Ist es das, was sie brauchen? Diskutieren Sie denn mit den Bürgerhäusern, mit den Stadtteilkulturzentren?
Diskutieren Sie darüber und sagen, wir brauchen das nicht, Sie haben alles, was Sie brauchen? Das war die Aussage von Herrn Scholz und Herrn Tschentscher.
Und ich werde Sie in all diesen Diskussionen daran erinnern, was die Aussage des Senats und was Ihre Aussage dazu ist. Mit diesem Widerspruch müssen Sie zurechtkommen. Sie können das nicht einfach so ignorieren und sagen, hier die Schönwettermeldung, und dann gibt es die anderen Diskussionen in den kleinen Diskussionen. Das funktioniert überhaupt nicht.
Ein weiterer Punkt ist die Situation im Bereich des Personals. Ich habe mir diese verschiedenen Diskussionen, die eben geführt wurden, angehört. Das Wichtige ist doch: Wenn Sie eine Situation fortsetzen, in der Sie sagen, es darf nicht mehr als 1 Prozent ausgegeben werden bei den sozialen Projekten in dieser Stadt, bedeutet das bei den Erhöhungen der Kosten, gerade der Lohnkosten, eine Einschränkung jedes Jahr von 1 oder 2 Prozent. Und das bedeutet, dass Sie dort in diesen Bereichen eine Reduzierung der Ausgaben vorschreiben, und zwar für jedes soziale Projekt und für jede Institution auch innerhalb der Behörden. Und das wissen Sie. Sie sagen, dass dies absolut notwendig sei. Das ist eine Einschränkung. Und es betrifft hier einen Bereich, in dem man nun nicht sagen kann, dass die Leute dort gut verdienen und dass es ihnen wunderbar geht, sondern einen Bereich, bei dem wir doch eigentlich gemeinsam feststellen, dass die Leute dort zu wenig verdienen, dass sie beispielsweise in den Kitas zu wenig verdienen. Und Sie sagen, das solle noch reduziert werden. Das ist eine Kampfansage an diese Menschen. Das ist eine Kampfansage an die Gewerkschaften.
Nehmen wir das Beispiel Transparenz. Es wurde groß dargestellt. Ich gebe zu, dass wir große Schwierigkeiten haben mit der Doppik, aber darüber will ich jetzt gar nichts sagen. Das wissen Sie alle genau, und das brauchen wir nicht genauer zu besprechen. Ich will Ihnen aber sagen, dass es möglich ist, mehr Transparenz herzustellen. Dazu will ich auch wieder auf die Pressekonferenz von Herrn Scholz und Herrn Tschentscher eingehen. Es wurde dort eine schöne Grafik dargestellt nach dem Motto, die Personalkosten wachsen kräftig, und zwar in den verschiedenen Ressorts. Und die richtige Frage war natürlich, wieso die denn in dem Bereich Soziales so viel mehr steigen als in dem Bereich Wirtschaft. Dann hat Herr Tschentscher gesagt, das liege doch nicht daran, dass die wirklichen Ausgaben stiegen, sondern die Rentenberechnungen seien neu gefasst worden, und aufgrund dessen stiegen die Kosten dort.
Ist das Transparenz? Unter normalen Umständen kann man den Menschen auf der Straße und uns auch sagen, das seien die Kosten, die real gestiegen seien an Löhnen, und das sei so und so gestiegen. Das ist die Berechnung aufgrund dessen, dass die neuen Renten neu zu berechnen sind. Und dann macht man das in zwei verschiedenen Tabellen und stellt Transparenz her. So, wie es jetzt ist, stellt man keine Transparenz her. Und dieses Beispiel gilt nicht nur in diesem Punkt bei der Pressekonferenz, sondern wir haben diese Beispiele an verschiedenen Punkten im Haushalt. Das finde ich unmöglich.
Wir stehen vor einer Frage: Ist eigentlich diese Stadt sozialer geworden? Eine der sehr wichtigen Fragestellungen, die doch insgesamt eine Aufgabe für die SPD ist oder für uns alle, aufgrund der Turbulenzen, die wir gegenwärtig haben in dieser Republik. Wir müssen uns gemeinsam damit auseinandersetzen.
Es gibt einen Gradmesser dafür, der uns in verschiedenen Punkten vorgelegt worden ist, der von allen auch als der richtig wissenschaftlich gemessene genannt worden ist, das ist nämlich die Armutsgefährdungsquote. Die ist absolut entscheidend. Und sie sagt uns folgende Zahlen für Hamburg: 17,4 Prozent Armutsgefährdungsquote 2005, 17,4 Prozent Armutsgefährdungsquote im Jahre 2010, 17,6 Prozent im Jahre 2012 und 18 Prozent im Jahre 2014.
Was bedeutet das? Es geht da immerhin um 300 000 Menschen in dieser Stadt. Was bedeutet das? Als Erstes bedeutet es, dass wir die Verunsicherung im Allgemeinen, die in dieser Republik vorhanden ist, ernst nehmen müssen, weil nämlich häufig hier im Parlament vergessen wird, wie die
reale Situation der Menschen ist. Und die ist nicht besser geworden in weiten Bereichen in dieser Republik und in dieser Stadt.
Das bedeutet zweitens übrigens für die SPD, alle Versprechungen, die es einmal gegeben hat, dass Hartz IV in der Lage wäre, die soziale Situation dieser Menschen real zu verbessern und sie aus dieser Problematik herauszuholen, falsch waren. Es ist doch eindeutig bewiesen, dass es ein Fehler war.
Und das bedeutet aber drittens, dass die SPD, wenn sie schon eine Bilanz ihrer Politik vorlegt, doch sagen muss, wir haben in einem zentralen Punkt versagt und sind nicht vorangekommen. Damit müssen Sie sich auseinandersetzen können und sagen, wir konnten vielleicht auch nichts machen. Aber die Situation so schönzureden, finde ich, gehört sich nicht. Dementsprechend: Es gibt noch wichtige Aufgaben in den Haushaltsberatungen. Wir werden uns damit beschäftigen. Wir haben bestimmte Momente, an denen wir das messen. – Ich bin leider nicht zu allen gekommen, aber ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vorausschauend hörte man von Senator Tschentscher in den vergangenen Jahren immer wieder den Kassandraruf, dass Haushalte in guten und nicht in schlechten Zeiten ruiniert würden. Aber wie es mit Kassandrarufen nun einmal so ist, sie verhallen ungehört und unbeachtet. Unter Rot-Grün scheint jedenfalls genau dieses Ruinieren von Haushalten in guten Zeiten zum politischen Alltagsgeschäft geworden zu sein. Der Kassandraruf des Finanzsenators ist folglich schon seit Längerem verstummt. Kein Wunder, hat uns der rot-grüne Senat doch mit diesem Haushaltsplan-Entwurf ein trojanisches Pferd vor das Tor des Rathauses gerollt.
Hier liegt uns ein erschreckendes Paradebeispiel für das Ruinieren eines Haushalts in guten Zeiten vor.
Und dieses trojanische Haushaltspferd hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Der rot-grüne Senat bekommt die Kosten offensichtlich nämlich nicht mehr in den Griff. Der veranschlagte konsumtive Gesamtaufwand im Ergebnisplan steigt 2017/2018 um 1 Milliarde Euro pro Jahr gegenüber dem letzten Doppelhaushalt auf jährlich deutlich mehr als 14 Milliarden Euro. Wohlgemerkt: trotz der allein schon 130 Millionen Euro Ersparnis bei
Die Auszahlungen aus Verwaltungstätigkeiten liegen dennoch weit über 600 Millionen Euro pro Jahr höher als seinerzeit geplant und auch gegenüber dem fortgeschriebenen Plan für 2016. Dabei ist auch dieser wohl schon jetzt absehbar nur noch Makulatur, jedenfalls wenn man einen Blick in den Halbjahresbericht wirft.
Auch die bereits im Ist 2015 deutlich über Plan liegenden Auszahlungen aus Verwaltungstätigkeit, nämlich mehr als 12 Milliarden Euro, unterstreichen diesen Verdacht. Dabei waren auch das schon satte 1,1 Milliarden Euro mehr als noch im Jahr 2014.
Sehr geehrte Damen und Herren auf der Senatsbank, der Rechnungshof hat es Ihnen gestern noch einmal attestiert. Sie rollen uns Ihr trojanisches Haushaltspferd eigentlich auf der blanken Holzfelge vor das Rathaus. Sie haben jegliche Reserven und Spielräume im Haushalt aufgebraucht und gleichzeitig noch erhebliche Verschuldung außerhalb des Kernhaushalts aufgebaut. Sie nutzen die Anpassung des Finanzrahmengesetzes schamlos bis zum Anschlag aus und lassen keinen Puffer mehr für Risiken. Im Gegenteil: Der Haushalt läuft Ihnen aus dem Ruder.
Lassen Sie mich noch einige Überraschungen, die das trojanische Haushaltspferd des Senats vor die Tür gestellt hat, darstellen.
Erstens: Der Senat legt seine Personalabbaustrategie de facto ad acta. Eigentlich kein Wunder, ist sie doch eh krachend gescheitert. Allein zwischen Ende 2010 und Ende 2015 wurde der Personalbestand unterm Strich um rund 1 700 Vollkräfte vergrößert. Hinzu kommen noch einmal etwa 1 900 Beschäftigte mehr bei öffentlich-rechtlichen Tochterorganisationen der Stadt. Das bedeutet allein für den Kernhaushalt inklusive Rückstellungsaufwand strukturell rund 100 Millionen Euro mehr Personalkosten pro Jahr.
Personalabbau mit Augenmaß unter Rot-Grün also: Fehlanzeige; Grün-Ziele und Kennzahlen dazu, was Rot-Grün mit diesem Mehr an Personal bis wann erreichen will: Fehlanzeige.
Zweitens: Dass Sie mehr Personal benötigen, liegt bestenfalls bedingt an Hamburgs wachsender Einwohnerzahl. Denn die hat doch gerade erst vor allem wegen der Rekordzuwanderung im letzten Jahr den Stand erreicht, für den schon 2011 geplant wurde, vor der Korrektur durch den Zensus. Der Personalbedarf liegt wohl eher an den per Saldo etwa 100 neu erlassenen Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, die allein seit Mitte 2011 von diesem Senat gekommen sind.
Drittens: Erfreulicherweise werden für den Kernhaushalt erstmals Überschüsse geplant. Allerdings fallen diese angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen und extrem niedrigen Zinsausgaben viel zu niedrig aus. Zugleich sollen über die Sondervermögen Schulimmobilien sowie Stadt und Hafen jährlich weiterhin in dreistelligem Millionenumfang Kredite aufgenommen werden. Denen stellt der Senat die Überschüsse des Kernhaushalts gegenüber und spricht dann von einem Haushaltsausgleich inklusive der Sondervermögen im Jahr 2018. Das ist doch bereits jetzt schon Augenwischerei, denn im Wirtschaftsplan des Sondervermögens Schulimmobilien wird offen darauf hingewiesen, dass man 2017 bis 2019 zusätzliche Kreditaufnahmen aus nicht genutzten Kreditermächtigungsresten der Vorjahre einplant, und zwar im Umfang von rund einer Viertelmilliarde Euro.
Insgesamt sollen so bis 2019 noch einmal 1,1 Milliarden Euro zusätzlich Schulden aufgenommen werden, egal ob das nun entsprechend der neuen Diktion unseres Finanzsenators gute oder schlechte Schulden sein mögen. Auch hierauf werden künftig Zinsen zum Beispiel in Form von höheren Mieten für die Schulgebäude zu zahlen sein.
Viertens: Das größte Risiko außerhalb des Kernhaushalts hat der Senat benannt, es ist die HSH Nordbank. Die Summe aller Eventualverbindlichkeiten aus Garantieversprechen Hamburgs geht jedoch weit darüber hinaus. Über 15,4 Milliarden Euro zuzüglich mehr als 1,4 Milliarden US-Dollar waren es bereits zum 30. Juni 2016. Damit wurde eigentlich sogar gegen den für den fortgeschriebenen Plan 2016 festgelegten Kennzahlenwert verstoßen.
Anstatt das im Halbjahresbericht 2016 mitzuteilen, muss man jedoch erst einmal den Finanzbericht zum Haushaltsplan-Entwurf abwarten. Und genau darin wird die entsprechende Kennzahl dann vom Senat gleich ganz abgeschafft.
Fünftens: Die Eventualverbindlichkeiten der Stadt hängen auch mit der teuren Shopping-Tour vom Ersten Bürgermeister Scholz zusammen. Der wollte bekanntlich sein beziehungsweise unser aller Hamburger Steuerzahler "Money back". Noch ist davon jedoch kein Cent zurückgeflossen. Im Gegenteil.
Insbesondere die Beteiligung an Hapag-Lloyd zehrt immer mehr am Eigenkapital der HGV. Das schlägt sich mittlerweile sogar im Ergebnisplan des Kernhaushalts nieder. Und die Reederei zeigt weiterhin keine Dividenden, was wiederum dazu führt, dass noch höhere Verlustausgleichszahlungen aus dem Haushalt und einem Bedarf an Eigenkapitalanlagen in dreistelligem Millionenvolumen bei der HGV anfallen, wie übrigens auch bei anderen Tochterunternehmen der Stadt, wo der Senat aus der Substanz lebt.