Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hamburg ist das Bundesland mit der am stärksten entwickelten direkten Demokratie. Im vorletzten Jahr hat die Hamburger Bürgerschaft dem eine weitere Variante hinzugefügt, nämlich das Bürgerschaftsreferendum. Das war gut und richtig, auch jenseits der konkreten Anbindung an die Olympischen Spiele. Entgegen mancher Behauptungen, speziell von der linken Seite des Hauses, wird damit die von den Bürgern initiierte Volksabstimmung nicht beeinträchtigt oder geschmälert. Dazu hat Herr Müller eben viel Richtiges gesagt; das muss ich nicht wiederholen. Die Behauptungen werden genährt von der Annahme, eine Volksinitiative sei demokratisch wertvoller als ein Bürgerschaftsreferendum. Das ist aber nicht der Fall. Ein Bürgerschaftsreferendum ist keine Befragung von oben, sondern eine Initiative aus der Mitte des Parlaments, der parlamentarischen Demokratie. Es benötigt nämlich eine Zweidrittelmehrheit in der Bürgerschaft. Damit könnte man sogar die Verfassung ändern. Eine Volksinitiative hingegen geht von einer Zufallsgruppe mit willkürlich gesammelten Unterschriften aus, die zunächst einmal in der Initiierung keinerlei demokratische Legitimation hat. Wohlgemerkt, die AfD ist sehr wohl für die Möglichkeit direkter Demokratie auf Landes- und Bundesebene. Aber nicht alle Themen sind dafür gleichermaßen geeignet, und nicht bei jeder Abstimmung hat man die entsprechende Beteiligungsrate, sodass man von der Mehrheit
des Volks reden kann. Darüber möchte ich jetzt eigentlich 30 Minuten reden, weil es ein spannendes Thema ist. Ich habe aber nur drei Minuten, und deshalb sage ich zum Schluss, dass wir den Antrag der LINKEN natürlich ablehnen.
Wer möchte dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 21/7430 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag abgelehnt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 58, Drucksache 21/7412, Antrag der FDP-Fraktion: PTBSScreening bei Flüchtlingen.
Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen. Vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und der FDP liegt hierzu ein Überweisungsbegehren an den Gesundheitsausschuss vor.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es geht, das wird Ihnen sofort klar sein, um ein sehr ernstes Thema, das mich persönlich in dreifacher Hinsicht stark berührt hat. Zunächst einmal geht es um Flüchtlinge, von denen viele traumatisiert sind und die ganz besonders darunter leiden, dass dies nicht erkannt wird. Der zweite Grund ist fast ein egoistischer: Stellen Sie sich vor, dass Sie als Zahnarzt einen Menschen technisch korrekt behandelt haben. Der Patient kommt mit dem Zahnersatz aber nicht klar, weil er ein psychisches Problem hat – ich denke jetzt nicht nur an Flüchtlinge, das ist bei Deutschen ganz genauso –, und verzweifelt darüber. Erst nach längerer Zeit stellt sich durch ein psychologisches Gutachten heraus, dass der Fehler nicht in Ihrer Behandlung lag, sondern bei dem Menschen, der ein psychisches Problem hat. Der dritte Grund ist, das sage ich ganz offen, Geld. Bei sämtlichen somatischen Behandlungen, von denen es in diesem Land sehr viele bei Flüchtlingen und auch bei anderen Menschen geben wird, die ihnen nichts nützen, ist Geld ein wichtiger Faktor. Ich glaube, dieses Geld könnte man sinnvoller ausgeben. Als ich das zum ersten Mal vor Monaten im Gesundheitsausschuss ansprach und die Senatorin fragte,
ob man nicht alle Flüchtlinge daraufhin screenen möchte, ob sie ein psychologisches Trauma haben und deshalb einer besonderen Betreuung bedürften, lautete die relativ schroffe Antwort, nein, das brauche man nicht. Daraufhin habe ich eine Kleine Anfrage gestellt, um nachzufragen, wie denn die Faktenlage sei. Die Antwort des Senats steht in der Drucksache 21/4813: Es gebe solche Tests. Ansonsten gab es keine wirklich brauchbaren Auskünfte, sondern unendlich viele Verweise auf andere Drucksachen, die praktisch alle ins Leere gingen. Dann kam die Aussage, flächendeckendes Screening sei nicht erforderlich. Spätestens seitdem Bundeswehrsoldaten vor Jahren, zunächst unerkannt, unter posttraumatischen Belastungsstörungen litten und dienstunfähig waren, müsste den Menschen und auch der Behörde und dem Senat klar sein, dass hier ein Problem existiert, das man zumindest mit vergleichsweise einfachen Screening-Tests klären kann. Sicher werden die meisten dann gar keine Behandlung benötigen, aber es kann doch nicht sein, dass wir Hunderte Menschen in Hamburg – in Wirklichkeit wahrscheinlich wesentlich mehr – mit dem eigentlichen Problem allein lassen, sie zwar behandeln, letztlich aber falsch behandeln, weil wir die wirkliche Ursache ihrer Beschwerden nicht erkennen.
Dann steht in der Drucksache 21/2247 der bemerkenswerte Satz, auf den Herr Celik, glaube ich, hingewiesen hatte – wörtliches Zitat –:
"Belastbare Kenntnisse zu der Anzahl von posttraumatischen Belastungsstörungen bei Flüchtlingen liegen den zuständigen Behörden nicht vor."
Wir gehen von 40 Prozent aus, Sie sprachen von 50 bis 60 Prozent; das ist letztlich egal, es sind jedenfalls sehr viele. Dann so eine Antwort zu bekommen erschreckt mich. Deshalb ist unser dringender Appell: Folgen Sie unserer Anregung, allen Flüchtlingen, die nach Hamburg kommen, ein qualifiziertes psychologisches Screening anzubieten. Es kann nicht sein, dass wir Menschen, die wir bei uns aufnehmen, in einem wichtigen Punkt unversorgt lassen. Deshalb unsere Bitte: Beschließen Sie den Antrag, überweisen Sie ihn an den Gesundheitsausschuss, wo wir ihn weiterhin diskutieren können. Sie tun den Menschen und indirekt auch den Kosten einen Gefallen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unstrittig, Herr Dr. Schinnenburg, dass Flüchtlinge aufgrund der Erlebnisse in ihren Herkunftsstaaten von psychischen Belastungen und Erkrankungen besonders betroffen sind. Auch wenn verschiedene
Quellen von sehr unterschiedlichen Prävalenzraten ausgehen, besteht Konsens im Befund einer signifikant erhöhten Betroffenheit. Das entspricht auch dem, was wir in Hamburg in vielen Gesprächen mit Menschen erfahren, die beruflich oder ehrenamtlich in der Gesundheitsversorgung von Geflüchteten tätig sind. Wir wissen, dass diese Belastungen eine Bürde für die Betroffenen selbst, aber auch eine Hürde für das Gelingen ihrer gesellschaftlichen Integration darstellen. Experten sagen uns, dass nicht alle Betroffenen einer psychiatrischen beziehungsweise psychotherapeutischen Behandlung bedürfen. Viele können die Situation etwa durch eine gute Tagesstruktur, durch Aktivierung ihrer Ressourcen sowie Integrationsmaßnahmen gut bewältigen. Diese stabilisierende Bedeutung frühzeitiger Maßnahmen zur psychosozialen Bedürfnisbefriedigung und der gesellschaftlichen Integration ist ein leitender Gedanke unserer Politik.
Posttraumatische Belastungsstörungen sowie auch andere psychische Störungen oder Erkrankungen sind nicht ohne Weiteres zu erkennen und bedürfen einer fachlich qualifizierten Anamnese. Wir haben in Hamburg flächendeckend in den Erstaufnahmeeinrichtungen eine Referenzversorgung, wo engagierte Medizinerinnen und Mediziner mit Menschen sprechen und bei den entsprechenden Indikationen fachärztliche Hilfe anbieten. Es ist doch auch nicht so, das wissen wir alle, dass die dort tätigen Ärztinnen und Ärzte das Thema psychische Belastung nicht diagnostizieren können. Trotzdem stimmt es, dass allgemeinmedizinisch qualifizierte und erst recht möglicherweise Personen ohne medizinische Qualifizierung eine solche Indikation nicht immer feststellen können. Nun wirft ein vermeintlich einfaches Verfahren, wie eben von Herrn Dr. Schinnenburg dargestellt, eine Reihe von Fragen auf, und im Ergebnis sprechen gewichtige Gründe dagegen. So ist es zumindest umstritten, inwiefern psychische Symptome mittels eines Fragebogens adäquat erfasst werden können, schon allein deshalb, weil diese Symptome zeitversetzt auftreten. Ein PTBS-Screening-Fragebogen erlaubt jedenfalls keinesfalls eine unstrittige Indikationsstellung. Diese Fragebögen müssen qualifiziert interpretiert werden, um PTBS gegen andere psychische Erkrankungen auszuschließen, die mit vergleichbaren Symptomen auftreten können. So einfach geht es dann eben doch nicht mit dieser Diagnostik. Fragebögen unterschreiten die bestehende Expertise des Personals, weil viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter beziehungsweise Medizinerinnen und Mediziner über weitgehende Gesprächsführungskompetenzen verfügen. Wir sehen deshalb keinen Gewinn durch Fragebogen-Screenings gegenüber dem bestehenden Verfahren. Menschen, die ein sprechendes Gegenüber brauchen, ein Blatt Papier in die Hand zu drücken, ist aus unserer Sicht keine Lösung.
Hilfreicher ist eine starke Sensibilisierung aller Akteure, nicht nur derjenigen in der Erstaufnahme. Erforderlich sind eine weitere Verbesserung der Kooperation und eine weitere Steigerung der Qualifikation im wertvollen vorhandenen Netzwerk der vielen Initiativen und Akteure, die sich heute und künftig beeindruckend um Flüchtlinge kümmern. Deshalb arbeiten wir daran, die Lücken in der Dolmetscherversorgung zu schließen und ein System sicherzustellen, das allen Hilfesuchenden die passende Hilfe zukommen lässt. Für uns ist und bleibt klar, dass eine qualifizierte angemessene Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge die spezifische psychische Versorgung und Behandlungsbedarfe im Blick behalten muss. Deshalb haben wir die Einrichtung eines koordinierenden Zentrums für die Beratung und Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Flüchtlingen beschlossen, das mit den bereits bestehenden Trägern und Initiativen im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung in einem Netzwerk zusammenarbeitet. Diesen richtigen Weg gilt es aus unserer Sicht weiterhin zu verfolgen.
Meine Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP! Auch wenn wir Ihren Antrag nicht annehmen, würde ich mich freuen, wenn Sie uns auf diesem Weg begleiten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schinnenburg, Sie haben mit Ihrem Antrag ein außerordentlich wichtiges Thema eingebracht. Wir haben Probleme mit den Flüchtlingen, die durch ihre Erlebnisse auf der Flucht, aber auch dort, wo sie gelebt haben, bevor sie flüchten mussten, tatsächlich einen Anspruch auf eine besondere Berücksichtigung ihrer psychischen Erkrankungen haben. Natürlich haben sie auch posttraumatische Belastungsstörungen. Das sieht übrigens auch die EU-Aufnahmerichtlinie vor. Man braucht ein geeignetes Konzept, um eine solche Erkrankung festzustellen und die Erstversorgung und die Behandlung sicherzustellen.
Ein wirklich erprobtes und anerkanntes Konzept gibt es dazu bisher nicht, weder in Hamburg noch in den anderen Bundesländern. Einige Studien beschäftigen sich damit intensiver. Dieses Screening, das nach Ihrem Vorschlag bei der Eingangsuntersuchung vorgenommen werden soll, klingt so einfach, aber ich fürchte, dass es so einfach nicht ist. Das heißt nicht, dass man sich mit Ihrem Vorschlag nicht beschäftigen kann und sollte. Deshalb werden wir einer Überweisung Ihres Antrags zustimmen. Ich fürchte nur, dass Ihr Antrag nicht entscheidungsreif ist, denn das von Ihnen vorgeschla
gene Verfahren ist hoch umstritten. Das hängt zum Beispiel auch damit zusammen, dass man aufgrund kultureller Besonderheiten und sprachlicher Schwierigkeiten nicht sicher sein kann, ob das Ergebnis eines solchen Screenings belastbar ist. Die Zahlen gehen da sehr auseinander, und insofern ist es kein wirklich belastbares Verfahren. In anderen Bundesländern werden verschiedene Konzepte ausprobiert, und es würde sich lohnen, sich damit genauer zu befassen. Deshalb stimmen wir wie gesagt einer Überweisung zu. Aber man kann es sicherlich nicht so machen, wie Sie es vorgeschlagen haben. Dazu gehört unter anderem das Argument, das Sie eben vorgetragen haben, nämlich dass oftmals die Wirkungen dieser posttraumatischen Belastungsstörungen erst viel später eintreten und eben nicht in dem Moment, wo die Menschen bei uns ankommen. Das ist ein großes Problem. Aber dazu gehört natürlich auch, dass nichts schlimmer wäre, als ein solches Screening durchzuführen, und dann den Menschen keine adäquate Behandlung anbieten zu können. Man braucht also im Grunde ein Gesamtkonzept, in dem man sowohl die Feststellung als auch die Erstbehandlung und eine spätere Therapie miteinander in Verbindung bringt. Zu dem von Ihnen angesprochenen Koordinierungszentrum steht uns immer noch die Antwort auf ein bürgerschaftliches Ersuchen ins Haus. Auch hier wäre ein schlüssiges Konzept wichtig. In diesem Zusammenhang macht es Sinn, sich über Screening oder andere Feststellungsverfahren zu unterhalten. Es ist notwendig, dass dieses Konzept endlich vorgelegt wird.
Wir würden es für sinnvoll halten, diese Idee des Screenings und die Vorschläge des Senats zum Koordinierungsverfahren gemeinsam, auch in einem inhaltlichen Kontext, zu diskutieren, und würden uns freuen, wenn wir uns darüber im Sozialausschuss, von mir aus aber auch im Gesundheitsausschuss, wieder unterhalten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen auf jeden Fall anschließen, denn es ist ein ernstes Anliegen. Wir müssen den Geflüchteten ein Maximum an Hilfe zur Verfügung stellen, damit sie ihre traumatischen Erlebnisse verarbeiten können. Aber in der Tat geht das nicht in einem Schnellverfahren und schon gar nicht in einem Screening-Verfahren. Allein aus der Tatsache, dass es ein Screening-Verfahren zur Entdeckung posttraumatischer Belastungsstörungen gibt, würde ich nicht folgern, dass dieses Verfahren bei den Geflüchteten regelhaft eingesetzt werden soll.
Herr Schinnenburg, Sie beschäftigen sich in Ihrem Antrag an keiner Stelle mit der Fragestellung, unter welchen Voraussetzungen ein solches Screening überhaupt sinnvoll sein könnte, sondern Sie sagen schlichtweg nur, wenn die Geflüchteten zu uns kommen, dann könnten wir ihnen ein Screening angedeihen lassen. Das liest sich in meinen Augen fast so, als würde man einmal eben schnell zwischen Blutabnahme und Abhorchen auch noch einen psychologischen Fragebogen einschieben. Das klappt so nicht.
Ein psychologisches Screening sollte immer ein Baustein einer umfassenden Diagnostik sein und vor allen Dingen von Experten durchgeführt werden. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass von der Indikation über die Durchführung bis hin zur Auswertung viele Bausteine ineinandergreifen und nur dann ein Screening Sinn machen würde, wenn es Teil eines Bausteins wäre. Aber selbst dann würde ich sagen, dass es nicht dafür geeignet ist, um die Geflüchteten gleich bei ihrer Ankunft zu kategorisieren. Denn wie meine Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt haben, heißt posttraumatisch doch nachfolgend traumatisch; die Geflüchteten sind also noch nicht zu dem Zeitpunkt, wenn sie bei uns ankommen, traumatisiert. Wir glauben, dass neben einer Psychotherapie und einem psychosozialen Gespräch das beste Mittel, mit den traumatischen Belastungsstörungen umzugehen, das Gespräch als solches ist, das sehr viel mehr bewirkt, als die Menschen mit einem Fragebogen zu erfassen. Ein Teil der Geflüchteten wird bei solch einem Screening-Verfahren selbstverständlich erst einmal auffällig sein, wobei es nur um eine grobe Einteilung gehen kann, da es bei diesem Verfahren eben nicht um eine differenzierte Diagnostik geht. Deswegen, denke ich, geht Ihr Vorschlag an der Realität vorbei und löst die Probleme nicht.
Richtig ist, da sind wir uns einig in der Intention, dass wir passgenaue Angebote für die Flüchtlinge brauchen. Vor allen Dingen brauchen wir eine Beantwortung der Fragestellung für die Traumatisierung in allen Bereichen. Das erreichen wir aber nicht über einen Fragebogen, sondern der Schwerpunkt liegt in der psychosozialen Beratung. Im Rahmen dieser Beratungen beispielsweise wird doch auch keine Checkliste ausgefüllt, sondern es wird die gesamte Lebenssituation mit den häufig vielfältigen Belastungsfaktoren in den Blick genommen. Ich glaube, dass das der richtige Weg ist. Das ist die erste schon helfende beziehungsweise lindernde Intervention und nicht ein Fragebogen, der vielleicht eine bestimmte Punktzahl ausspuckt. Damit, Herr Schinnenburg, sind wir nicht einverstanden, und deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Wir werden sicherlich mit dem koordinierenden Zentrum weiter vorankommen; auch das ist ein Baustein. Das koordinierende Zentrum bietet nicht allen Geflüchteten eine Behandlung, sondern vielmehr bietet es eine Vielzahl von Angeboten, die aber nicht, das möchte ich betonen, im Ausfüllen eines Fragebogens, sondern im direkten Kontakt bestehen. Die Geflüchteten treten in den Unterbringungen in Kontakt zu den vielen ärztlichen Helferinnen und Helfern, den Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, die in der Einrichtung arbeiten, die Gespräche mit ihnen führen, anstelle sie, wie Sie es vorschlagen, ein Stück Papier ausfüllen zu lassen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir finden auch, dass es ein außerordentlich wichtiges Thema ist. Wir haben die rechtliche und humanitäre Pflicht, den geflüchteten Menschen medizinische und psychosoziale Hilfe in ausreichendem Maße zukommen zu lassen. In Ihrem Antrag, liebe Angehörige der Regierungsfraktionen, steht doch auch, dass mindestens 10 bis 20 Prozent der geflüchteten Menschen psychotherapeutische Hilfe benötigen. Von Anfang 2015 bis Mitte 2016 sind jedoch nicht einmal 100 Geflüchtete psychotherapeutisch behandelt worden. Das, finde ich, ist unverantwortlich und untragbar; da muss wirklich etwas passieren. Deshalb danke ich den Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion für diesen Antrag.
Zum FDP-Antrag: Was kann ein solches Screening leisten? Man kann damit feststellen, ob ein Mensch zu diesem Zeitpunkt Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung aufweist, ob er psychotherapeutischen Unterstützungsbedarf hat und ob eine besondere Schutzbedürftigkeit vorliegt. Voraussetzung ist, dass erstens das Screening in der Muttersprache stattfindet, zweitens, die ScreeningMethode wissenschaftlich fundiert ist, und drittens, dass das Screening kultursensibel angepasst ist.
Wir müssen aber auch darüber reden, was das Screening nicht leisten kann. Man kann nicht feststellen, ob ein Mensch in näherer oder ferner Zukunft eine Belastungsstörung entwickeln wird. Denn bei einer Diagnose posttraumatischer Belastungsstörungen ist wesentlich, dass sich eine PTBS erst nach einer Latenzphase, also frühestens nach einigen Wochen oder Monaten nach