Protocol of the Session on April 13, 2016

Ich habe mir Folgendes sagen lassen: Atatürk habe zwar das Kalifat eingemottet und den Einfluss des Mohammedanismus und seiner Kampfsymbole auf das öffentliche Leben zurückgedrängt, trotzdem sei er aber ein Vorkämpfer des Mohammedanismus gewesen. Wir Deutsche bräuchten keine Angst zu haben, dass ein türkischer Bürgerkrieg zu uns herüberschwappt, weil es in der Türkei nur Terrorismus gebe und Polizeiaktionen. Regelmäßig sind Dutzenden Tote dabei. Das sei kein Bürgerkrieg – wie beruhigend –, nur Terrorismus, der zu verurteilen sei, und Polizeiaktionen, die natürlich notwendig seien. Jeglicher Terrorismus, wurde mir gesagt, sei zu verurteilen. Ob dazu auch der Islamische Staat zählt, blieb vage. Ich habe auch den Grund gehört, warum das Buch "Mein Kampf" in der Türkei ein Bestseller ist. Frau Özdemir, wissen Sie, warum das so ist? Die Kurden kauften das, habe ich gehört. Gut, man muss das alles nicht glauben. Ich kann es auch nicht ganz glauben, aber wir kennen das ja von Faschisten: Was nicht passt, wird passend gemacht.

(Glocke)

Herr Dr. Flocken, bitte achten Sie darauf, dass Sie sich nicht vom parlamentarischen Sprachgebrauch entfernen.

(Kazim Abaci SPD: Und zum Thema bitte!)

Okay. – Über die kurdischen Hitzköpfe und Hitzköpfinnen auf der anderen Seite weiß die SPD besser Bescheid.

Insgesamt war die Strategie der Polizei natürlich vorbildlich und der Blutzoll gering.

(Zurufe: Pfui!)

Ja. Fragen Sie einmal die verletzte Polizistin, wie sie das sieht.

(Gerhard Lein SPD: Formulierung wie von 34!)

Es muss jedoch erlaubt sein, zu fragen: Was ist denn, wenn das hier wirklich eskaliert, wenn 10 000 oder 20 000 Gewaltbereite rekrutiert wer

den, wenn dann auch Waffen, eventuell Schusswaffen, herausgeholt werden? Da müssen wir doch einen Plan B haben. Natürlich sollen deutsche Polizisten das machen, was sie am Sonntag gemacht haben, sie sollen schlichten und die Konfliktparteien auseinanderhalten, aber sie dürfen dabei nicht zu Prügelknaben werden. Wir müssen auch einen Plan B haben, wenn die Risiken für die Polizisten zu hoch werden. Dann müssen sie die Möglichkeit haben, sich aus der Schusslinie zu entfernen, auch wenn das heißt, dass ausländische Banden sich gegenseitig bereichern. – Vielen Dank.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Schusslinie! Das ist dann wohl Anarchie!)

Das Wort bekommt die fraktionslose Abgeordnete Frau Güçlü.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich war vor dem Redebeginn von Herrn Flocken schon alles gesagt und man kann sich bis auf die Rede von Herrn Nockemann allem anschließen. Aber jetzt fühle ich mich doch noch einmal provoziert, etwas entgegenzusetzen. Herr Flocken, Sie haben vermeintlich Aufklärungsarbeit betrieben, aber Sie haben uns von Dingen erzählt, die Sie gehört haben. Es ist zu wünschen, dass Sie sich objektiv selbst damit auseinandersetzen und nicht dem naiv Glauben schenken, was Ihnen irgendwo von irgendwem gesagt wird.

Ganz kurz drei Aspekte: Wir leben in einer freiheitlichen Grundordnung, in einer Demokratie, in der alle, natürlich auch Menschen mit Migrationshintergrund, ihre Meinung äußern dürfen. Diese mag uns gefallen oder auch nicht – auch mir hat sie nicht gefallen. Aber wenn Menschen mit Migrationshintergrund, egal welcher Couleur, demonstrieren, müssen wir das ertragen, solange dies gewaltfrei geschieht, weil das zu einer Demokratie dazugehört.

Da das Stichwort Satire gefallen ist: Böhmermann beschäftigt ja die ganze Nation.

(Glocke)

Verzeihung, Frau Güçlü, ich würde Ihnen gern etwas mehr Gehör verschaffen. – Danke, meine Damen und Herren.

Danke, Frau Präsidentin. – Seit Tagen bekomme ich – Sie sicherlich auch – Anrufe. Auch das müssen alle aushalten. Auch das ist mit der Meinungsfreiheit abgedeckt, und es ist, wie ich mehrfach gesagt habe, unsouverän, dass Erdogan mit Strafanzeige darauf reagiert. Ich finde, dass es dahin gehend

(Dr. Ludwig Flocken)

auch Entwicklungen in unserer Stadt gibt. Wir können es auch so sehen: Dass nur 150, 200 Menschen, die eindeutig eine nationalistische Ideologie vertreten, demonstriert haben, ist doch auch etwas, worüber wir uns freuen können. Dem standen 1 300 Linke gegenüber, die ganz klar gesagt haben, sie missachteten diese Meinung und fänden das nicht in Ordnung. Aber dafür sind wir da; die Meinungen mögen uns nicht gefallen, aber wir haben das Recht, dafür zu sorgen, dass alle gewaltfrei ihre Meinung sagen dürfen.

Und ein letzter persönlicher Punkt: Ich störe mich sehr daran, dass Pole, wie beispielsweise Türken gegen Kurden und so weiter, konstruiert werden. Dem ist nicht so. Es gibt sehr wohl auch Türken, die der Sache der Kurden mit Verständnis begegnen. Es werden Pole aufgemacht, die die Gesellschaft nicht richtig wiedergeben. Die Gesellschaft ist nicht nur schwarz, sie ist nicht nur weiß, sondern kunterbunt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Nockemann von der AfD-Fraktion bekommt erneut das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn man den ganzen Saal in der Argumentation gegen sich hat, einen Saal mit den Parteien, die dafür verantwortlich sind, dass nur noch 50 Prozent der Wähler zur Wahl gehen und deren Wahlergebnisse immer weiter sinken, dann sehe ich mich eher im Recht, als Sie sich im Recht sehen können.

(Michael Kruse FDP: Sie standen doch auch zur Wahl! – Katja Suding FDP: Warten Sie mal ab!)

Sehr geehrter Herr Jarchow, Sie sagten, ich wolle den Artikel 8 Grundgesetz einschränken. Mit keinem Wort, mit keiner Silbe habe ich das gesagt oder entsprechende Andeutungen gemacht. Ich möchte auch nicht darüber befinden, wofür oder wogegen demonstriert werden kann. Wenn man allerdings im Vorfeld dieser Demonstration und dieser Gegendemonstration durch Analyse der Internetbeziehungen feststellt, dass zu Aggressionen aufgerufen wird, dass mobilisiert wird, muss man doch sagen können und dürfen, dass man froh ist, wenn die Polizei massiv dazwischengeht. Nur weil die Polizei so präsent gewesen ist, ist es nicht zu Auseinandersetzungen gekommen.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, mich wundert sehr, dass Sie anscheinend einen feinen Unterschied machen, wer von rechts demonstrieren darf und wer nicht von rechts demonstrieren darf. Sobald wir eine NPD-Kundgebung haben, heißt es hier quer durch die Bank: Unverschämt

heit, Frechheit, so ein Pack darf nicht demonstrieren.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Eijeijei!)

Jetzt demonstrierten türkische Nationalisten und Rechtsextreme von den Grauen Wölfen, und dann wird mir vorgeworfen, mich darüber aufzuregen, dass solche Leute in dieser Stadt ihren Nationalismus verbreiten dürfen. Ich finde, da urteilen Sie mit gespaltener Zunge.

Der Artikel 8 Grundgesetz – das lernt ein Jurastudent im ersten Semester – ist eigentlich ein Bürgerrecht und kein Menschenrecht. Das bedeutet, dass dieses Grundrecht eigentlich dafür da ist, dass die Deutschen gegen ihren eigenen Staat demonstrieren dürfen,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Wo steht das denn?)

aber nicht, dass wir fremder Länder Konflikte nach Deutschland importieren.

Sehr geehrter Herr Westenberger, ich weiß nicht, ob Sie mir überhaupt zugehört haben, wenn Sie sagen, ich hätte mich nicht zum Thema geäußert. Natürlich habe ich mit keiner Silbe Frau Merkel für die Demonstration am vergangenen Samstag verantwortlich gemacht.

(André Trepoll CDU: Aber das steht doch in Ihrer Anmeldung!)

Ich habe nur gesagt, was wir alle wissen, dass nämlich dieses Türkei-Abkommen auch zum Ziel hat, die Visafreiheit für türkische Staatsangehörige zu gewährleisten. Und dann – das sage nicht nur ich, sondern viele andere politische Kenner und Experten – werden wir einen Run von türkischen Staatsangehörigen und Kurden nach Deutschland haben, und dann werden diese Konflikte verstärkt in Deutschland ausgetragen werden. Und genau das möchte meine Fraktion nicht.

Dann wurde noch zitiert aus meiner Zeit als Innensenator. Bereits damals gab es in der Tat Konflikte zwischen Kurden und Türken. Das ist richtig, macht es heute aber doch nicht besser. Dann müssen wir durch Visafreiheit die Tore nicht noch weiter aufmachen.

(André Trepoll CDU: Warum haben Sie denn damals nichts gemacht?)

Warum stellen Sie denn keine Zwischenfragen? Gehen Sie zum Mikrofon.

Herr Westenberg hat mir vorgeworfen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Westenberger!)

wieder dafür sorgen zu wollen, dass Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken. Das ist Unsinn, das ist Quark, Herr Westenberg.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Westenberger!)

(Nebahat Güçlü)

Ich hatte bereits in meiner Zeit als Innensenator – und jetzt kommt die Lösung – vorgeschlagen, entsprechende Einrichtungen in Nordafrika zu schaffen.

(André Trepoll CDU: Was sollen die Kurden in Afrika?)

Führt die Leute wieder dorthin zurück. Dort richten wir entsprechende Asylzentren, die mit EU-Beamten besetzt sind, ein. Wenn Sie fünfmal, sechsmal, siebenmal so ein Schiff zurückschleppen, das von Schleppern organisiert worden ist, wird niemand mehr einen Schlepper bezahlen, und damit trocknen Sie das aus.

(Beifall bei der AfD und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

Zu Ihrem Vorwurf, wir hätten keine Lösung, wir hätten nur Parolen: Das ist eine Lösung. Wenn Sie schon vor acht Jahren bundesweit so verfahren wären, hätten wir heute dieses Problem nicht.

Frau Schneider, ich habe überhaupt nichts gegen internationale Netzwerke. Ich weiß, dass Hamburg eine internationale Stadt ist, dass Deutschland vom Außenhandel stark profitiert. Ich habe etwas dagegen, wenn wir die militaristischen Probleme anderer Länder nach Deutschland exportieren. Ich möchte auch Nationalismus nicht mit Nationalismus bekämpfen. Ich sage Ihnen: Deutschland muss ein wehrhafter Staat sein, wir müssen unsere Bürger schützen. Dafür, ich habe es vorhin schon einmal gesagt, danken wir unserer Polizei für diesen Einsatz am Wochenende. – Vielen Dank.