Nebahat Güçlü
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Last Statements
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich habe ich gedacht, jetzt sage ich heute einmal gar nichts, denn ich bin sehr dankbar, dass meine Vorrednerinnen und Vorredner alles, was man zu diesem Antrag hat sagen können, gesagt haben. Dem kann ich mich nur anschließen. Der Antrag ist einfach abzulehnen. Aber ich muss doch wirklich sagen …
Ich meine, wir wollen uns nicht von Ihnen provozieren lassen, Herr Flocken. Aber wie krank muss man sein, wie verwirrt muss man sein,
dass Sie sich selbst nicht wahrnehmen …
Herr Präsident, ich bin nicht aufgeregt, sondern ich bin entsetzt, dass manche Menschen überhaupt nichts dazulernen, nicht nur in ihrer Terminologie – was Sie hier ignorieren. Es gibt wirklich Menschen, die eine massive Wahrnehmungsstörung haben, und das ist sehr schade, denn es sind wichtige Debatten, die wir hier im Haus führen, und solche Leute stören sie immer wieder.
Wenn ich schon einmal hier bin – Sie können sich ja melden, Herr Flocken; nein, lieber nicht –, möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich von Ihnen allen zu verabschieden. Es war ein etwas schwieriger Anfang für mich, muss ich ganz ehrlich sagen. Es ist schon ein anderes Gefühl, wenn man als Fraktionslose allein sitzt und sich zurechtfinden muss. Aber viele von Ihnen haben mir den Einstieg wirklich erleichtert, und damit meine ich nicht nur andere, sondern durchaus auch grüne Kolleginnen und Kollegen. So sind fünf Jahre vergangen. Ich habe mich im Rahmen meiner Möglichkeiten und in meinen Themenfeldern darum bemüht, mich einzubringen, was nicht heißt, dass ich zu jedem Thema meinen Senf dazugegeben habe, sondern ich habe zu dem etwas gesagt, wo ich tatsächlich dachte, es ist noch nicht gesagt.
Ich habe insgesamt elf Jahre diesem Haus angehört. Für mich war es eine große Ehre, für diese Stadt und alle Menschen in dieser Stadt etwas machen zu können, mich einbringen zu können und mich zu engagieren. Ich bin ein politischer Mensch, ich werde das auch zivilgesellschaftlich weiterhin bleiben. Und trotzdem möchte ich mich bei allen – bei Ihnen, bei dem Senat und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bürgerschaftskanzlei und den Rathausdienerinnen und -dienern – bedanken. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir müssen uns hier leider immer wieder so viel Unsinn anhören.
Herr Dr. Flocken, Sie hätten besser geschwiegen, damit hätten Sie uns hier einen größeren Gefallen getan.
Aber kommen wir doch zum Thema. Es ist gut, dass wir heute darüber in der Aktuellen Stunde diskutieren, weil ich finde, es ist ein sehr wichtiges Thema.
Ich will einmal versuchen, auch wenn es nicht wirklich thematisch passt … Aber es gibt zumindest eine Parallele, wenn es um den Schutz von Leib und Leben geht. Wir haben gerade 75 Jahre Beendigung des KZ und Vernichtungslagers Auschwitz erlebt, und, vielleicht haben einige von Ihnen das gesehen, im ZDF gab es am Montagabend einen sehr schönen Film über Kinder, die aus dem KZ Auschwitz und anderen Vernichtungslagern befreit werden konnten und die in England aufgenommen wurden. Wir reden heute über 70 – selbst wenn es 100 sind oder weniger – und tun hier auf der rechten Seite so, als ob davon das Schicksal Hamburgs abhängt. Ich finde, jedes einzelne Kind, das aus dieser Situation, aus diesen Lebensumständen gerettet wird, ist ein Gewinn,
weil jedes dieser Kinder eine Perspektive bekommt.
Auch wenn Hamburg 2015 zunächst vor großen Herausforderungen stand, blicken Sie sich um, so haben wir die Situation trotz all der Schwierigkeiten doch sehr gut gelöst – im Sinne der Menschen hier, aber auch im Sinne der Menschen, die bei uns Schutz gesucht und auch gefunden haben. Wir haben sehr viele Menschen, die inzwischen am Arbeitsmarkt sind, die ihr eigenes Geld verdienen. Ich muss ehrlich sagen, ich finde es beschämend und völlig widersprüchlich, Herr Wolf, wenn Sie sagen, deutsches Steuergeld wäre besser angelegt. Ist es nicht dasselbe Geld, dass Sie vor Ort investieren wollen, damit die Menschen nicht hierherkommen? Ihr Argument ist total widersprüchlich.
Und zu Ihnen, Herr Heißner: Es hat mich sehr irritiert – ich schätze Sie ja sonst sehr –, Sie sprachen von Arabern und Antisemitismus; das möchte ich auch nicht so stehen lassen.
Sicherlich ist das ein Thema, aber wir haben den Holocaust nicht gehabt, weil die Araber ihn verübt haben,
sondern da sollten wir in uns gehen, in unsere eigene Geschichte. Und auch das Kopftuchthema – also es wird immer sehr viel vermengt und so ein bisschen Stimmung gemacht. Es geht hier um das Überleben von Kindern, die in menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen. Ich bin sehr froh, dass sich Rot-Grün hier bewegt hat und endlich ein bisschen, zumindest ein bisschen, gelindert wird. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich habe ich gedacht, alles sei gesagt, aber da Sie noch einmal geredet haben, glaube ich, dass man das hier nicht so stehen lassen kann, Herr Nockemann.
Wie armselig muss man eigentlich sein – und das sage ich ganz bewusst in Ihre Richtung –, dass man fiskalische Kosten gegen Menschenleben abwägt?
Das sagt alles über Ihr Menschenbild aus. Ich meine, es geht um Menschen, die um Leib und Leben fürchten müssen. Carola hat vorhin ein paar Namen genannt. Es geht um Menschen, und ich frage mich, wie Sie in den Spiegel gucken können. Wenn es nicht Deutsche sind, sind das für Sie keine Menschen, weil Sie spalten. Sie bilden Kategorien.
Es ist der Urgedanke des Rassismus, der Ihre gesamten Gedanken, Ihre gesamten Anträge, Ihre gesamte Argumentation durchzieht. Sie sind die Brandstifter, Sie versuchen heute hier genauso zu spalten! Was passiert ist, ist, dass Deutschland und auch Hamburg Verantwortung übernommen haben, dass wir uns hier an Recht und Gesetz gehalten haben, weil das unsere Gesetze hergeben. Verantwortung für Menschen zu übernehmen, die auf der Flucht sind und Sorge um Leib und Leben haben müssen, und dass diese Menschen hier natürlich adäquat versorgt werden müssen,
ist das Ur-Menschenrecht. Das zu kritisieren, finde ich fast ekelerregend, muss ich sagen, und es zeigt, dass Sie wirklich noch nie etwas von Menschlichkeit verstanden haben. Alle Ihre Anfragen, mit denen Sie den Senat konfrontieren und die dann auch wir mehr oder weniger lesen müssen, sprudeln nur so davon, dass Sie die Realität nicht kennen, dass Sie oftmals die Themen gar nicht kennen, dass Sie überhaupt nicht in der Materie sind, zum Beispiel Ihre Fragen zu muslimischen Frauenhäusern. Hamburg hat keine muslimischen Frauenhäuser, das haben Sie in fünf Jahren noch nicht verstanden. Sie stellen jetzt wieder eine aktuelle … und so weiter und so weiter. Ich kann nur sagen, pfui, schämen Sie sich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich ist das Wesentliche gesagt worden, aber ich möchte in Ihre Richtung sagen, Herr Dr. Wolf: Es ist schon sehr bezeichnend, wenn Sie hier nur mit Kostenfaktoren kommen, wenn Sie das Problem der Flüchtlinge und der Migration gern auslagern wollen nach Nordafrika. Wir haben eine Verantwortung hier in Hamburg für die Menschen, die in Hamburg sind, und es gilt erst einmal für ihre Bedarfe eine Grundversorgung anzubieten. Genau das passiert, und genau das ist auch richtig.
Auch ich schließe mich der Kritik an, dass es ein wenig spät kommt. Wenn wir 2016 die große Flüchtlingszuwanderung hatten aufgrund der politischen Lage in Syrien und in vielen anderen Ländern, dann ist natürlich so ein Traumazentrum, das ungefähr vier Jahre später kommt, sehr, sehr spät; da hat Herr Ploog total recht. Es sind viele Chancen in den vier Jahren vertan worden, und die Chancen können wir alle gar nicht ermessen. Ich hoffe, dass mit dem Angebot die Menschen dann wirklich erreicht werden können.
Vielleicht sei mir noch ein Satz einmal jenseits der Flüchtlingssituation gestattet. Wer in Hamburg als Mensch mit Migrationshintergrund adäquate und vernünftige psychologische Hilfe sucht, ist bereits heute trotz Kenntnis im System oftmals einem Dschungel ausgesetzt, und die Regelversorgung lässt da zum Teil auch noch zu wünschen übrig. Ich glaube, da gibt es noch viele Baustellen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank. Eigentlich habe ich gedacht, alles ist gesagt, und ich wollte mich nicht wie manch andere Kollegen hier, wie Herr Flocken, zu jedem Thema noch einmal zu Wort melden, aber das mache ich jetzt. Nun ist er leider nicht im Raum. Einen stringenten Kurs hat die AfD sowieso nicht, aber von einem Herrn Nockemann lasse ich mir hier nicht den Mund verbieten. Sie sind der Allerletzte, der mir den Mund verbieten kann.
Schade, dass er nicht im Raum ist. Genauso, wie ich Sie und Ihre Fraktion ertragen muss, müssen Sie mich auch ertragen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wirklich nur kurz, weil das Wesentliche gesagt worden ist. Es steht ein wenig die Anmutung im Raum, dass es darum gehe, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von W.I.R in irgendeiner Form zu beschäftigen, und die Regierungskoalition sich deshalb schnell eine Zielgruppe ausgedacht hätte. Dem ist ganz sicher nicht so. Wenn Sie den Koalitionsvertrag der beiden Regierungsparteien gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass schon damals festgelegt wurde, die Quote der Erwerbsbeteiligung in der Zielgruppe Frauen mit Migrationshintergrund – vor allem Alleinerziehende – zu erhöhen. Ich finde es eigentlich nur logisch und vernünftig, dass eine Struktur, die sehr mühevoll aufgebaut wurde, dafür genutzt wird, auch andere Zielgruppen zu unterstützen, die man schon seit Jahren im Blick hat, bei denen es aber vielleicht nicht so gut funktioniert hat mit den Maßnahmen, die Sie, Herr Feineis, zum Teil aufgezählt haben, obwohl sie auch nicht ganz direkt in diesem Bereich zu lokalisieren wären. Ich finde das eine vernünftige Herangehensweise. Ich finde auch den Gedanken des vernetzten Trägers sehr spannend bei W.I.R und würde eigentlich abschließend der Senatorin nur noch mitgeben wollen, dass wir auch den Integrationsbeirat haben mit einer großen Reihe von Vertreterinnen und Vertretern von Migrantenorganisationen, und ich finde, auch diese Perspektive muss künftig in irgendeiner Form in diese Struktur einfließen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir müssen uns hier Dinge anhören, die nicht nur unerträglich sind; sie sind falsch und sie sind verlogen durch und durch.
Sie haben versucht, sowohl Herr Flocken als auch die AfD, eine sehr wichtige Debatte – und ich bin der LINKEN wirklich dankbar, dass Sie sie angemeldet hat – in eine völlig andere Richtung zu schieben. Aber ich frage Sie: Von wem geht denn diese Gefahr aus in Europa? Es sind Menschen wie Sie, die Ihr Gedankengut teilen und sich einerseits als Hüter der Ordnung gerieren, aber gegen genau diese Ordnung arbeiten und sie abschaffen wollen.
Sie stellen sich hier hin und tun so, als würden Sie für Werte einstehen. Was sind denn Ihre Werte?
Ablehnung, Respektlosigkeit vor Unterschiedlichkeit? Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt bedingungslos für alle, auch für Menschen, die Sie nicht gern sehen, und genauso für Flüchtlinge, Muslime, Menschen mit Migrationsgeschichte. Es ist ungeheuerlich, mit welcher Rhetorik Sie hier Hass säen, und ich kann Ihnen nur sagen: Sie sind die eigentlichen Hassprediger in unserer Gesellschaft und nicht immer die anderen, auf die Sie zeigen.
Ich möchte Sie, Herr Nockemann, fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass gegen 48 AfD-Mitglieder, teilweise auch Funktionäre, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen laufen wegen Betrug, Korruption, sexueller Nötigung. Das verschweigen Sie hier, Sie sprechen lieber von singulären Problemen. Nein, das sind keine singulären Probleme.
Es ist Ihrem Gedankengut immanent. Sie werden sich damit abfinden müssen, dass wir eine Gesellschaft haben, die in Vielfalt, in Einheit lebt, die Respekt vor dem anderen hat, die die Unterschiedlichkeit wertschätzt, solange alle Menschen die Grenzen, dass sie andere nicht beschneiden, akzeptieren. Aber Sie sind wirklich die Gefahr, Sie sind geistige Brandstifter.
Sie werden sehen, ich habe großes Vertrauen in die Menschen in Europa und ich habe großes Vertrauen in die Wählerinnen und Wähler. Ihre Maske ist schon lange abgefallen und Ihre wahre Fratze hervorgetreten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, das ist eine sehr interessante Debatte. Jede Fraktion erklärt aus ihrer ideologischen Sicht, wie Armut angegangen werden muss. Ich bin trotzdem der Auffassung, dass jenseits des Vorwurfs, den hier alle der LINKEN gemacht haben – ich glaube, Frau Rath war das mit Wahlkampf –, Armut ein Thema ist, das uns beschäftigen muss. Ich finde, das sollte ein Selbstgänger sein, denn es ist festzustellen, dass unheimlich viel in Bewegung gesetzt wurde. Das kann keiner in Abrede stellen, erst recht nicht jemand wie ich, der im Sozialausschuss sitzt. Aber wir müssen uns auch ernsthaft fragen, wie effektiv die einzelnen Maßnahmen sind. Das sind Maßnahmen, die vielfach nicht ganz aufeinander abgestimmt sind. Wenn wir seit Jahrzehnten darüber sprechen, welche die richtige Strategie ist, um Armut zu bekämpfen, und uns gegenseitig den Vorwurf machen, dass man nur Symptome bekämpfe und die/der andere sagt, sie/er möchte einen präventiven Ansatz, dann kann ich nur feststellen, dass wir in der Auswirkung nicht wirklich viel weitergekommen sind. Wenn man sich ehrlich anguckt, was sich wie verändert hat, dann kann man immer noch feststellen, dass Armut weiblich ist, dass Armut migrantisch ist. Vorhin wurden die Arbeitslosenzahlen sehr richtig angeführt. Ja, die Arbeitslosigkeit geht zurück. Aber gucken Sie sich einmal spezifische Gruppen an. Da stagniert sie
seit Jahren, und das trotz vielfältiger Maßnahmen und Aktionen, die wir umsetzen.
Armut ist natürlich auch ein Thema des Alters. Wir haben über Alter allgemein gesprochen. Wir haben demografisch eine wachsende Zahl von Menschen mit Migrationsgeschichte der ersten Einwanderergeneration, vielfach mit sehr spezifischen Problemen, die fast keine Fraktion im Blick hat. Sie erkranken zum Beispiel an Demenz und vergessen das Erlernte, sodass sie vielfach gar nicht mehr in der Lage sind, ihre Bedürfnisse und Bedarfe zu formulieren. Gucken wir uns die Versorgungslandschaft für Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund an – ich habe das aus eigener Erfahrung mit meiner demenzkranken Mutter schon einmal hier angeführt. Welche Einrichtungen, Tagesstätten und dergleichen gibt es für sie?
Klar, man kann immer eine ganze Menge aufzählen. Aber wir müssen uns viel mehr und viel spezifischer mit dem Thema beschäftigen. Deswegen finde ich es sehr bedauerlich, dass wir uns bei den Themen Armut und Bekämpfung von Armut nicht wirklich ehrlich machen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir darüber im Sozialausschuss differenziert diskutieren. Das wäre wirklich eine sehr ehrliche Herangehensweise gewesen, denn – das möchte ich als Allerletztes auch noch sagen – Armut birgt immer auch die Gefahr, dass sie Menschen radikalisiert. Das sollten wir nicht aus dem Blick verlieren. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das war echt starker Tobak. Ich glaube, Herr Nockemann, Sie hätten besser geschwiegen, und zwar nicht nur wegen der Stimme, sondern wegen des ganzen Unfugs, den Sie uns zugemutet haben.
Sie haben wieder versucht, die Thematik für Ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Aber kommen wir doch noch einmal zurück zum Thema.
Wir stellen seit über 100 Jahren fest, zumindest die Menschen in all den Jahren, dass wir trotz Absichtserklärungen und trotz vielfacher Bekundungen, Gleichstellung herstellen zu müssen, nicht wirklich viel weitergekommen sind, wenn wir in die Parlamente schauen. Ich will die Zahlen hier nicht
wiederholen. Das heißt, all die Instrumente, die wir bis heute umgesetzt haben, um diesem Ziel näherzukommen, haben nicht wirklich zu dem Ergebnis geführt, das die meisten in diesem Hause sich doch eigentlich wünschen. Deswegen ist es folgerichtig, auch darüber nachzudenken, das verbindlicher zu machen. Ich finde es richtig und ich finde auch, dass die Beispiele der Parteien der GRÜNEN und der LINKEN sehr wohl zeigen, dass es zu mehr Gerechtigkeit führt. Ich wundere mich, ehrlich gesagt, bei der CDU und der FDP, was Sie für ein Demokratieverständnis und Gerechtigkeitsverständnis haben,
wenn Sie automatisch davon ausgehen, dass Quotenpersonen gleich schlechter sind. Was ist das für eine Logik? Es stimmt gar nicht,
das hat Frau Treuenfels-Frowein sehr deutlich gesagt, das können Sie auch nachlesen, das ist Blödsinn.
Der Begriff Mittelmäßigkeit ist vorhin noch gefallen. Ja, erst wenn mittelmäßige Frauen in hohen Positionen sind, haben wir wahrscheinlich Gleichberechtigung und Gleichstellung, so traurig das ist.
Es ist doch nicht gesagt, dass bei den Bedingungen wirklich nur die Besseren durchkommen. Wir müssen uns die Rahmenbedingungen ansehen, denn es sind nicht die Frauen, an denen es liegt. Herr Nockemann, Sie wissen mit Sicherheit nicht, dass die Frauen nicht an Politik interessiert wären; das unterstellen Sie ohne Quellen. Es gibt auch nichts, was Ihre Zahl belegt. Also viel Schaumdiskussion und klar, es ist deutlich, es geht natürlich um Konkurrenz und es geht darum, Macht abgeben zu müssen. Die Angst schwingt im Raum, denn anders kann ich es mir nicht erklären,
warum der rechte Teil des Hauses eine Debatte, die wir erst anfangen zu führen, mit solchen Totschlagargumenten im Keim zu ersticken versucht. Anders ist das nicht zu erklären.
Ein letzter Punkt, es ist vorhin ein bisschen angedeutet worden: Der rechte Teil des Hauses ist immer sehr laut,
wenn es darum geht, dass wir im Kontext mit Integrationsdebatten oder auch bei Flüchtlingen Werte und Normen vermitteln.
D'accord.
Und da geht es natürlich, das wird auch immer als allererstes Beispiel genannt, Herr Nockemann, um Gleichberechtigung von Mann und Frau. Hier sind Sie gefordert, Ihre Glaubwürdigkeit zu zeigen, denn sonst nimmt Ihnen das keiner ab. – Danke.
Herr Seelmaecker, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie vorhin gemeint, wenn über eine Quotierung Frauen und Männer in ein Parlament gewählt werden, dass Frauen dann quasi nur Fraueninteressen vertreten. Haben Sie diesen Eindruck bei der LINKEN und bei den GRÜNEN? Ich meine, dass das Quatsch ist, dass sie alle vertrete, und das geht auch mit einem Parité-Gesetz.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will nur zwei Sätze dazu sagen. Es ist das übliche Spiel bei der AfD, ein großes, breites gesellschaftliches Problem wieder auf eine bestimmte Gruppe zu verengen. Sie haben damit wieder gezeigt, dass Sie weder fachliche Kenntnis haben noch die Statistiken und dergleichen gelesen haben. Wir alle wissen, dass es ein breites Problem ist. Es kennt keine ethnische Herkunft, es kennt kein sozioökonomisches Milieu, es kommt leider überall vor. Ich möchte, dass wir die Debatte dann auch wirklich fachlich richtig führen.
Es ist viel zu den Zahlen gesagt worden, deswegen möchte ich nur ein paar grundsätzliche Anmerkungen machen.
Wir stellen seit vielen Jahren fest, dass Gewalt gegen Menschen – und man muss deutlich sagen, die überwiegende Mehrheit sind Frauen und indirekt die Kinder – zunimmt und das trotz vielfältiger Maßnahmen und Instrumente. Wir können alle Jahrzehnte feststellen, dass sie quantitativ steigt. Ich finde, es muss uns nachdenklich machen, warum das, was wir dem entgegensetzen, nicht wirklich zu dem Ergebnis führt, das wir uns alle wünschen würden.
Das Zweite ist, dass Frauen und Betroffene überwiegend im häuslich vertrauten Umfeld diese Gewalt erleben durch Partner, Ex-Partner, Väter, Brüder und dergleichen mehr. Das heißt, in dem ver
meintlich geschützten Raum, in dem Frauen sicher sein sollten, sind sie es nicht. Bei Ihnen ist immer sehr stark die Angst da, es sei der Fremde, der von außen kommt, der die Frauen bedroht. Wir sehen, es ist eben nicht so. Wir haben hier in den letzten Jahren – auf die Kürzung wurde vorhin hingewiesen, 2006 sind Plätze weggefallen – eine breite Diskussion gehabt. Es sind in dem Zusammenhang auch die Psychologinnenstellen in den Frauenhäusern weggefallen, die bis heute nicht wirklich ersetzt worden sind.
Ich frage mich ehrlich gesagt: Wollen wir weiterhin gesellschaftlich und politisch hinnehmen, dass das Ausmaß immer stärker wird? Wir hinken im Bereich der Intervention hinterher, indem wir immer mehr Frauenhäuser einrichten, was nicht falsch ist. Ich möchte da nicht falsch verstanden werden. Aber ich finde, es zeigt, dass wir den Blick viel stärker auf die Täter richten müssen, dass wir hier mit stärkerer Abschreckung, aber auch mit Therapieangeboten viel stärker intervenieren müssen. Ich finde auch, dass es zeigt, dass wir den Präventionsbereich insgesamt stärken müssen, also bevor es überhaupt dazu gekommen ist. Ich finde, dort gibt es noch viel zu wenige Angebote.
Wir erleben – ich komme aus diesem Arbeitsfeld, habe viele Jahre gearbeitet –, dass zum Beispiel Frauen oftmals beim Übergang vom geschützten Raum im Frauenhaus in eine Wohnung nicht die Begleitung haben, die sie vielfach brauchen. Ich mag das Wort Rückfälle nicht, aber in dem Zusammenhang kann man durchaus auch von Rückfall sprechen, weil es Frauen gibt, und die Zahl ist gar nicht so gering, die dann wieder in alte Abhängigkeitsstrukturen fallen und die Chance, ein selbstbestimmtes Leben auf eigenen Beinen aufzubauen, nicht nutzen können. Das können wir durchaus, glaube ich, weiter ausbauen.
Ein anderer Bereich, der mich sehr nachdenklich gemacht hat, und ich fand, dass Cansu das sehr schön herausgestellt hat, ist: Wir haben die finanzielle Förderung von Frauenschutzhäusern immer als freiwillige Leistung, das heißt, sie ist abhängig von der Haushaltslage. Deswegen konnten wir leider 2006 erleben, dass Haushaltskürzungen vorgenommen wurden, wenn die Haushaltsmittel dann eben nicht reichten. Ich frage ernsthaft, ob wir nicht stärker in die Richtung diskutieren müssen, dass wir einen Rechtsanspruch formulieren auf ein Leben, das geschützt ist vor Gewalt, ähnlich, wie wir das im Kita-Bereich haben, einen Rechtsanspruch, der einklagbar ist. Ich glaube, das sind die richtigen Wege, über die wir diskutieren müssen, ansonsten können wir immer wieder traurigerweise feststellen, dass die Zahlen erschreckend sind. Ich glaube, wir sind jetzt gefordert, den Frauen den Schutz zu bieten, ihnen ein Leben zu ermöglichen, das selbstbestimmt ist und frei von Gewalt. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde es sehr kurz machen, möchte aber zwei Punkte, die kurz gestreift wurden, noch einmal aufgreifen. Das eine ist, dass bei Veränderungen die Übergänge natürlich sehr zeitnah organisiert werden müssen, Frau Dr. Leonhard. Das ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Punkt; da hat Frau Özdemir völlig recht.
Ein anderer Punkt ist, dass wir seit vielen Jahren wissen, dass Frauen, die in den Frauenhäusern gelebt haben, es unheimlich schwer haben, regulären Wohnraum zu bekommen. Wir alle kennen die Situation auf dem Wohnungsmarkt, das heißt, es brennt hier ordentlich. Dass vielfach diese Frauen nicht die größten Chancen haben bei den Wohnungen, die noch zur Verfügung stehen, finde ich, ist selbstredend.
Abschließend zu Ihnen, Frau Nicolaysen: Sie haben, glaube ich, das Wort Bedarfsermittlung erwähnt. Ich finde das ehrlich gesagt einen Schlag ins Gesicht der Betroffenen, weil wir seit Jahren wissen, dass der Bedarf viel größer ist,
dass die Einrichtungen und auch die Beratungsstellen schon immer chronisch unterfinanziert sind und dass es immer wieder einen großen Aufschrei geben muss von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, damit sich etwas bewegt. Da würde ich mir in Zukunft wünschen, dass das perspektivisch ein bisschen stärker gesehen wird und dass nicht erst von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschrien werden muss, damit der Senat handelt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben hier ja wirklich viel erlebt, aber das, was sich gerade abgespielt hat, ist wirklich unterirdisch und unerträglich. Ich frage mich: Wie krank muss man sein, Herr Flocken, dass man so ein wirres Zeug von sich gibt, das genau das bestätigt, was hier die AfD vorhin versucht hat abzustreiten?
Ehrlich gesagt, hat auch der Redner der AfD …
Jetzt bin ich dran. Sie können sich nachher zu Wort melden.
Auch der Redner der AfD hat eigentlich genau das bestätigt, was die Vorrednerinnen und Vorredner zu Recht kritisiert haben. Wir haben ein vergiftetes Klima in unserer Gesellschaft. Das haben wir nicht erst, seitdem es die AfD gibt. Aber die AfD hat mit ihrem Wirken, und da kann sie sich noch so sehr im Gewande der Demokraten präsentieren, immer wieder gezeigt, dass sie den Schulterschluss sucht mit Rechtsextremen, mit Neonazis, mit Kameradschaften und Burschenschaften. Nichts von den Aufmärschen sogenannter besorgter Bürger ist doch dem Zufall überlassen, ob in Kandel, ob in Chemnitz; Sie sind an vorderster Front, wenn es darum geht, das zu organisieren, und zwar systematisch.
Das ist Ihre hässliche Fratze, die Sie immer wieder zeigen.
Aber erschreckend ist, meine Damen und Herren: Im Grunde genommen können wir uns alle nicht zurücklehnen und glauben, dass wir mit unserer Haltung, die wichtig ist, und es ist auch richtig, dass sie heute Nachmittag oder heute am frühen Abend gezeigt wird; auch ich werde selbstverständlich dort hingehen … Aber wir haben seit den Anfängen der Achtzigerjahre ein Problem in unserer Gesellschaft, und ich glaube, wir tun uns nichts Gutes, wenn wir das teilweise einfach wegreden. Das ist nicht erst entstanden, seitdem rechtes Gedankengut und Rechtsextremismus mit seinem parlamentarischen Arm in den Parlamenten noch einmal eine Kraft erfahren hat. Ich möchte nur erinnern: Wir haben Mitte der Achtzigerjahre die Er
mordung von Ramazan Avci in Hamburg-Landwehr, wir haben Mölln, wir haben Solingen, wir haben Hoyerswerda und, und, und. Ich könnte tausend Beispiele aufzählen, gerade erst vor einem Tag die Schmierereien hier an der Moschee, die noch nicht einmal eröffnet ist, Angriffe auf Flüchtlingseinrichtungen und dergleichen mehr.
Wir haben mit all den Konzepten, die wir bisher versucht haben, umzusetzen, eigentlich nur mäßigen Erfolg. Wenn wir nicht wollen, dass diese hässliche Fratze weiter an Boden und Terrain gewinnt, reicht es nicht, nur zur Demonstration zu gehen, die sicherlich sehr wichtig ist, sondern wir müssen unsere Konzepte überdenken, wir müssen mehr Mittel in die Hand nehmen, um dieses Gedankengut schon viel früher zu bekämpfen. Sonst werden wir hier immer noch Debatten führen und uns solche kranken Argumente anhören. Ich finde das nach wie vor unerträglich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mehr als zehn Jahre zog der neonazistische rechtsextreme NSU unbehelligt durchs Land und ermordete neun Migranten und eine Polizistin. Er verübte mehrere Sprengstoffanschläge und unzählige Raubüberfälle. Die Zahl seiner bundesweit vernetzten Unterstützerinnen und Unterstützer wird auf 100 bis 200 geschätzt, darunter V-Personen der Sicherheitsbehörden und Funktionäre rechtsextremer Parteien.
Der NSU wurde ab dem 4. November 2011 öffentlich bekannt, als Mundlos und Böhnhardt tot in einem ausgebrannten Wohnwagen gefunden wurden und Zschäpe ihre Zwickauer Wohnung abbrannte und Bekennervideos versandte. Bis dahin hatten die Ermittler rechtsextreme Hintergründe der Verbrechen weitgehend ausgeschlossen und, wie schon gesagt, die Täter im Umfeld der Opfer gesucht.
Das vielschichtige Versagen der Sicherheitsbehörden führte zu einer tiefen Krise der deutschen Sicherheitspolitik. Einige Beamte des Verfassungsschutzes vernichteten nach Bekanntwerden des NSU relevante Akten, weshalb die Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und der Landesbe
hörden Thüringens, Sachsens, Berlins zurücktreten mussten. NSU-Untersuchungsausschüsse im Bundestag und auch in den Landesparlamenten untersuchten den Einsatz von V-Personen, Ermittlungspannen und organisatorische Defizite.
In allen Bundesländern, in denen es Opfer zu beklagen gab, gab es parlamentarische Untersuchungsausschüsse; nur in Hamburg nicht. Dabei wurde, wie schon gesagt, Süleyman Tasköprü das dritte Opfer des NSU in Hamburg. Er wurde vor 17 Jahren in seinem Gemüseladen in der Schützenstraße, man muss fast sagen, regelrecht mit Kopfschüssen von der NSU hingerichtet. Bis heute ist nicht geklärt, wie der NSU ihn aussuchte, wer die Helfer und Hintermänner waren und warum auch hier die Hamburger Sicherheitsbehörden in eine völlig falsche Richtung ermittelten. Den Angehörigen von Süleyman Tasköprü sowie den Einwanderer-Communitys, die sehr verunsichert waren, wurde zu jener Zeit vom damaligen Innensenator Michael Neumann versichert, dass eine lückenlose Aufklärung passieren würde. Das war wichtig und richtig. Aber ich meine, das ist bis heute weitgehend ausgeblieben. Denn nur eine lückenlose Aufklärung kann das verloren gegangene Vertrauen in unsere Sicherheitsbehörden, aber auch in das Sicherheitsgefühl der Menschen als Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt wiederherstellen. Das ist ungeheuer wichtig, auch gerade aus integrationspolitischer Sicht. Ich finde, diese Aufklärungen sind wir den Angehörigen von Süleyman Tasköprü, aber auch den Hamburgerinnen und Hamburgern schuldig.
Nun legen die Regierungsfraktionen heute diese Resolution vor, die ich sehr, sehr wichtig finde, die viel Richtiges benennt und die ich von Herzen unterstützen werde. Ich finde auch, dass die längst überfällige Entschuldigung hier sehr bedeutsam ist; ich hätte mir diese auch von unseren Sicherheitsbehörden gewünscht. Aber ich meine, die beste Entschuldigung ist eine Aufklärung, und die fordern die Angehörigen von Süleyman Tasköprü nach wie vor vergeblich.
Die Verweigerung einer Aufklärung, wie sie auch bei den Angehörigen empfunden wird, ist nicht nur falsch und bedauerlich, sondern sendet meiner Meinung nach ein falsches Signal in unsere Gesellschaft. Sie verhindert, dass Vertrauen wieder aufgebaut werden kann, und sie verhindert vor allem, dass sich die tiefen Wunden schließen können. In der Resolution wird darauf verwiesen, dass sich der Innen- und Kontrollausschuss mehrfach damit befasst haben. Aber ich meine, dass ein PUA durchaus neue Erkenntnisse bringen kann, zumal er mit mehr Kompetenzen ausgestattet ist. Und auch zu dem Verweis in der Resolution auf PUAs in anderen Landtagen und im Bundestag kann ich wirklich nur sagen: In den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen wurde zwar viel herausgefunden, etwa zur Entstehung des NSU
1998 in Jena, doch die Abgeordneten stießen auch hier sehr oft auf Mauern des Schweigens, sowohl bei Neonazis als auch bei V-Leuten. Die Volksvertreterinnen und -Vertreter mussten sich offensichtliche Widersprüche in den Aussagen der Befragten gefallen lassen und sich über geschwärzte Akten von Verfassungsschutzämtern ärgern. Hinzu kommt, dass der Hamburger Fall nicht wirklich zentraler Untersuchungsgegenstand bisheriger PUAs war.
Interessant ist auch – und das finde ich in diesem Zusammenhang wirklich sehr, sehr interessant –, dass es schon 2006 Vermutungen in die rechte Szene gab und es ausgerechnet Hamburger Behörden waren, die dem nicht nachgegangen sind. Es gibt noch viel aufzuklären, und ich glaube, es ist wichtig, dass das gemeinsam in einem Konsens passiert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was für ein Theater. Da kann man wirklich nur mit dem Kopf schütteln. Unerträglich.
Bei manchen Rednern müssen wir uns immer irgendwelche Geschichtskunde und Sachen anhören, die keiner versteht, weil sie überhaupt keinen Sinn ergeben – so wirre Gedanken. Aber das The
ma, um das es geht, ist natürlich ein wichtiges Thema, und ich finde es beschämend, dass dank der AfD-Fraktion ein so wichtiges und hypersensibles Thema wieder eine falsche Außenwirkung bekommt.
Herr Nockemann, ich komme noch weiter zu Ihnen, warten Sie mal ab.
Ich finde es nicht nachvollziehbar, dass Sie sehr sachliche Darstellungen der Vorrednerinnen und Vorredner – von Christiane Schneider, von Antje Möller und auch von dem Kollegen von der SPD – völlig ignorieren, als würden Sie die Ohren vor den eigentlichen Argumenten verschließen. Da ist viel Information gegeben worden, die Sie einmal hätten recherchieren sollen, bevor Sie sich hier ans Pult stellen und Unredliches von sich geben, was überhaupt keinen Sinn macht und auch gar kein Problem beschreibt.
Aber es ist klar: Sie haben das Wort interessengeleitet benutzt. Ja, diese Rede, die Sie gehalten haben, ist ganz eindeutig interessengeleitet, denn Sie lassen nichts aus, selbst wenn es nur einen Hauch von Anmutung zu etwas gibt, um diese Debatten immer zu instrumentalisieren. Herr Nockemann, wir alle sind Menschen, die zu einer Menschheitsfamilie gehören, mit unseren Unterschieden, die wunderbar sind und die wir manchmal schwer ertragbar finden, aber ertragen müssen, denn das ist Demokratie – so habe ich das gelernt und so lebe ich das. Aber dass Sie so verantwortungslos mit diesen Menschen, aber auch mit unserer Gesellschaft umgehen, indem Sie diese Debatten derart verzerren, finde ich politisch unverantwortlich und beschämend für dieses Haus.
Ich möchte auch zu der Rede der Kollegin Nicolaysen kommen. Ich wundere mich hier seit einigen Wochen und Monaten, Frau Nicolaysen. Ich habe die FDP früher wirklich anders erlebt. Ich weiß nicht, ob an mir etwas vorbeigegangen ist und die FDP inzwischen in Hamburg einen Rechtsschwenk eingeschlagen hat,
aber ich bin jedes Mal, wenn Sie reden, Frau Nicolaysen – ich hätte mir gewünscht, dass Herr Jarchow redet –, ein Stück weit geschockt.
Es ist wirklich so. Ich habe viele sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen bei der FDP, aber meine Sorge ist, dass Sie sich ein Stück weit von dem
wegbewegen, wofür die AfD, nein, die FDP – Sie sehen, Freudsche Fehlleistung – früher einmal gestanden hat. Das finde ich sehr schade und ich möchte Ihnen das einfach noch einmal mitgeben. Also überlegen Sie sich da Ihre Position.
Manchmal frage ich mich wirklich, Frau Nicolaysen, wo die FDP hinwill. Vielleicht können Sie uns das dann mit praktischem Handeln zeigen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will gar nichts mehr zur Sache sagen; ich finde, da ist alles gesagt worden. Ich möchte zu Ihnen, Frau Nicolaysen, sagen: Wenn ich Sie persönlich beleidigt oder verletzt habe, dann möchte ich mich aufrichtig entschuldigen. Aber der Punkt, zu dem ich nach wie vor stehe, ist, dass die Liberalität der FDP-Fraktion anhand der Art und Weise, wie sie in migrationspolitischen Debatten, aber auch bei diesen Debatten, argumentiert, nicht … Ich habe nicht von einem Rechtsruck gesprochen, ich habe davon gesprochen, dass ich mich darüber wundere, dass Sie so argumentieren wie die AfD,
dass Sie teilweise auch dieselben Forderungen stellen. Sie persönlich beleidigen wollte ich nicht. Das wollte ich noch einmal klarstellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde auch nur kurz etwas sagen. Ich bin dir sehr dankbar, Antje Möller, für deine Worte. Ich finde, das hat sehr, sehr vieles klargestellt.
Ich möchte eigentlich nur noch an einem Punkt, das, glaube ich, hatte auch Kazim gesagt, auch dir danken für deine wichtigen Worte hier an das Haus. Sie kommen ja als AfD-Fraktion immer gern und kritisieren und bemängeln und so weiter und so fort. Und ich habe mich ehrlich gesagt gefragt,
was Sie unter Heterogenität verstehen, weil Sie immer wieder davon sprechen, das seien doch immer nur Flüchtlinge. Sie unterstellen den Menschen, die da hinkommen, nicht nur … Sie packen sie in eine künstliche Gruppe, wie Antje Möller das gesagt hat. Aber das sind durchaus auch Menschen, die sehr, sehr unterschiedlich sind, auch vom Bildungsgrad her und und und. Also Sie packen und mischen alles in eine Gruppe und verneinen jegliche Heterogenität.
Und dann möchte ich Ihnen etwas zeigen. Ich habe gehört, dass die Debatte zum Integrationskonzept heute abgesagt wird. Diese hätte sehr viel mehr hergegeben. Ein tolles Konzept und mir ist eins aufgefallen: Man guckt sich die 60-seitige Drucksache durch, ich will darauf gar nicht inhaltlich eingehen, aber ich finde, das entlarvt Sie, AfDFraktion, nochmals. Alle Ausschüsse haben sich mit dem Integrationskonzept beschäftigt. Suchen Sie einmal, in welchem Ausschuss die AfD eine Frage dazu gestellt oder Angebote oder Alternativen angeboten hat, denn Integration hat Sie nie interessiert. Es gibt eine einzige Stelle bei der Beratung des Kulturausschusses und da fällt der Satz: Die AfD-Fraktion hatte keine Anmerkungen dazu. Das entlarvt Sie.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Also ich muss sagen, ich fand die Rede meiner Vorrednerin jetzt ein bisschen irritierend, denn die Reden vorher – da möchte ich mich auch noch einmal bei allen Rednerinnen und Rednern bedanken – waren sehr ausgewogen und sehr genau bedacht, und Sie haben jetzt einen anderen Pfad eingeschlagen. Was mich am meisten
irritiert, muss ich sagen, ist: Wenn Sie das zu einem reinen Integrationsproblem deklarieren …
Aber Sie haben sich so ausgedrückt; das wollte ich nachfragen.
… dann lassen Sie außer Acht, dass wir leider in unserer Gesellschaft nicht nur bei den zugewanderten Muslimischstämmigen das Problem haben. Das ist nicht zu bestreiten, aber – das haben vorhin Stefanie von Berg und auch die Kollegin von der LINKEN sehr schön gesagt – wir brauchen keine Registrierung. Denn was soll eine Registrierung nach erfolgtem Mobbing bringen? Wir müssen unsere Energien darauf konzentrieren, in die Prävention zu investieren, weil nur die Prävention das verhindert. Und die Prävention neben dem Aufklären, neben dem pädagogischen Aufarbeiten in der Schule ist natürlich auch im Bereich der Erwachsenen wichtig. Orte für Begegnungen zu schaffen, also gerade die vermeintlich Unterschiedlichen zusammenzubringen, ins Gespräch miteinander zu bringen. Ich glaube, Christiane Schneider hat es kurz angedeutet: Es gibt Projekte zwischen der Türkischen Gemeinde Hamburg, der Jüdischen Gemeinde und dem Anne Frank Zentrum in Berlin. Das sind wertvolle Projekte und die bringen das, weil sie Themen aufgreifen, die alle umtreiben. Natürlich ist Antisemitismus durchaus auch ein Thema für Menschen mit muslimischem Hintergrund, aber auch sie erleben muslimischen Rassismus. Auch das ist ein immer weiter zunehmendes Problem in unserer Gesellschaft.
Deswegen also: Nicht nur auf ein reines Integrationsproblem reduzieren – das ist ein sehr, sehr falscher Zugang –, sondern, wie Christiane Schneider das gesagt hat, Orte für Begegnungen schaffen, Projekte fördern, die Begegnung und den Dialog intensivieren. Nur so kommen wir wirklich weiter. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kruse, Sie haben uns wieder einmal gezeigt, wie man eine wichtige Regierungserklärungsdebatte eklatant instrumentalisieren kann und sich hier als Opfer geriert. Das war wirklich unterirdisch und ich finde, das war eine Riesenzumutung für das gesamte Haus.
In dieser Stadt, Herr Kruse, hat jeder und jede das Recht, für ihre Meinung auf die Straße zu gehen. Das war immer gegeben und das ist gegeben. Ihre Meinung mag dem einen oder anderen nicht gefallen. Sie demonstrieren, und genauso haben die Tausend anderen Menschen das Recht, ihre Meinung kundzutun, und das müssen Sie ertragen.
Was Sie natürlich immer tun, und ich komme auch gleich zum Schwenk zu Herrn Trepoll und der CDU, ist, dass Sie hier auf etwas hinweisen, und bei Ihnen ist das, Herr Kruse, immer dasselbe … Sie haben vorhin irgendwie von muslimischer Praxis gesprochen, völlig pauschal und undifferenziert. Erklären Sie uns bitte, was das ist. Sie haben alle Muslime irgendwie mit den islamischen Organisationen, mit denen die Stadt Staatsverträge hat, gleichgesetzt. Dabei sollten Sie wissen, wenn Sie das ansprechen, dass die Mehrheit der Muslime, ob praktizierende oder nicht, kulturelle oder religiöse, in dieser Stadt unorganisiert sind,
dass sie nicht Mitglied sind in einer Moschee oder in einem Moscheeverein. Also werfen Sie nicht Dinge durcheinander.
Genau dasselbe hat auch der Kollege Trepoll gemacht. Herr Trepoll, Sie haben auf einen wichtigen Punkt hingewiesen. Es ist tatsächlich so, dass auch ich vom Bürgermeister zum Thema Integration – ich mag das Wort immer noch nicht – ein bisschen mehr erwartet hätte. Er hat das zwar unter dem Stichwort "Sozialer Zusammenhalt" – die Message habe ich vernommen – in allen Themen als Querschnitt mitgedacht und das ist auch eine – kann man machen – vernünftige Vorgehenswei
se, aber ein bisschen konkreter hätte ich es mir auch gewünscht. Aber was gar nicht geht, Herr Trepoll, und das möchte ich wirklich in dieser Deutlichkeit an dieser Stelle sagen, ist Ihre arrogante Kolonialherrenmanier, sich hier hinzustellen und so zu tun, als wenn die Werte, die Sie haben, nicht bei Migrantinnen und Migranten vorhanden wären, als wenn wir von völlig verschiedenen Dingen reden.
Das hat er gesagt. Ich habe mir das aufgeschrieben.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Ich bitte Sie, selbst wenn er es gesagt haben sollte und Sie zitieren, entspricht es trotzdem nicht dem parlamentarischen Sprachgebrauch.
Ich weiß jetzt nicht, was Sie konkret meinen, aber ich werde mich bemühen, Frau Präsidentin.
Es werden immer diese Unterstellungen in den Raum gestellt. Dann kommen die Beispiele bei Herrn Kruse und auch bei Ihnen, Herr Trepoll, Gleichheit von Mann und Frau, Toleranz und so weiter – das ist eine Unterstellung. Das wissen Sie und Sie arbeiten damit genauso pauschal und undifferenziert.
Ich spreche dazu. Das tue ich, Herr Nockemann, im Gegensatz zu Ihrer Partei.
Sie verwenden genau dieselben Methoden, und ich kann Ihnen nur sagen, Herr Trepoll, Sie werden sich wundern. Sie haben vorhin immer wieder von 2020 gesprochen und dass wir dann sehen werden, dass es dann zu einer Wende kommen wird auch in der Sozialpolitik. Ich glaube, wenn es zu etwas kommt, dann wird es sein, dass Sie sehen werden, dass Sie mit dieser Strategie nicht dahinkommen.
Ich möchte in dem Zusammenhang noch einmal daran erinnern. Ich meine, wir sind sicherlich in vielen Feldern, gerade sozialpolitisch und nicht nur in Bezug auf Menschen, die mit Flüchtlingshintergrund hier sind, sondern auch bei länger hier lebenden Migranten, noch ein Riesenstück weit davon entfernt, wirklich die Ziele zu erreichen, die wir uns gesetzt haben, aber dieser Senat setzt die richtigen Schwerpunkte und er geht diesen Weg gemeinsam und mit den Menschen auf Augenhöhe und nicht von oben herab nach dem Motto "Ich erkläre euch die Welt". Das ist ein großer qualitativer Unterschied. Und in der CDU-Zeit von 2001 bis 2011 habe ich auch aus nächster Nähe miterleben dürfen, dass – Sie wissen es genau, Herr Trepoll –
die größte pauschale Kürzungspolitik all das betraf, was im Bereich Integration war, 25 Prozent, Gießkannenprinzip. Also erzählen Sie uns hier nicht, dass es für Sie ein wichtiges Feld wäre. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, um dem Ersten Bürgermeister Dr. Tschentscher zu gratulieren. Ich bin überzeugt
davon, dass Sie ein guter Bürgermeister für unsere Stadt sein werden.
Ich habe ihn gewählt. Dazu hätte ich auch gern noch etwas gesagt.
Das mache ich immer so, Herr Trepoll, dass ich die Personen wähle, von denen ich überzeugt bin, dass sie eine gute Politik für unsere Stadt machen. Ich habe das eigentlich auch schon vorher öffentlich kommuniziert; deswegen überrascht es mich, dass es Sie nicht erreicht hat. Ich habe auch den Senat gewählt, denn ich bin überzeugt davon, dass dieser Senat eine Politik machen wird, die für den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft in dieser Stadt gut ist, die gut ist gegen die drohende Polarisierung in unserer Stadt. Ich muss, jetzt an die Opposition gerichtet, leider sagen, dass Sie alle sich ja hier so ein bisschen als Propheten gebart haben. Warten Sie ab, so manch einer ist unterschätzt worden, warten Sie ab, was in den nächsten Wochen und Monaten kommen wird.
Ich bin da zuversichtlich, und es ist dann ja auch Ihre und unsere Aufgabe, hier an der einen oder anderen Stelle auch mit eigenen Konzepten zu kommen und nicht, wie die AfD es immer macht, zu bellen und zu beißen, aber ohne Konzept und ohne Idee. Also ich finde das Ganze ziemlich destruktiv. Wie gesagt, ich bin überzeugt davon, dass wir eine gute Wahl getroffen haben, und wünsche dem Senat und dem Bürgermeister eine glückliche Hand.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem die FDP uns hier erzählt hat, was die Wirtschaft braucht, und nachdem uns dann der Vertreter der AfD erzählt hat, an was es alles mangelt und was Flüchtlinge und Migranten an Defiziten mitbringen,
werde ich einmal versuchen, das Ganze ein bisschen zu versachlichen.
Ich glaube, die Intention der FDP-Fraktion ist gut gedacht – aber schlecht recherchiert, muss ich leider sagen, Frau Nicolaysen, denn ich denke, dass das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, tatsächlich schon zumindest theoretisch existiert. Aber die reale Situation ist leider die – und das müssen sich, glaube ich, die Regierungsfraktionen auch anhören –, dass es in der Praxis nicht wirklich so funktioniert, wie es auf dem Papier geschrieben steht, und dass wir nur sehr, sehr langsam vorankommen. Von einer wirklichen Arbeitsmarktintegration oder Integration in Ausbildung kann nicht die Rede sein. Das ist noch viel zu punktuell und zu minimal, auch wenn die Zielsetzung richtig ist. Wir sind eigentlich immer noch in dem Stadium, wo wir registrieren, und auch das W.I.R-Projekt macht eine reine Registrierung und versucht weiterzuvermitteln, versucht, die Leute in irgendeiner Form an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Aber eine große Strategie, der große Wurf ist es wirklich nicht.
Ich glaube, wir müssen uns auch von der Illusion verabschieden, dass es sehr schnell geht. Wir müssen hier auch anders handeln. Wir können nicht glauben, dass gerade bei den Flüchtlingen das gelingt, was wir selbst bei den länger hier lebenden Migranten noch nicht wirklich geschafft haben: dass sie diesen ganzen Dschungel von Maßnahmen, Jobcenter und SGB II und alles, was es an Möglichkeiten und Gesetzen gibt, überblicken und sich gar in diesem Dschungel wirklich zurechtfinden. Ich glaube, das funktioniert nicht und das wird auch bei den Flüchtlingen nicht funktionieren.
Es ist klar, dass wir natürlich entlang unserer Wirtschaftsinteressen schauen, da, wo wir Bedarfe haben, die Menschen auch dahingehend zu steuern. Das ist auch nicht falsch. Deswegen fürchte ich, dass viele letztendlich in der Pflege landen werden oder bei den 400 Stellen, die wir im Bereich der Stadtreinigung schaffen werden. Trotzdem meine ich, ist es wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen und sich zu fragen: Was wollen eigentlich
die Flüchtlinge? Sie können vielleicht die deutsche Sprache nicht, aber sie haben durchaus Dinge gemacht und sie haben durchaus auch etwas gelernt, auch wenn es nicht im Rahmen einer dualen Ausbildung war. Dass wir darauf den Blick ein bisschen stärker konzentrieren, ist mehr als geboten.
Vielleicht braucht es auch mehr Brückensysteme, also nicht nur das Vertrauen in ein Regelsystem, das es richten wird, in dem sich selbst Bio-Deutsche, sage ich einmal in Anführungsstrichen, oft schwer zurechtfinden. Vielleicht müssen wir zwischen dem Regelsystem mehr Brücken bauen in Form von Projekten und können dann eher Schritte vorwärts machen. Aber so, wie es in der Theorie im Moment steht, funktioniert es nicht, auch wenn es das schon gibt, liebe FDP-Fraktion. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Inhaltlich haben hier alle Vorrednerinnen und Vorredner das Entscheidende gesagt. Ich glaube, dazu braucht man nichts ergänzen. Aber ich möchte doch noch zwei, drei andere Sätze sagen. Ich finde, Herr Nockemann, Sie haben sich wieder so wunderbar disqualifiziert. Zum einen haben Sie gezeigt, dass Sie die bestehende Gesetzeslage nicht kennen, geschweige denn die Praxis. Und dann haben Sie noch mit dem Antrag genau das sozusagen gefordert, was Sie eigentlich gar nicht wollen, dass sich die Verfahren verlängern.
Das haben eben auch schon die Vorrednerinnen und Vorredner gesagt. Also Sie haben wieder einmal gezeigt, dass Sie im Grunde genommen völlig disqualifiziert sind für das, weswegen Sie hier sitzen.
Worum genau geht es denn der AfD? Der AfD geht es darum, was sie eigentlich schon immer gemacht hat, Flüchtlinge, wenn sie dann vielleicht sogar noch muslimisch sind, immer unter einen Generalverdacht zu stellen, ihnen immer irgendwie Lug und Betrug vorzuwerfen. Diesmal haben wir einen neuen Aspekt, dass plötzlich auch die Ärzte möglicherweise irgendetwas nicht völlig korrekt machen, Gefälligkeitsatteste sind hier im Spiel. Also auf einmal kommt ein neuer Generalverdacht. Und wenn man Ihre Denke weiterdenkt,
würde das bedeuten, dass künftig vielleicht die Entscheiderinnen und Entscheider beim Bundesamt überprüft werden sollten.
Alle Arten von Helferinnen und Helfern, also jeder, der sich in diesem Bereich bewegt und Service
und Dienstleistung anbietet, ist Ihnen suspekt. Das ist eine Denke, die ich brandgefährlich finde. Sie treibt einen Keil in diese Gesellschaft, in eine Gesellschaft, in der wir sowieso viele soziale Probleme haben. Sie kommen immer und glauben, Sie könnten sich in der Presse damit wunderbar präsentieren, bekommen aber hier dann immer Ihre diversen Ohrfeigen, Herr Nockemann, wo Sie sich als nichtwissend outen müssen, wo Sie sich als jemand outen müssen, der Dinge beantragt, die er gar nicht möchte. Sie sind wirklich brandgefährlich für dieses Land und schaden auch diesem Parlament. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich war nach den Beiträgen von Herrn Wysocki, Cansu Özdemir und Stefanie von Berg das Wesentliche genannt worden, aber ich fühle mich jetzt doch wieder provoziert nach dieser Geschichtsstunde voll falscher Behauptungen und gewagter Thesen, noch zwei, drei Sätze zu sagen.
Die AfD beklagt sich immer, dass sie nicht ernst genommen werde und man sich inhaltlich nicht mit ihr auseinandersetze. Bei diesem Antrag hat sie tatsächlich in der Sache eine richtige Kritik, die ich absolut teile; da kann ich mich den drei Genannten nur anschließen, ich sehe das genauso. Aber was jetzt versucht wird, ist ein durchsichtiges Spiel. Es ist immer der Islam – der Mohammedanismus bei Herrn Flocken –, ohne wirkliche Argumente. Darauf wird eingeprügelt ohne Ende, ohne Differenzierung, ohne sich das genau anzuschauen. Wie es juristisch mit dem Vertrag steht, ist klar. Ich frage mich wirklich immer: Wenn es einfach gewesen wäre mit allen Vertragspartnerinnen und -partnern, dann hätten wir die Verträge doch gar nicht gebraucht.
Wir wussten, dass die Verträge ein Instrument sind, um sie in die Pflicht zu nehmen, genau an den Stellen, wo es schwierig wird – und da gäbe es viele zu nennen, die ich jetzt in Anbetracht der kurzen Zeit nicht nennen möchte. Aber dann immer mit dem Knüppel zu kommen und zu sagen, wir müssen kündigen … Kündigen kann man immer – wenn es juristisch ginge –, aber die eigentliche Herausforderung ist doch, im Dialog zu bleiben, sie weiter in die Pflicht zu nehmen.
Als allerletztes möchte ich noch eines sagen können, wenn wir über Themen sprechen, die im Kontext mit dem Islam stehen. Wir haben eine schwierige gesellschaftspolitische Zeit. Aber: Hören Sie auf mit der Vermengung. Ich selbst als nicht religiöse, sondern als kulturelle Muslima muss mir das nicht antun, jedes Mal diese Hasstiraden über mich gießen zu lassen. Irgendwie fühlt man sich immer davon betroffen. Ich finde das unerträglich und abscheulich. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will nur zwei, drei Sätze sagen, weil ich eigentlich meine wenige Redezeit in der Debatte danach aufbrauchen möchte.
Zu Ihnen, Herr Dr. Flocken, möchte ich gar nicht allzu viel sagen. Ich frage mich, ob Sie sich selbst überhaupt wahrnehmen mit Ihren Reden; inhaltlich will ich das gar nicht kommentieren.
Zu dem Antrag der Regierungskoalition kann man eigentlich nur sagen – es ist hier mehrfach als Stichwort gefallen –: Das ist eine Bündelung unterschiedlicher wichtiger Programme in der Stadt. Die Frage, die sich mir allerdings stellt: Ist die Summe, das Zusammenführen, das Bündeln tatsächlich ausreichend? Hier ist man nicht ganz klar und deutlich. Eigentlich ist schon erkannt, auch senatsseitig, dass es mehr Bedarf gibt, aber durch die Bündelung erhofft man sich Synergieeffekte. Ob sie eintreten, wage ich ein Stück weit zu bezweifeln.
Ich würde mir wünschen, und das möchte ich Ihnen, Frau Senatorin Dr. Leonhard, noch einmal mitgeben: Wenn wir Konzepte ganzheitlich denken – das Stichwort ist, glaube ich, bei der LINKEN schon gefallen –, geht es eigentlich um einen Masterplan. Den haben wir nicht wirklich. Wir haben unterschiedliches Stückwerk, das an manchen Stellen gebündelt wird, an anderen wieder nicht.
Ich habe die Sorge, dass sehr stark auf die Behörden gesetzt wird, in denen durchaus kluge und intelligente Menschen arbeiten, die aber vielleicht nicht immer die Ideen haben, die die Zivilgesellschaft beitragen kann. Deswegen kann ich nur anregen: Laden Sie alle Akteure ein und entwickeln Sie gemeinsam einen Masterplan. Mir fehlt eigentlich immer ein bisschen die Vision, es wirkt immer so verstaubt und irgendwie organisatorisch zusammengeführt. Ich glaube, wenn man diesen Weg geht – und den ist Hamburg ja schon einmal gegangen –, kann es nur gute Ergebnisse geben. – Danke.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, es ist ein emotionales Thema. Auch wenn bereits in der Aktuellen Stunde durch den Austausch von Argumenten – das hatte ich zumindest angenommen – alles ein
Stück weit versachlicht werden konnte, erleben wir schon wieder, dass hier wirklich alles miteinander vermischt wird. Herr Dr. Flocken, ich weiß, wie gesagt, immer noch nicht, wovon Sie reden.
Sie spulen hier immer dasselbe Band ab, und ich weiß nicht, wer in diesem Haus Ihren Gedanken folgen kann. Ich kann es nicht, außer dass immer wieder Ihr Hass, Ihre Hasspredigt sich ergießt, und ich finde es furchtbar, das jedes Mal ertragen zu müssen.
Ich komme zum Thema zurück. Wir reden noch einmal über den Antrag der FDP, auch zum Teil über den der CDU, den Vertrag mit den islamischen Verbänden aufzulösen. Es ist viel an Argumenten ausgetauscht worden, aber ich möchte zwei, drei Punkte noch einmal kurz anreißen. Das eine ist, es hat nie jemand behauptet, dass es einfach werden würde. Als die Verträge miteinander geschlossen wurden …
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Einen Moment, Frau Abgeordnete. – Meine Damen und Herren! Es redet nur Frau Güçlü. Entweder hören Sie ihr zu oder Sie gehen hinaus. – Bitte, Frau Abgeordnete, fahren Sie fort.
Als die Verträge geschlossen wurden, war allen Seiten sehr bewusst, dass es nicht einfach wird. Und wenn es so vertrauensvoll gewesen wäre bei der Annäherung, hätte man gar auf Verträge vielleicht sogar verzichten können. Es gab viele andere Gründe, sie zu machen, denn es ging auch um eine Gleichbehandlung mit den anderen Religionsgemeinschaften.
Und wenn man sich den Vertrag wirklich ernsthaft anschaut, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, CDU und auch von der AfD-Fraktion, dann kann es doch, ehrlich gesagt, keinen einzigen Punkt geben, an dem wir heute stehen und wo wir sagen, er ist absolut verletzt. Wir haben die Probleme hier thematisiert, das haben viele Kolleginnen und Kollegen gemacht. Ich fand auch, der Bürgermeister hat eine wunderbar differenzierte Rede dazu gehalten. Es gibt Probleme in der Republik, ja, und es ist widerwärtig, wenn es – auch wenn es nicht in Hamburg ist – Spionageverdachtsmomente gibt, Indizien, die gibt es dafür. Aber Frau von Berg hat recht, in Hamburg gibt es sie nicht. Auch ich habe mir die Mühe gemacht, mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen. Man muss nicht immer einer Meinung sein. Aber ich finde es auch nicht fair. Ich möchte einen Satz aus dem FDP-Antrag
vorlesen, der etwas impliziert, das nicht gegeben ist. Und zwar steht in dem Antrag:
"Diese mit unseren Grundwerten unvereinbare Haltung ist nicht tolerierbar, wird aber von der DITIB teils ausdrücklich begrüßt und in unsere Gesellschaft getragen. Kürzlich hat die DITIB sogar gegen Teile der christlichen Kultur in Deutschland mobil gemacht."
Ich finde es ziemlich ungeheuerlich, so etwas in einen Antrag zu schreiben ohne eine Quelle und ohne einen wirklichen Beleg dafür und daraufhin dann die Forderungen zu formulieren. Ich finde, wir müssen sehr genau differenzieren. Wir müssen mit den Betroffenen das Gespräch suchen, und ich freue mich, dass die SPD und scheinbar auch die GRÜNEN das gemacht haben. Ich habe von dem Vorsitzenden der DITIB hier gehört, dass ihm durchaus die Verwicklung mit der Diyanet bewusst ist und dass auch sie den Wunsch haben, hier ganz klar autonomer zu werden.
Der andere Punkt ist, dass sie auch eine schriftliche Stellungnahme abgegeben haben, in der sie ausdrücklich erklärt und verurteilt haben, dass es in Hamburg jedoch solche Vorfälle nicht gibt, dass auch sie es nicht dulden und dass sie Konsequenzen daraus ziehen würden. Ich finde, das ist etwas, das man wertschätzen sollte. Man sollte hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, aber das passiert heute gerade. Ich denke, das ist nicht konstruktiv, wir waren schon weiter.
Ich weiß, es ist schwierig, genauso, wie die ganze Integrationsdebatte schwierig ist. Und manchmal machen wir zwei Schritte vor und vier zurück. Es macht vielleicht auch Sinn, manchmal diese Kreise zu ziehen, aber dann bitte sachlich mit Argumenten und nicht mit dieser Herabschätzung. Oft ist man doch sehr schnell dabei, das Negative herauszusehen, das hat etwas mit selektiver Wahrnehmung zu tun, gerade je nachdem, was einem opportun erscheint. Aber ich möchte auch nicht, dass wir vergessen, dass die DITIB und die SCHURA wichtige Partner für uns bei der Prävention und bei der Bekämpfung von Salafismus waren und sind und auch einen wichtigen Beitrag leisten bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen. All das möchte ich auch gewürdigt wissen. Ich hoffe, dass die Debatten künftig etwas sachlicher und differenzierter geführt werden.
Noch ein letztes Wort, Herr Dr. Flocken, ich habe das hier schon einmal gesagt: Sie sprechen immer vom Mohammedanismus, den gibt es nicht, es sind Muslime.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Herrn Dr. Flocken nicht verstanden. Vielleicht kann jemand dolmetschen und mir sagen, was er eigentlich sagen wollte.
Worum geht es eigentlich? Den Antrag der FDP finde ich spannend, und er wäre es wert, zumindest an den Gesundheits- oder Sozialausschuss überwiesen zu werden, denn er benennt tatsächlich ein wichtiges Problem.
Ich glaube, diejenigen, die das abstreiten, sind nicht ganz aufrichtig.
Wir reden über Menschen, die vor Krieg fliehen, die etwas erlebt haben, was die Psyche verarbeiten muss und sich manch einer von uns trotz dramatischer Fernsehbilder nicht annähernd vorstellen kann. Wir alle wissen, dass selbst bei Trennung und Scheidung oftmals eine therapeutische Behandlung Sinn macht. Worüber reden wir hier eigentlich? Ob es tatsächlich notwendig ist, dass Menschen, die Furchtbares erlebt haben, medizinisch-psychologische Hilfe bekommen? Ich bin sprachlos, denn es liegt nahe, ohne dass man Psychologe oder Therapeut ist, zu erkennen, dass eine Großzahl der Menschen, die im Übrigen keine Wirtschaftsflüchtlinge sind – Herr Baumann, Sie werfen immer mit Zahlen um sich, ohne in irgendeiner Form einen Beleg zu bringen –, psychologische Hilfe brauchen. Ob das tatsächlich in Form dieses Fragebogens nun der Weisheit letzter Schluss ist, kann dahingestellt sein. Aber dass wir uns dieses Themas annehmen müssen, kann doch kein vernünftig denkender Mensch anzweifeln. Frau Wowretzko, es hat sich zwar alles sehr schön angehört, aber wir wissen auch, dass Sie das schöngeredet haben. Insofern kann ich mir nur wünschen, dass Sie sich das noch einmal überlegen und diesen Antrag zumindest überweisen, sodass man ihn vernünftig beraten und gemeinsam zu einer menschlich vertretbaren Lösung finden kann. – Danke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Senator, Sie wissen, dass bei Reisen nach Afghanistan Minister und Ministerinnen zu Recht oftmals in einer Schar von Leibwächtern in das Land reisen. Mich würde ganz konkret interessieren, ob der Senat tatsächlich davon überzeugt ist, dass Afghanistan in all seinen Regionen ein so sicheres Land ist, dass tatsächlich dahin abgeschoben – so haben Sie es genannt –, also zurückgeführt werden kann.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich, finde ich, hat Frau Möller schon alles dazu gesagt, aber nach der Rede von Herrn Baumann möchte ich doch noch einmal zwei Sachen erwähnen.
Herr Baumann, dass Sie immer große Überfremdungsängste haben, selbst in Bundesländern, in denen es weit weniger als 1 Prozent Migrantinnen und Migranten gibt, das kennen wir alle schon, da haben Sie uns heute nichts Neues erzählt. Aber Sie haben uns viel Falsches erzählt, wie so oft leider, das muss man immer wieder ins richtige Licht rücken. Sie haben erzählt, Deutschland habe weit mehr Flüchtlinge aufgenommen als die ganze Menschheit. Was ist die ganze Menschheit?
Ich weiß nicht, mit welchen Zahlen Sie operieren. Dann schauen Sie einmal in die Welt, es geht vielen Ländern weit schlechter als uns, wenn das mit schlecht zu bezeichnen ist.
Der Versuch, der mit diesem Antrag zugrunde liegt, ist ein höchst menschlicher Versuch. Ich finde, es ist ein mutiger und ein richtiger Antrag, der hier zugrunde liegt. Unabhängig davon, welche Bleibeperspektive Menschen bei uns in Hamburg haben werden, sollen sie nicht weiterhin jahrelang zur Untätigkeit gezwungen werden. Wir wissen, was dies mit Menschen macht. Sprechen Sie mit den Beraterinnen und Beratern in den ganzen Beratungsstellen, die mit Flüchtlingen, aber auch mit anderen Menschen arbeiten, die über lange Zeit keine Beschäftigung haben, keine Perspektiven entwickeln können. Sie können sich an der Hand abzählen, was das bedeutet. Insofern ist das ein guter Antrag,
der zumindest den Rahmen verbessert für Integrationsangebote. Ich finde, es steht uns wunderbar zu Gesicht, da brauchen wir uns nicht zu schämen, sondern können sehr stolz darauf sein.
Die Frage, die sich mir aber stellt, ist, warum nach 12 Monaten? Das scheint mir eine willkürliche Zahl. Es ist schön, dass die Zeit reduziert wird, aber warum ausgerechnet 12 Monate? Es könnten doch auch 6 Monate sein. Genauso wichtig ist, dass man auch noch einmal sehr genau schaut, wie diese Angebote abgestimmt werden mit den Bundesangeboten. Denn das ist, glaube ich, das Problem, das wir in Hamburg haben, dass nämlich viele Angebote irgendwie so nebenher gewachsen sind, aber sie sind nicht aufeinander abgestimmt. Deswegen erzielt es manchmal auch nicht die Wirkung, die es haben sollte.
Vorhin wurde – ich weiß gar nicht, von wem, ich glaube, es war die Kollegin von der FDP – das Stichwort Signal erwähnt. Es ist ein richtiges Signal, das Hamburg hier aussendet, und ich finde, dieser Antrag zeigt unsere menschliche Seite. Und er zeigt, dass uns nicht egal ist, was die Menschen machen, wenn sie hier jahrelang warten, sondern dass wir daran interessiert sind, dass sie etwas erlernen, selbst für den Fall, dass sie zurückgehen. Was ist so falsch daran, Menschen zu unterstützen, eine Sprache zu lernen, auch eine berufliche Perspektive zu entwickeln, unabhängig davon, ob sie bleiben oder nicht? Ich finde den Antrag richtig und werde ihn auch unterstützen. – Danke.
Herr Kruse, ich habe eine kurze und konkrete Frage. Können Sie bei Ihrem Verständnis für TTIP und CETA tatsächlich eine Standardabsenkung zuungunsten unserer Standards ausschließen, und woraus schließen Sie das?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den Vorgängerlegislaturperioden haben wir in diesem Haus viel erlebt und was wir damals unter Schill erleben mussten, hielt ich für den Höhepunkt des Verlusts an Debattenkultur. Aber, Herr Baumann, Sie schaffen es immer wieder, sich in negativer Hinsicht zu toppen. Es ist ein Armutszeugnis, unterirdisch und dieses Hauses nicht würdig, auf diese Art und Weise Debatten zu führen, in denen Sie nicht nur, wie Herr Hamann es genannt hat, mit wirren Begriffen hantieren, sondern bewusst falsche Infos streuen.
Sie streuen bewusst falsche, populistische Annahmen.
Ich versuche, auf Ihren Antrag zurückzukommen, und stelle fest, dass er mit falschen Annahmen beginnt, und zwar schon im ersten Satz, in dem Sie sagen, man habe das erste Mal eine so große Einwanderungswelle. Sie blenden aus, dass wir schon eine mit der Anwerbung der sogenannten Gastarbeiter hatten. Mit ihnen sind weit mehr Menschen als jetzt in unser Land gekommen. Das durchzieht Ihren ganzen Antrag. Und was machen Sie? Sie kulturalisieren, indem Sie Kulturen, wie Frau Schneider richtig gesagt hat, gegeneinander hierarchisieren. Dem immanent ist die Bewertung: Wir sind gut, die anderen sind minderwertig.
Das ist Rassismus pur und durchzieht Ihren ganzen Antrag.
Das zeigt sich auch an der von Ihnen gewählten Sprache. Sie sprechen – wir sind ein interkulturelles Land – immer wieder von Kulturdifferenz, von Werten jenseits des Grundgesetzes. Sie sind von
vielen anderen Vorrednern und Vorrednerinnen gefragt worden,
was denn weitere Werte jenseits des Grundgesetzes sind.
Was bringt es, Kulturen zu vergleichen? Wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, Sie tun sich schwer zu sagen, was Sie als deutsch empfinden.
Umso einfacher ist es für Sie zu definieren, was als Werte noch erbracht werden muss.
Ich fasse noch einmal zusammen: Ihr ganzer Antrag ist durchzogen von einer Hierarchisierung von Kulturen, die ich als Rassismus werte. Ich finde diesen Antrag durchgehend peinlich. Wir haben aktuell ganz viele Instrumente,
wie wir Integrationsprozesse messen können. Das Integrationskonzept der Stadt Hamburg ist ein wunderbares Beispiel. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Sie sich das jemals zu Gemüte geführt haben; das sollten Sie machen. Wir haben dort Indikatoren, Maßnahmen, auch die Möglichkeit, zu vergleichen und Prozesse zu messen. Alles andere, was ein Kulturvergleich, bei dem Sie schon immer die Kulturdifferenz zugrunde legen, bringen soll, erschließt sich mir nicht. Ebenso nicht die von Ihnen zitierten Personen, ich kann Ihnen auch Zitate von anderen sehr renommierten Migrationsforschern nennen.
Ein Beispiel sind die klassischen Einwanderungsländer Kanada und USA – "The Rise of the Creative Class" dürfte einigen von Ihnen bekannt sein. Die sagen nämlich – das ist keine These, sondern lässt sich belegen –, dass es in den Ländern, in denen Integration am besten gelungen ist, weil die Integrationsbedingungen als flankierende Maßnahmen am besten gelegt worden sind, die größten wirtschaftlichen Zuwächse gibt. Viel mehr möchte ich gar nicht sagen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bis auf den letzten Beitrag bin ich angenehm überrascht über die Debatte.
Ich finde, sie läuft sachlich richtig.
Herr Kruse, als Sie anfingen zu reden, dachte ich, na gut, die AfD hat sich entschieden, heute vielleicht einen etwas mäßigeren Ton anzuschlagen, indem Sie als Redner bestimmt worden sind. Aber ich frage mich, von wem Sie eigentlich reden, wenn Sie von "uns" und "denen" reden. Meinen
Sie mich nicht? Ich bin "uns" und "denen". Diesen von Ihnen aufgemachten Antagonismus, die Muslime versus wir, gibt es Gott sei Dank in der Realität nicht.
Genau das ist Ihr permanenter Denkfehler. Sie konstruieren Fremdheit selbst da, wo es keine Fremdheit gibt. Wir reden nicht nur über Islam und die Integration des Islams, seitdem wir die Flüchtlingsthematik haben, sondern es leben Menschen seit 50, 60 Jahren hier. Fragen Sie sich doch einmal, warum die Menschen im Verlaufe der Jahre vielfach das Thema Islam plötzlich stärker als früher für sich entdecken. In den Achtzigerjahren, als ich meine soziale Arbeit, gerade mit jungen Frauen, begann, war das gar nicht so sehr Thema. Ich glaube, ein Aspekt, den wir alle in dieser Debatte völlig vernachlässigen und der bedeutsame integrationspolitische Auswirkungen hat, ist der ganze Bereich der Emotionen. Wenn wir ständig Fremdheit konstruieren, wenn wir ständig von "die" und "wir" sprechen, wenn wir davon sprechen, dass Probleme aufgrund von Religiosität entstehen, dann machen wir uns es zu leicht und produzieren die Probleme. Das hat einen Charakter von selbsterfüllender Prophezeiung.
Viele der Probleme, die Sie vorhin kurz gestreift haben, sind soziale Probleme. Wir haben in dieser Stadt einen großen Teil junger Menschen, die orientierungslos sind, die beruflich nicht weiterkommen. All diese sozialen Problematiken zu ethnisieren oder gar zu Religionsproblemen zu erklären, kann ich nicht hinnehmen.
Sie als AfD tun immer wieder so – und das finde ich mindestens genauso gefährlich –, als gäbe es eine Unvereinbarkeit zwischen muslimischem Leben und der demokratischen Grundordnung und als stünden europäische Werte muslimischen Werten entgegen, wobei für Sie muslimisch gleich Scharia ist. Hier redet keiner von Scharia. Ich glaube, wir alle in diesem Haus sind uns einig, dass es nicht um Scharia-Gesetze gehen kann und dass für alle Menschen in unserem Land unser Grundgesetz nicht verhandelbar ist. Das sind alles Selbstläufer. Aber Sie blenden aus, dass der Islam schon lange in Europa ist und sogar die europäische Kultur ganz maßgeblich mit geprägt hat.
Gerade den Kollegen von der AfD möchte ich ein Zitat von Thomas Bauer, einem Islamwissenschaftler aus Münster, nicht vorenthalten. Er sagt:
"[…] die europäische Kultur ist zutiefst vom Islam geprägt. Der Aufschwung der Philosophie,"
"der Theologie und der Wissenschaften im späten Mittelalter, die italienische Renaissance, all das wäre ohne die Einflüsse des Islam nicht denkbar."
Ob Sie es glauben oder nicht, der Islam ist da. Er ist ein Teil Deutschlands. Aber, und das ein Trugschluss, dem Sie immer wieder unterliegen, es gibt "den" Islam nicht,
es gibt unterschiedliche islamische Lebensweisen. Als Herr Flocken gestern in seiner Stellungnahme von Mohammedanismus gesprochen hat, gebrauchte er eine Linguistik aus den Siebzigerjahren, die heutzutage gar nicht mehr angewandt wird. Konstruieren Sie keine Probleme, konstruieren Sie Lösungen. Ich bin die Allerletzte, die sagt, alles sei toll und in einem Zustand, in dem wir nichts mehr zu tun hätten. Im Gegenteil, wie Stefanie von Berg sehr deutlich gesagt hat, sind wir uns der Problemlagen bewusst,
und es gibt viele gute Initiativen und Maßnahmen. Hören Sie auf, den Islam zu verteufeln. Der Islam ist ein Bestandteil Deutschlands, und das ist gut so. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich war vor dem Redebeginn von Herrn Flocken schon alles gesagt und man kann sich bis auf die Rede von Herrn Nockemann allem anschließen. Aber jetzt fühle ich mich doch noch einmal provoziert, etwas entgegenzusetzen. Herr Flocken, Sie haben vermeintlich Aufklärungsarbeit betrieben, aber Sie haben uns von Dingen erzählt, die Sie gehört haben. Es ist zu wünschen, dass Sie sich objektiv selbst damit auseinandersetzen und nicht dem naiv Glauben schenken, was Ihnen irgendwo von irgendwem gesagt wird.
Ganz kurz drei Aspekte: Wir leben in einer freiheitlichen Grundordnung, in einer Demokratie, in der alle, natürlich auch Menschen mit Migrationshintergrund, ihre Meinung äußern dürfen. Diese mag uns gefallen oder auch nicht – auch mir hat sie nicht gefallen. Aber wenn Menschen mit Migrationshintergrund, egal welcher Couleur, demonstrieren, müssen wir das ertragen, solange dies gewaltfrei geschieht, weil das zu einer Demokratie dazugehört.
Da das Stichwort Satire gefallen ist: Böhmermann beschäftigt ja die ganze Nation.
Danke, Frau Präsidentin. – Seit Tagen bekomme ich – Sie sicherlich auch – Anrufe. Auch das müssen alle aushalten. Auch das ist mit der Meinungsfreiheit abgedeckt, und es ist, wie ich mehrfach gesagt habe, unsouverän, dass Erdogan mit Strafanzeige darauf reagiert. Ich finde, dass es dahin gehend
auch Entwicklungen in unserer Stadt gibt. Wir können es auch so sehen: Dass nur 150, 200 Menschen, die eindeutig eine nationalistische Ideologie vertreten, demonstriert haben, ist doch auch etwas, worüber wir uns freuen können. Dem standen 1 300 Linke gegenüber, die ganz klar gesagt haben, sie missachteten diese Meinung und fänden das nicht in Ordnung. Aber dafür sind wir da; die Meinungen mögen uns nicht gefallen, aber wir haben das Recht, dafür zu sorgen, dass alle gewaltfrei ihre Meinung sagen dürfen.
Und ein letzter persönlicher Punkt: Ich störe mich sehr daran, dass Pole, wie beispielsweise Türken gegen Kurden und so weiter, konstruiert werden. Dem ist nicht so. Es gibt sehr wohl auch Türken, die der Sache der Kurden mit Verständnis begegnen. Es werden Pole aufgemacht, die die Gesellschaft nicht richtig wiedergeben. Die Gesellschaft ist nicht nur schwarz, sie ist nicht nur weiß, sondern kunterbunt. – Vielen Dank.