."

Dass es außerdem sogar so weit gekommen ist, dass die Funktion der Imame dazu benutzt wird, für den türkischen Geheimdienst zu spionieren, ist ebenfalls schon gesagt worden; das brauche ich hier nicht zu wiederholen. Ein anderer Vertragspartner, nämlich das IZH, also der Betreiber der Imam-Ali-Moschee an der Alster, der sogenannten Blauen Moschee, ruft regelmäßig zu israelfeindlichen und antisemitischen Aktionen am sogenannten Al-Quds-Tag auf.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist nicht kor- rekt!)

Das wird inzwischen auch vom Hamburger Verfassungsschutz explizit beobachtet und festgestellt. Kein Wunder, dass sich die jüdische Gemeinde in Hamburg explizit vom IZH bedroht fühlt.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Von Höcke auch!)

Das sollte uns in Hamburg zu denken geben. Solchen äußerst problematischen Organisationen gibt der Senat weitgehende Rechte und macht sie dadurch erst hoffähig, was sie sonst niemals sein könnten, weil sie nämlich alles andere als demokratisch verfasst oder gar demokratisch legitimiert sind. Ich kenne eine ganze Menge Muslime, die sagen, dass sie von denen nicht vertreten werden, sie interessiere nur ein ganz kleiner Teil der Organisation. Sehr viele sagen, sie als Muslime in Deutschland hätten bestimmte Interessen und Meinungen, aber die muslimischen Verbände seien nicht das, was sie gern möchten und die sie vertreten sollten. Man sollte sich wohl überlegen, mit wem man einen Vertrag schließt, wenn man anschließend behauptet, das seien die Muslime in Hamburg. Das sind nicht die Vertragspartner; das müsste man erst einmal demokratisch ermitteln.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt konkret zum Staatsvertrag. Die Artikel 11, 3 bis 10, also die allermeisten, handeln von diversen Rechten, die den muslimischen Verbänden zugestanden werden. Okay. Frage also: Was bekommt die Freie und Hansestadt Hamburg dafür als Gegenleistung? Antwort: hohle Phrasen ohne glaubwürdigen Inhalt.

(Katja Suding)

(Jan Quast SPD: Wie bei Ihnen!)

Ich zitiere aus Artikel 2 mit dem schönen Titel "Gemeinsame Wertegrundlagen" – ja, ich würde mir wünschen, dass man das wirklich sagen könnte –,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Niemand hindert Sie daran, etwas zu sagen! Die Meinungs- freiheit ist unantastbar!)

da ist die Rede von gemeinsamen Wertegrundlagen der grundgesetzlichen Ordnung. Es ist die Rede von Toleranz gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen. Und in Absatz 2 ist davon die Rede, dass sich auch die islamischen Verbände bekennen zur – ich zitiere –:

"Gleichberechtigung der Geschlechter und zur vollständigen und gleichberechtigten Teilnahme von Frauen und Mädchen."

Wenn von gleichberechtigter Teilnahme von Frauen und Mädchen die Rede ist, könnte man eigentlich laut loslachen, wenn es nicht so deprimierend wäre. Das Gleiche gilt übrigens für die versprochene Ächtung …

(Glocke)

Herr Dr. Kruse, Sie sehen das rote Licht. Es bedeutet, dass Ihre Redezeit aufgebraucht ist.