Insbesondere die Beteiligung an Hapag-Lloyd zehrt immer mehr am Eigenkapital der HGV. Das schlägt sich mittlerweile sogar im Ergebnisplan des Kernhaushalts nieder. Und die Reederei zeigt weiterhin keine Dividenden, was wiederum dazu führt, dass noch höhere Verlustausgleichszahlungen aus dem Haushalt und einem Bedarf an Eigenkapitalanlagen in dreistelligem Millionenvolumen bei der HGV anfallen, wie übrigens auch bei anderen Tochterunternehmen der Stadt, wo der Senat aus der Substanz lebt.
Letzteres preist Rot-Grün dann allen Ernstes als Anstieg der Investitionen. Dabei handelt es sich hier schlichtweg um ein Umetikettieren von konsumtivem Aufwand in Investitionen.
Fakt ist jedenfalls: Ohne diesen sogenannten Erwerb von Finanzanlagen liegen die im kommenden Haushalt geplanten Investitionen unterhalb der IstWerte der Vorjahre.
Mehr Investitionen in Infrastruktur unter Rot-Grün: de facto Fehlanzeige; Haushaltsklarheit und -wahrheit unter Rot-Grün: Fehlanzeige.
Da passt es nun ins Bild, dass im HaushaltsplanEntwurf wesentliche Teile fehlen, zum Beispiel der Innovationsfonds Digitale Stadt, oder sie werden in Salamitaktik nachgereicht wie dem Stadtentwicklungsausschuss gerade gestern per Senatsankündigung ein Gesetz zur Errichtung eines neuen Sondervermögens.
Das Fazit dieses Haushaltsplan-Entwurfs in puncto Konsolidierung: Fehlanzeige; Abbau von Risiken: Fehlanzeige; Vorsorge für die Zukunft: Fehlanzeige.
ob Ihnen das gefällt oder nicht. Wir werden auf Fehlentwicklungen hinweisen und Alternativen aufzeigen, und wir hoffen weiter darauf, dass unsere
Mahnungen und Warnungen im Interesse aller Hamburgerinnen und Hamburger eben keine Kassandrarufe bleiben. – Vielen Dank. Ich wünsche uns angenehme Haushaltsberatungen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist gut trotz der gegenwärtigen Bundesregierung.
Eine florierende Wirtschaft führt zu hohen Steuereinnahmen. Das gilt vor allem für die boomende Freie und Hansestadt Hamburg. Insofern ist es eigentlich kein besonderer Verdienst des Senats, sondern eine pure Selbstverständlichkeit, dass keine neuen Schulden gemacht werden sollen.
Dabei muss man natürlich zusätzlich berücksichtigen – auch darauf ist schon hingewiesen worden –, dass wir uns in einer Phase außergewöhnlich niedriger, manipulativ niedriger Zinsen bewegen, also alles Dinge, die den Haushalt entlasten, sodass es eigentlich von daher noch viel leichter sein müsste, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
Trotzdem lobt man natürlich, dass es einen ausgeglichenen Haushalt gibt. Ich will auch noch einmal sagen, auf mich macht das Zahlenwerk durchaus einen soliden Eindruck, wobei ich bekennen muss, dass ich den Haushaltsplan-Entwurf, glaube ich, noch nicht wirklich durchschaut habe. Und ich würde gern wissen, wer von sich sagen würde, dass er ihn schon durchschaut hat. Wenn sich später herausstellt, es sind Risiken enthalten, die wir nicht gesehen haben, würde ich mich jedenfalls für meine Person darüber nicht wundern.
Aber ich will etwas Grundsätzliches sagen, nämlich dass auch dieses wieder das ist, was man sehr häufig in parlamentarischen Demokratien findet und was ich als Fehler bezeichnen würde, der systematisch angelegt ist, nämlich eine Überbetonung konsumtiver Ausgaben, die gegenwärtig Akzeptanz, Medienapplaus und Wählerstimmen bringen, und eine Vernachlässigung von Investitionen in die Zukunft, bei denen der massenhafte Applaus erst später kommt. Das verstehe ich in Hamburg umso weniger, als für mich klar ist – wie wahrscheinlich für die meisten hier im Hause –, dass die SPD vermutlich auch in fünf und zehn Jahren oder noch später den Bürgermeister stellen wird. Sie würden also für investive Ausgaben die Früchte ernten, die Sie jetzt säen würden.
Das erste Beispiel bezieht sich auf die ökonomische Basis der Stadt – das ist für mich als Ökonom natürlich der Kern der Angelegenheit –, also die Wirtschaftsstruktur. Der Senat rühmt sich seit langer Zeit seiner Clusterpolitik. Das ist grundsätzlich ein vielversprechender Ansatz. Vor allem eignet er sich für schöne PR-Begriffe wie InnovationsAllianz, Smart Specialisation und, auch sehr schön, Quadruple-Helix, das habe ich von entsprechenden Webseiten des Senats heruntergenommen. Da geht doch jedem PR-Texter das Herz auf und der Leser ist beeindruckt, auch ich. Und das ist sicher auch der Sinn der Sache gewesen, dass der Leser beeindruckt ist. Aber wenn der Clusteransatz mehr sein soll als reine Deskription, wenn er also wirklich eine aktive Clusterpolitik sein soll, die tatsächlich Wirkung hat, also Unternehmen und Märkte beeinflusst – was man als Ökonom natürlich grundsätzlich mit Sorgenfalten betrachtet; Eingriffe in die marktwirtschaftliche Ordnung –, dann ist der Cluster eines: ein Stück weit strukturkonservativ und dirigistisch. Vorausschauende Standortpolitik sollte in den Produktzyklen ein Stück früher ansetzen. Was sind die Märkte und Cluster von morgen, die Hamburg übermorgen noch voranbringen und Arbeitsplätze schaffen und erhalten? Inhaltlich kann ich Ihnen die Antwort nicht geben, aber ich weiß, wo ich die Antwort suchen würde: an der wissenschaftlichen Forschungsfront der verschiedenen Fächer, und zwar nicht nur in bisherigen Clustern, sondern auch darüber hinaus. In technologiebasierten Sektoren erfolgen die ersten Schritte ins Neuland immer an Universitäten und staatlichen und privaten Forschungsinstituten, und Grundlagenforschung ist in der Tat eine staatliche Aufgabe. Das ist eine Frage exzellenter Universitäten und Forschungseinrichtungen. Da sollten Standortpolitiker, also hier der Hamburger Senat, nicht kleckern, sondern klotzen.
Was Hamburg da zu bieten hat, ist durchaus nicht schlecht. Ich glaube, auf vieles, was in diesem Bereich in Hamburg da ist, kann Hamburg durchaus stolz sein. Aber auch hier gilt, und das will ich hier einmal als Schwerpunkt sagen: Viel mehr wäre noch viel besser auf die Zukunft gerichtet, wenn es darum geht, längerfristig in Hamburg Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. Ich persönlich denke dabei immer an das Silicon Valley, das Dutzende von Produkten geschaffen hat, die wir alle, die wir hier sitzen, täglich nutzen. Es sind Zigtausende von hoch bezahlten und anderen Arbeitsplätzen geschaffen worden, und das schon seit Jahrzehnten. Silicon Valley basiert im Entstehungskontext auf einer einzigen exzellenten Universität, nämlich Stanford. Herr Bürgermeister, ich sage nicht, dass Sie sich an Stanford orientieren sollen, aber zeigen Sie doch einmal den Angebern aus München, was
eine Harke ist in Sachen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Hamburg würde die besten Forscher aus Deutschland, Europa und aller Welt hierherlocken können, wenn die Arbeitsbedingungen gut sind, denn die Softfaktoren für Hamburg sind schon hervorragend. Jeder würde unheimlich gern nach Hamburg kommen, wenn er hier gute Arbeitsbedingungen finden würde. Wir beide waren heute Morgen auf einer Veranstaltung, die ein exzellentes Beispiel dafür geliefert hat, in welche Richtung man hier gehen könnte. Also auch dafür, bin ich der Auffassung, sollte man deutlich mehr Geld in die Hand nehmen als wir das bisher tun. Die Steigerung in diesem Bereich halte ich für zu klein. Da sollte man endlich einmal nicht kleckern, sondern klotzen, und das würde sich hier auszahlen, auch in der Zeitspanne, die vielleicht noch in Ihrem politischen Horizont liegt.
Das zweite Beispiel bezieht sich auf die Innere Sicherheit. Hamburg hat schon jetzt eine unerträglich hohe Einbruchskriminalität mit einer erbärmlichen Aufklärungsquote. Und das liegt nicht an der Polizei, sondern an der Politik, die der Polizei und den anderen Sicherheitsdiensten die nötigen Mittel verweigert. Einbruchs- und andere Formen der Kriminalität, einschließlich zum Beispiel Computerkriminalität, werden in den nächsten Jahren noch gewaltig anwachsen, wenn der Staat nicht entschlossen gegensteuert. Der Senat reagiert auch hier zwar vorsichtig auf die kommende Bedrohung – ich würde nicht Nichtstun vorwerfen –, aber in Anbetracht der Größe der Bedrohung einfach zu wenig. Auch hier gilt, dass man an dieser Stelle nicht kleckern, sondern klotzen sollte. Das Gefühl von Unsicherheit ist bei den Bürgern gravierend angewachsen. Wir brauchen also viel mehr Polizisten, mehr Ermittler bei der Kripo, mehr Auswerter von Internetevidenz bei Polizei und Verfassungsschutz, mehr Sonderkommissionen zur Bekämpfung von Eigentumskriminalität. Jede Bande – ich sage das einmal ein bisschen überzogen formuliert – aus Rumänien und Georgien sollte Hamburg meiden wie der Teufel das Weihwasser. Im Polizeipräsidium in Alsterdorf sollten Bildschirmsignale aufleuchten, wenn wieder das Auto einer solchen Bande aus Georgien über die Elbbrücken kommt. Das sind Zukunftsthemen, da man qualifizierte Ermittler und Verbrechensbekämpfer eben nicht im Katalog bestellt und auch nicht beim Arbeitsamt beziehen kann. Die muss man selbst ausbilden, was Jahre dauert. Man muss also den guten Leuten auch Anreize geben und Perspektiven, zur Polizei zu kommen. Man muss die Möglichkeiten dafür schaffen. Und das kann man natürlich nur tun, wenn man das im Haushalt entsprechend zum Ausdruck bringt. Natürlich ist es gut, wenn Hamburg von München und Zürich lernt, wie softwarebasierte Crime Prediction funktioniert. Das sollte so schnell wie möglich in Hamburg getestet und umgesetzt werden. Aber ich würde mir eigentlich wünschen, dass Hamburg hier Vorreiter wäre. Hamburger Me
thoden der Aufklärung von Einbrüchen und anderen Delikten sollten wegweisend sein und Exportschlager werden.
Das will ich nur einmal als zwei wichtige Punkte nennen, wo ich ein bisschen vermisse in der Haushaltspolitik, dass man klare Akzente setzt, die klar zukunftsorientiert sind. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Da der Senatsantrag bereits im Vorwege an die zuständigen Ausschüsse überwiesen wurde, bedarf es heute keiner weiteren Abstimmung mehr.
Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde sind 96 Stim mzettel abgegeben worden, davon war ein Stimmzettel ungültig, somit sind 95 Stimmen gültig. Herr Justus Burgdorf erhielt Ja-Stimmen 36, Nein-Stimmen 51, Enthaltungen 8. Damit ist Herr Burgdorf nicht gewählt worden.
Bei der Wahl eines Deputierten der Behörde für Schule und Berufsbildung sind 96 Stimmzettel abgegeben worden, null Stimmzettel waren ungültig, 96 Stimmzettel gültig. Herr Krzysztof Walczak erhielt Ja-Stimmen 34, Nein-Stimmen 51, Enthaltungen 11. Damit ist Herr Walczak nicht gewählt worden.
Punkt 60 der Tagesordnung, Drucksache 21/5618, Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration: Mehr Schutz, Selbstbestimmung und verbesserte Rahmenbedingungen für Prostituierte – Der Senat muss die Umsetzung eines Prostituiertenschutzgesetzes auf Bundesebene unterstützen und Selbstbestimmungsrechte und Schutz von Prostituierten stärken – Runden Tisch Prostitution einsetzen.
[Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration über die Drucksachen 21/3851 und 21/4048: Mehr Schutz, Selbstbestimmung und verbesserte Rahmenbedingungen für Prostituierte – Der Senat muss die Umsetzung eines Prostituiertenschutzgesetzes auf Bundesebene unterstützen (Antrag der CDU-Fraktion) und Selbstbestimmungsrechte und Schutz von Prostituierten stärken – Runden Tisch Prostitution einsetzen (Antrag der Fraktionen der GRÜ- NEN und der SPD)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ausgerechnet am 2. Juni, am Internationalen Hurentag, fand die erste Lesung des Prostituiertenschutzgesetzes im Bundestag statt. Die Große Koalition hat dieses Gesetz noch kurz vor der Sommerpause beschlossen, obwohl klar ist, dass es eine Zumutung für die Menschen ist, die es eigentlich schützen soll. Meldeauflagen und verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen gefährden die Anonymität, die Sexarbeiterinnen doch so wichtig ist. Aber dieser Zwang zum Outing ist kontraproduktiv. Er führt letztlich zu weiterer Stigmatisierung und drängt noch mehr Frauen und Männer in die Illegalität. Das sollten wir aber verhindern.
Die Debatte in den Medien und in der Politik ist von Moralvorstellungen dominiert. Es werden paternalistische und bevormundende Lösungen präsentiert. Das bringt die Debatte nicht weiter. Was wir brauchen, sind mehr Rechte für Prostituierte, und ja, das heißt mehr Regulierung in der Prostitution – aber eben so, dass die Prostituierten gestärkt werden und diese Regularien selbstbestimmt nutzen können. Das Milieu der Prostitution folgt bestimmten Regeln, die besondere Schutzvorkehrungen und Hilfen notwendig machen. Jede andere Wirtschaftsbranche wird auch reguliert, auch für die Prostitution ist dies dringend notwendig. Die Erlaubnispflicht für größere Prostitutionsstätten ist daher gut, um die Betreiberinnen und Betreiber der Bordelle besser kontrollieren zu können. Wir brauchen Maßnahmen, die die tatsächliche Situation von Prostituierten verbessern und zu ihrem Schutz beitragen. Wir brauchen aber keine Scheinmaßnahmen wie die Kondompflicht. Was wir fordern, sind mehr Selbstbestimmungsrechte und Schutz für Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind. Das erreicht man nicht durch Repression und Stigmatisierung, darin sollten wir uns eigentlich endlich alle einig sein.
Das Prostituiertenschutzgesetz zielt aber genau in die falsche Richtung. Insbesondere CDU-Politiker in Berlin geben vor, dass das Gesetz Sexarbeiterinnen schützen soll, doch das Gegenteil ist der Fall. Anstatt ihnen Rechte an die Hand zu geben, werden für sie zusätzliche Auflagen geschaffen, die ihre Situation weiter erschweren.
In Hamburg gehen viele Frauen und auch Männer dem Gewerbe der Prostitution nach. Es sind unterschiedliche Gründe, die sie dorthin geführt haben, und sicherlich ist dies nicht immer der Traumjob,
sondern eben eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Wir dürfen nicht vergessen: Die Chancen auf unserem Arbeitsmarkt sind extrem ungleich verteilt, am Ende des Monats müssen wir aber alle unsere Miete zahlen. Ich bin daher der Überzeugung: Das beste Aufstiegsprogramm oder besser noch Nichteinstiegsprogramm ist der Abbau von Barrieren und Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt sowie der Kampf gegen prekäre Arbeit
und eben nicht die Repression derjenigen, die ohnehin wenige Optionen haben. Und egal, aus welcher Motivation heraus Frauen und Männer die Entscheidung treffen, der Sexarbeit nachzugehen, sollten wir dies respektieren, genauso wie wir wollen, dass Entscheidungen, die wir für unser Leben treffen, respektiert werden. Dem widerspricht aber nicht die Feststellung, dass die Situation der Sexarbeiterinnen in Hamburg häufig verbesserungswürdig ist. Wir haben gute Beratungsstellen in Hamburg, wir haben engagierte Menschen sowohl in der sozialen Arbeit als auch in den Berufsverbänden, die sich für Prostituierte einsetzen, die sich gegen Menschenhandel stark machen und sich für differenzierte Lösungsansätze einsetzen. Wir wollen diese Menschen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Behörden und anderen Akteurinnen und Akteuren zusammenbringen und gemeinsam an der Verbesserung der Situation in Hamburg arbeiten.