Protocol of the Session on September 25, 2019

Schauen Sie sich einfach einmal die Zahlen an. Wir haben in Hamburg 925 000 Wohnungen – 925 000 Wohnungen, fast eine Million –, und wir reden hier über Einzelfälle. Im Bezirk HamburgMitte gab es mal eine Immobilie, in 2016/2017 gar nichts. Das Einzige, was auffällt: dass es in Altona und Eimsbüttel ein paar mehr Immobilien gibt, die von Umwandlung betroffen sind. Da fragt man sich allerdings auch, warum ausgerechnet dort. Die anderen Bezirke bekommen dieses aus Ihrer Sicht angeblich bestehende Problem offensichtlich in den Griff, Altona und Eimsbüttel nicht. Aber dort gibt es bald neue Bezirksamtsleiter, dann wird das ebenfalls besser. Sie werden also diesen Antrag auch unter diesem Aspekt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr brauchen.

(Beifall bei der CDU)

Und diese Polemik gegen Vermieter und Eigentümer, Polemik nicht im Sinne Ihrer Rhetorik, das war es nicht, aber diese politische Polemik liegt völlig neben der Sache. Das haben wir nachher auch noch einmal auf der Tagesordnung. Sie versuchen, Eigentümer, Investoren, Vermieter unisono in eine ganz üble Ecke zu stellen. Warum ist es verkehrt, ein Haus umzuwandeln in Eigentum? Ich wohne neuerdings auch in einem Gebiet Sozialer Erhaltungsverordnung, am Großneumarkt. Ob das alles so richtig ist, ob man das braucht, darüber können wir sicherlich lange diskutieren. Bei uns im Haus bin angesprochen worden von fast allen Nachbarn; alle würden gern ihre eigene Wohnung kaufen. Das geht nicht mit einer solchen Verordnung. Bei uns ist niemand, der nicht gern seine Wohnung vom Vermieter kaufen würde – im Übrigen auch einer meiner Kollegen, der grüner Bezirksabgeordneter ist. Der hat genau das ebenfalls gesagt.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den Jahren 2012 bis 2019 wurden zwölf Soziale Erhaltungsgebiete in Hamburg errichtet, zuletzt in Eilbek, und das 13. in

(Vizepräsidentin Antje Möller)

Barmbek-Nord/Barmbek-Süd/Jarrestadt ist in Arbeit. Allein seit 2016 haben wir damit in sieben Gebieten über 230 000 Einwohnerinnen und Einwohner vor Verdrängung aus ihren Wohnungen geschützt. Und dennoch konnten wir wegen eines Schlupflochs nicht alle schützen. Denn Eigentümer, die ihren Mietern sieben Jahre lang – es ist wichtig, diese Zahl zu behalten – die Mietwohnung zum Kauf angeboten haben, können die Umwandlung dieser Mietwohnung in Eigentum erzwingen und damit die Mieter vor die Tür setzen. Dem werden wir ein Ende setzen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Jörg Hamann CDU: Da wird doch niemand vor die Tür ge- setzt!)

Herr Hamann, Sie versuchen das zu verniedlichen. Haribo-Bär, das ist wieder typisch für Sie. Verharmlosung, Beschwichtigung, sind doch nicht so schlimm, diese Schlupflöcher. Ich habe, ehrlich gesagt, selten so viel soziale Ignoranz wie bei Ihnen gespürt.

2012 gab es – und jetzt müssen Sie aufpassen – nur drei Soziale Erhaltungsgebiete mit zusammen etwa 34 000 Einwohnern: Neustadt, St. Georg und St. Pauli. Und jetzt rechnen Sie einmal sieben Jahre weiter, dann sind Sie bei 2019. Die anderen Gebiete wurden später eingerichtet, in ihnen kommt der Ablauf der sieben Jahre erst noch. Deswegen waren das nur Altona und Eimsbüttel und nicht die anderen Bezirke; Sie müssen darüber mal ein bisschen nachdenken. Und die können jetzt natürlich in der nächsten Zeit umwandeln.

(Jörg Hamann CDU: Das sind doch die Zah- len aus 2017/2018!)

Die später errichteten Gebiete werden in den nächsten Jahren nachkommen, wenn nämlich die sieben Jahre Schamfrist um sind, und dann können die Umwandlungen nicht abgewendet werden, wenn wir dem nicht vorbeugen. Wir wollen vorbeugen und nicht erst aufwachen, wenn es zu spät ist. Bei uns zählt im Gegensatz zu Ihnen jede einzelne Wohnung und jeder einzelne Mensch, auch wenn es erst einmal nur ein paar wenige sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Ich freue mich schon darauf, Herrn Duge gleich noch einmal beim Mietendeckel an seine Worte erinnern zu können. Aber jetzt sind wir bei der Sozialen Erhaltungsverordnung.

Ich finde, es ist ein Schritt in die richtige Richtung, gar keine Frage.

(Jörg Hamann CDU: Natürlich!)

Aber ich frage mich, warum Sie nur so einen kleinen Schritt machen. Wenn Sie wirklich die Mieter und Mieterinnen schützen wollen, dann müssen Sie gemeinsam mit uns sagen – wir fordern es schon seit Jahren –, dass es gar keine Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen gibt. Das wäre der richtige Schritt.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Ich weiß, dass Sie das empört, und ich weiß, dass es Ihnen völlig egal ist, dass 50 Prozent, jeder zweite Haushalt in Hamburg, so wenig Einkommen hat, dass er berechtigt wäre, eine geförderte Wohnung zu beziehen.

(Ralf Niedmers CDU: Das ist was ganz an- deres!)

Jeder zweite Haushalt. Das heißt aber, wenn jeder zweite Haushalt so wenig Einkommen hat, dass er förderberechtigt wäre, hat er nicht das Geld, um sich eine Wohnung zu kaufen. Also ist das doch völliger Humbug, was Sie hier immer erzählen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und, Herr Hamann, es ist schön, dass Sie als Rechtsanwalt und mit der Diät der Bürgerschaft in einer Nachbarschaft wohnen, in der alle sagen können: Ich kann mir eine Wohnung kaufen. Ich sage Ihnen, die meisten können das nicht. Und was Sie nicht gesagt und auch nicht abgefragt haben in Ihrer Anfrage: Sie haben nicht gefragt, was denn nach den sieben Jahren ist. Sie haben nur den gleichen Zeitraum abgefragt, 2016 bis 2018. Nach den sieben Jahren braucht man keine Zustimmung mehr und kann die Wohnung umwandeln. Auch deswegen kann ich sagen: richtiger Schritt, aber ihr springt zu kurz. Wir wollen, dass Mietwohnungen für alle Mieterinnen und Mieter immer sicher bleiben. Ich kenne genug Leute, die nach sieben – früher waren es zehn – Jahren aus ihrer Wohnung raus mussten, weil nämlich doch der Eigenbedarf kam. Und das möchte ich auf gar keinen Fall mehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Meyer von der FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es gleich vorweg sagen: Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der FDP – Heike Sudmann DIE LINKE: Überraschung!)

Aber ich möchte es natürlich begründen. Rot-Grün beweist mit diesem Antrag ein weiteres Mal, dass Vielfalt, freie Entfaltung, Unvoreingenommenheit und auch Toleranz denjenigen Menschen gegen

(Olaf Duge)

über, die nicht nach ihren links-grün-sozialromantischen Vorstellungen leben, Fremdwörter für sie sind. Sie sehen Menschen am liebsten in staatlicher Abhängigkeit, anstatt alles dafür zu tun, diejenigen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, zu unterstützen und Programme aufzulegen, um die Bildung von Wohneigentum zu fördern.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von Heike Sud- mann DIE LINKE)

In Ihrem verengten Blickwinkel blenden Sie leider aus, dass Menschen sich auch weiterentwickeln. Die Sozialen Erhaltungsgebiete tragen gerade nicht dazu bei, dass Menschen, die in ihrem Quartier älter werden, bleiben können. Nein, sie müssen wegziehen, wenn sie zum Beispiel eine Familie gründen, wegziehen, wenn sie sich für ihr Alter absichern möchten, und wegziehen, wenn sie körperliche Einschränkungen bekommen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ja, wenn sie die Miete nicht mehr zahlen können!)

Das ist das Gegenteil von sozial, Frau Sudmann. Das ist engstirnig, verbohrt und ideologisch verpeilt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Gemäß Paragraf 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch ist das primäre gesetzgeberische Ziel, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten. Eine Privilegierung von Miet- gegenüber Eigentumswohnungen lässt sich daraus nicht ableiten. Ganz im Gegenteil, die Begründung von Wohneigentum mit der damit verbundenen Möglichkeit der Mieter, gemäß Paragraf 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 Baugesetzbuch Wohneigentum zu erwerben, ist gerade ein adäquates Mittel, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten.

Kümmern Sie sich endlich um einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer. Sehen Sie zu, dass die Neuregelung der Grundsteuer Hamburgerinnen und Hamburger nicht zusätzlich belastet.

(Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE)

Und hören Sie endlich auf,

(Glocke)

Menschen in ihren persönlichen Lebensentscheidungen zu bevormunden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Peter Lorkowski AfD)

Das Wort bekommt Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn die Anzahl der zu erwartenden Fälle, die

durch diese Regelung betroffen sind, gering ist, ist es doch wieder eine Maßnahme, die in die Eigentumsrechte von Immobilienbesitzern eingreift. Wieder eine Maßnahme, die unter dem Deckmäntelchen der sozialen Wohltat der guten alten Tante SPD nichts anderes ist als ein repressives Mittel, um sich als Partei des kleinen Mannes darzustellen. Wenn die SPD noch die Partei der Arbeiterklasse wäre, dann müsste sie gerade dafür sorgen, dass der Arbeiter in Eigentum kommt. Denn gerade heute, in Zeiten der Nullzinspolitik, ist die beste Altersabsicherung immer noch das Eigentum. Stattdessen belassen Sie Ihre Wählerklientel lieber in den Sozialwohnungen, in einem System, das kaum ungerechter sein kann; wie bekannt gibt es rund 360 000 Haushalte, die einen Anspruch auf eine Sozialwohnung hätten, aber Sie haben nur 80 000 Wohnungen in der Mietpreisbindung, und davon ist auch noch rund die Hälfte fehlbelegt – ein Umstand, den Sie nicht wissen wollen und deswegen gar nicht erheben. Das ist der Ist-Zustand. Langsam wird Rot-Grün nun panisch und heckt solche Sachen aus, als ob das die sich zuspitzende Entwicklung im Wohnungsmarkt irgendwie aufhalten würde.

Es ist richtig, wenn Rot-Grün bestrebt ist, die Quartiere sozial gut zu durchmischen, sodass möglichst alle gesellschaftlichen Schichten sich darin wiederfinden. Das betone ich ausdrücklich; das ist ein richtiger Punkt. Aber dazu gehören auch Eigentümer. Falsch ist daher, wenn sämtliche Erneuerungen oder organische Entwicklungen im Keim erstickt werden, weil es parteipolitischen Zielen oder schlicht und ergreifend persönlichen Empfindungen entspricht oder einzelnen Parteizugehörigen in den Sinn kommt. Widdewiddewitt, ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt. So funktioniert das nicht. Daher schießen Sie mit diesem Antrag weit über das Ziel hinaus und schlagen den Berliner Weg ein, und an dessen Ende steht irgendwann einmal die Enteignung. Das ist der Weg, den Sie hier einschlagen wollen, zu Ende gedacht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Senatorin Dr. Stapelfeldt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag, der heute zur Debatte steht, handelt davon, dass es im Baugesetzbuch eine Regelung zur Sozialen Erhaltungsverordnung und zu Ausnahmetatbeständen gibt. Und die Frage, die wir zu beantworten haben, ist, ob dieses städtebauliche Instrument – das wir für richtig halten – wirkt, wenn es diese Ausnahmetatbestände gibt. Wir sehen doch, dass in Hamburg insbesondere Altbauquartiere mit urbaner Mischung und zunehmend Quartiere der Nachkriegsjahrzehnte hoch begehrt sind und deshalb unter einem star