Protocol of the Session on September 25, 2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag, der heute zur Debatte steht, handelt davon, dass es im Baugesetzbuch eine Regelung zur Sozialen Erhaltungsverordnung und zu Ausnahmetatbeständen gibt. Und die Frage, die wir zu beantworten haben, ist, ob dieses städtebauliche Instrument – das wir für richtig halten – wirkt, wenn es diese Ausnahmetatbestände gibt. Wir sehen doch, dass in Hamburg insbesondere Altbauquartiere mit urbaner Mischung und zunehmend Quartiere der Nachkriegsjahrzehnte hoch begehrt sind und deshalb unter einem star

(Jens Meyer)

ken Aufwertungs- und Verdrängungsdruck stehen, und deswegen ist das, was wir mit Sozialen Erhaltungsverordnungen tun können, ein wesentlicher Bestandteil unserer Wohnungsbestandspolitik in Hamburg.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Wir haben im Übrigen zwölf Gebiete; zwei sind in der Vorbereitung. Aber was mir viel wichtiger ist: Was haben wir gesehen? Die bestehenden Ausnahmetatbestände haben sich, wie wir finden, als Einfallstor für Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erwiesen. Jetzt ist es so – das ist aus der Anfrage von Herrn Hamann dankenswerterweise klar geworden –, dass seit 2016 in Hamburg aufgrund der Ausnahmetatbestände Umwandlungsgenehmigungen für 292 Wohnungen erteilt werden mussten. Jetzt kann man sagen, das sei, bezogen auf einen sehr viel größeren Wohnungsbestand, nicht sehr viel. Aber ich finde, dass diese Ausnahmetatbestände nicht positiv sind, und deswegen sollten wir alles tun, um die Soziale Erhaltungsvorordnung als städtebauliches Instrument zu stärken. Denn es geht uns dabei um den städtebaulichen Schutz, wenn durch den Wegfall von Mietwohnraum eine Verdrängung der Wohnbevölkerung zu befürchten ist, und wir möchten alles daransetzen, um die Soziale Erhaltungsverordnung in dem Sinne, wie sie gemeint ist, nämlich Schutz der angestammten Wohnbevölkerung, auch tatsächlich auszufüllen und zu gewährleisten. Deswegen bedanke ich mich für diese Initiative. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Hamann von der CDU-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ihren Ansatz Mieterschutz erkennen wir an, gar keine Frage, und auch Gebiete Sozialer Erhaltungsverordnung können sinnvoll sein. In unserer Regierungszeit haben wir selbstverständlich auch Gebiete Sozialer Erhaltungsverordnung verlängert,

(Dirk Kienscherf SPD: Wie viele denn? Wie viele?)

Herr Kollege Kienscherf, und zwar dort, wo die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren.

Und wie Sie genau wissen – oder vielleicht auch nicht, ich weiß nicht, was bedauerlicher wäre –, haben wir, bevor wir die beiden Gebiete damals aufgehoben haben, eine wissenschaftliche Untersuchung gemacht. Die wissenschaftliche Untersuchung derselben Institute, die Sie auch beauftragen, ist zu dem Ergebnis gekommen: Die gesetzlichen Voraussetzungen für diese beiden Gebiete liegen nicht mehr vor.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie wollten die doch aufheben!)

Daraufhin haben wir diese, damals zusammen mit den GRÜNEN, aufgehoben. Das ist Fakt. Das ist die Wahrheit, auch wenn Sie sie im Einzelnen nicht mögen.

Nächstes Thema. Wenn diese Zahlen, Kollege Duge, denn tatsächlich nur aus den unterschiedlichen Bezirken resultieren sollten, dann vergessen, übersehen oder wollen Sie einfach nicht wissen, dass das längste und älteste Gebiet natürlich in Hamburg-Mitte ist. Und Hamburg-Mitte finden Sie auf der Liste, das ist die südliche Neustadt, mein Wahlkreis. Da sehen Sie die entsprechenden Zahlen, und diese Zahlen zeigen Ihnen, dass es eigentlich überhaupt keinen tatsächlichen Bedarf für dieses Instrument gibt.

Und noch einmal: Ihre Politik führt dazu, dass Eigentumsbildung in der Stadt immer schwieriger wird, immer problematischer wird, immer mehr verhindert wird. Ihre Politik, mit der Sie Mieter schützen wollen, ist letztlich eine Politik gegen den Mittelstand, der selbst auch gern Eigentum bilden möchte. Das sehe ich nicht nur im Haus bei mir mit grünen Nachbarn – die keine Rechtsanwälte sind –, das sehe ich auch sonst in der Umgebung.

Im Übrigen: Damit verhindern Sie doch überhaupt keinen Eigenbedarf. Was soll denn der Unfug? Das ist doch eine falsche Behauptung. Selbstverständlich kann ich, wenn ich Eigentümer des Hauses bin, auch weiter Eigenbedarf anmelden. Dann kann ich sagen: Ich möchte in diese Wohnung, meine Tochter möchte in jene Wohnung, mein Verwandter Y möchte in solche Wohnung. Eigenbedarf schließen Sie damit doch überhaupt nicht aus; natürlich gibt es auch weiterhin die Möglichkeit, Eigenbedarf anzumelden. Und ich sage Ihnen: Das ist gut so, das sieht unser Rechtssystem vor, und es ist schlimm, dass Sie das ändern wollen, dass die LINKEN das ändern wollen, dass die GRÜNEN das ändern wollen, und dass neuerdings auch Sie als Sozis das ändern wollen. Das ist wirklich schlimm.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Darauf muss ich noch einmal kurz eingehen. Ja, es sind Gebiete aufgehoben worden, Herr Hamann, das ist richtig, und zwar solche Gebiete, die so etwas von durchgentrifiziert waren, dass man dort überhaupt nichts mehr schützen musste. In Uhlenhorst zum Beispiel.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

(Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Ich kenne das Gutachten, das brauchen Sie mir nicht zu erzählen.

In Hamburg-Mitte, in Neustadt ist es erhalten geblieben, weil dort nämlich noch das Potenzial für weitere Verdrängungen gegeben war – und das ist in den Gebieten, die wir jetzt genommen haben, genauso.

Ich finde, Herr Meyer, Sie machen sich es ein bisschen zu einfach, nach dem Motto: Die Leute müssen dann eben ausziehen und woanders hingehen, wenn sie sich familiär vergrößern. Die finden heute gar keine Wohnung und werden rausgedrückt

(Michael Kruse FDP: Weil Sie es nicht gere- gelt kriegen, Herr Duge!)

aus ihren jeweiligen Gebieten. Das ist doch das Problem. Und deswegen schützen wir sie.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Sie gehen von einem Schönwettermarkt aus, auf dem alles ausgeglichen ist. Das ist liberale Markttheorie, aber nicht die Wirklichkeit, wie sie hier besteht.

(Jens Meyer FDP: Nehmen Sie doch mal Ih- re Scheuklappen ab, Herr Duge!)

Um die Mieter zu schützen, erfordert die Situation das schützende Eingreifen des Staates. Und das machen wir.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Rosenfeldt von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nur zwei Anmerkungen dazu. Erstens zum Thema freier Markt. Ja, es ist gut, wenn man einen freien Markt hat und er funktioniert. Wir haben aber doch wirklich – und das müsste jedem aufgefallen sein, auch den Freien Demokraten – die Situation, dass dieser freie Markt so nicht funktioniert, außer bei explodierenden Mieten. Das ist das Ergebnis von unreguliertem Markt in diesem Bereich, der ungeheuer wichtig ist für das Leben aller Menschen.

Zweitens: Ich habe nicht davon gesprochen – das war vielleicht ein Missverständnis, Herr Hamann –, dass keine Eigenbedarfskündigungen mehr möglich sein sollen. Das ist mit dem Antrag auch überhaupt nicht gemeint. Aber wenn Sie sich die Realität ansehen, dann wissen Sie, dass dieses Instrument der Eigenbedarfskündigung ziemlich oft einfach benutzt wird, um bestimmte Genehmigungsvorbehalte zu umgehen. Das ist das Problem. Solche Regelungen gibt es nicht, weil etwas funktioniert, sondern weil etwas missbraucht wird und

eben nicht funktioniert. Und dann, in der Tat, müssen wir im Sinne des Gemeinwohls eingreifen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Meyer von der FDP-Fraktion.

(Zuruf: Frau Sudmann!)

Das hatte ich nicht gesehen. Entschuldigung, Herr Meyer …

(Heike Sudmann DIE LINKE: Lassen Sie ihn zuerst!)

Gut. Dann bekommt Herr Meyer von der FDPFraktion das Wort.

Frau Sudmann, Ladies first.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Machen Sie jetzt!)

Herr Meyer, nun stehen Sie schon da, dann können Sie auch reden.

Also, Herr Rosenfeldt, Sie streuen doch den Leuten wissentlich Sand in die Augen. Und auch Frau Senatorin, der Kollege Hamann hat es deutlich gemacht und Sie haben es mit der Zahl, die Sie eben genannt haben, im Grunde noch einmal bestätigt: Wir reden hier über Wohnungen im Promillebereich.

(Ralf Niedmers CDU: Das ist genau das Thema!)

Mich erinnert diese Diskussion – es sind schon Vorwahlkampfzeiten – an die Airbnb-Diskussion, die Sie vom Zaun gebrochen haben. Da haben wir auch über einen Promillebereich gesprochen, aber Sie erwecken den Eindruck, als würden Sie damit irgendwelche Menschen beschützen und womöglich den Wohnungsmarkt irgendwie entlasten oder zumindest Druck von ihm nehmen. Das ist einfach Unsinn. Das wissen Sie auch, und trotzdem wiederholen Sie es hier immer wieder.

(Ralf Niedmers CDU: Alles Placebo-Anträ- ge!)

Ich verstehe es langsam nicht mehr, warum Sie nicht endlich einmal auf einen vernünftigen Kurs kommen und die Mitte der Gesellschaft in den Blick nehmen, anstatt hier immer Frau Sudmann am linken Rand hinterherzulaufen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Das Wort bekommt die eben erwähnte Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.