Protocol of the Session on April 27, 2016

Das Wort bekommt Frau Prien von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will zwei, drei Bemerkungen zu der Debatte machen.

Wir müssen akzeptieren, auch nach den Erfahrungen unserer letzten Sitzung, dass Meinungen, die sich innerhalb des demokratischen Spektrums bewegen, auch im Parlament geäußert werden, egal ob sie uns passen oder nicht. Wir werden uns mit diesen Argumenten in der Sache auseinandersetzen nicht nur müssen, sondern auch wollen. Das ist unser Auftrag, und dagegen ist auch nichts zu sagen.

Das, was wir heute erlebt haben, ist aber etwas anderes, das will ich sehr deutlich sagen.

(Beifall bei Uwe Giffei SPD)

Das, was Herr Dr. Flocken heute gebracht hat, hat sich deutlich außerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegt, und das ist etwas, das können und das wollen wir nicht akzeptieren. Deshalb ist diese Konsequenz, Frau Präsidentin, die Sie gezogen haben, die richtige gewesen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich werde mir jetzt auch erlauben, einen Satz an die Medien zu richten; das ist heute schon fast Standard in den Debatten. Ich hoffe, dass die Medien im Zusammenhang mit einer solchen Debatte trotzdem noch über das so wichtige Sachthema der Bekämpfung des Salafismus berichten und nicht nur über diesen offensichtlich gezielt provokanten Auftritt von Herrn Dr. Flocken, der ja auf nichts anderes zielte, als genau diesen Eklat zu bewirken.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

In der Sache, Herr Dr. Wolf: Wenn Sie recht hätten, dann wäre es so einfach. Aber leider ist es so, dass sich unter den Jugendlichen, die sich in den Dschihad aufmachen, viele deutsche Konvertiten befinden. Was wollen Sie eigentlich mit denen machen? Wie erklären Sie eigentlich die Faszination dieser Spielart von Extremismus auf Deutsche? Da haben Sie ein Problem bei Ihrer Argumentation, und ich glaube, schon aus diesem Grunde müsste allen klar sein, dass Sie einmal wieder ein bisschen kurz greifen mit Ihrer Argumentation. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Frau Özdemir von der Fraktion DIE LINKE bekommt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Gerade weil ich die Befürchtung hat

te, dass diese Debatte in die falsche Richtung geht, habe ich zu Beginn gesagt, dass wir bewusst differenzieren müssen, sachlich bleiben müssen, weil das Thema unglaublich sensibel ist. Es ist ein Thema, das die Gesellschaft sehr bewegt, vor allem vor dem Hintergrund solcher Organisationen, die einen Glauben missbrauchen, um grausame Taten zu vollbringen.

Für mich war einfach persönlich die Grenze erreicht. Ich wurde eben nicht nur persönlich beleidigt, sondern ich finde, dass eine gesamte Religion beleidigt wurde. Tausende von Menschen in dieser Stadt wurden beleidigt, die in diese Stadt gehören. Ich denke, es gibt eine Verantwortung im Parlament, der wir gerecht werden müssen, und ich bin wirklich sehr dankbar dafür, dass die Präsidentin diesen Schritt gegangen ist. Ich bin sehr dankbar dafür, weil es ein richtiger Schritt ist, der in die Öffentlichkeit ein deutliches Signal sendet und noch einmal deutlich zeigt, dass hier Grenzen erreicht sind. Es gibt einen demokratischen Rahmen, und wenn er überschritten wird, dann wird auch gehandelt. Die Präsidentin sagte, so etwas habe es seit zwölf Jahren nicht mehr gegeben; es ist wichtig, dass dieses Zeichen heute gesetzt wurde.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Sören Schumacher SPD)

Vielleicht noch einmal zu einem Punkt, den auch Frau Prien aufgegriffen hat: die Konvertiten. Ich finde, die AfD macht es sich wirklich viel zu einfach und benutzt eine Methode, die man nicht benutzen sollte, die ich aber bei einigen Gruppierungen immer wieder finde, nämlich komplizierte Fragen, bei denen die Antworten nicht einfach sind, mit einfachen Antworten zu beantworten. Das ist wirklich schwierig. Ich denke auch nicht, dass das dem Parlament würdig ist. Alle Fraktionen haben, wenn sie am Rednerpult stehen, die Möglichkeit, ein Signal nach draußen zu senden, indem sie sachlich bleiben, indem sie differenzieren. Dass die AfD das nicht schafft, finde ich sehr problematisch. Bis jetzt haben Sie gezeigt, dass Sie das nicht hinbekommen. Trotzdem würde ich dafür plädieren, gerade bei dieser Debatte sachlich zu bleiben, um eine gewisse Verantwortung zu tragen.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Frau Demirel von der GRÜNEN Fraktion bekommt das Wort.

Ich würde gern noch einmal darauf hinweisen, dass wir heute – bis auf einige – versucht haben, die Debatte wirklich sachlich zu führen und bestimmte Themen aus der Debatte herauszuhalten. Das ist den Abgeordneten der AfD nicht gelungen, weil sie mit nicht vorhandenen oder falschen Tatsachen argumentieren, nämlich dass diese Menschen aus bestimmten

Kreisen, aus den Kreisen der Migrantinnen und Migranten, kämen. Alle Untersuchungen zeigen zum einen, dass das überhaupt nicht stimmt, und zum anderen, dass mindestens 50 Prozent der Dschihadisten Konvertiten sind. Insofern steht es uns hier überhaupt nicht zu, dass wir Menschen und ihren Glauben infrage stellen, der eigentlich doch in unserem Grundgesetz geschützt ist, und so damit umzugehen.

Wir sollten mit dem Thema wirklich sehr, sehr sensibel umgehen, aber auch sachlich argumentieren. Die Entscheidung des Präsidiums zeigt, dass wir dieses Thema so behandeln wollen, dass es ihm gerecht wird. Insofern würde ich der AfD an dieser Stelle noch einmal empfehlen, insbesondere mit solchen Themen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, sachlich umzugehen und inhaltlich zu argumentieren, anstatt mit nicht vorhandenen Tatsachen komplizierte Debatten zu führen. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Herr Dr. Dressel von der SPD-Fraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will ausdrücklich sagen, dass das eine richtige Entscheidung des Präsidiums war. Wir haben darüber eben ja auch noch einmal diskutiert. Ich glaube, das Präsidium sollte sich durchaus ermutigt fühlen, in Zukunft, wenn wir Debatten haben, die von einzelnen ausgehend aus dem Ruder laufen, die Instrumente, die wir einstimmig in unsere Geschäftsordnung hineingeschrieben haben, auch zu nutzen, um zu sagen: Hier gibt es eine demokratische Kultur, die muss in diesem Hause eingehalten werden, und zwar von jedem der 121 Abgeordneten.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN, der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Das sage ich auch noch einmal in Richtung der AfD-Fraktion. Herr Dr. Flocken ist nicht mehr Mitglied Ihrer Fraktion. Wie die Entscheidung auch zustande gekommen ist – es ist, glaube ich, eine weise Entscheidung. Aber er ist, wie Sie eben auch im Ältestenrat gesagt haben, noch Mitglied Ihrer Partei. Er wurde auch von Ihnen aufgestellt. Insofern ist das etwas, wo Sie auch …

(Zuruf von Dirk Nockemann AfD)

Jeder kehre vor seiner eigenen Haustür.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Noch einmal kurz zur Sache. Hamburg ist, glaube ich, im Bereich Bekämpfung des Salafismus sehr gut aufgestellt. Wir haben da keinen Nachhilfebedarf. Trotzdem reden wir natürlich weiter darüber

(Cansu Özdemir)

und schauen, welche Konzepte wie weiterentwickelt werden müssen.

Ich will noch einmal die Brücke schlagen zum Thema Religion und interreligiöser Dialog. Dass wir da gut aufgestellt sind, sieht man zum Beispiel daran, dass das Bekämpfungskonzept gegen den Salafismus mit den muslimischen Gemeinden in Hamburg zusammen entwickelt worden ist. Und das sage ich auch noch einmal in Richtung AfD, weil Sie bei Ihrem Bundesparteitag beim Thema Islam im Trüben fischen wollen, wenn die Zeitungsberichte dazu richtig sind. Es ist ein großer Schatz, dass wir in Hamburg einen interreligiösen Dialog haben mit muslimischen Gemeinden,

(Farid Müller GRÜNE: Genau!)

die sich zu unserem Grundgesetz bekennen, dieses auch mit den Verträgen, die wir mit ihnen gemacht haben, verteidigen, sich dafür einsetzen, unsere Werteordnung hier zu leben und gegen die Feinde dieser Werte zu verteidigen. Diesen Schatz sollten wir gemeinsam verteidigen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der LINKEN und der FDP)

Deswegen sage ich das noch einmal in Ihre Richtung. Wir haben vergangene Woche eine besorgniserregende Beschlussfassung aus dem Interreligiösen Forum gehabt, die erkennbar in Richtung AfD gemeint war, wenn es Beschlüsse gibt wie Minarettverbot und alles Mögliche; mal sehen, was bei Ihrem Parteitag durchkommt.

Ich sage hier ganz klar für Hamburg – und ich glaube, mit der weitaus großen Mehrheit in der Hamburgischen Bürgerschaft –: Die Religionsfreiheit ist in dieser Stadt des interreligiösen Dialogs nicht verhandelbar. Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion bekommt das Wort.

Sehr verehrte Präsidentin, liebe Kollegen der Bürgerschaft! Wir haben bis zu dem Zeitpunkt, als Herr Flocken an diesem Pult gestanden hat, eine gute, sachgerechte Diskussion über ein schwieriges Thema gehabt, und ich glaube, alle Redner, einschließlich meines Parteiund Fraktionsfreundes Dr. Wolf, haben Dinge gesagt, über die man diskutieren kann und diskutieren sollte, und selbstverständlich sind wir nicht alle einer Meinung.

Die Rede von Herrn Flocken, das möchte ich hier ausdrücklich noch einmal in aller Öffentlichkeit sagen, wie ich es im Ältestenrat auch gesagt habe, ist nichts, was ich als Fraktionsvorsitzender der AfD verteidigen könnte. Sie wissen, er ist nicht

mehr Mitglied der Fraktion, deren Vorsitzender ich bin, aber er ist noch Mitglied der Partei, in der ich Mitglied bin. Ich sage in aller Öffentlichkeit, dass ich mich davon ausdrücklich distanzieren möchte.

(Beifall bei der AfD und der FDP)

Herr Dr. Dressel, niemand von uns stellt infrage, dass alle Religionen voll gleichberechtigt hier in Hamburg und anderswo ihren Glauben praktizieren sollten und auch können. Niemand von uns stellt das infrage, weder aus der AfD-Fraktion hier in der Bürgerschaft noch anderswo. Aber es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, was über den Islam als Religion hinaus an Erscheinungsformen existiert, in welchem Maße das zu tolerieren ist und wie wir damit umgehen. Und das gilt auch, das sage ich jetzt einmal, obwohl ich vielleicht nicht typisch bin für meine Partei, die in Stuttgart einen Parteitag abhält, für die Frage, wie hoch Minarette sein dürfen und wie laut der Muezzin rufen darf. Das sind Dinge, über die wir hier in diesem Rahmen und überall diskutieren können, sollten und müssen, und wir sollten die Probleme, die daraus entstehen, auch nicht unter den Teppich kehren. Wir werden das nicht tun, und ich würde Sie alle in diesem Raum bitten, das Ihrerseits auch nicht zu tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Nockemann, ebenfalls von der AfD-Fraktion, bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau von Treuenfels, Sie warfen vorhin meinem Fraktionskollegen vor, er habe in unzulässiger Art und Weise bestimmte Dinge miteinander vermengt, insbesondere habe er gesagt, durch den Flüchtlingsstrom seien auch Salafisten nach Deutschland gekommen. Ich darf einmal zitieren. Moment, ich brauche meine Brille. Augenblick, das ist so klein.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Schreiben Sie mit, oder was?)