Protocol of the Session on August 14, 2019

(Beifall bei Joachim Lenders CDU und der FDP)

Ich freue mich auf die große Erleuchtung und den Erkenntnisgewinn im Ausschuss, und dann schauen wir einmal, was dabei herauskommt. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Werte Kollegen, jetzt liegt mir keine Wortmeldung zu die

sem Thema mehr vor. Damit sind wir dann auch am Ende der Aktuellen Stunde für heute angekommen.

Ich rufe auf die Punkte 2 bis 4 der Tagesordnung: Wahlen zu verschiedenen Gremien.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für den Beirat für politische Bildung – Drs 21/14765 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines vertretenden Mitglieds der Kommission für Stadtentwicklung – Drs 21/14934 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Kultur und Medien – Drs 21/14935 –]

Wir haben wieder vereinbart, dass die Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können; die Regeln kennen Sie. Ich bitte die Schriftführungen, dann nach dem Ausfüllen der Stimmzettel mit dem Einsammeln anzufangen.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Stimmzettel werden ausgezählt und das Ergebnis im Laufe der Sitzung bekanntgegeben.

Ich rufe auf Punkt 28a unserer Tagesordnung, Senatsantrag: Drittes Gesetz zur Änderung polizeirechtlicher Vorschriften.

[Senatsantrag: Drittes Gesetz zur Änderung polizeirechtlicher Vorschriften – Drs 21/17906 –]

Diese Drucksache möchten alle Fraktionen an den Innenausschuss überweisen.

Das Wort dazu wird gewünscht von Herrn Jarchow für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst meiner Freude Ausdruck geben, dass wir diese Drucksache nicht vorweg überwiesen haben, sondern sie auf unseren Wunsch hin heute debattie

(Stephan Gamm)

Die Wahlergebnisse sind auf Seite 7941 zu finden.

ren, wie es auch, wie wir finden, parlamentarisch angebracht ist.

Vor nunmehr dreieinhalb Jahren haben wir als Freie Demokraten hier im Hause als unmittelbare Konsequenz aus dem Grundsatzentscheid des OVG Hamburg zur Gefahrengebietsregelung und dem BKA-Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit unserer Drucksache eine zeitnahe Anpassung des Hamburger Polizeirechts zur umgehenden Herstellung einer verfassungskonformen Rechtslage in Hamburg gefordert. Dafür haben wir keine Mehrheit erhalten, überraschenderweise. In dieser damaligen Legislaturperiode ging es bei Senat und Rot-Grün mit Vorlagen oder Initiativen für einzelne Polizeirechtsanpassungen häufig sehr schnell, insbesondere dann, wenn der Senat neue Eingriffsermächtigungen haben, Rechtswege faktisch erschweren oder schlicht Schadensbegrenzung für aussichtslos laufende Gerichtsverfahren betreiben wollte. Dies war verfassungsrechtlich aus unserer Sicht bedenklich.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Vielen Dank.

(Zurufe)

Habe ich auch gemerkt.

Nachdem nunmehr die Vorlage für die überfällige große Novelle endlich eingebracht ist, mussten wir bei einer ersten Prüfung leider feststellen, dass die Zeit der Umsetzung vieler Grundsätze aus der Rechtsprechung leider nicht ganz konsequent genutzt wurde. Denn schon bei der 2012er Novelle hatte die Expertenanhörung im Innenausschuss damals zu vielen neuen oder veränderten Regelungstatbeständen verfassungsrechtliche Bedenken aufgezeigt, die später dann auch durch die Gerichte in ihren Grundansätzen jeweils bestätigt wurden. Leider haben Sie es versäumt, mit dieser Novelle hier nachzubessern. Zwar kann man den interessanten Großen Anfragen der Kollegin Schneider entnehmen, dass die kritischen Ermächtigungen kaum oder nicht angewendet wurden, ob dies aber aus Furcht vor mangelnder Gerichtsfestigkeit oder mangels echten Bedarfs geschehen ist, sei dahingestellt. Aber ein Gesetz sollte aus unserer Sicht immer möglichst frei von verfassungsrechtlichen Mängeln sein und nicht durch vorsorgliche Nichtanwendung in der Praxis geheilt werden. Daher werden Sie viele unserer Anträge aus dem Jahre 2012 im Laufe dieser parlamentarischen Beratung wiederfinden.

Aber es gibt auch positive Aspekte. Wir Freien Demokraten begrüßen es sehr, dass bei der Vorlage nicht der Trend anderer Länder wie zum Beispiel Bayern und Sachsen beschritten wurde, die Novellierung des Polizeirechts mit einer Reihe von verfassungsrechtlich bedenklichen oder offen verfassungswidrigen Ermächtigungen zu spicken.

(Dirk Nockemann AfD: Offen verfassungs- widrig?)

Denn wir brauchen in Deutschland nicht noch mehr Beschäftigungsprogramme für Anwälte und Gerichte. Was die Sicherheitsbehörden brauchen, sind valide verfassungsgemäße gesetzliche Grundlagen für entschlossenes Handeln, keine ständig drohenden Prozesse, Risiken und Schadensbegrenzungsversuche via Dienstvorschriften.

(Beifall bei der FDP)

Leider kommt aber auch die neue Vorlage hier nicht völlig ohne Verirrungen aus. Ohne der von den Mehrheitsfraktionen bereits im Vorfeld zugesagten Expertenanhörung im Innenausschuss vorgreifen zu wollen, nenne ich exemplarisch einmal die Ermächtigung zur obligatorischen Produktion von personenbezogenen Daten in Gefangenensammelstellen. Hier gab es zwar im Kontext G20 die bekannt grotesken Zustände infolge von administrativem Versagen, die Staatsgewalt ist aber in einem Rechtsstaat verpflichtet, als mildestes Mittel ihre Defizite abzustellen, anstatt ihr eigenes administratives Versagen zu nutzen, um Eingriffe in Grundrechte zu rechtfertigen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der LINKEN)

Unbedingt notwendig erscheint uns nach erster Analyse des Entwurfs aufgrund der zurückliegenden Erfahrungen eine zusätzliche explizite Anordnungsbefugnis des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gegenüber der Polizei, da diese offenbar durch den aus anderen Gründen entfallenden Verweis auf das Landesdatenschutzgesetz nunmehr durch eine gesonderte Regelung im Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei ersetzt wird. Wir stellen uns hier die Frage, ob das lediglich ein Versehen ist oder ob eine Absicht dahintersteht.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ja!)

Diese Angelegenheit leitet dann auch über zum zentralen Defizit dieser Senatsinitiative, von der wir nach so vielen Jahren wenigstens einen größeren Wurf erwartet hätten, denn der vorliegende Entwurf stellt Folgendes nicht dar: die strukturelle Flankierung in Richtung Haushalt. Der Gesetzentwurf weist Gerichten und auch dem Landesdatenschutzbeauftragten viele zusätzliche Aufgaben zu, die Finanzierung soll weiterhin zulasten der Justizbehörde erfolgen.

Meine Redezeit ist abgelaufen, insofern lassen Sie mich zum Schluss sagen, dass wir uns sehr auf die Ergebnisse der Expertenanhörung und weiteren Beratung im Innenausschuss freuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Sehr gut, es war nur eine Sekunde. – Herr Schumacher für die SPD-Fraktion erhält als Nächster das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Vorgaben der EU-Datenschutzrichtlinie und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum sogenannten BKA-Gesetz haben es erforderlich gemacht, die Polizeigesetze in den Ländern zu novellieren. Bei kaum einem anderen Gesetzesvorhaben liegt das Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit so offen zutage wie bei einem Polizeigesetz. Diese Abwägung ist niemals einfach, und eine Patentlösung kann es nicht geben. Umso wichtiger ist es, bei der Novellierung des Polizeigesetzes Orientierungspunkte zu haben. Für uns Sozialdemokraten heißt das: Einerseits wollen wir ein Polizeigesetz, das den aktuellen Vorgaben höchstrichterlicher Rechtsprechung entspricht, andererseits wollen wir ein zeitgemäßes Polizeigesetz, das die polizeilichen Befugnisse maßvoll an die tatsächlichen Bedarfe in der Praxis anpasst.

(Dirk Nockemann AfD: Maßvoll?)

Uns Sozialdemokraten ging es bei den Gesprächen mit unserem Koalitionspartner darum, die Novellierung genau in diesem Sinne zu gestalten, und das ist uns in vertrauensvollen und gut geführten Beratungen auch gelungen. Diese spiegeln sich jetzt in diesem Gesetzentwurf wider. Verfassungsrechtlich bedenkliche Verstöße wie etwa die Ausweitung des Gefahrenbegriffs nach bayerischem Vorbild oder die Zulässigkeit präventiver Onlinedurchsuchungen von Computern wird man daher in der hamburgischen Vorlage nicht finden.

Was dagegen zu finden ist – als ein Beispiel, und dies ist meiner Überzeugung nach eine wichtige Änderung in der Novelle –, ist die Zulässigkeit, elektronische Fußfesseln nicht mehr nur zur Aufenthaltsüberwachung verurteilter Straftäter in der Führungsaufsicht einzusetzen, sondern auch präventiv bei Tätern in Fällen von Beziehungsgewalt und bei terroristischen Gefährdern. Dies selbstverständlich ausschließlich aufgrund richterlicher Anordnung. Die elektronische Fußfessel bei Tätern in Fällen von Beziehungsgewalt ist aus meiner Sicht ein wichtiges Mittel, mit dem beispielsweise Kontakt- und Näherungsverbote gegenüber Gewalttätern wirkungsvoll ergänzt und konsequenter durchgesetzt werden können. Es kann nicht angehen, dass Frauen – zumeist sind es Frauen, die in diesen Fällen die Opfer sind – sich und gegebenenfalls auch ihre Kinder vor Gewalttätern verstecken, eventuell gar in eine andere Stadt ziehen oder ihr soziales Umfeld verlassen müssen, während die Täter sich ungehindert in ihrer Nähe bewegen können.

Wir sind also insgesamt auf einem guten Weg mit dem Polizeigesetz in Hamburg. Allerdings ist, wie

Herr Jarchow schon angemerkt hat, die Arbeit noch nicht abgeschlossen; wir haben noch einiges vor uns. Wir werden die Novelle hier im Haus und im Innenausschuss im Rahmen einer Sachverständigenanhörung weiter diskutieren.

Meine Damen und Herren! Etliche Bundesländer haben die Notwendigkeit, ihre Polizeigesetze novellieren zu müssen, zum Anlass genommen, in eine Art Wettbewerb zum schärfsten Polizeigesetz Deutschlands einzutreten. An diesem Wettbewerb hat Hamburg nicht teilgenommen und wird Hamburg auch künftig nicht teilnehmen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Grundsätzlich bin ich deshalb zuversichtlich, dass wir am Ende des Gesetzgebungsverfahrens ein Polizeigesetz haben werden, das es den Hamburger Polizistinnen und Polizisten ermöglicht, effektiv und auf sicherer rechtlicher Grundlage für unser aller Sicherheit zu arbeiten, und das das Leben für alle in unserer schönen Stadt sicherer machen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Antje Möller GRÜNE)

Danke, Herr Schumacher. – Als Nächstes erhält das Wort Joachim Lenders für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Schumacher, was Sie gerade beschrieben haben mit dem Spannungsfeld, das sehen wir in der CDU-Fraktion ehrlich gesagt nicht so, denn wir möchten – und ich denke, das möchten Sie doch eigentlich auch –, dass sich alle Menschen in dieser Stadt frei und sicher fühlen, und Freiheit und Sicherheit schließen sich ja nicht aus, sondern sie bedingen einander geradezu. Sicherheit ist Voraussetzung für Freiheit, für ein friedliches Zusammenleben und das Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Dazu gehört vor allem der Schutz vor Kriminalität, vor Terror und vor Gewalt.

Globalisierung und technischer Fortschritt machen schlicht und ergreifend auch im Bereich der Gefahrenabwehr und bei Straftaten natürlich nicht halt. Immer mehr Straftaten werden im oder mithilfe des Internets begangen, und immer mehr Straftäter agieren international. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Kriminelle, die im Internet unterwegs sind, der Polizei oft und meistens einen Schritt voraus sind. Die Polizei muss mit den kriminellen Methoden im digitalen Raum endlich mithalten können, und wenn man sich IP-Telefonie, Messenger-Dienste oder das jetzt kommende 5G-Netz anschaut, dann stellen sie die Polizei ebenso wie die drohende Terrorgefahr vor weitere, noch größere Herausforderungen.