Herr Dr. Tode, bitte machen Sie so weiter wie seit Beginn der Legislaturperiode in bewährter Manier, loben Sie CDU-Politik, schreiben Sie sie ab und setzten Sie sie dann um. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ovens, es steht außer Zweifel: Der Wissenschaftsrat hat Hamburg als Universitätsstandort ein ganz hervorragendes Zeugnis ausgestellt. Das ist aktuell, und deshalb bringt es wenig, ewig darüber zu philosophieren, welche Regierung was wann gemacht habe und warum Rot-Grün angeblich schlechter gewesen sei als Schwarz und wer auch immer. Vor allem hat Hamburg das Potenzial für eine richtig gute Zukunft als Wissenschaftsstandort. Das ist so, und davon sollte die Finanzierungsdebatte nicht ablenken,
denn in dieser Debatte sind alle Entscheidungen längst gefallen. Jetzt kann es nur darum gehen, wie damit umzugehen sei und wie das zusätzliche Geld sinnvoll eingesetzt werde, nämlich 1 Milliarde Euro für Hochschulbau und für Sanierungen und zusätzlich 40 Millionen Euro, also 8 Millionen Euro pro Jahr, für strukturelle Unterstützung für die kleineren Universitäten und gezielte Unterstützung von Forschungsprojekten, auch mit Blick auf die Exzellenzinitiative, bei den großen Universitäten, damit meine ich die Universität Hamburg, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften und die Technische Universität Hamburg. Hamburg ist gut aufgestellt mit einer vielversprechenden Infrastruktur. Das gilt für die sogenannten MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturund Technikwissenschaften. Für die Geistes-, Kultur-, Rechts-, Wirtschaftsund Sozialwissenschaften läuft die Begutachtung durch den Wissenschaftsrat noch. Die Ergebnisse sind im nächsten Jahr zu erwarten.
Der Wissenschaftsrat ist, wie ich eingangs schon sagte, zu einer sehr positiven Bewertung gekommen, was die MINT-Fächer angeht. In dem Bericht vom 22. Januar 2016 beschreibt der Wissenschaftsrat das Forschungsspektrum der MINT-Fächer als herausragend, und zwar von der Grundlagen- über die Anwendungsforschung bis zur industriellen Umsetzung. Es ist ein wichtiger Faktor, wenn tatsächlich in der Praxis mit Unterstützung aus der Wirtschaft angewandt und umgesetzt wird, was zuvor erforscht worden ist.
durch hochkarätige außeruniversitäre Forschungszentren, die nicht nur in der Stadt, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind, zum Beispiel das Helmholtz-Zentrum Geesthacht oder der Campus Bahrenfeld, der im Gutachten als Kristallisationskern für Forschung bezeichnet wird. Hier arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt auf engstem Raum und höchstem Niveau zusammen. Es geht vor allem um die Erforschung komplexer Materie. Ich habe mich selbst vor Ort überzeugt. Dort profitieren die MINT-Fächer von einer einzigartigen Infrastruktur, und dort findet hochkarätige zukunftsweisende Forschung statt, vor allem in den Themenbereichen Materialwissenschaften, aber auch Infektionsforschung, Luftfahrt und erneuerbare Energien – das ist natürlich ein Feld, das wir sehr unterstützen –, und all das bis hin zur Produktentwicklung.
Das sind also hervorragende wissenschaftliche und strukturelle Voraussetzungen, die viele Chancen bieten. Die dort tätigen Forschungseinrichtungen sollten aber noch stärker als bisher kooperieren, auch sollten das Engagement und die Einbindung der Wirtschaft weiter gestärkt werden. Um eine solche Optimierung zu erreichen, brauchen wir eine koordinierte Gesamtstrategie mit dem Ziel, die Metropolregion Hamburg als Wissenschaftsstandort weiter voranzubringen. Dazu sollten sich die verschiedenen Akteure, also die Hochschulen, die Behörde und außeruniversitäre Forschungsinstitutionen, noch besser vernetzen und gemeinsame Strategien entwickeln. Deshalb möchten wir der Empfehlung des Wissenschaftsrats folgen, einen Forschungsrat einzurichten, um die Hochschulen und die Forschungseinrichtungen noch besser zu vernetzen. Darauf zielt dieser vorliegende Antrag ab, und das ist nicht nur ein Punkt von vielen, sondern eine ganz wesentliche Empfehlung des Wissenschaftsrats, die damit umgesetzt wird. Diese Vernetzung ist ein wichtiger Schritt für die Stärkung des Wissenschaftsstandorts Hamburg, und deshalb ist der Antrag wichtig und sollte auf den Weg gebracht werden.
Frau Präsidentin, liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die rot-grüne Koalition beantragt, einen MINT-Forschungsrat einzurichten, einen Forschungsrat für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technikwissenschaften. Schauen wir uns genauer an, was dahintersteht.
Wir sehen, dass der neoliberalen Formation des Kapitalismus zu eigen ist, dass die Entscheidungskompetenzen von demokratischen Gremien immer weitergehend von außerdemokratisch angelegten Zusammenhängen übernommen werden, seien es nun Institutionen wie Thinktanks, zum Beispiel von der Bertelsmann Stiftung, dem Centrum für Hochschulentwicklung, oder Expertinnen- und Expertenkommissionen, Hochschulräte, McKinsey oder jetzt eben ein Forschungsrat. Dieses Prinzip ist grundsätzlich schlecht, weil die Demokratie so ausgehebelt wird.
Die inneruniversitäre Demokratie ist ohnehin eine Ständedemokratie. Sie würde durch einen solchen Forschungsrat noch weniger Wirkungsmacht haben.
Stattdessen werden die Interessen der Wirtschaft immer weiter gehend und direkter auf die Abläufe von Forschung und Lehre Einfluss nehmen können. Das ist genau die falsche Ausrichtung. Nicht umsonst war es so, dass die Studierenden in der letzten Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Gleichstellung auch mit einem Plakat "education is not for sale" demonstriert haben. Die Studierenden haben das verstanden. Sie wollen sich wehren und wehren sich auch ganz gezielt gegen eine weitere Verwirtschaftlichung der Hochschulen.
Mit dem Antrag zur Einrichtung eines Forschungsrats wird darüber hinaus die Fortsetzung des Abhebens auf das Exzellenzkonzept, die Exzellenzinitiativen in der jetzigen Form angestrebt. Diese gesamte Initiative ist derart angelegt, dass statt einer Ausfinanzierung, die notwendig wäre, also einer Grundfinanzierung der Hochschulen, die Studiengänge konkurrieren sollen um Mittel, die zu wenig da sind, und zwar dadurch, dass sie einem bestimmten Anspruch von Exzellenz, und zwar nicht gesellschaftlicher Exzellenz, sondern wirtschaftskonformer Exzellenz, entsprechen. Dagegen stellen wir uns, denn das bedeutet für Hamburg ganz konkret in den letzten Monaten zum Beispiel, dass die universitäre Ausbildung für Berufsschullehrerinnen und -lehrer im Gesundheitswesen zum Abschuss freigegeben wurde. Das wurde noch verhindert. Jetzt ist es die Holzwirtschaft, und als nächstes ist es die Sonderschulpädagogik, denn genau das sind die Studiengänge, die diese Kriterien teilweise nicht erfüllen oder nur zum Teil und
so, dass es nicht reicht. Das ist eine Fehlentwicklung, und das kritisieren wir als LINKE sehr stark.
Statt Hochschulräten oder einem neuen Forschungsrat benötigen wir einen Ausbau der inneruniversitären Demokratie, und statt der wirtschaftsorientierten Exzellenz eine andere Art von Exzellenz. Wir haben nichts gegen Exzellenz, aber Exzellenz kann auch sein, dass zum Beispiel die Persönlichkeitsentwicklung der Menschen, Demokratie, Solidarität, gemeinschaftliches Miteinander und die Interessen der Mehrheit der Menschen exzellent bedient werden. Und für eine solche Exzellenz stehen wir als DIE LINKE.
Und genau deshalb lehnen wir auch die Einrichtung des geplanten Forschungsrats ab. Er geht in die falsche Richtung. Das Durchregieren vorbei an den Interessen der Menschen und Studierenden muss ein Ende haben. Die Studierenden müssen sich doch gerade in Anbetracht dessen, was momentan passiert, sei es der neue Kapazitätsverordnungsgesetzentwurf oder eben die Unsicherheit in Bezug auf viele Studiengänge, veräppelt fühlen. Genau da sollten Sie einmal ansetzen. Ich glaube, Herr Tode war sich eigentlich auch bewusst, dass es in die falsche Richtung läuft, eine Exzellenz zu bedienen, wie ich sie eben beschrieben habe beziehungsweise wie sie auch in dem Antrag sehr klar beschrieben wird, weil es gegen die Interessen der Mehrheit der Studierenden und auch der Gesellschaft geht. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie alle kennen die Märchen von Tim und Struppi. Diese Märchen sind sehr unterhaltsam, und ich sehe sie auch gern; man hat etwas davon. Seit Kurzem kennen wir eine neue Art von Märchen, die Märchen von Timm und Tode. Die sind längst nicht so lustig, denn sie berühren ein Thema, das uns doch wirklich Sorgen macht. Frau Timm und Herr Tode haben uns ernsthaft erzählt, es sei doch ganz toll, der Wissenschaftsrat sei zu einer sehr guten Bewertung gekommen. Lassen Sie uns einen Blick in die wahre Welt, nicht in die Märchenwelt von Timm und Tode werfen.
Die wahre Welt sieht so aus: In den Seiten des Berichts des Wissenschaftsrats finden wir unter anderem folgende Zitate. Schauen Sie einmal, Herr Tode und Frau Timm, auf die Seite 96. Der Vergleich mit München und Berlin, die an sich vergleichbar sind, falle für Hamburg grottenschlecht aus, sagt
der Wissenschaftsrat. Oder schauen Sie auf die Seite 10. Es gibt keine ausreichende Vernetzung der Hochschulen untereinander und mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Das ist die wahre Welt, die der Wissenschaftsrat beschreibt. Oder schauen Sie auf die Seiten 11, 15, 54 und 77. Dort schreibt der Wissenschaftsrat ausführlich und zu Recht, die Hamburger Hochschulen seien hemmungslos unterfinanziert. Das ist die wahre Welt und nicht die Welt von Timm und Tode.
Und der vierte Punkt: Schauen Sie auf die Seiten 68, 71 und 159 folgende. Herr Tode, Sie sprachen von 308 Seiten; Sie haben offenbar nur wenig davon gelesen. Auf diesen eben genannten Seiten steht ausführlich beschrieben, dass die HafenCity Universität, wenn Sie so weitermachen wie bisher, keinerlei Zukunft hat. Nach Ansicht des Wissenschaftsrats ist die Hamburger Hochschulpolitik so angelegt, dass eine der wichtigen Hochschulen schlicht und einfach keine Zukunft hat. Das ist die wahre Welt und nicht die Welt von Timm und Tode.
Der Wissenschaftsrat sagt auch noch sehr deutlich, was eigentlich alle anderen Leute außer Timm und Tode wissen, Hamburg nutze seine Chancen im Wissenschaftsbereich nicht, die Finanzierung sei völlig unzureichend. Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.
Welche Konsequenz ziehen Timm und Tode daraus in ihrer Märchenwelt? Sie wollen, das überrascht bei Rot-Grün natürlich nicht, nicht ernsthaft etwas tun, sondern sie wollen was tun? Genau, sie wollen ein neues Gremium schaffen, nämlich den Forschungsrat. Sie haben recht, das steht unter ferner liefen im Bericht des Wissenschaftsrats. Aber direkt dahinter steht Folgendes, und zwar: mit dringendem Handlungsbedarf. Der dringende Handlungsbedarf steht nicht bei Forschungsrat, der dringende Handlungsbedarf steht bei dem Satz, man wolle eine bessere Profilierung und Stärkenbildung der Hochschulen. Das ist das, was der Wissenschaftsrat, abgesehen von den Finanzen, vor allem anfordert. Das steht auf Seite 12.
Sie machen – typisch Rot-Grün –, was Sie immer machen. Anstatt das Problem anzugehen, schaffen Sie ein Gremium, bei dem Leute tagen können. Wir haben nichts gegen den Forschungsrat, aber wir haben etwas dagegen, dass Sie die Hamburger Hochschulen systematisch kaputtreden und sich Ihre eigene Märchenwelt aufbauen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Da haben wieder einmal die Regierungsparteien der SPD und der GRÜNEN aus einem tollen Thema einen dürftigen Antrag gemacht, in dem leider außer Selbstbeweihräucherung des Senats nicht viel Substanzielles steht. Schade. Das positive Votum des Wissenschaftsrats ist ein tolles Lob für die Hamburger Universitäten und außeruniversitären Forschungszentren, auf dem man aufbauen kann. Aber es ist kein Lob für die Hamburger Politik. Wenn, dann gebührt das Lob den Wissenschaftlern.
Natürlich ist die AfD für eine Stärkung der Forschung in Hamburg. Dies gilt für die Universitäten wie für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Dies gilt speziell für eine Stärkung der MINT-Fächer und ebenso für eine möglichst intensive Vernetzung mit der Wirtschaft, das heißt, mit den Unternehmen in Hamburg, die wertvolle Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.
Ein MINT-Forschungsrat kann da vermutlich nicht viel schaden und wird wahrscheinlich überwiegend nützlich sein, jedenfalls, wenn er adäquat konzipiert und realisiert wird. Das heißt, es hängt von den Personen und der Arbeitsweise ab, ob ein Forschungsrat seinen Arbeitsaufwand und Zeitaufwand überhaupt wert ist. Zur Zusammensetzung, auf die es dabei maßgeblich ankommt, ist Folgendes zu sagen: Echte Forscher beziehungsweise Wissenschaftler, die in der Summe die Entwicklungen und Erfordernisse in möglichst vielen MINTFächern kennen, sollten darin vertreten sein, mit internationalen Forschungskontakten zu Spitzeninstituten in Europa, USA und anderen Regionen, um die Erfahrungen dort einzubringen.
Zudem sollten Forschungsleiter von forschungsintensiven Unternehmen dort vertreten sein, die als Kooperationspartner und Financiers von Projekten infrage kommen. Demgegenüber sollten, und das ist die Sorge, die Politiker und die Beamten der Wissenschaftsbehörde eine eher passive, nachgeordnete Rolle spielen. Die Leitung und das Agenda-Setting sollten ausschließlich von echten Forschern und Wissenschaftlern übernommen werden. Diese wissen, wo die Potenziale bestehen, wo Verbesserungen vorgenommen werden können und Hemmnisse auszuräumen sind. Die Politiker und die Beamten sollten sich auf die Rolle der zu Beratenden beschränken. Maßstab und Ziel muss die internationale Exzellenz sein. Diese schafft eine Eigendynamik, die weitere positive externe Effekte für die Hamburger Wissenschaftslandschaft und weitere Arbeitsplätze schafft.