Protocol of the Session on January 29, 2020

einmal abgesehen davon, dass mit Ihren wegerechtlichen Vorstellungen, die Sie ja quasi auch aus der Volksinitiative übernehmen, einige verfassungsrechtliche Probleme auf dem Weg sind. Insofern haben wir nicht nur ein sehr, sehr ambitioniertes Kohleausstiegsgesetz, sondern auch ein sehr ehrgeiziges Klimaschutzgesetz und einen sehr ehrgeizigen Klimaplan vorgelegt. Das wollen wir gemeinsam umsetzen, und das sind wir auch den Hamburgerinnen und Hamburgern schuldig.

(Stephan Gamm)

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf)

Bitte.

Also ich finde, ich spiele noch mit.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Und deshalb frage ich jetzt Herrn Dr. Tjarks, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jersch gestatten.

Aber sehr gern.

Alles klar, dann hat Herr Jersch das Wort.

Herr Kollege Tjarks, Sie haben auf den Kompromiss mit der Volksinitiative Tschüss Kohle hingewiesen. Wissen Sie noch, wie wir als Linksfraktion zu dem Kompromiss abgestimmt haben?

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Sie werden es mir bestimmt sagen!)

Ja. Wir haben uns der Stimme enthalten, weil er an dieser Stelle nicht weit genug ging.

(Zurufe von der SPD und der FDP: Oh! – Dirk Kienscherf SPD: Eine kräftige Enthal- tung!)

Insofern ist unser Verhalten natürlich folgerichtig. Das wollte ich hier noch einmal klarstellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sagte schon in der ersten Debatte heute, dass DIE LINKE hier mit dem Slogan "einfach machen" antritt. Da ist so eine einfache Enthaltung immer das, was man am leichtesten machen kann. Mir ging es an diesem Punkt eigentlich nur darum, Herr Jersch, dass ich viele Ihrer Arbeiten schätze, auch im Klimaschutzbereich. Ich wollte Sie nur darauf hinweisen – ich antworte eigentlich schon noch auf die Frage –, dass es hier so ist, dass Sie mit dem Zusatzantrag, den Sie ja machen können, nur natürlich offensiv, auch eine Einigung mit der Volksinitiative verändern wollen. Und das ist eigentlich eine Schwierigkeit, weil die Volksinitiative in dem guten Vertrauen, dass das so kommt, eingeschlagen hat. Aber wir sind uns einig in der Frage, dass jedes Jahr, das vor 2030 aus der Kohle ausgestiegen wird, gut ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wenn man den Klimaschutz ernst meint, und das meinen wir, dann wird das Auswirkungen auf den Verkehrsbereich, den Gebäudebereich, die Wirtschaft, die Industrie, den Hafen und auch auf den

Energiesektor haben. Und wenn man glaubt, dass fossile Brennstoffe wie Öl, Gas, Kohle keine Zukunft mehr haben, und das glauben auch wir, dann bedeutet das, dass sich in diesen Bereichen etwas grundlegend ändert. Der entscheidende Punkt ist, ob wir diese Veränderungen mit Sorge betrachten oder als eine Herausforderung oder ob wir glauben, dass in diesen Bereichen extrem viele Chancen liegen. Deswegen möchte ich das aufgrund der knapp bemessenen Redezeit nur an einem Beispiel deutlich machen, nämlich am Beispiel der Energiewirtschaft. Wir alle haben die Studie der OECD zur Metropolregion Hamburg zur Kenntnis genommen, in der die OECD sagt, die Metropolregion Hamburg habe das Potenzial, Weltmarktführer im Bereich der erneuerbaren Energien zu werden. Ich glaube, wir sollten sehr darauf achten, dass wir diese Chance tatsächlich ergreifen. Genau das ist das Thema. Nur, dafür brauchen wir natürlich auch eine Bundesregierung, die in diesen Bereich investiert,

(Beifall bei Anna Gallina GRÜNE)

und nicht eine Bundesregierung, die am Ende des Tages schon für 36 000 weggefallene Arbeitsplätze in der Windenergie gesorgt hat und gleichzeitig 50 Milliarden Euro dafür ausgibt, um 40 000 Kohlearbeitsplätze zu erhalten. Das ist keine Investition in die Zukunft. Wir wollen die Chancen für die Zukunft ergreifen, und da gehört das beispielsweise dazu.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Der Klimaplan und das Klimagesetz sind sehr ehrgeizig. Hamburg hat in den 27 Jahren zwischen 1990 und 2017 4 300 Tonnen CO2 pro Jahr reduziert. Zwischen 2020 und 2030, also innerhalb von zehn Jahren, wollen wir 7 000 Tonnen reduzieren, das heißt, wir beschleunigen den Reduzierungsgrad um das Fünffache. Das ist ambitioniert, auch wenn wir wissen, dass es noch besser wäre, wenn wir noch schneller zu einem Ergebnis kommen würden. Deswegen ist es wichtig, zu verstehen, dass Klimaschutz hier das Fundament ist, aber ein Prozess ist und es darauf ankommt, dass die richtigen Personen an den richtigen Stellen dieses in den nächsten zehn Jahren auch tatsächlich zum Leben erwecken und sagen, dass sie den Klimaschutz bei jeder ihrer Entscheidungen ernst nehmen.

(Beifall bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Wir sind das erste Bundesland, das die Begrenzung der Erderwärmung als Staatsziel in der Verfassung verankert. Ich möchte mich dafür ausdrücklich bei der CDU, aber auch bei der LINKEN bedanken, die noch etwas vollzähliger erscheinen müssen, um die Verfassungsänderung am Ende tatsächlich umzusetzen. Wir haben die Situation, dass wir, glaube ich, als Stadt am Wasser da eine

besondere Rolle haben, und ich hoffe sehr, dass wir beispielgebend für andere Bundesländer sein können, um dieses Thema auch in das Grundgesetz und die anderen Verfassungen zu schreiben, damit es als Staatsziel tatsächlich Wirkung entfaltet; das hat es in Österreich schon getan. Es geht darum, dass wir das, was wir jetzt beschließen, die Verfassungsänderung, den Klimaplan, das Klimaschutzgesetz, als das Fundament begreifen, auf dem man hart und gewissenhaft für Klimaschutz und für die Ziele arbeiten muss. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die heute stattfindende Aufnahme des Klimaschutzes in die Präambel der Hamburgischen Verfassung ist ein eindrucksvolles Zeichen und zeigt den Willen der vier größten Parteien in diesem Hause, die Ziele von Paris auch wirklich ernst zu nehmen. Und das ist gut so.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das ist natürlich kein Selbstgänger und bedarf noch viel Handelns, wie man zum Beispiel an der Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz sieht. Auch da gibt es erhebliche Defizite, nur werden wir diesmal keine 17 Jahre Zeit haben, um das zu erkennen. Wir müssen schneller handeln. Und deswegen werden wir bei aller Geschlossenheit weiterhin über unsere tägliche Politik, über die Umsetzung des Klimaschutzes in diesem Hause streiten müssen. Wir reden auch über das Klimagesetz und den Klimaplan, und dazu kann ich sagen: Er ist zu dünn, er ist zu kurzsichtig, und er ist zu wenig. Die Feststellung, dass das ein Mitmachplan sein soll, ist beim besten Willen nicht erfüllt. Es werden nicht alle mitgenommen, und deswegen beantragen wir Bürgerforen, die in den Bezirken an den Maßnahmen zum Klimaschutz mitarbeiten. Auch im Klimabeirat, der geschaffen werden soll, müssen alle Aspekte der Nachhaltigkeit ganzheitlich bedacht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir uns die Maßnahmen des Klimaplans ansehen, dann scheint dort doch viel zu viel grüner Kapitalismus durch. Klimagerechtigkeit fehlt dort wirklich, und letztendlich wird es wieder das Portemonnaie sein, das das Sein im Klimawandel bestimmt. Das darf nicht sein, das ist keine soziale Gerechtigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier muss nachgeschärft werden.

Der Klimaplan und das Klimagesetz sind auch zu kurzsichtig. Wir stehen vor einem immensen Struk

turwandel, der noch schärfer werden wird. Das kann vielen in dieser Gesellschaft Angst machen. Wir müssen hier dafür sorgen, dass die Beschäftigten der Betriebe mitgenommen werden. Wenn wir in den Klimaplan gucken, dann finden wir dort 68-mal das Wort Unternehmen, aber nicht ein einziges Mal die Wörter Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer, Beschäftigte oder gar Sozialpartner. Das entspricht nicht ausreichend der Zielsetzung. Wir müssen die Konversion mit allen angehen. Deswegen sagen wir: Das Prinzip Hoffnung, das in den Vorschlägen oft durchscheint, hat versagt, wir müssen hier konkreter werden, wir brauchen einen Konversionsbeirat für Hamburg, in dem alle und vor allen Dingen die Gewerkschaften mitplanen und mitbegleiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Voraussetzungen ändern sich in dieser Gesellschaft. Sie ändern sich mit der Energiewende, die Anforderungen werden andere, die Aufgaben ändern sich, und Gewerkschaften gehören maßgeblich zu den Gestalterinnen und Gestaltern dazu, um das mitzuprägen und die Beschäftigten in den Betrieben mitzunehmen. Klimaplan und Klimagesetz sind zu wenig. 600 Tonnen CO2 fehlen ganz in der Definition. Das ist zu wenig.

(Dirk Kienscherf SPD: Nein, mehr!)

Die Freiwilligkeit bei der Industrie ist zu blauäugig, wissenschaftlicher Fortschritt als Heilslehre zu unsicher, Klimaneutralität bis 2050 zu spät. Wir wünschen uns, 120 Prozent Zielerfüllung bei den Zielen zu definieren, damit auch einmal irgendetwas nicht klappen kann und die Menschen hinterher nicht ein Stakkato an Nachbesserungen erfahren müssen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der SPD)

Eine Milliarde Euro zusätzliches Geld für zehn Jahre, das sind angesichts der Aufgabe Peanuts. Das, muss man wirklich sagen, ist zu wenig.

(Beifall bei der LINKEN)

Alles in allem haben wir das Gefühl, dass hier passend gemacht wurde, was nicht passen kann, dass der Stift bei der Formulierung zu früh aus der Hand gefallen ist und dass nicht genügend an Gerechtigkeit gedacht worden ist. Das ist nicht nachhaltig, das ist zu dünn, zu kurzsichtig und zu wenig.

Wir stimmen natürlich dem wichtigen Schritt der Verfassungsänderung zu. Wir werden das Klimagesetz nicht blockieren, denn die Expertinnen und Experten haben deutlich gesagt, es gehe in die richtige Richtung, aber es reiche nicht, um den Klimaschutz, um die Ziele von Paris umzusetzen. Deswegen werden wir uns auch an dieser Stelle enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)

(Dr. Anjes Tjarks)

Aber wenn Sie wollen, dass es besser klappt, haben Sie die Chance, unserem Zusatzantrag zuzustimmen.

(Dirk Kienscherf SPD: Der ist doch lächer- lich! Das sind doch wieder Traumzahlen, die Sie da nehmen!)

Dafür werbe ich wirklich. Unser Zusatzantrag würde das Ganze runder machen. – Danke.