Frau Schneider, ich habe überhaupt nichts gegen internationale Netzwerke. Ich weiß, dass Hamburg eine internationale Stadt ist, dass Deutschland vom Außenhandel stark profitiert. Ich habe etwas dagegen, wenn wir die militaristischen Probleme anderer Länder nach Deutschland exportieren. Ich möchte auch Nationalismus nicht mit Nationalismus bekämpfen. Ich sage Ihnen: Deutschland muss ein wehrhafter Staat sein, wir müssen unsere Bürger schützen. Dafür, ich habe es vorhin schon einmal gesagt, danken wir unserer Polizei für diesen Einsatz am Wochenende. – Vielen Dank.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Thema. Dann kommen wir zum zweiten Thema der Aktuellen Stunde, angemeldet von der SPD-Fraktion:
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Panama Papers sind aus gutem Grund in aller Munde. 1 Billion Euro verlieren die EU-Staaten jährlich durch Steuerhinterziehung. Ich überlasse es Ihrer Fantasie, was man mit 1 Billion Euro alles anstellen könnte. Bei mir sind es zum Beispiel Investitionen in Bildung, Breitbandausbau und Strukturförderung.
Der gemeinsame rote Faden in den Panama Papers ist die Geheimhaltung. Wir müssen uns endlich von der naiven Vorstellung verabschieden, dass anonyme, nicht börsennotierte Firmen irgendeinem legitimen Zweck dienen. Solche Fälle bilden die Ausnahmen; das geben selbst die Befürworter zu. Finanzminister Schäuble fordert folgerichtig ein Transparenzregister. Wir brauchen weltweit Register der wirtschaftlich Berechtigten von Firmen, um so die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter zu machen. Hier hat Herr Schäuble unsere Unterstützung.
Zudem gilt es, Versäumnisse aufzuarbeiten. Den Boom von Briefkastenfirmen in Europa haben wir einer eigentlich gut gemeinten politischen Entscheidung zu verdanken. Die europäische Zinsrichtlinie aus dem Jahr 2005 regelt den Austausch von Kontoinformationen zwischen den EU-Ländern. Sie macht es so gut wie unmöglich, Zinserträge zu verstecken. Nur wurden damals die Unternehmen und Stiftungen dabei vergessen. Flugs gründeten die Steuersparkünstler zig Briefkastenfirmen mithilfe williger deutscher Geldinstitute. Es tauchen in diesem Zusammenhang auch immer wieder die gleichen Bankhäuser auf. Deshalb müssen bei einer geschäftsmäßigen Unterstützung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung nicht nur einzelne Mitarbeiter, sondern auch direkt die Banken strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Der Bundesrat hat hierzu bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen, den die Union aber dauerhaft blockiert. Dieser Senat kämpft seit 2011 konsequent gegen Steuerschlupflöcher. Schon 2011 haben wir eine Gesetzesänderung gegen die umstrittenen Cum-Ex-Geschäfte unterstützt.
Finanzsenator Tschentscher hat eine Spezialeinheit zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung durch Scheinfirmen gegründet, und auf dem Weg hin zu mehr Transparenz war dieser Senat immer auch treibende Kraft und beteiligte sich am Ankauf von Steuer-CDs. Steuerrückforderungen und Selbstanzeigen in Millionenhöhe
Die Hamburger Steuerfahndung hat wiederholt mit der Aufdeckung komplizierter, international organisierter Steuerbetrüger bewiesen, dass sie engagiert und professionell arbeitet. Mit einer verstärkten Ausbildung wird der rot-grüne Senat den Personaleinsatz in der Steuerverwaltung in den kommenden Jahren weiter verbessern.
Ich bin erstaunt über manche Meinungsäußerungen in Sachen Panama Papers. Zum Beispiel wird gemeint, Offshore-Firmen seien gängige Praxis und im Grunde legal und es würde jeder so machen, wenn er ein hohes Einkommen hätte. Nur einmal so: Wenn jemand eine Million Euro erhält, dann ist das das 31-Fache des Durchschnittseinkommens. Damit gehört er erst einmal einem sehr elitären Kreis von Spitzenverdienern an und nicht den 99 Prozent der übrigen arbeitenden Bevölkerung. Die Wahrscheinlichkeit dürfte dann groß sein, dass ein Großteil dieses Einkommens sich nicht aus einer Werktätigkeit, sondern aus Kapitaleinkünften generiert. Steuerlich sind solche Kapitaleinkünfte schon jetzt gegenüber dem Arbeitseinkommen privilegiert. Wenn diese Leute nun zur weiteren Steuervermeidung Mittel und Wege beschreiten, die Otto Normalverbraucher gar nicht zur Verfügung stehen, dann wird am Kern unseres Sozialsystems die Axt angelegt.
Schon Peer Steinbrück sagte im Wahlkampf, nicht alles, was legal sei, sei auch legitim. Wenn es erlaubt ist, dass Menschen, die sehr viel Geld verdienen, in geeigneten Ländern Briefkastenfirmen unterhalten, um den Verbleib ihrer Finanzen zu verschleiern, dann ist das noch lange nicht richtig.
Eine Gesetzgebung, die die Finanzelite schützt und die normalen Steuerzahler zusehends die Zeche zahlen lässt, delegitimiert unser demokratisches Gemeinwesen. So kann es nicht mehr weitergehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schmidt, bei aller Bedeutung des Themas – da sind wir uns, glaube ich, einig – ist es schon bezeichnend, dass Sie in dieser Situation kein originär landespolitisches Thema an
melden, sondern ein wenig in die Gefilde der internationalen Finanzwelt ausweichen. Deutlicher kann man nicht machen, dass man sich in manchen Debatten lieber wegducken will.
Um eines klar vorwegzusagen: Steuerhinterziehung, Steuerbetrug, die Nutzung von Steueroasen zur Verschleierung von Vermögenswerten, Geldwäsche, das ist nicht akzeptabel, das ist nicht tolerierbar, das ist in unserem Rechtssystem nicht legal und muss in unserem Rechtssystem bekämpft werden und wird in unserem Rechtssystem bekämpft.
Im Übrigen, Herr Müller, ist es kein neues Phänomen. Wir haben in diesen Tagen mit den Panama Papers sicherlich eine sehr hohe Aufmerksamkeit, die auch insofern gut ist, als sie den Druck bei dieser Thematik deutlich erhöht. Aber das Thema Steueroasen, nicht nur Panama Papers, ist schon länger im Gespräch. Wir müssen uns nur jedes Jahr den Geschäftsbericht der HSH Nordbank ansehen, um zu erfahren, wie viele Gewinne in welchen Ländern erzielt werden, die nicht versteuert werden, im Übrigen in Ländern und auf Inseln, wo die HSH Nordbank keinen einzigen Mitarbeiter hat. Das ist schon interessant.
Deshalb ist es gut, dass durch die Panama Papers der Druck erhöht wird, und zwar der internationale Druck. Mit den Panama Papers wird das Ausmaß deutlich, in welchem Umfang von diesen Konstruktionen Gebrauch gemacht wird. Es wird deutlich, dass es dafür keine Akzeptanz in der Öffentlichkeit in unserer Gesellschaft gibt. Das erhöht den Druck der Öffentlichkeit. Es ist auch ein Signal an diejenigen, die solche Strukturen wissentlich aufbauen, vermarkten und nutzen, dass auf Dauer vieles entdeckt wird und die Strategie, Dinge zu verheimlichen, immer schwieriger wird. Das ist ein gutes Signal in dieser Situation.
Deshalb muss der konsequente Kurs gegen Geldwäsche, gegen Steuerhinterziehung fortgesetzt werden. Darin waren sich die Finanzminister auf der Konferenz in der vergangenen Woche über Parteigrenzen hinweg einig. Auch Wolfgang Schäuble, den Sie in Teilen zitiert haben, hat sein
In den vergangenen Jahren ist durchaus einiges passiert, was den internationalen Datenaustausch und verschärfte Meldepflichten angeht. Es gibt ein Steuerabkommen, das in den vergangenen Jahren 100 Länder unterzeichnet haben. Das ist aber immer noch nicht genug für die Panamas dieser Welt, sage ich einmal, über die wir reden. Solch ein Abkommen über Steueraustausch, über sehr sensible Daten, an dem sich in wenigen Jahren 100 Länder beteiligen, zu erreichen, ist durchaus ein Meilenstein, der in Europa seinen Anfang nahm, wo wir auch Länder wie Österreich und Luxemburg dafür gewinnen konnten. Das ist die richtige Antwort auf die Internationalisierung. Das ist im Übrigen eine Antwort, die Wolfgang Schäuble in den letzten Jahren sehr stark gegeben hat. Da muss man auch einmal sagen, Herr Schmidt, dass Wolfgang Schäuble in den vergangenen Jahren mehr erreicht hat als drei SPD-Finanzminister vor ihm im Amt.
Dieser Kurs mit einem Bündel an Maßnahmen muss weitergehen. Es geht auch darum, den Gestaltungsmöglichkeiten internationaler Konzerne, die sich der Besteuerung entziehen, was nicht nur zu Steuerausfällen, sondern auch zu massiven Wettbewerbsverzerrungen führt, entgegenzuwirken. Dieser Kurs ist richtig; auch dieses Thema ist angegangen worden. Es geht darum, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Wir haben im Übrigen vor einiger Zeit gemeinsam mit der Großen Koalition auch die Möglichkeiten der steuerlichen Selbstanzeige in Deutschland deutlich verschärft. Auch die Große Koalition in Berlin hat also einiges getan. Es gibt nicht nur einfache Lösungen, sondern es geht um wirksame Maßnahmen. Es geht nicht darum, auf jedes Thema reflexhaft draufzuspringen und mit Aktionismus viel anzukündigen. Dabei denke ich an Peer Steinbrück, der als Finanzminister der Mann der großen Ankündigungen, der Mann der Worte war, nicht aber derjenige, der geliefert hat. Sehen Sie sich Ihre Finanzminister an. An Oskar Lafontaine mögen Sie sich gar nicht mehr erinnern; er hat ja auch schnell aufgegeben.
Dann kam Hans Eichel, danach Peer Steinbrück. Aber die großen Fortschritte sind in den vergangenen Jahren unter der Regierungszeit von Wolfgang Schäuble gemacht worden. Dieser Kurs muss weitergehen.