Protocol of the Session on March 31, 2016

Insgesamt ist dies also ein durchaus sehr guter Bericht. In der letzten Debatte hatten wir das Problem, dass es dazu offensichtlich unterschiedliche Meinungen gab. Deswegen ist es wichtig, darauf

hinzuweisen, dass in den 308 Seiten des Berichts des Wissenschaftsrats sehr positive Darstellungen sind. Herr Schinnenburg, wenn Sie nicht nur mit der Suchfunktion bestimmte Worte in der PDF-Datei suchten, sondern den gesamten Bericht durchläsen, würden auch Sie das feststellen.

(Beifall bei der SPD)

Besonders die Vernetzung innerhalb der außeruniversitären Forschungszentren, beispielsweise am Campus Bahrenfeld mit seinen vielen neuen Forschungseinrichtungen, zum Beispiel dem CSSB, das wir mit über 50 Millionen Euro Investitionsmitteln auf den Weg gebracht haben, und die Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum mit seiner Material- und Küstenforschung werden als sehr positiv herausgestellt, aber auch die Zusammenarbeit der einzelnen MINT-Fakultäten der Universitäten wird gelobt und hervorgehoben.

Um diese bereits vorhandenen Strukturen institutionell zu festigen und zu stärken, schlägt der Wissenschaftsrat einen MINT-Forschungsrat vor. Wir freuen uns natürlich über konstruktive Vorschläge der Opposition. Sie haben alle angeblich diesen Bericht gelesen; wir freuen uns also auf die Anträge, die Sie einbringen werden. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrats liegen vor. Wir als Fraktionen der SPD und der GRÜNEN greifen die entsprechende Empfehlung auf und werden mit unserem Antrag den Senat auffordern, diesen MINTForschungsrat einzusetzen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Carola Timm GRÜNE)

Interessant ist – das liest man sonst selten in den Berichten des Wissenschaftsrats –, dass die MINTFakultäten in Hamburg mit den Lebenswissenschaften und den Geisteswissenschaften stark vernetzt seien. Das ist eine Besonderheit, eine sehr positive Besonderheit. Wenn Sie den Dekan der MIN-Fakultät an der Universität kennen, wissen Sie, dass ihm das besonders wichtig ist. Es ist eine besondere Auszeichnung, dass den Universitäten attestiert wird, dass sie nicht nur in dem MINT-Bereich sehr gut zusammenarbeiteten, sondern auch mit den Lebenswissenschaften und den Geisteswissenschaften. Sie haben erkannt, dass nur eine gemeinsame Forschungsförderung und gemeinsame Forschungsprinzipien zum Erfolg führen.

Wir haben, das verdanken wir der Senatorin Stapelfeldt, nicht nur diesen Bericht über die MINT-Fakultäten, sondern wir erwarten 2017 auch eine Bewertung der Geistes- und Sozialwissenschaften durch den Wissenschaftsrat. Insofern ist es sicherlich sinnvoll, den zukünftigen Forschungsrat so weit zu öffnen, dass er auch diese Bereiche berücksichtigt.

Der Wissenschaftsrat ist eine Interessensvertretung der Wissenschaft und als solcher berät er die Bundesregierung und die Länderregierungen. Es

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Wahlergebnis siehe Anlage 1 Seite 1927 ff.

ist natürlich nicht seine Aufgabe, etwas über die Politik insgesamt zu sagen, sondern eben speziell über Wissenschaft. Seine Aufgabe sieht er darin, Wissenschaft zu fördern. Das bedeutet natürlich, dass er ein Interessensvertreter ist, finanzielle Ressourcen bestmöglich auszuschöpfen. Aus der Sicht eines Wissenschaftspolitikers ist es nachvollziehbar und wünschenswert, dass möglichst viel Geld in Wissenschaft investiert wird, zumal wir wissen, dass jeder Euro, der in die Wissenschaft fließt, ein Vielfaches in die Volkswirtschaft zurückbringt, aber der Wissenschaftsrat steht weder in der Verantwortung für gesamtstaatliche Aufgaben, noch muss er verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremsen in den Blick nehmen. Wir als Parlamentarier haben allerdings eine ganz andere Aufgabe. Dabei sollten wir uns diesen Bericht zu Herzen nehmen. Wir sollten über die sehr positive Darstellung des Wissenschaftsrats zu den MINTFächern in Hamburg erfreut sein und die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entsprechend würdigen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Carola Timm und Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE)

Gern gehe ich, weil wir wahrscheinlich gleich wieder wie bei einer tibetanischen Gebetsmühle oder einer alten Schallplatte mit Sprung etwas über BAföG-Millionen oder andere Dinge hören werden, die nichts mit diesem Thema zu tun haben, auf ein Zitat des Wissenschaftsrats ein. Er schreibt auf Seite 11 seiner Empfehlungen:

"Wenngleich finanzielle Rahmenbedingungen allein nicht ausreichen, um eine nachhaltige, förderliche Wissenschaftsentwicklung in Hamburg sicherzustellen […]"

Ich betone: nicht ausreichen. Es geht nämlich um andere Dinge. Das ist genau das, was der Wissenschaftsrat fordert: Vernetzung, gemeinsame Forschungskonzepte und dergleichen.

Ich würde gern für die Opposition ein Zitat von Seite 50 aufgreifen. Dort schreibt der Wissenschaftsrat – er ist, wie gesagt, unabhängig –:

"Die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung sind seit 2012 um etwa 71 Mio. Euro angestiegen […]."

Das schreibt nicht die SPD-Fraktion, das schreibt nicht die GRÜNE Fraktion, das schreibt nicht der Senat, sondern das schreibt der Wissenschaftsrat. Es ist wichtig, das zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wie Sie alle wissen, sind in der Koalitionsvereinbarung weitere 40 Millionen Euro in dieser Legislaturperiode für Wissenschaft und Forschung vorgesehen. Allein 2014 wurden 160,5 Millionen Euro investiert.

Der Wissenschaftsrat hebt weiterhin hervor, dass Hamburg im Rahmen des Qualitätspakts Lehre 26,7 Millionen Euro eingeworben hat. Das ist ein sehr hoher Betrag. Nicht nur die Technische Universität Hamburg und das Universitätsklinikum Eppendorf sind für ein besonderes Lehrkonzept ausgezeichnet worden, sondern auch die Universität Hamburg und die Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Insgesamt 26,7 Millionen Euro sind an den Qualitätspakt Lehre nach Hamburg gegangen, außergewöhnlich viel.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Grundmittel pro Studierendem sind es in den Naturwissenschaften 10 150 Euro, in Deutschland sind es 8 740 Euro, also deutlich weniger. Bei den Ingenieurswissenschaften sind es 9 080 Euro pro Studierendem, im Durchschnitt der Bundesrepublik sind es 6 610 Euro, also fast 30 Prozent weniger. Es ist wirklich wenig hilfreich, wenn Sie den guten Wissenschaftsstandort Hamburg so schlechtreden, wie Sie es immer wieder tun.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Auch die Drittmittel – das ist immer eine Sache, die den einen oder anderen der Oppositionsfraktionen interessiert – sind in Hamburg stark gestiegen, auch das beweist der Wissenschaftsrat. Um 125 Prozent sind die Drittmittel von 2006 bis 2013 gestiegen, im Länderdurchschnitt sind es 85 Prozent. Sie sehen, auch hier ist Hamburg in einer besonders guten Lage.

Wir haben also eine sehr gute Ausgangsposition. Der von uns geforderte MINT-Forschungsrat wird diese noch verbessern. Wir freuen uns auf den nächsten Bericht 2017. Ich bin sicher, dass er ähnlich gut aussehen wird. Wir würden uns freuen, wenn Sie unseren Antrag unterstützten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Ovens von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Tode, bei Ihrem Redebeitrag eben schwankte ich ein bisschen zwischen einem zustimmenden Lächeln und einem Puls, der sich 180 näherte. In blumigen Worten beschreiben Sie in Ihrem Redebeitrag und in Ihrem Antrag, der uns vorliegt, ein Themenfeld, welches der aktuelle Senat doch genau wie der Vorgänger eher behandelt wie der Teufel das Weihwasser. Die Hamburger Wissenschaften – Herr Dr. Tode, das wissen Sie nur zu gut – sind gerade auch im MINT-Bereich in unserer Stadt deshalb so exzellent, weil sie sich tatsächlich in größeren Teilen frei entfalten können. Sie sind also gut trotz roter und

(Dr. Sven Tode)

rot-grüner Politik, und nicht aufgrund roter und rotgrüner Politik.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Nicht ohne Grund – und das wissen Sie auch ganz genau, Herr Dr. Tjarks – haben es doch ehemalige Spitzenpolitiker dieser Stadt aus SPD, GRÜNEN und CDU, seit die SPD 2011 das Ruder übernommen hat, gleich zweimal für notwendig gehalten, einen Denkanstoß und einen Appell "In Sorge um Hamburg" zu schreiben und zu veröffentlichen: Gerade weil Ihre Wissenschaftspolitik so katastrophal ist, meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN. Das aktuelle Gutachten des Wissenschaftsrats ist also alles andere, aber sicherlich kein Lob für Ihre Politik.

(Beifall bei der CDU)

Nun sehen wir, wie Sie gerade aufgezeigt haben, einige Beispiele, die im Gutachten gelobt werden. Aber schauen wir uns diese Beispiele an, ist vieles davon entweder schon vor Jahrzehnten angestoßen worden, oder aber stammt aus den Legislaturperioden unter einer anderen Regierung, wie beispielsweise das Exzellenzcluster CliSAP, das unter einem CDU-geführten Senat initiiert wurde. Ich habe fast nichts gehört, was Sie tatsächlich selbst seit der Regierungsübernahme auf den Weg gebracht haben. Im Übrigen ist es doch dann, wenn überhaupt, nicht etwa dem vorherigen Senat oder dem aktuellen zu danken, was an den Universitäten und insbesondere an der MIN-Fakultät passiert, sondern bitte schön der Universität selbst und, das haben Sie glücklicherweise gesagt, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dort, die tatsächlich trotz schwieriger Bedingungen, trotz einer Fortsetzung der Sparpolitik bemüht sind, in diesen Zeiten ihre internationale Positionierung zu verbessern.

Herr Dr. Tode, Sie haben sich gerade in der letzten Bürgerschaftssitzung zusammen mit Ihren Kollegen darin ergossen, Komplimente für die Wissenschaftspolitik der CDU zu machen – das begrüße ich natürlich, es freut mich –, und Sie zeigen heute wieder anhand der von Ihnen gewählten Beispiele, dass die CDU durchaus gute Wissenschaftspolitik macht und Wert darauf legt, dass das, was hier beschlossen wird, eben nicht so halbherzig ist wie der von Ihnen vorgelegte Antrag.

Sie wollen nun einen MINT-Forschungsrat zur Stärkung der Naturwissenschaften etablieren. Dem können wir uns, wie auch alle anderen Fraktionen, denke ich, guten Gewissens anschließen. Das ist eine exzellente Idee, die Sie eins zu eins aus dem Gutachten des Wissenschaftsrats überschrieben haben. Nun soll dieser MINT-Forschungsrat als Beratungsgremium die Naturwissenschaften in Hamburg voranbringen. So weit, so gut. Aber, Sie sagen es selbst, ein neues Beratungsgremium allein wird die Naturwissenschaften nicht voranbrin

gen. Deshalb fragen wir uns ernsthaft, warum Sie in Ihrem Antrag zwar diese eine Empfehlung des Wissenschaftsrats beherzt aufgreifen, die erst einmal wenig Geld kostet, sondern nur ein paar neue Posten schafft, die Sie dann wiederum fleißig mit Ihnen nahestehenden Leuten besetzen können, aber warum, bitte schön, Sie nicht auch alle anderen Empfehlungen des Wissenschaftsrats umsetzen. Deshalb ist Ihr Antrag halbherzig.

(Beifall bei der CDU und bei Dora Heyenn fraktionslos)

Ich gebe Ihnen gern eine weitere Position zum Nachdenken. Sie haben gerade versucht, dieses Thema anzuschneiden, um es dann doch geschickt zu umschiffen: die Verlässlichkeit und die Auskömmlichkeit der Grundfinanzierung. Sie haben versucht zu übergehen, dass der Wissenschaftsrat in seinem Gutachten konkret Nachverhandlungen über die Budgets zwischen Land und Hochschulen anregt. Es ist eine Frage politischer Prioritätensetzung, ob man diese Nachverhandlungen ernsthaft eingehen will oder nicht, Herr Dr. Tode. Das hat nichts damit zu tun, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen und müssen, sondern es ist einfach nur eine Frage von Prioritätensetzung.

Sie sagen, der Etat sei schon um 71 Prozent gestiegen. Das ist faktisch nicht falsch, aber wir müssen doch immer auch darauf schauen, wo wir im Vergleich stehen. Wenn Sie die Naturwissenschaften herausgreifen und sagen, wir stünden dort ganz gut, dann mag das ein Beispiel sein, was die Universität Hamburg selbst so gesteuert hat, aber de facto steht Hamburg nach wie vor in der Grundfinanzierung im Schnitt bei knapp über 6 000 Euro pro Student, der Bundesdurchschnitt liegt aber bei 10 000 Euro. Das heißt, Hamburg ist nach wie vor unterfinanziert im Gesamtbild, und es ist eine Frage, wo die Universitäten die Schwerpunkte setzen.

Ich will gar nicht wieder mit den BAföG-Millionen oder anderen Sachen anfangen. Das haben wir schon zur Genüge diskutiert und wissen, dass es Ihre Senatorin ist, die vor den Wahlen etwas anderes versprochen hat als sie heute tagtäglich lebt, die die BAföG-Millionen irgendwo versickern lässt. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Wenn Sie jetzt sagen, wir hätten doch 40 Millionen Euro zusätzlich für die Wissenschaft in dieser Legislaturperiode, dann sage ich Ihnen, es hätten 150 Millionen Euro sein können, wenn Sie die BAföG-Millionen tatsächlich dorthin gebracht hätten, wo sie gemäß Vereinbarung zwischen Bund und Ländern vorgesehen waren, Herr Dr. Tode. Das wissen Sie.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Nun haben wir gerade erst im Wissenschaftsausschuss festgestellt, dass Frau Senatorin Fegebank in der Lage ist, tatsächlich jedweden noch so

großen Schrumpfkurs, nehmen wir den ICGT an der Technischen Universität Hamburg, zum Schluss dann doch als großartige Beschleunigung eines Projekts zu verkaufen. Wir sprachen von Wahrnehmungen, Frau Senatorin: Chapeau, es gehört viel Fantasie oder eine besondere Form der Wahrnehmung von Tatsachen dazu, wenn man das so als Erfolg verkaufen will.

Aber zur Frage der auskömmlichen Grundfinanzierung. Würden wir nicht ständig über Schönwetterprojekte diskutieren wie Gender-Ampeln oder den Abbau tadelloser Radwege, dann könnten wir auch wirklich ernsthaft über die Prioritätensetzung im Haushalt diskutieren und könnten uns statt auf eine Vielzahl kleiner, unnötiger Projekte darauf konzentrieren, was diese Stadt tatsächlich voranbringt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Wohin Ihr Sparkurs führt, Herr Dr. Tode, Herr Dr. Tjarks, sehen wir doch gerade bei den MINTFakultäten. Im Gutachten explizit gelobte Kriterien werden erfüllt vom Zentrum Holzwirtschaft, und was diskutieren wir seit einigen Wochen? Die drohende Schließung, den rot-grünen Schredder für das Zentrum Holzwirtschaft. Wir sehen es an vielen Beispielen. Sie versuchen jetzt schon, vollendete Tatsachen zu schaffen. Herr Kerstan – er ist leider nicht mehr unter uns, ich hoffe er kommt gleich wieder rein – hat gerade erst sein Baumkataster vorgestellt. In seinem Baumkataster versucht er in einer medialen Präsentation verzweifelt, einen Mammutbaum zu finden. Nun, in diesem Baumkataster werden öffentliche Flurgrundstücke dargestellt. Es wäre also ein Leichtes gewesen, den Mammutbaum, der direkt am Zentrum Holzwirtschaft steht, dort aufzunehmen. Aber wenn man einmal nachschaut, ist diese Fläche einfach ausgenommen, dabei ist sie frei öffentlich zugänglich, man hätte sie also ohne weiteres hinzufügen können und Senator Kerstan hätte einen weiteren Mammutbaum gefunden. Aber wahrscheinlich droht auch diesem Mammutbaum schon der rotgrüne Schredder.

Um zum Abschluss noch einmal Ihren Appell aufzugreifen, Herr Dr. Tode: Sie haben doch gesagt, Sie würden auch positive Aspekte aus der Opposition aufgreifen. Wunderbar. Wir machen es einfach so: Wir stimmen heute Ihrem Antrag zu, denn er ist an sich nicht falsch und nicht schlecht, und im April werden wir den Antrag einbringen, dass bitte schön der Senat dringend in Nachverhandlungen mit den Hochschulen über die Hochschulbudgets eintreten soll. Das fordert der Wissenschaftsrat, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie dann diesem Antrag zustimmen, denn so werden wir heute mit Ihrem verfahren.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Joachim Körner AfD)