34 Ja-Stimmen, 51 Nein-Stimmen, es gab 11 Enthaltungen und zwei ungültige Stimmen. Damit ist auch Herr Walczak nicht als Deputierter gewählt worden.
Bei der Wahl eines Deputierten der Behörde für Inneres und Sport gab es insgesamt 103 abgegebene Stimmen. Davon waren 89 Ja-Stimmen, es gab 5 Nein-Stimmen, 8 Enthaltungen und eine ungültige Stimme. Damit ist Herr Sämisch als Deputierter gewählt worden.
Nun kommen wir zum Tagesordnungspunkt 64, Drucksache 21/7430, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zurück zum Status quo ante – Streichung des Bürgerschaftsreferendums aus der Hamburgischen Verfassung.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zurück zum Status quo ante – Streichung des Bürgerschaftsreferendums aus der Hamburgischen Verfassung – Drs 21/7430 –]
Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE, Sie bekommen es für fünf Minuten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu den wirklich guten Erfahrungen, die wir als LINKE in unserer relativ kurzen parlamentarischen Existenz in Hamburg gemacht haben, gehören die anstrengenden, aber von Einigungswillen getragenen Bemühungen aller Bürgerschaftsfraktionen, sogar der CDU, gemeinsam mit "Mehr Demokratie" und den dieses Bündnis tragenden Initiativen die direkte Demokratie und die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg zu stärken. Wir haben in diesen Jahren erlebt, wie die Stärkung der direkten Demokratie die Regeln für die stadtpolitischen Auseinandersetzungen verändert hat. Die Bürgerinnen und Bürger haben bei bedeutsamen öffentlichen Angelegenheiten mehr und stärker als je zuvor mitgeredet und mitentschieden, wenn auch nicht immer so, wie sich das unterschiedliche Bürgerschaftsmehrheiten oder auch wir uns es gewünscht hätten. Der partielle Machtverlust von Senat und Bürgerschaft war aber verbunden mit einem Gewinn an Demokratie. Das bei allen Differenzen kooperative Verhältnis zwischen Parlament und Bürgerschaftsfraktionen, auf der einen Seite "Mehr Demokratie" oder von Parlamentarismus und direkter Demokratie auf der anderen Seite, war die Grundlage dafür. Dieses Verhältnis ist heute gestört, erstens durch das als konfrontativ erlebte Verfahren bei der Implementierung des Bürgerschaftsreferendums in der Verfassung durch die Aufkündigung von Kompromisssuche und Austarierung von Interessen, zweitens durch das Instrument Bürger
schaftsreferendum selbst. Ich möchte die Kritikpunkte im Einzelnen nicht wiederholen, sondern nur zusammenfassend sagen: Mit dem Bürgerschaftsreferendum können nicht genehme Volksgesetzgebungsverfahren ausgehebelt und die direkte Demokratie ad absurdum geführt werden. Auch wenn Sie von der SPD und den GRÜNEN versprechen, dass das Bürgerschaftsreferendum so nicht eingesetzt werden solle, können Sie keine Garantie für die Ewigkeit abgeben. Das Mittel ist vorhanden, und wenn es vorhanden ist, kann es mit den entsprechenden Mehrheiten angewandt werden. Wer garantiert, dass es solche Mehrheiten nie geben wird? Nun können Sie sagen – ich glaube, so etwas Ähnliches denken Sie –, dass man sich nach dem Fiasko der Olympia-Abstimmung hüten werde, noch einmal ein solches Bürgerschaftsreferendum zu veranstalten, um Zustimmung von unten zu Vorhaben von oben zu mobilisieren. Das war in der Tat eine Lehre, die man so leicht nicht vergisst.
Fast alle haben für Olympia mobilisiert: Exekutive, Legislative, Medien, Wirtschaft und, und, und – bis auf ein kleines gallisches Dorf –, und ich sage Ihnen, das war wirklich ein kleines gallisches Dorf aus Initiativen und den Linken, die die Gegenkampagne organisiert haben. Viele Hamburgerinnen und Hamburger sind eben doch antiautoritär und wollen sich nicht von oben vereinnahmen lassen, schon gar nicht für ein Projekt, das Großartiges für das Ansehen Hamburgs in der Welt versprach und dessen Folgen und Nebenwirkungen für die Bürgerinnen und Bürger nicht offengelegt wurden. Dieses Nein ist fortan das Risiko, das jeder Senat, jede Bürgerschaftsmehrheit bei einem Bürgerschaftsreferendum eingeht. Auch vor diesem Hintergrund der Erfahrung des absolut unwahrscheinlichen, aber eben eingetretenen Neins, wäre es nur folgerichtig, das Bürgerschaftsreferendum wieder aus der Verfassung zu streichen.
Ich erinnere daran, dass die FDP vor eineinhalb Jahren den Vorschlag gemacht hat, das Bürgerschaftsreferendum einmal anzuwenden und dann ad acta zu legen. Vielleicht folgen wir heute dem damaligen klugen Vorschlag. Die Rückkehr zum Status quo ante wäre ein Gewinn für die Glaubwürdigkeit von Senat und Bürgerschaft beim Umgang mit direkter Demokratie. Sie würde den Frieden mit "Mehr Demokratie" und anderen Verfechterinnen und Verfechtern direkter Demokratie wiederherstellen, der unverzichtbar ist, damit demokratisches Engagement von Bürgerinnen und Bürgern nicht frustriert und demobilisiert wird. Während die CDU nach dem Urteil des Verfassungsgerichts aus ihrem Herzen keine Mördergrube machte, sondern in lautes Triumphgeheul ausbrach und "Mehr Demokratie" einen Angriff auf den Parlamentarismus un
"Gerade in bewegten Zeiten muss es uns gelingen, die Gesellschaft demokratisch zusammenzuführen und Gegensätze zwischen direkter und parlamentarischer Demokratie nicht noch zu vertiefen."
Meine Damen und Herren! Aus aktuellem Anlass weise ich Sie darauf hin, dass das Telefonieren im Plenarsaal und auf den Tribünen nicht gestattet ist. Das gilt auch für Journalistinnen und Journalisten. Vielen Dank. – Herr Steinbiß von der SPD-Fraktion, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts im letzten Oktober, das auch Sie, Frau Schneider, gerade ansprachen, müssen wir uns überlegen, ob wir über die Spielregeln der Volksgesetzgebung nachdenken und uns noch einmal im Verfassungsausschuss beraten müssen. Dass man aber der Idee verfallen kann, das Bürgerschaftsreferendum infrage zu stellen und es wieder abschaffen zu wollen, kann ich nicht annähernd nachvollziehen.
Ich halte es im Übrigen auch politisch für sehr gefährlich, immer wieder gebetsmühlenartig zu behaupten, dass dieses Bürgerschaftsreferendum unliebsame Volksentscheide schon im Keim ersticken könne. Das ist völlig realitätsfern. Ich habe noch keine Argumente gehört; für mich ist es reiner Populismus – tut mir leid, Frau Schneider.
Ihre Schlagworte, Volksgesetzgebung von unten sei eingeschränkt worden und die Volksbefragung von oben hätten wir einfach implementiert, führen doch nur dazu, dass noch mehr Misstrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern entsteht und der Politikverdrossenheit Tür und Tor geöffnet ist – alles nach dem Motto: die da oben, wir da unten. Ich halte das wirklich für Unfug, liebe LINKE. Ich glaube auch nicht, dass Sie mit solch plumpen Schlagworten irgendwelche Leute finden, die ihr Kreuz bei Ihnen machen. Da gibt es andere Fänger bei uns im Haus, die die Stimmen von solchen enttäuschten Menschen bekommen.
Man kann tatsächlich – Sie hatten es eben wiederholt – nur sagen, dass wir in den jetzigen Zeiten zusammenrücken müssen. Es ist unsere Aufgabe, die Gesellschaft demokratisch zusammenzuführen und dafür zu sorgen, dass es einen Einklang von direkter und parlamentarischer Demokratie gibt, und nicht den Anschein zu erwecken, hier sei irgendetwas auseinandergeraten. Das ist nicht der Fall.
Volksentscheide bleiben weiterhin ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie. Wir haben sie vor einigen Jahren eingeführt, und ich kann nur sagen, dass wir weiterhin voll zu der Volksgesetzgebung stehen; da gibt es kein Wanken. Ich habe bisher noch kein einziges stichhaltiges Argument dazu gehört, warum dieses Bürgerschaftsreferendum ein Teufelszeug sein sollte. Ich habe Ihre Argumente nicht verstanden und glaube, dass auch viele andere in der Stadt sie bisher nicht verstanden haben.
Genauso ist dieser Etikettenschwindel "Rettet den Volksentscheid" aufgeflogen. Da gab es nichts zu retten. Es gab nun die Entscheidung des Verfassungsgerichts, und da würde ich schon sagen, es ist keine Niederlage der Volksgesetzgebung gewesen, sondern eine Niederlage für die Leute, die dachten, sie könnten unsere repräsentative Demokratie mit wilden Vorschlägen aus den Angeln heben. Dem hat das Hamburger Verfassungsgericht Einhalt geboten.
Wir haben durch das Instrument weiterhin ein "Mehr an Demokratie", wir haben vernünftige Hürden mit der Zweidrittelmehrheit. Ich weiß nicht, welche Zweidrittelmehrheit Sie erwarten, die irgendetwas Böses mit diesem Instrument anstellen möchte. Wenn es eine Mehrheit im Parlament gibt, können solche Sachen jederzeit geändert werden. Ich habe mich über das Ergebnis nicht gefreut. Natürlich hätte ich es mir anders gewünscht. Aber es gehört zu einer Demokratie dazu, dass man ab und zu Niederlagen einstecken muss oder damit zurechtkommt, dass das gewünschte Ergebnis nicht eingetreten ist. Ich glaube, es würde auch Ihnen ganz gut zu Gesicht stehen, gelegentlich zu akzeptieren, dass Ihnen unliebsame Dinge von der Mehrheit eingeführt worden sind, und in Form eines Urteils, wie jetzt vom Hamburger Verfassungsgericht, bestätigt wurden. Wir lassen uns auf jeden Fall unser bundesweit nach wie vor vorbildliches direkt-demokratisches System von Ihnen nicht kaputtmachen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache das jetzt einmal zu meiner ersten Speed-Debatte in diesem Jahr. Ich habe mich über diesen Antrag etwas geärgert. Wir haben in einem sehr umfassenden Beratungsprozess mit Sachverständigen Ihre Bedenken im Hinblick auf eine mögliche von Ihnen unterstellte Beeinträchtigung der Volksgesetzgebung hin und her bewegt; diese hat nicht getragen, Frau Schneider. Deshalb haben wir uns am Ende mit einer Zweidrittelmehrheit in diesem Hause dafür entschieden, dieses Bürgerschaftsreferendum einzuführen und eine Evaluationsklausel aufzunehmen. Wir haben im Verfassungsausschuss im vergangenen Jahr intensiv evaluiert. Und bitte, was soll dieser Antrag jetzt? Das ist ein reiner Tribünenantrag. Machen Sie das doch auf Ihren Parteitagen, aber verschonen Sie uns im Parlament damit. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mich gefragt, was denn in DIE LINKE gefahren ist.
Nach dem Urteil des Hamburger Verfassungsgerichts haben sich alle darauf verständigt, dass die jetzige Situation in dieser Stadt nicht katastrophal ist, sondern dass wir eine gut ausgebaute direkte Demokratie haben und nur das Verfassungsgericht gesagt hat, es wolle das, was an mehr angedacht war, nicht zulassen, weil es die Demokratie, so wie sie gedacht ist und wir als Abgeordnete sie lieben, aus den Angeln hebe. Jetzt stellen Sie einen Antrag und wollen genau die erreichten Dinge, die die Bürgerinnen und Bürger auch beim Olympia-Referendum zu schätzen wussten, abbauen, Sie wollten weniger Mitbestimmungsrechte der Hamburgerinnen und Hamburger. Das muss man nach diesem Verfassungsgerichtsurteil erst einmal verstehen.
Ich habe es nicht verstanden. Ihre Argumente, die Sie damals ins Feld geführt haben, waren schon genauso verschwörungstheoretisch, wie Sie es heute angedeutet haben, dass das nämlich irgend
wann einmal eine Mehrheit missbrauchen könne. Was wir hier beschlossen haben, Frau Schneider, ist das beste Regelwerk für Referenden in diesem ganzen Land. Kein anderes Bundesland hat solche Regeln aufgelegt. Eine so minutiöse Verwebung von direkten demokratischen Instrumenten von unten mit dem Referendum im Parlament gibt es in keinem anderen Bundesland, weder in einer Landesverfassung noch auf einfachem gesetzlichem Wege. Ich weiß nicht, welche Ängste Sie haben. Ich möchte Ihnen gern einige Beispiele nennen, an denen deutlich wird, dass es egal ist, wer hier irgendwann einmal eine Zweidrittelmehrheit haben würde und dass es überhaupt keine Bedenken darüber geben muss, dass ein Referendum so, wie Sie es sagen, gegen das angebliche Volksbegehren missbraucht werden würde.
Da kommen wir zu dem Punkt: Sechs Monate im Voraus müssen wir in der Bürgerschaft und im Senat sagen, dass ein Referendum kommt. Dann gibt es noch einmal vier Monate Vorbereitungszeit für das Referendum. Also haben wir schon zehn Monate, bevor so ein Referendum überhaupt stattfindet. Dann ist es so: Wenn es denn ein Volksbegehren zum gleichen Thema gibt, gibt es die Möglichkeit, es sogar als Alternative an das Referendum anzuhängen. Auch für die Unterschriftensammlungen sind wie bisher weiterhin drei Wochen möglich. Dann haben wir auch noch gesagt, wenn man auf die Idee komme, es könne mit den Ferien kollidieren und dort eine Unwucht hineinbringen, solle es nicht in den Ferien sein. Auch diesbezüglich wird Rücksicht genommen. Die Rücksichtnahme der beiden Gesetzgeber ist im Gesetz und auch in der Verfassung bestätigt und minutiös geregelt worden. Wenn die Volksinitiatoren sagen, sie wollten mit dem Referendum nichts zu tun haben, sondern abwarten, was wir machen, dann kann man auch sagen, nein, wir nehmen nicht daran teil, sondern warten ab, was sie machen, und wenn es nicht zustande kommt, dann dürfen sie weitermachen, dann kann es zum Volksentscheid kommen. Auch das haben wir geregelt. Alle Abstimmungsberechtigten bekommen ein Infoheft, in dem man sich, falls man sich entscheidet, am Volksbegehren teilzunehmen und erfolgreich Unterschriften gesammelt hat, eintragen kann, so wie heute auch für die Bürgerschaft.
Dann darf man auch noch, wenn man an einem Volksbegehren nicht teilnimmt – so wie es übrigens bei Olympia geschehen ist – im Zuge der Meinungsvielfalt seine Meinung im Infoheft darlegen. Auch das haben wir noch als Minderheitenvotum aufgenommen. Es gibt kein Bundesland, und ich glaube, auch kein Land in Europa, das dieses so minutiös geregelt hat. Sie reden von Missbrauch, Frau Schneider. Ich weiß nicht, worin Sie sich verfangen haben. Ich finde, wir haben hier
ein super Gesetz. In den Auswertungen ist auch noch einmal deutlich geworden, dass die Hamburgerinnen und Hamburger es genutzt haben. Wir wollen uns nicht daran beteiligen, bei wichtigen Themen der Stadt Mitbestimmungsrechte abzubauen. Ich hoffe, Sie überdenken noch einmal Ihre Position; sie führt in die Irre.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Herrn Müller insofern zustimmen, als auch ich nicht nachvollziehen kann, wie dieses bürgerschaftliche Referendum gegen die direkte Demokratie angewendet werden kann. Das ist das eine. Das andere ist, dass wir aus grundsätzlichen Erwägungen dagegen sind, Referenden von oben zu veranstalten. Bei dieser Meinung bleiben wir und werden dem Antrag der LINKEN nicht zustimmen. – Vielen Dank.